sechstes Kapitel: Erfolg und Missgunst
"Mein lieber zukünftiger Ehemann,
lieber Unbekannter,
Ich bin nun offiziell Reporterin von "Aldens Newspaper" und auch Besitzerin eines halb zerstörten Hauses. Dank den Fosters, es scheint so, als hätte ich nun auch die restlichen beiden Familienmitglieder gegen mich.
Josephine Foster ist eine Frau im mittleren Alter, welche sich weder zu kleiden weiß, noch weiß, wie sie sich benehmen soll. Doch sie steht ganz hinter ihrem Mann, egal ob er recht hat, oder nicht.
Theodor Foster, der jüngere Bruder von Ms. Foster, ein Teufel durch und durch, kann sich selbst in der Kirche nicht benehmen, was ich nun wirklich als zuwider empfinde. Er schreit, rennt herum und legte sogar Reisnägel auf meinen Sitzplatz, was mir leider bei den fünf Schichten meines Kleides nicht auffiel, aber die schwarzen Punkte auf meinem Rock sahen sicherlich nicht schön aus. Ich werde mit Sicherheit meinen nächsten Artikel über ihn verfassen.
Alles begann nach dem, durch unseren lieben Theodor, völlig ruinierten Gottesdienst. Ich machte mich danach direkt auf den Weg zu dem kleinen Stand, welchen ich vor Lucys Laden aufgebaut hatte. Mr. Foster folgte mir wie ein Schatten, dafür dass ich seinem lieben Bengel das Bein gestellt habe, wie er meinte, was ich natürlich bestreite.
Viele Menschen liefen natürlich hinterher, immerhin war die Stadt am Sonntag immer überfüllt und solche Dinge, wie eine Zeitung, sprachen sich dann schnell herum.
Man kann wirklich sagen, dass sich sämtliche Exemplare fast wie von alleine verkauften, die meisten Menschen gingen im Nachhinein auch noch in den Laden, was man als doppelten Erfolg bezeichnen könnte.
Ich weiß, normalerweise sollte man die Läden am Sonntag nicht öffnen, aber Lucy war davon einfach nicht zu überzeugen, schließlich würden eine Menge der Menschen an den Wochentagen nicht mehr wiederkommen. Es kam immerhin zu ihren Gunsten.
Besonders interessant fand ich, dass auch die Fosters, trotz einigem Widerwillen, eine Zeitung kauften, allerdings schon bei der zweiten Seite rot vor Wut anliefen. Mr. Foster wurde schon nach wenigen Zeilen so wütend, dass er die Zeitung seiner Familie überlies und zu mir herüberstapfte.
"Finden Sie es etwa lustig, andere derart auszulachen? Sie sind ein unmöglicher Mensch! Und das noch direkt nach dem Gottesdienst. Ich frage mich wirklich, wie man sich so benehmen kann.", sein Gesicht rot vor Zorn, die Hände fest an die Hüften gepresst, um nicht zuschlagen zu müssen und zusammengeengte Augen, irgendwie sah er in diesem Moment nicht sonderlich gesund aus.
"Sehen Sie das ich lache? Vielleicht sollten Sie sich eine Brille kaufen. Unmöglich sind nämlich nur Sie, ich arbeite nur, was Sie wohl niemals gelernt haben. Falls ich auch nur ein Wort gelogen habe,", meine Stimme wurde lauter, "sagen Sie es nur, wir werden sofort in den Gegendruck gehen. Allerdings müssen Sie dafür aber auch Beweise haben. Ich urteile nur nach dem, was ich bisher sah."
Mein zuckersüßes Lächeln, welches ich bei Lucy gesehen habe und natürlich auch nachgeahmt, raubte ihm den letzten Nerv und wenn seine Frau nicht gekommen wäre, hätte er mich sogar geschlagen, was ihm vermutlich noch einen schlimmeren Artikel gekostet hätte.
"Schatz beruhige Dich etwas. Mit solchen Leuten geben wir uns nicht ab, sie verdienen unser Mitleid und nicht unseren Zorn."
"Ihre Sprüche kommen nicht besonders gut an, schließlich scheint er immer noch im Zorn zu sein.", meine Bemerkungen kann ich mir einfach nicht verkneifen.
"Und Sie sollten sich ihre Kommentare zu dem Verhalten anderer Leute verkneifen, schließlich benehmen Sie sich keinen Deut besser. Ich würde sagen, Sie sind nur neidisch."
Ich frage mich, was sich diese Frau erlaubte. Dachte sie ernsthaft, was sie sagte? Entweder sie war sehr dumm, oder sie hielt mich dafür, ich weiß nicht, was von beiden schlimmer ist. Ich weiß es wirklich nicht, vielleicht stimmte sogar beides, dann bin ich in eine echt Katastrophe geraten.
"Mein Benehmen ist ausschließlich hervorragend. Was man leider nicht von Ihnen sagen kann. Und worauf sollte ich neidisch sein? Auf Euer schlechtes Benehmen, auf Eure schlechte Kleidung? Auf die Tatsache, dass Sie nicht arbeiten können und doch unverhofften Wohlstand herbeiwünschen?", manches davon hätte ich wirklich zurückhalten müssen, einiges bereue ich sogar, was mir in dieser Stadt viel zu oft passiert. Doch ich habe genau das gesagt, was mir in diesem Moment eigefallen ist, ohne Rücksicht auf irgendjemanden.
"Sie sind ein wahrhaftiges Monster! Denken Sie etwa, nur weil Sie reich sind, sind sie etwas besseres? Kommt es für Sie nur auf Werte, wie Vermögen, Kleidung und Benehmen in der Öffentlichkeit an?"
Seine Worte trafen wie Dornen. Er hielt mich für die reiche junge Dame aus der Stadt, welches sich nicht für andere interessierte. Die Egoistin, welche Leid und Schmerz anderer zum Leben brauchte. Er dacht ernsthaft, ich würde ihn nur wegen seiner Armut bloßstellen.
Doch wenn er schon so dachte, wieso sollte ich nicht so tun, als würde alles stimmen? Als würde er die Wahrheit sagen? Vermutlich der einzige Weg, ohne zu viel von mir zu verraten.
"Ein Monster bin ich mit Sicherheit nicht. Monster sehen nämlich abscheulich aus, aber dies ist ein Kleid, welches sie in ihrem Leben niemals kaufen können. Mein Benehmen kann man ausschließlich in einem guten Haushalt erlernen, Monster können sich bekanntlicherweise weder gewählt ausdrücken, noch wissen sie, wie man sich in der Öffentlichkeit zu verhalten hat. Und was geht es Sie an, auf welche Werte es für mich ankommt? Denn Sie, Mr. Foster, treffen noch nicht einmal die Kriterien, nach welchen ich einen Menschen würdig empfinde, Kritik an mir zu üben. Also wieso erlauben Sie sich dies? Sie sind weniger wert als der Rest dieser Stadt, ich weiß nicht, wie Sie es sich erlauben, auch nur vor meine Augen zu treten."
Die letzten drei Sätze lang sprach ich leiser, während meine Augen funkelten. Mein Gemeinheit waren nicht für jeden bestimmt, doch ich bezweifele, dass uns jemand gehört hätte, da alle damit beschäftigt waren, sich die Zeitung anzusehen. Alle, außer unserer kleinen Runde, bestehend aus Lucy, welche applaudierte, Mrs. Foster, welche immer noch nicht fassen konnte, was ich gesagt hatte, Mr. Foster, welcher mich noch fassungsloser ansah als seine Frau und mir, wie ich dort stand und besonders meine leise ausgesprochenen Sätze bedauerte.
Wieso bedauere ich hier eigentlich so viel? Früher musste ich es nie. Es könnte daran liegen, dass ich niemals Streit mit jemandem hatte, oder einfach daran, dass ich etwa alle drei Monate überhaupt mit jemandem sprach. Eins von beiden muss es sein. Menschen tun mir einfach nicht gut.
Lange stand er dort, ohne etwas zu erwidern. Lucy applaudierte laut und sah ihn höhnisch an. Ich denke, einiges von ihr muss wohl auf mich abgefärbt haben, denn sie war die einzige in der Stadt, welche niemals sauer wurde, egal wie schlecht ich mich benahm und wie grausam ich andere behandelte, sondern immer diejenige, welche mich anspornte andere zu ärgern.
Dann drehte sich Mr. Foster um und ging. Seine Frau folgte ihm, immer wieder zu mir zurückblickend. Hass und Schmerz war in seinem Blick vereint, wie auch in ihrem. Doch mein Gesicht strahlte wie immer nur die Überlegenheit gegenüber allem aus.
Was wohl Leonore zu allem gemeint hätte? Vermutlich, dass ich falsch gehandelt habe. Doch gibt es noch richtig und falsch? Wenn ja, dann ist beides nicht mehr vorherrschend. Nein, hier herrschen die Meinungen, welche man hat. Der Einfluss, auf alles um einen herum. Es gibt hier kein richtig und falsch. Nein, Leonore muss diese Welt zum Glück nicht mehr sehen.
"Jemand musste dieser minderintelligenten Bauern einmal zeigen, dass man so im Leben nicht weiterkommt und sich der Intelligenz, dem Reichtum und dem Benehmen beugen muss. Sie haben wirklich Charakterstärke, Elisabeth", Lucy war wie immer überaus begeistert. Diesmal dachte ich noch nicht einmal daran, dass ich höflich bleiben musste. Und doch bleibt die Frage offen, wieso Mr. Foster sie nicht so sehr hasst, wie mich. Aber das werde ich niemals herausfinden.
Der einzige, richtige Trost an diesem Tag war, dass ich sämtliche Exemplare meiner Zeitung ausverkaufte und schon Abonnements für die nächsten Wochen erhielt. Die Leute lieben meine Artikel, bezahlen sogar dafür, dass ich in der Zeitung eine winzige Spalte für sie übriglasse, um ihre Waren zu verkaufen. Damit habe ich einen großen Erfolg erzielt.
Heute war ein Tag des Erfolgs und der Missgunst. Der Freude und des Ärgers. Ein Tag, welchen meine Einnahmen und die Fenster meines Hauses bezeugen können.
Zu den Fenstern kommen wir nun. Es war spät, als ich Nachhause kam. Der Laden war überfüllt und Mr. Alden war in die Stadt verschwunden, da er auf großen Ärger mit sämtlichen Stadtbewohnern wartete, deshalb musste ich seinen Platz im Laden übernehmen, schließlich besitzt James, welcher normalerweise einspringt, kein solches Verkaufsgeschick.
Als ich ankam, bemerkt ich die jüngeren Fosters, wie sie mein Fenster einwarfen, sowie auch Mr. und Mrs. Foster, welche den halben Garten zertrampelten. Dann begann ich, meine Worte nicht ein wenig zu bereuen, nein, sie verdienten wirklich nichts besseres.
"Sie haben mein Grundstück augenblicklich zu verlassen.", meine Stimme war kalt und hart, voll Zorn. Es ist eines, etwas zu sagen, aber Zerstörungswahn habe ich bisher niemals akzeptiert.
Die kleine Familie drehte sich um, meinem überheblichen Blick ausweichend. Sie dachten wohl nicht, dass ich so spät noch auf den Straßen unterwegs wäre. Dann verschwanden alle.
Nun ist, dank ihnen, meine gesamte Küche ruiniert und mein Garten durcheinander.
Aber damit muss ich mich wohl abfinden.
Auf Wiedersehen
Deine Elisabeth"
Denn Missgunst folgt dem Erfolg, wie Schatten dem Licht---
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top