𝓡𝓸𝓼𝓮 𝓫𝓸𝔂

˚୨୧˚ ˚୨୧˚

˚୨୧˚ ˚୨୧˚

"..it noch einen weiteren schönen Donnerstag!", hörte ich von einer Männerstimme, die mich damit aus meinem schön erholendem Schlaf holte. Mit einem leisen Murren drehte ich mich auf die andere Seite, in der Hoffnung, so einfach wieder weiterschlafen zu können. Das jedoch erwies sich als eine der schlechtesten Ideen, die ich jemals hatte. Denn kurz darauf lag ich auch schon auf dem mit einem weichen Teppich geschmückten Boden. Glück im Unglück, dachte ich mir dabei nur und versuchte mich in die weiche Wolle sowie die wärmende Decke einzukuscheln. Das anfängliche Zittern ebbte langsam aber sicher ab und hinterließ eine angenehme Gänsehaut, was mich stumm und erleichtert in die weiche Decke Seufzen ließ. So war es doch um einiges besser und angenehmer, perfekt zum erneut einschlafen.

Am heutigen Tag wollte ich nämlich einfach keine Menschenseele sehen, hören oder gar selbst mit so einer reden müssen. Mein Plan war es, die vierundzwanzig Stunden mit erholsamen Schlaf zu verbringen und das eigentlich im bequemeren Bett. Allerdings hatte ich mich gestern vor unserem riesigen Fernseher mit Frozen Yoghurt vollgestopft, während eine Komödie nach der anderen gelaufen war. Da ich anschließend im Sitzen eingeschlafen war, wurde es wohl doch nichts mit dem gewohnten, weicheren Bett. Aber wählerisch war ich sowieso noch nie gewesen, Hauptsache heute ließ mich jeder vor mich hin vegetieren.

Leider Gottes hatten jedoch die Nachrichten eine andere Vorstellung davon und berichteten gerade darüber, was für ein ach so toller Tag doch heute war. Man solle ihn ja mit seinen Liebsten verbringen, sich entspannen und was weiß ich nicht noch alles. Also mein Liebster lag in unserem Tiefkühlschrank und wartete nur sehnlichst darauf, endlich verspeist zu werden.

Mit diesem Gedanken vor mich hin träumend tauchte ich ein erneutes Mal ins Land der Träume ein, während sich das Wasser in meinem Mund nur so staute. Ob ich in diesem Moment zu sabbern anfing, war mir relativ egal. Zuhause konnte es ja sowieso keiner sehen, genauso wenig wie meine Kleidung. Bestehend aus einem verwaschenem Pullover und einer schwarzen, langen Jogginghose.

Tatsächlich hatte es funktioniert, ich war für einige Stunden eingeschlafen, wenn auch auf dem Boden. Im Halbschlaf streckte ich mich, stieß dabei mit dem Ellbogen gegen das harte Tischbein des kleinen Tisches vor dem Sofa. Kurz darauf spürte ich nur noch etwas kaltes und nasses auf meinem Gesicht, weswegen ich mich wie von der Tarantel gestochen aufsetzte. Mit dem Ärmel rubbelte ich über mein Gesicht, war dabei auf alles gefasst, was mein noch schlafender Kopf sich nicht alles so vorgestellt hatte. Doch als ich den nassen Stoff genauer betrachtete, sah es weder nach Blut noch nach ekelhaftem Schleim aus, eher nach normalem Wasser. Mit dieser Erkenntnis beruhigte sich mein schnell schlagendes Herz zum Glück auch wieder, als meine Augen umher blickten. Zu aller erst richtete sich mein Blick auf den vollgestellten Tisch, bei dem ich sogar durch meine momentane Lage auf Augenhöhe war. Viele bereits leere Packungen Eis und ein damit bekleckerter Löffel, der auf einem der wenigen, verstreuten Schulbücher und Blöcke drauf lag. Bei genauerem Betrachten fiel mir auf, dass es sich dabei um das geliebte Mathebuch handelte und sich das getrocknete Eis in das Papier eingefressen hatte. Die beste Voraussetzung für eine gute Note, das hatte ich ja mal wieder super hinbekommen.

Als nächstes suchten meine Augen nach der Ursache, weswegen ich solch ein nasses Wunder erleben durfte. Die Sauerei würde ich hoffentlich später irgendwie beseitigen können. Wenn nicht, dann hatte ich wohl oder übel mein Todesurteil unterschrieben und an unseren Lehrer höchstpersönlich abgeschickt.

"Hab ich dich", entkam es mir, meine raue Stimme ignorierte ich dabei einfach und hob das Glas, welches zu meiner Linken lag, auf. Mürrisch blickte ich es an, als könne es etwas dafür, dass ich nun komplett wach und fertig mit meinem Leben am kühlen Boden der Tatsachen saß.

Nach gut fünf Minuten des Starrens und Wünschens, dass dieses Glas doch bleiben sollte, wo der Pfeffer wuchs, stellte ich es einfach auf einen noch freien Fleck des Tisches. Anschließend hievte ich mich vom doch ziemlich harten Boden hoch und musste mich erstmal wie ein alter Opa vor Schmerzen krümmen. Meinem Rücken hatten diese wenigen Stunden auf dem Teppich wohl eher weniger gefallen und das ließ er mich auch ohne jegliche Gnade spüren.

Leise vor mich hin zischend stellte ich mich nur ganz langsam wieder halbwegs gerade und normal hin. Mit einem schnellen Griff schnappte ich mir dann die Decke und legte diese um meinen erneut zitternden Körper. Den Fernseher ließ ich einfach weiter vor sich hin plappern und stolperte voran ins Badezimmer. Wenn schon eine Dusche, dann aber eine richtige und mit schön heißem Wasser. Nur, weil ich heute niemanden sehen wollte, hieß es ja auch nicht, dass ich wie ein Höhlenmensch aussehen musste.

Wenige Minuten später stand ich vor dem beschlagenem Spiegel und putzte meine Zähne. So machte ich es immer, es war eine reine Angewohnheit. Sonst war man ja nie komplett sauber, so dachte ich jedenfalls immer. Die nassen Strähnen hingen mir dabei quer im Gesicht herum und ließen so manch kühlen Tropfen auf meine Wangen fallen.

Als diese Tortur dann auch geschafft und die Haare getrocknet waren, ließ ich mich in frischen, bequemen Sachen ein erneutes Mal auf das Sofa fallen. Heute war es anscheinend mein bester Freund, denn sonst mochte es eigentlich niemand. Es war einfach zu hart, um darauf zu entspannen. Allerdings zu weich, um konzentriert zu arbeiten. Wiederum zu kurz für meinen zehn Meter großen Vater, der sich immer wieder aufs Neue beschwerte, darauf keinen Mittagsschlaf machen zu können. Aber trotzdem beschwerten sich meine Eltern, falls ich jemals den Vorschlag machen wollte, ein neues Sofa anzuschaffen. Das wäre dann auf einmal wieder viel zu teuer und unnötig. Ganz offensichtlich hatte meine Familie an wirklich allem etwas zu meckern, meinten es dabei aber nie so wirklich ernst.

Das liebte ich an meinen Eltern so sehr, sie verstanden einen Spaß, waren nicht verkrampft, hatten einen guten Humor und trotz dessen konnte man ein oder zwei ernste Worte mit ihnen wechseln. Sobald ich einen Rat brauchte, warfen sie ihre kindliche Seite in die nächste Ecke und hörten mir aufmerksam zu. Selbst wenn ich zwei Stunden durch geredet hatte, sie wollten dennoch nur noch mehr darüber hören und waren ernsthaft an dem Ganzen interessiert.

"Jetzt zum Wetter!"

Erschrocken zuckte ich zusammen und gab ein undefinierbares Geräusch von mir, als der Fernseher meinte, spontan um einiges lauter werden zu müssen. Irgendwie war es eine Art Tick des Geräts, oder auch eine Einstellung, die meine Eltern aus Versehen gespeichert hatten. Ein wahres Rätsel, denn er wurde einfach immer zu den unpassendsten Momenten wieder lauter, wiederum wenn man etwas Wichtiges hören wollte, wieder leiser. Das amüsante dabei, das passierte wenn nur bei mir. Hieß also, meine Eltern würden nie im Leben auch nur daran denken, einen Neuen zu kaufen und lachten mich immer aus, falls es erneut passierte. Allen Anschein nach mochte er mich also auch nicht. Aber wenigstens beruhte es so auf Gegenseitigkeit.

Rein aus Interesse starrte ich dem farbigen Bildschirm entgegen und saugte die Informationen förmlich in mich auf. Den ganzen Tag sollte es also schön sonnig und erst gegen Abend wieder etwas kühler werden.

"...en Sie nicht auf, irgendwo wartet auch ihr Valentinsschatz auf Sie!"

Wusste diese blöde Glotze über mein gesamtes Leben Bescheid und meinte, mir dieses vorzuhalten oder warum mussten die ausgerechnet jetzt sowas erwähnen? Man brauchte doch kein Schatzi Mausi Pupsi Bärli, welches man in aller Öffentlichkeit ablecken konnte. Es war doch nichts zum angeben und trotzdem taten es die meisten. Heute war ein Tag wie jeder andere auch, den man auch gut alleine verbringen konnte. Genau das würde ich auch tun und dabei Spaß haben.

"Ihr werdet es schon alle sehen", dachte ich laut und warf dabei dem Fernseher einen Todesblick zu, wie als könnte er mich verstehen. Mit einem kurzen Knopfdruck verstummte die blöde Kiste dann auch endlich und so konnte ich meiner dunklen Spiegelung entgegen sehen. So erkannte ich die leicht angedeuteten Augenringe sowie die verwuschelten Haare, die mir wortwörtlich zu Berge standen. Mit diesem Anblick kamen mir so viele Fragen hoch, die ich all die Jahre davor versucht hatte, irgendwie in der letzten und hintersten Ecke wegzusperren.

Doch es hatte nicht geholfen, war vergebens und so durchbrachen diese Gedanken meinen rational denkenden Kopf. Ich stellte mir selbst Fragen, die offensichtlich keine richtige Antwort hatten. Ob ich denn zu hässlich sei, um von irgendwem als Geliebten bezeichnet zu werden. Und auch wenn das vollkommener Blödsinn war, Schönheit im Auge des Betrachters lag, wobei sowieso jeder auf seine eigene Art und Weise schön war, stieg mir ein mulmiges Gefühl in die Brust. Es verbreitete sich wie ein schmerzendes Feuer, hinterließ nichts weiter als ein undefinierbares Chaos.

Meine Hand fand ihren Weg zu eben diesem Feuer, als könne sie es durch eine bloße Berührung zum erlischen bringen. Doch leider funktionierte es nicht, meine Brust sowie mein Kopf brannten weiter vor einander hin und so stieß ich ein frustriertes Seufzen aus.

Es war falsch, so oberflächlich zu denken und eigentlich war mir das mehr als nur klar. Das Aussehen alleine brachte einem keine Freunde, jedenfalls keine echten und erst recht keinen festen Freund. Man könnte noch so dünn oder vielleicht auch übergewichtig sein, irgendwann würde diese wahre Liebe einen schon von selbst finden. Aber viele wollten es einfach nie verstehen. Manche erzwangen sich die Liebe, wollten noch so hübsch für irgendwen aussehen doch das brachte nur eine Sache.

Schnell aber schüttelte ich den Kopf. Solche Themen sollte ich schnellstmöglich aus meinem Kopf verbannen, sonst würde ich noch den ganzen Tag darüber philosophieren.

Mittlerweile hatte ich mich in meine eigenen vier Wände geschleppt und lehnte mich gegen den kühlen Türrahmen. Mein Blick galt meinem Bett, welches ich letztens noch liebevoll gemacht hatte. Langsam schritt ich darauf zu, die Vorfreude packte mich und vertrieb alle negativen Gedanken von den letzten Minuten. Gleich würde ich wieder diese federleichte Matratze spüren können.

"Kookie Schatz, wir sind wieder da!"

Jedenfalls hatte ich zutiefst gehofft, genau das machen zu können. Allerdings wurde meine Hoffnung mit diesem einen Satz von hinten gepackt und zu Boden geworfen, wo nun nur noch tausende, kleine Scherben herum lagen. Doch diesen durfte ich auch nicht lange nachtrauern, denn nur einen Atemzug später kam meine breit grinsende Mutter in dem Flur gerannt.

Schon bevor sie zum Reden anfing, wusste ich sofort, dass es nichts positives sein würde. Jedenfalls für mich nicht, sie war da offensichtlich ganz anderer Meinung, stattdessen war sie Feuer und Flamme für ihre Idee.

"Spätzchen, was hältst du davon, wenn wir gemeinsam einen Kuchen backen?", fragte sie und klatschte allein dabei schon die Hände aneinander. "Ist doch besser, als in deinem muffigen Zimmer zu gammeln, oder nicht?"

Eigentlich hatte sie ja recht, denn kochen, oder eben auch backen, mit ihr hatte bis jetzt immer Spaß gemacht und sie schaffte es immer wieder mich von meinen Gedanken abzulenken. Aber wie gesagt, eigentlich. Denn ihr warmes Lächeln verbarg etwas vor mir, doch mir wollte einfach nicht in den Sinn kommen, um was es sich denn handeln könnte. Ich mochte es nicht wirklich, wenn man Geheimnisse vor mir hatte, auch wenn sie noch so klein und unnötig waren. Allerdings konnte es doch garnicht so schlimm werden, oder doch?

"Welchen?", stellte ich nach der gedanklichen Pause ihr eine offensichtliche Gegenfrage und verschränkte anschließend die Arme vor der Brust. Meine Augen kniffen sich dabei leicht zusammen, gespielt mürrisch blickte ich ihr entgegen und so startete unser Blickduell.

"Dein Favorit", entgegnete sie nur, stützte ihre Arme in ihre Hüfte und wagte es garnicht erst zu blinzeln.

"Davon gibt es viele, vor allem von Granny.."

Ihre vor Entsetzen geweiteten Augen blickten mir unschuldig entgegen und ihre Schultern fielen für wenige Atemzüge Richtung Erdkern. Doch so schnell sie auch unten waren, desto schneller waren sie wieder nach oben geschossen und ihre Augen in Zuversicht und Motivation getränkt.

"Dir, kleinem Bengel, zeig ich schon, wie gut ein Jeon backen kann.."

Mit diesem Satz kehrte sie mir ihren schmalen Rücken zu und huschte in Richtung Küche. Ein Schmunzeln breitete sich in meinem Gesicht aus und vorfreudig hüpfte ich ihr förmlich hinterher. Somit hatte ich unser Blickduell sowie einen leckeren, selbst gemachten Kuchen gewonnen. Natürlich war es nur die halbe Wahrheit, denn am besten kochte eindeutig meine Mutter. Daran gab es weder etwas zu rütteln, noch zu diskutieren.

Während ich ihr immer näher kam, krempelte ich die Ärmel meines Pullovers hoch und versuchte, ihr strahlendes Lächeln halbwegs zu erwidern. Nach einer Weile streichelte ihre zierliche Hand mir durch die Haare, ihr Kopf legte sich dabei nur ein klein wenig schief. Musternd betrachtete sie mich aufmerksam. Mir war es so, als würde sie mein gesamtes Gesicht analysieren und in meine Seele blicken wollen.

"So schön erwachsen bist du schon..", flüsterte sie ins Nichts und bekam wahrscheinlich nicht einmal mit, dass sie ihre Gedanken nun wirklich laut ausgesprochen hatte. Doch es störte mich nicht im geringsten, eher wurde mein Lächeln dadurch nochmals ein wenig breiter. Ihre Augen funkelten so voller Stolz auf mich, ihren Sohn herab und es ließ mich wirklich geborgen fühlen. Es war ein gutes Gefühl, manchmal so von ihr angesehen zu werden. Zu wissen, dass man sie stolz gemacht hatte, vertrieb gerade jeglichen Kummer der letzten Stunden.

Kurz darauf fand ich mich in einer lockeren Umarmung wieder, die ich nur zu gerne erwiderte. Ein wohliges Seufzen verließen unsere Lippen, es tat uns beiden mehr als nur gut. Diese Umarmung, so voller Liebe und Zuneigung.

"Jungkookie?", hörte ich leise ihre Stimme an meinem Ohr, ihre Hand streichelte mir stets weiter durch die wuscheligen Haare. Nur ein leises Murren meinerseits war zu hören und gab ihr damit ein Zeichen weiterzureden.

"Wir.. haben keine Milch mehr da"

Wieder murrte ich nur an ihre Schulter und schloss einfach die Augen. Es war so schön und warm bei ihr, in ihren beschützenden Armen. Mein Kopf war kurz davor sich komplett auszuschalten, sich einfach diesem wundervollen Gefühl hinzugeben und es in vollen Zügen zu genießen. Allerdings drückte mich dann auch schon an den Schultern weg von sich, sodass ich wohl oder übel keine andere Wahl hatte, als ihr zuzuhören.

"Ich weiß ja, du willst heute niemandem begegnen, aber.."

Gegen Ende wurde ihre Stimme leiser, gar so, als hätte sie Angst vor meiner Reaktion. Und eigentlich hätte ich mich von ihr losgerissen und wäre in mein Zimmer gestampft, um dort die beleidigte Leberwurst zu spielen, allerdings konnte ich einfach nicht. Ihr Hundeblick traf auf meine müden Augen und noch dazu dieser Schmollmund, den sie perfekt zog. Sie sah so aus, wie eines der wenigen süßen Kinder, welchem man einfach nichts Böses antun wollte. Wie sollte man ihr da schon nein sagen?

"Ist ja gut.. schreib mir alles weitere auf", sagte ich und löste mich dann wirklich von ihr, dabei aber mit einem leichten Lächeln auf den Lippen. Noch bevor sie etwas dazu sagen konnte, verzog ich mich in mein Zimmer und zog mir auf die Schnelle eine andere Hose an. Zwar war die davor ja auch bequem, wenn nicht sogar mein Liebling unter allen anderen, allerdings sah sie für draußen doch etwas zu verwaschen aus. Noch dazu wollte ich nicht für einen asozialen Jugendlichen gehalten werden, oder wie eine Lehrerin letztens meinte, diese Proleten die sich keine richtigen Hosen leisten konnten und nur Probleme machten.

Mit einem schnellen Griff schnappte ich den Zettel von der Kommode, sowie das daneben liegende Geld und hüpfte in meine geliebten Schuhe. Mit einem lauten Knall als Abschied befand ich mich auch schon in der kühlen aber erfrischenden Luft. Kurz blieb ich auf der letzten kleinen Stufe stehen, holte tief Luft, um mich seelisch auf die ganzen Paare vorzubereiten. Erst nachdem das geschehen war, konnte ich mit schnellen Schritten voran zum nächsten Supermarkt gehen. Den Blick hatte ich stets auf den Boden gerichtet, allerdings nicht weil die eigentlich schön scheinende Sonne auf uns herab lachte. Nein, das war es nicht. Wohl eher der Fakt, dass nach nicht einmal fünf Minuten dieses typische Schmatzgeräusch in meine Ohren drangen und diese bahnten sich von dort aus ihren Weg zu meinem Gehirn. Ein erneutes Mal wollten diese Gedanken ins Freie gelangen, doch krampfhaft hielt ich dies gerade noch so auf. Es war vollkommener Blödsinn, so zu denken. So langsam hielten es meine Nerven allerdings nicht mehr aus und würde mich heute nochmals irgendjemand an den heutigen Tag erinnern, dann solle ihm Gott genügend Gnade erweisen.

"Fröhlichen Valentinstag, meine Dame!"

Sofort hob sich mein Kopf und so bemerkte ich, dass ich schon längst an meinem Ziel angekommen war. Wenige Meter vor mir stand die Quelle dieser tiefen, aber doch so wunderschönen Stimme, welche schon seit der ersten Silbe süchtig gemacht hatte.

Dieser Junge, der doch jedes Jahr aufs Neue zu diesem bestimmten Tag vor genau diesem Gebäude stand und jedem seine roten, zugegebenermaßen wirklich schönen Rosen austeilte. Mir war es fast so, als könne er Amor höchstpersönlich sein, denn wer könnte sonst so ein perfektes Lächeln auf die Lippen bringen und noch dazu solch eine gute Laune haben? Noch ein Punkt für meine Theorie waren seine ebenfalls lockigen, blonden Haare.

Seufzend senkte sich dann mein Kopf wieder, als ich in das Gebäude eintrat und mir einen Korb schnappte. Die vielen Menschen versuchte ich dabei auszublenden, jedenfalls so gut wie es mir eben möglich war. Es war doch jedes Jahr so, er gab jedem seine Rosen, selbst kleinen Kindern. Meiner Mutter hatte er letztes Jahr auch eine gegeben, mir dabei keine einzige Sekunde in die Augen gesehen. Wie als wäre ich Luft für Amor und würde seiner Meinung nach keinerlei Liebe verdienen.

Die Hoffnung, irgendwann auch so eine dieser symbolischen Blumen überreicht zu bekommen, war schon längst erlischt. Und so ungern ich es auch zugab, es kratzte an meiner Würde sowie meinem nicht vorhandenem Stolz. Es war doch nur eine Pflanze, die doch sowieso nach einigen Tagen wieder verwelken würde, also wieso lag einem so viel daran? Eigentlich brauchte weder ich, noch irgendwer anderer diese Rosen als indirekten Beweis dafür, dass man etwas besonderes war. Wieso also beschäftigte mich dieser verflixte Rosenjunge so sehr?

Frustriert knallte ich den leeren Korb auf den Stapel der anderen, als meine Augen die ganzen Lebensmittel auf dem Band betrachteten. Meiner Mutter fiel doch immer wieder etwas ein, sei es noch so unnötig. Zur Milch meinte sie nämlich auch noch eine gläserne Vase haben zu wollen, die momentan um einiges günstiger war. Sie war nämlich einer dieser typischen Blumen, sowie Pflanzenmenschen, die mit zwei grünen Daumen gesegnet wurden und stellte gerne einmal mehrere ihrer geliebten Orchideen kreuz und quer ins Wohnzimmer. Dazu noch so einiges an Schokolade, wo ich mich einmal wieder fragte, wie diese Frau so viel davon essen konnte, ohne auch nur ein Gramm zuzunehmen. Im Gegensatz zu ihr, spürte ich schon beim bloßen Anblick die ganzen Kalorien auf mich nieder prasseln. Kurz gesagt, es war schlichtweg einfach unfair, in dem Sinne die Gene meines Vaters vererbt bekommen zu haben.

"Auf Wiedersehen und noch einen schönen Valentinstag!", sagte der Kassierer mit einem warmen Lächeln, ehe er sich dem nächsten Kunden zuwandt. Konnten nicht einfach alle ihren Mund halten und mich damit in Ruhe lassen? Nein, natürlich musste Salz in die Wunde gestreut werden.

Innerlich die Augen verdrehend, packte ich den Papiersack mit den ganzen Lebensmitteln sowie der sorgfältig verpackten Vase und war wenige Sekunden darauf wieder in der erfrischenden Luft. Wenigstens rief mir diese nicht zu, dass heute ja ein ach so toller Tag war. Aber Moment mal, seit wann konnte Luft überhaupt reden, gar mir hinterher rufen? Meine Sinne spielten mir wohl einen Streich, anders konnte es einfach nicht sein.

So also ging ich einfach weiter meines Weges, bis ich etwas auf meiner Schulter spürte. Es hielt mich davon ab, auch nur einen einzigen Schritt weiter gehen zu können und da es so plötzlich kam, duckte ich mich mit einem erschrockenem Quietschen unter diesem Gewicht hinweg. Schwer atmend, da ich einen halben Herzinfarkt erlitt, starrte ich dem blondhaarigen Amor entgegen, der mir entschuldigend entgegen blickte. Was wollte dieser Rosenjunge denn jetzt von mir?

"Entschuldige, aber..", fing er an, wirkte mit einem Wimpernschlag etwas nervös. Kurz schüttelte er seinen Kopf, wodurch die blonden Locken fröhlich herum hüpften, bis er schließlich weiterredete. Seine Stimme sowie sein herzliches Lächeln ließen dabei einen angenehmen Schauer über meinen gesamten Körper laufen.

"Hier.. schönen Valentinstag"

Damit griff er nach meiner offenen Hand und drückte mir etwas in diese. Doch konnte ich in diesem Moment meinen Blick nicht von seinen wunderschön schimmernden Augen abwenden. Erst, als er sich mit einem letzten Lächeln wieder umdrehte, konnte ich wieder freier atmen und schluckte rein aus Reflex. Ein wärmendes Gefühl durchflutete meinen Körper, was war das bloß?

Mein verwirrter Kopf richtete sich schließlich von seinem weit entfernten Rücken ab, hinunter zu meiner Hand und erneut fühlte ich, wie sich jedes einzelne Härchen auf meinem Körper aufstellte. Die Verwirrung wandelte sich zu purer Verwunderung um und so betrachtete ich auch die Rose in meiner Hand, welche aber keine gewöhnliche rote Farbe hatte. Sie glich viel eher einem violett, oder doch einem lila? Nein, es handelte sich um Lavendel.

Überrumpelt, verwirrt und einfach nur sprachlos hoben sich meine Augen wieder, suchten die des Rosenjungen. Doch war es nun viel zu voll, ganze Menschenmengen liefen ein und aus, sodass mir ein genauer Blick auf ihn verwehrt blieb. Was hatte das zu bedeuten, wieso gab er mir ausgerechnet jetzt auf einmal eine seiner wertvollen Rosen? Noch dazu, in dieser speziellen Farbe?

Ich wusste einfach nicht, was ich nun tun sollte. Nach Hause gehen, meine Mutter fragen und diesen Jungen eventuell nie wieder sehen können? Nein, das wäre falsch. Sollte ich also doch lieber wieder zu ihm gehen und ihn persönlich danach fragen? Was aber, wenn diese Farbe oder Art der Rose etwas wie Abneigung hieß und er mich anschließend vor allen bloßstellen wollte?

Weitere Minuten vergingen, während ich mir auf der Lippe herum biss und diese Rose betrachtete. Sie war wunderschön, keine Frage. Lavendel war auch eine schöne Farbe, wenn nicht bald schon mein neuer Favorit.

"Scheiß drauf..", flüsterte ich eher zu mir selbst, nahm meinen gesamten Mut zusammen und ging wieder nach vorne zum Eingang des Geschäftes. Wenn ich ihn nicht sofort danach fragte, würde ich es doch bestimmt bereuen. Augen zu und durch, hieß es nun. Meine Hände zitterten, als ich ihn dort stehen sah. Erleichterung durchflutete mich, gab mir nochmals ein wenig Zuversicht und so kam ich vor ihm wieder zum Stehen. Er sah überrascht in meine Augen, doch konnte ich auch etwas anderes darin entdecken.

"Wa-..", wollte ich zwar anfangen, doch es blieb mir wortwörtlich im Hals stecken. Der Mut verließ mich und das Einzige, was mir noch dazu einfiel war, die Rose zu heben. Mit dem Kopf nickte ich auf diese, betete, dass er mich verstand und spürte eine elendige Wärme in meine Wangen fließen. Peinlicher ging es doch nun wirklich nicht, wieso machte mich dieser Junge auch so nervös?

"Die Farbe der Rose?", fragte er, sichtlich amüsiert und betrachtete mich wie eine Art Kunstwerk. Seine Augen strahlten mir entgegen, versuchten jedes noch so kleine Detail in sich aufzusaugen. Mehrmals nickte ich und wartete einfach darauf, dass er es mir erklärte.

Doch das passierte nicht. Viele Minuten lang sahen wir uns einfach nur stumm entgegen und wenn es mich nicht irrte, kamen wir uns wie zwei Magnete langsam immer näher. Die Gänsehaut hatte sich wieder ihren Platz auf meiner Haut gesucht, als ich sogar seinen kühlen Atem auf meiner erhitzten Haut spürte. Mein Herz schlug mir fest gegen die Brust, als er den Kopf etwas schief legte und seine Augen zu meinen Lippen schweiften.

"Die Farbe Violet, sehr selten und doch so begehrt. Ihre Bedeutung umfasst hauptsächlich zwei Begriffe, Verzauberung sowie Liebe auf den ersten Blick. Um anderen die Gefühle leichter offenbaren zu können, hat man diese Rose als Zeichen der Liebe sowie Zuneigung vergeben", sprach er mit seiner ruhigen Stimme gegen meine Lippen. Sein kühler Atem streifte gegen diese und ließ mich erzittern, seine Worte hielten mich gefangen und so konnte ich meine Augen garnicht erst von seinem makellosen Gesicht abwenden.

Mit einem letzten Blick in meine Augen, einem leichten Nicken meinerseits und seinem verliebten Lächeln legten sich seine Lippen dann auch schon federleicht auf die meinen. Dieses Gefühl, welches anschließend meinen gesamten Körper vereinnahmte, konnte man einfach nicht in Worte fassen. Es war unglaublich schön.

˚୨୧˚ ˚୨୧˚

[4036 Wörter]

Damit wünsche ich euch allen einen schönen Valentinstag.

Auch wenn ihr keinen Geliebten habt, macht euch keine Gedanken deswegen. Trotz dessen werdet ihr geliebt, ob von der Familie oder Freunden.

Vergesst nie, ihr seid nie komplett alleine oder ungeliebt.

Ich hoffe wirklich, dass euch dieser Oneshot hier gefallen hat und das Ende nicht allzu enttäuschend geworden ist.. :'3

💜 i purple you 💜

Gewidmet an die liebe Fluegelschlag_16

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top