Kapitel 6

"Was meint Ihr?" fragte ich verwirrt nach und sah zu ihm auf. Er war sicher ein Kopf größer als ich und das obwohl er nur ein Jahr älter sein soll. "Weshalb verhältst du dich so und erzählst solche Lügen meiner Mutter? Um die Wahrheit zu sagen Vlinder, ich habe dich früher bereits gesehen. Du reitest oft in dieser Gegend aus" sprachlos sah ich den Prinzen vor mir an, er wusste das ich seine Mutter belogen hatte und hat mich schon beim Ausreiten gesehen? Beschämt nickte ich und ein leichtes trauriges Lächeln zierte meine Lippen, als ich wieder zum Prinzen hochblickte. "Ich habe doch keine andere Wahl, Prinz. Ich musste diese Lüge erzählen und vermutlich wird es nicht die Letzte sein, deshalb solltet Ihr mich einfach vergessen und..." diese Worte kamen einfach über meine Lippen und ließen mich geschockt innehalten. "Wer? Wer verlangt soetwas von dir, Vlinder? Ist es dein Bruder?" wütend stellte er mir diese Frage und ließ mich hektisch meinen Kopf schütteln. "Nein! Um Himmelswillen, Nein! Nicht mein Bruder, denkt bitte nicht so schlecht über ihn. Ich liebe ihn, er ist es weshalb ich hier, vor euch stehe, durch ihn erlaubte es mein Vater!... meine Tante verlangte es von mir und meine Eltern hielten zu ihr. Ich muss ihr gehorchen und meine Eltern stimmten ihr immer zu" erzählte ich ihm und ich wusste nicht einmal weshalb?

Warum erzählte ich einem  fremden Mann soetwas persönliches?

"Aber... warum?"

Traurig lächelte ich den gutaussehenden und freundlichen Prinzen vor mir an. "Es gibt Dinge, die ich nicht einmal euch erzählen kann" sagte ich und sah zur Seite. Ich konnte und durfte niemanden davon erzählen. "Gut. Kommt dennoch kurz mit mir" lächelte er und respektierte meine Worte. "Wie Ihr wünscht" lächelte ich und folgte ihm, seine Hand umschloss weiterhin meine. Sie war warm und war viel größer als meine. Es fühlte sich seltsam und doch angenehm und... richtig an, es fühlte sich vertraut und geborgen an. "Wo bribgt ihr mich hin, mein Prinz?" fragte ich voller Neugierde und sah hoch zu ihm. Er war größer als ich, vielleicht sogar größer als mein Bruder und Vater.

"Ich möchte dir nur etwas zeigen, was mir wichtig ist!" grinste er und zog mich weiter die Flure entlang. Die Bediensteten, Zofen und andere Menschen, die uns entgegen kamen sahen den Prinzen überrascht und neugierig an und andere wiederum nahmen mir wohl mehr wahr als den Prinzen. Denn auch mich sahen viele neugierig an und einige schienen nicht besonders begeistert über meine jetzige Anwesenheit zu sein. War es vielleicht doch falsch, die Einladung des Prinzen anzunehmen und gemeinsam mit ihm in seinem Zuhause einen Spaziergang zu unternehmen. "Ist es wirklich in Ordnung... das... Ich hier bin, mit euch?" wollte ich wissen und sah mich leicht unruhig um. Ich war es nunmal nicht gewohnt unter soviel Menschen zu sein, immerhin durfte ich keine Bälle, Feste, Hochzeiten oder dergleichen besuchen und mich mit anderen Adeligen, noch Bürgerlichen unterhalten oder etwas unternehmen.

Verwirrt sah mich der junge Mann mit den pechschwarzen Haaren an, bevor er hinter mich sah und er seine Augen leicht zusammenkniff. "Habt ihr keine Arbeiten zuerledigen? Verschwindet und wagt es nicht nocheinmal meine Ge... meinen Gast so anzusehen!" rief er, über die kleine Ansammlung von Angestellten und Adeligen, wütend hinweg. Einn wohliges Gefühl breitete sich in meinem Bauch aus und ließ mich den Prinzen überrascht anlächeln. Er hatte sich für mich eingesetzt... aber er wollte doch etwas anderen als 'meinen Gast' sagen oder täuschte ich mich...

Meine Ge...?
Was sollte das bedeuten oder ist es ihm einfach so hinaus gerutscht?

Leises Gemurmel und Geflüster füllte den Gang und vereinzelt machten sich die Bediensteten wieder an ihre eigentlichen Arbeiten. Drei der adeligen Damen blieben zusammen und blickten mich weiterhin abschätzig und skeptisch an, bevor sie sich doch noch entschlossen zu verschwinden. "Komm Vlinder, wir sind fast an unserem Ziel" lächelte er mich breit an und zog mich an der Hand, die er vorhin in seine nahm, mit sich mit. So langsam wurde ich neugierig und wollte es nun doch wissen wo wir nun hin gingen. Gespannt ließ ich mich, an meiner Hand, von ihm den Flur entlang ziehen und vergass alles andere um mich herum.

Meine Eltern.
Meine Tante.
Meine Schwester und meinen Bruder.
Sogar Miros Eltern, seine Geschwister und sogar die starrenden Blicke um mich.

Es war mir in dem Moment egal, alles war mir egal, immerhin schien er sich für mich zu interessieren und er schenkte mir seine Beachtung. Es war seltsam, ich kannte ihn immerhin gerade einmal zwei Tage und schon ließ ich mich so leicht um seinen Finger wickeln.

"Vlinder sieh nur!" Miro öffnete eine etwas verstaubt und Alt wirkende Tür, in einem nicht benutzten Teil des Schlosses. Ich sah leicht außer Atem hinter mich und stellte fest das hier keine Menschenseele war.

Nur noch wir beide, Miro und ich.

Er öffnete die alte und verstaubte Tür, die mit Kratzern nur so übersät war. Sie quitschte laut und ein leises Knacken ging von der Tür aus. Miro schien es keineswegs zu stören, nur in mir stieg das Unbehagen und ließ mich nervös mit dem Stoff meines Kleides spielen. Es war eine nervige Angewohnheit von mir, die weder meine Tante, noch ich unterbinden konnten. "Komm" er ließ mich zuerst in den dunklen Raum, der wunderbar und irgendwie zauberhaft roch. Hinter mir wurde die Tür geschlossen und eine Hand umschloss die Meine, bevor es augenblicklich heller und freundlicher wurde. "Wo... wie schön... Miro, was.. wo sind wir hier?" hauchte ich überwältigt von der mir fremden Schönheit vor mir und trat einen Schritt näher in die heller wirkende Mitte, des Raumes.

"Meine Mutter erzählte mir immer eine Geschichte, eine Geschichte voller unwirklich scheinender Wörter und Objekte. Irgendwie hatte  diese Geschichte für mich immer etwas magisches, voller zauberhafter Dinge die es einfach nicht geben konnte, nicht gibt. Mich fasziniert diese Geschichte noch heute und vor sechs Jahren zeigte sie mir diesen Raum. Es ist soetwas wie ein Familiengeheimnis, schön nicht wahr? Ich mochte diese Ruhe und dieses Gefühl von Wärme schon immer"

"Aber... Magie gibt es doch nicht! Wie kann das hier dann möglich sein?"

Miro nickte lächelnd "Richtig, so genau weiß ich es jedoch auch nicht. Nur das die Familie meines Vaters diesen Raum erschaffen hatten, schon vor vielen Jahrzehnten oder sogar länger und seitdem wurde dieser Raum wie etwas kostbares, unbezahlbares gehütet und gepflegt"

Es war wirklich unfassbar schön und es strahlte eine gewisse beruhigende Wärme und Geborgenheit aus. Lächelnd drehte ich mich zu Miro um und sah direkt in seine fröhlich glitzernden Augen.

"Danke, danke für dein Vertrauen und das du mir dieses wunderbare Geheimnis gezeigt hast"

Und das du diese schönen und warmen Gefühle, in mir, ausgelöst hast.

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