VII
Elizabeth ertappte sich dabei, wie sie des nächsten Morgens wieder den Friedhof besuchte.
Vielleicht, hoffte sie, kam Nathan ebenfalls. Und tatsächlich erschien bald darauf Nathan und ignorierte Elizabeth wiedermals, während er einen Strauß Rosen auf das selbe Grab wie des gestrigen Tages legte.
"Nath- Baron, ich möchte mich entschuldigen.", brachte Elizabeth mühevoll heraus und fand plötzlich ihre zitternden Hände überaus interessant.
Nathan stieß ein Lachen aus, Elizabeth meinte einen Hauch Trauer herauszuhören. "Dafür, dass du die Unverschämtheit besitzt, nach einem Jahr ohne ein Wort wieder aufzutauchen, für dein Verhalten damals und gestern? Oder..."
Nathan erhob sich und trat gefährlich nahe an Elizabeth heran, welche wie erstarrt nicht ausweichen konnte.
Nathan nahm ihr Kinn und drückte es vorsichtig nach oben und kam ihr immer näher.
"Dafür, dass du mich schon wieder so genannt hast?", hauchte er gegen ihre Lippen.
Im letzten Moment drückte die hochrote Elizabeth ihr Gegenüber von sich weg und murmelte: "Für alles. Ich hätte nicht einfach so gehen sollen."
"Dann komm mit. Wenigstens für einen Tag.", bat Nathan mit einem leicht herrischen Ton.
"Aber Maria-" "Du bist kein kleines Kind mehr und sie nicht deine Mutter, oder?"
Säuerlich nickend folgte Elizabeth dem noch immer arroganten Baron, welcher urplötzlich ihre Finger verschränkte.
Nach etwa einer halben Stunde kamen sie bei dem Anwesen Nathans an und erst jetzt verstand Elizabeth, dass der gesamte Wald wohl zum Besitz seiner Familie gehörte.
"Ist Lily da?", erkundigte sie sich vorsichtig, nicht wissend wie die Reaktion Nathans ausfallen würde.
"Nein, sie ist schon eine ganze Weile abgereist. Sie war am Boden zerstört, nach deiner Aktion." Schuldbewusst senkte Elizabeth den Kopf.
Auch das kleine Mädchen war ihr nicht aus dem Kopf gegangen. Doch ehe sie weiter Trübsal blasen konnte, gelangten sie zu dem wunderschönen Rosengarten im hinteren Garten des Herrenhauses.
Ungewollt bildeten sich kleine Tränen in Elizabeth's Augen. Ihre Gefühle spielten verrückt, schon seit verschwunden war.
Nach dem sie ein Stück gelaufen waren, kniete Elizabeth sich hin und ließ eine einsame Rose durch ihre Finger gleiten.
Nathan besah sie mit hochgezogener Augenbraue. "Wenn du mich etwas fragen willst, dann frage."
Elizabeth biss sich auf die Zunge, doch schließlich rang sie sich zu einem Satz. "Es erscheint mir taktlos, so frei zu fragen, doch woher kanntest du das Mädchen, welches dort begraben wurde?"
Schmerz durchzuckte Nathan's Gesicht und unwillkürlich wünschte sich Elizabeth, niemals gefragt zu haben.
"Komm mit." Er schritt in Richtung des Eingangs und Elizabeth eilte sich, ihm zu folgen.
Er führte sie zu einem Portrait, welches Elizabeth bereits einmal gesehen hatte, ihm damals aber keine besondere Beachtung geschenkt hatte.
Nun betrachtete sie beinahe entsetzt die beiden lächelnden Personen - Nathan und eine junge Frau, etwa in Elizabeth's Alter, sie saß in einem Stuhl, umgeben von roten Rosen.
Ihr Haar war silbern-weiß und ihre Haut recht blass, doch ansonsten schien sie wie Elizabeth's Ebenbild.
"Sie war genau wie du. Respektlos, eine junge Magd mit scharfer Zunge. Aus irgendeinem Grund waren wir verlobt und anfange hasste sie mich. Sie hatte ein schwaches Herz, schon ihr Leben lang. Irgendwann ist sie daran vereendet."
Damit wandte Nathan sich ab. Elizabeth brauchte einige Zeit, dass zu verarbeiten, dann ging sie zu den Schlafgemächern des Barons.
Sie klopfte einmal sanft, bevor sie mit gesenktem Kopf in das Zimmer trat.
Nathan saß auf dem Himmelbett und wirkte so einsam, dass Elizabeth von tiefer Mitleidigkeit erfasst wurde.
Sie setzte sich neben ihn und griff seine Hand. Elizabeth selbst überraschte ihre Handlungen, als sie Nathan in die Augen sah.
Ehe einer der Beiden zum Sprechen geneigt war, nahm Elizabeth all ihren Mut zusammen und drückte ihre Lippen auf die des Barons.
Nach nur einigen Sekunden löste Elizabeth sich wieder und ihr Griff um Nathan's Hand wurde fester.
"Vielleicht bin ich nur ein Ersatz für diese Frau, aber... Ich hatte viel Zeit zum Nachdenken. Und auch wenn es nach einem ganzen Jahr schrecklich unverschämt klingt, ich... liebe dich."
Nathan, der all das still angenommen hatte, lächelte nun liebevoller, als Elizabeth ihn jemals hatte lächeln sehen.
"Wahrlich unverschämt. Allerdings hätte ich dich wohl auch so geheiratet hätte.", war seine Antwort.
"Da bin ich mir nicht so sicher. Wer spricht denn bitte auch sofort von Heirat?", fragte Elizabeth, doch bevor sie wieder Wort erheben konnte, verwickelte Nathan sie in einen weiteren Kuss.
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