fünftes Kapitel: Geschäftssinn
"Mein lieber zukünftiger Ehemann,
lieber Unbekannter,
Es scheint so, als würde ich sehr bekannt im Dorf werden. Mr. Foster für seinen Teil wird jedenfalls auch bekannter, nur kann ich nicht gerade sagen, ob dies gut für ihn ist.
Doch vielleicht sollte ich nicht mit dem Ende der ganzen Geschichte beginnen, da der Anfang sonst nicht mehr zu verstehen sein wird.
Heute war Markttag, also machte ich mich auf den Weg dorthin, auch wenn ich nicht beabsichtigte etwas zu kaufen. Doch heute gab es ausnahmsweise auch Besuch von außerhalb der Stadt, welcher aber seltsamerweise etwas abstrakte Gegenstände verkaufte.
Doch dieser außergewöhnliche Besuch sorgte dafür, dass innerhalb von einer Stunde sämtliche Bewohner der Stadt auf dem Marktplatz standen, größtenteils auch ihr gesamtes Geld ausgaben. Besonders freute mich, dass Mr. Foster fast sein gesamtes Erspartes, etwa fünfzig Dollar, ausgaben, um eine Kutsche zu ersteigern. Es mag sein, dass er sich gut mit Kutsche auskennt, doch was ihm nicht auffiel, dass es einige absichtliche Fehler daran gab, so dass die Kutsche bald in sich zusammenbrechen würde.
Mrs. Alden war natürlich auch anwesend, ansonsten hätte sie das Geschäft ihres Lebens verpasst, auch wenn sie so dem Besuch große Konkurrenz machte. Es störte mich nicht sonderlich, dass ich fortwährend für ihre Waren warb, während ich durch die Stände des alten Kauzes spazierte.
Mr. Alden währenddessen beschwerte sich über unseren kleinen Schwindel, wie man es auch nennen könnte, ich bevorzuge andere Ausdrücke selbstverständlich mehr.
Während der Händler schlechte Waren verkaufte, die Menschen also betrog, setzte ich jeden Gegenstand auf meine Liste, mit dem überdachten Verfallsdatum, demnach sollte sich in einigen Wochen ein rentables Geschäft biete , indem wir dem Händler einfach zuvorkommen und, natürlich guten, Ersatz bieten für die zerstörten Waren.
Dinge, welche allerdings in einem nicht genau festlegbaren Zeitraum verfallen würden, lies ich lieber sofort bei Mrs. Alden kaufen.
Mr. Alden meint, ich hätte sowohl ihren Kleidungsstil, als auch das Benehmen, lieber aber auch die Gemeinheit seiner Frau in mir, was ich jedoch abstreite. Ich nenne es lieber Geschäftssinn, Ehrlichkeit währt hier schließlich nicht so lange.
Kurz vor Ende des Verkaufes, ich habe die Gewinne fast verdreifacht, waren jedoch kaum mehr Personen auf dem Markt und ich entdeckte eine alte Druckerpresse, welche mich sofort auf große Ideen brachte. Einiges müsste ich natürlich noch reparieren, doch die Druckerpresse würde wenigstens einige Monate lang laufen, genug Zeit, um mich zu rächen.
Ich weiß, ich komme schon wieder auf Rache, doch diesmal nicht nur das. Eigentlich würde es etwas Gutes für ganz Rose Village sein, eine eigene Zeitung besitzt schließlich nicht jede Kleinstadt. Damit war ich wieder ganz der Meinung von Mrs. Alden, leider nicht von ihrem Mann, welcher fand, wir sollten erst einmal vernünftige Reporter suchen. Aber ihm kann man auch wirklich nichts recht machen, deshalb habe ich das schon aufgegeben.
Eigentlich würde ich als Reporterin völlig reichen. Es ist schließlich meine Druckerpresse, selbst wenn ich sie lieber zu Aldens Merchantile habe tragen lassen, weil ich den Weg zu meinem Haus etwas zu weit fand. James schien schon dort von dem etwa vierhundert Pfund schwerem Gerät etwas ermüdet zu sein. Männer können aber wirklich nichts aushalten, ich hätte es auch selbst tragen können, aber dann hätte ich den Saum meines Kleides nicht hochalten und meinen Hut nicht festhalten können.
Mrs. Alden, welche mir anbot, sie Lucy zu nennen, entwarf also mit mir den ersten Entwurf unserer wunderschönen kleinen Zeitung, welche allerdings erst Morgen in den Druck gehen wird, da ich noch etwas Zeit brauche, um die Maschine zu reparieren. Dazu scheint wirklich kein Mann in Rose Village imstande zu sein, diese Schwächlinge.
Aldens Newspaper
Ich finde, es ist ein wunderbarer Name, auch wenn Mr. Alden meinte, er möchte nicht in unsere Angelegenheiten mit ehreingezogen werden. Später wird er sich noch darüber freuen, etwas von dem guten Ruf unserer Zeitung mitzubekommen.
Ich schreibe natürlich die Artikel, welche die Bewohner betreffen, erstens, weil es einen wahnsinnigen Spaß macht und zweitens, weil bei Lucys Ausdrucksweise vermutlich alle Bauern der Umgebung mit einer Axt hinter ihr herrennen würden.
Lucy hingegen übernimmt sämtliche Artikel über Werbung, neuste Begebenheiten im Dorf und alte Dorfklatschgeschichten, welche ich lieber nicht mehr die Freude hatte mittzubekommen. Ich freue mich schon sehr auf die erste Ausgabe morgen.
Soll ich Dir vielleicht schon einige meiner Artikel vorlesen? Ursprünglich hatte ich vor, die erste Seite zu nutzen, allerdings finden wir dort schon einen Artikel über den Hurrikan. Ich weiß, es gab keinen Hurrikan in der Gegend, aber wenn Lucy meint, diese Schlagzeile würde Leser anlocken, dann hat sie vermutlich recht. Wir werden es immerhin sehen. Also beginne ich lieber mit ihrem Artikel.
Hurrikan über Rose Village
Ein Hurrikan neuer Waren erfasst Rose Village und findet seinen Endplatz in Aldens Merchantile.
Allein diese Schlagzeile ist unfassbar! Ich weiß nicht, ob ich lachen, oder weinen sollte, wenn sie ihre Artikel auf diese Art verfasst. Ihre Art macht wenigstens niemand so schnell nach, selbst ich nicht.
Tausende an neuen Waren finden durch den Ansturm der Kunden Platz in Aldens Merchantile-alles reduziert! Schließlich sollte man nicht einfach die Leute betrügen, so wie es die Läden in den Nachbarstädten machen und kaum Waren liefern. Nein, bei Aldens Merchantile ist die beste Qualität des Landes und eine ewige Reduzierung garantiert!
Nach diesem ersten Absatz bin ich vor Lachen fast zusammengebrochen. Aber das System stammt eigentlich von mir. Wir haben abgemacht, dass sie jederzeit kostenlos Werbung in meine Zeitung setzen darf, ich aber auch auf das System einwirken darf. Alles wurde um 0,2 Prozent reduziert, was ihren Mann fast in die Weißglut trieb und James dazu brachte, dass er in die nächst größte Stadt für kurze "Ferien" davonfährt. Sie sagten, sie wollen nichts mit unseren Betrügereien zu tun haben, dabei war nicht ein einziges Wort des Artikels gelogen.
Aber nun kommen wir endlich zu meinem Artikel irgendwie sehe ich nun schon das Gesicht von Mr. Foster vor mir, auch wenn ich ihn eigentlich nicht mehr ärgern wollte, eine zerbrochene Fensterscheibe mehr in der Küche ist einfach zu viel! Wenn ich schon nicht kochen kann, muss er mir schließlich nicht noch die Wärme des verbrannten Essens wegnehmen.
Versagen versteckt durch Vater im Stadtrat
Die junge Ms. Foster versteckte ihr Versagen jahrelang durch ihren Vater im Stadtrat. Niemand wagte es, gegen sie zu sprechen, da ihr Vater durch seine Position alle in der Hand hielt. Das große Versagen kommt erst nach zwei Jahren heraus---
Da ihr Vater im Stadtrat saß, war es für die junge Ms. Foster ganz einfach, den Platz als Lehrerin in dieser Stadt zu erhalten. Doch es kam heraus, dass sie völlig untauglich dazu ist, ihren jüngeren Bruder bevorzugt und andere Kinder grundlos in die Ecke stellt. Niemand wagte gegen sie zu sprechen, da ihr Vater in der Stadt eine zu hohe Stellung vertritt, um gegen ihn zu sprechen. So schwieg man wegen ihres Versagens. Doch ist das der richtige Weg? Neulich griff sie eine Einwohnerin der Dorfes an, wurde bei der Ratsversammlung nur mit Mühe davon abzuhalten, es wieder zu tun. Sollte diese Frau etwa mit Kindern arbeiten? Vermutlich nicht. Zum Glück wird sich das aber bald durch die neue Lehrerin ändern. Solche Fehler in der Stadtpolitik dürfen von den Bewohnern nicht weiter unterstützt werden.
Ich frage mich schon, wie die Reaktion von den Fosters sein wird. Vermutlich sollte ich die Küche ins Innere des Hauses verlegen, oder einfach nur noch zu Abend essen, da schon einige Fenster zerstört sind, aber andere sicherlich noch folgen werden.
Ansonsten habe ich noch einen Artikel über den Doktor verfasst, besser gesagt über sein kleines Augenproblem, und über die Zerstörung der Weideflächen im Norden, durch die Unachtsamkeit von Mr. Kelan, doch da ich die ersten Zeitungen erst einmal bei vier Doppelseiten belassen möchte, dafür aber nur den Preis von zehn Cent einfordere, weiß ich nicht, ob ich sämtliche meiner Artikel auf die Seiten bekomme, da auf der zweiten Seite sonst nur Platz für zwei Artikel ist, ich allerdings noch einen Artikel schreiben muss, nämlich über das Dorffest, dieser wird aber mindestens eine Seite einnehmen. Und auch die Artikel von Lucy müssen noch ihren Platz finde, etwas viel Arbeit für einen Tag.
Vom Dorffest vergaß ich Dir völlig zu erzählen! Es findet in drei Wochen statt, das größte Fest des Jahres, ausgenommen von Weihnachten.
Rate, wer es wohl finanzieren wir. Ich. Ich habe schließlich genug Geld dafür, Lucy hilft mir dafür bei den organisatorischen Dingen.
Leider scheinen die Menschen hier nicht sonderlich davon begeistert zu sein, uns beide als Planer zu haben. Als ob ich damit nicht fertigwerden würde, nur weil ich niemals in meinem Leben auf einer Feier länger als zehn Minuten war. Das einzige, was mir dabei Sorgen bereitet ist nicht die Organisation, nein, es ist die Tatsache, dass ich die ganze Feier über dort bleiben muss. Eigentlich bedeutet das, dass ich mir entweder einen abgezäunten Bereich einplanen muss, oder die Feier doch kürzer halten muss. Vermutlich trifft es das Zweite, da man die Menschen hier nicht dazu bewegen kann, sich an Regeln zu halten.
Aber irgendwie wird es schon funktionieren, morgen erzähle ich Dir dann Genaueres, da ich mit der Planung dank meiner Zeitungsaktion nicht sonderlich weit bin. Immerhin muss ich Übermorgen auch noch zur Schule, was mir noch mehr Zeit für Planung wegnehmen wird.
Also dann bis Morgen.
Auf Wiedersehen
Deine
Elisabeth"
Elisabeth legte den Brief nieder und dachte nach. Ihr fielen so viele Dinge ein, welche sie über das Dorf verfassen könnte. Ihre guten Vorsätze interessierten sie nicht mehr. Nein, nun hatte sie der Gemeinheit nachgegeben, welche das Dorf umhüllte und sie immer mehr mit sich riss.
Denn die Zeit hält die an, läuft nie rückwärts, und alle denken, vor ihr davonlaufen zu müssen---
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