Nichts.
Langsam ziehen die Landschaftsbilder an mir vorbei während ich meinen Kopf an das Fenster lehne. Wir sind seit einer Stunde unterwegs. Lucas fährt, und meine Oma sitzt neben ihm. Da wir Schnickschnackschnuck gespielt haben, muss jetzt Jeremy in der Mitte sitzen, was ihn ziemlich nervt und ich habe meinen wohlverdienten Fensterplatz. Gestern hat mich Kyle spät noch zu meiner Oma gebracht. Wenn ich an den Abend denke, kribbelt es in meinem ganzen Körper. Ich meine, er hat mir fast gestanden das er etwas für mich empfindet. Etwas, das grösser als nur das Gefühl von Freundschaft ist. Lucas und Chris sind gestern Abend wirklich noch zusammen gekommen. Sie hat mir eine zehnminütige Sprachnachricht gesendet. Doch da sie mich scheinbar gut kennt, vor allem am Morgen, hat sie mir noch eine Art Zusammenfassung geschrieben: Kurz gefasst, wir sind zusammen.
Ich freue mich sehr für die beiden, auch wenn ich so zu Lucas sehe. Er strahlt den langweiligen Asphalt an, als wäre es die schönste Blumenwiese, die er je gesehen hat.
Die beiden haben auch schon telefoniert als wir zu Mittag gegessen haben.
Ich schaue ab und zu auf mein Handy. Nachdem ich auf die Online-Zeit geschaut habe, gehe ich wieder enttäuscht aus dem Chat von Kyle und mir raus. Ich könnte ihm ja auch schreiben, aber muss ich zuerst? Durch den Gesang meiner Brüder werde ich abgelenkt und lasse mein Handy wieder in meine Tasche gleiten. Glaubt mir, wenn meine Brüder singen, würde ich es vorziehen, eine Stunde Frau Miller zuzuhören wie sie mit der Kreide auf der Tafel rumkratzt.
Von weitem sehe ich schon die Umgebung, die zu unserem Haus gehört. Da wir unterwegs noch essen und bei Freunden der Familie waren, ist es schon sieben, als wir endlich ankommen. Ich fühle mich etwa zehn Jahre zurückgeschleudert. Hier hatten wir alle unsere schönsten Sommer verbracht. Zusammen als Familie. Okay Familie, meine Eltern suchten immer die beste Wi-Fi Verbindung, aber da es uns allen lieber war, dass sie am Handy waren, als wenn sie die ganze Zeit darüber meckerten, dass sie keine Verbindung haben, liessen wir sie alle in Ruhe. Endlich angekommen, rennen wir alle wie irre in das Haus. Jap, alles noch wie früher, die gleichen Möbel, die gleichen Böden und sogar der Geruch war derselbe. Ewas modrig dennoch sehr angenehm. Nebenan höre ich schon Chris irgendetwas säuseln. Ja, Lucas trägt in der einen Hand den Koffer rein und in der anderen hat er sie auf Lautsprecher. Wenn das mal gut geht. Als wäre ich ein Medium, kracht es nur Sekunden später. Der Koffer ist aufgeplatzt und im Zimmer verteilt liegen die Kleider von Valentin, Jeremy und Lucas. Zum Glück habe ich meine eigene Tasche mitgenommen. Lucas liegt ziemlich bedeppert in der Mitte, das ganze während Chris ein panisches: „Schatz alles in Ordnung?" aus dem Telefon schreit. Kurzerhand nehme ich das Handy vom Boden auf und sage: „Hey Schatz, jap ist alles gut, aber ich brauche mal meine beste Freundin." Und hänge ab. Es geht zwei Sekunden und schon klingelt mein Telefon. Ohne auf Lucas' Gemecker einzugehen laufe ich in mein Zimmer. Tja: Sister before Mister.
Immer noch nichts. Auch nach dem einstündigen Telefonat mit Chris, in dem sie mir neben dem mit Lucas auch noch gesagt hat, dass Kyle heute extrem viel zu tun hat und erst so gegen acht heimkommt. Jetzt ist halb neun, und ich starre immer noch wie eine Irre auf mein Handy. Einfach nichts. Vielleicht soll ich ja schreiben? Oder sollte nicht er? Das geht solange weiter, bis ich dann schliesslich mein Handy wieder in die Hand nehme und den Chatverlauf öffne.
Rose: Haaayy wie geht's dir? :)
Nach etwa einer Minute kommt die Antwort.
Kyle: gut
Rose: Hast du Stress? Wir sind jetzt angekommen.
Kyle: Nein alles okay. Ich weiss.
Rose: Ehm, ist wirklich alles gut?
Verwundert sehe ich auf mein Handy. Was ist denn mit ihm los? Sonst ist er auch nicht so mürrisch. Also wirklich ein stressiger Tag. Naja, mal schauen was jetzt von ihm kommt. Gossip Girl kann mich ja solange aufmuntern.
Durch Blairs Geschrei darüber, wie dumm und gemein doch alle sind, wache ich wieder auf. Toll, wir haben zwei Uhr morgens, das kommt davon wenn man auf „alle Episoden ansehen" drückt, gibt mein Unterbewusstsein dazu. Mit einem letzten ernüchternden Blick auf mein Handy lege ich mich wieder hin und falle ins Land der Träume.
„Ich zähle bis drei und dann bist du tot!" Ich stehe schreiend und mich schüttelnd in meinem Bett. Valentin steht davor und grinst wie ein Honigkuchenpferd über das Mehl, das gerade nur so von mir stäubt. „He, Oma hat schon drei Mal gerufen und ja ich weiss, du hast Alzheimer, aber heute ist ihr Geburtstag, also du kannst mich gerne morgen umbringen, Zombie." Mit einem verschmitzen Grinsen gehe ich auf ihn zu und sage dann ganz lieb: „Ach du hast recht Bruderherz, ich liebe dich ja soooo." Dabei umarme ich ihn ganz fest und reibe meine Haare an seinem schwarzen T-Shirt. Oder seinem war-mal-schwarzem T-Shirt. Lachend gehen wir runter. Auf dem Weg habe ich mein Geschenk gleich mitgenommen. Ich schenke ihr ein Armband, das perfekt zu ihrer Kette passt. Die Jungs schenken ihr einen Gutschein, dass sie ihr den ganzen Garten wintertauglich machen und ihr dann im Frühling den Garten wider neu bepflanzen. „Alles, alles gute, Oma", schreie ich schon fast und umarme sie. Ach, diese Umarmungen. Über die Geschenke freut sie sich sehr. Als sie das mit dem Garten sieht, schreit sie „Danke!" und erzählt den Jungs, was sie alles gerne möchte. Während die Jungs etwas geschockt über den Apfelbaum und den Birnenbaum sind, den Oma gerne im Garten hätte, schaut sie mich grinsend an. Jap, sie verarscht auch gerne die Leute, sogar noch mit 78.
Danach gehen wir dann alle zusammen an den See und sonnen uns. Also das war der Plan, aber das hätte ich mir denken können, dass, das mit meinen Brüdern nicht geht.
Momentan liegen wir alle ganz nah aneinander, um uns wieder warm zu geben. Lucas hatte die geniale Idee, mich rein zu schmeissen, worauf die anderen auch ins Wasser gekommen sind. Nur ist schon Mitte September, und dieser See ist nicht der wärmste.
„Hei Rose, ist alles okay bei dir?" fragt Jeremy mich. Er liegt am nächsten bei meinem Ohr und schaut mich dabei besorgt an. „Ja klar, warum meinst du?" „Naja, du bist den ganzen Tag schon etwas still und schaust betrübt." Er schaut mich prüfend an. „Ach, ich habe etwas Bauchschmerzen, das kommt sicher von da." Mit einem letzten prüfenden Blick lässt er sich wieder auf den Rücken fallen und schliesst die Augen. Nein, ich werde ihm sicher nicht sagen, dass meine Stimmung etwas mit seinem besten Freund zu tun hat.
Die Antwort von Kyle ist erst am Mittag gekommen. Er war schon 1000 Mal online, bis dann ein einfaches schlichtes „Ja" kam. Ich kann ja nichts sagen wir sind weder zusammen, noch sind wir wirklich lange befreundet, aber enttäuscht bin ich schon. Ich bin kurz davor, Chris anzurufen und ihr mein Herz auszuschütten und sie auszufragen, aber er ist ihr Cousin. Ich will sie nicht mit reinziehen, und vor allem ist sie gerade so glücklich, da soll sie sich keinen Kopf über mich machen.
Der Rest des Tages geht sehr schnell vorbei, wir bleiben noch etwas am See, jedoch nicht mehr im Wasser. Auch Oma gefällt es sehr. Die Nachbarn, die wir nur sehen, wenn wir da sind, kommen noch vorbei und wir feiern eine kleine spät Nachmittags-Grillparty.
„Rose, wo bleibst du? Wir haben heute noch ein Fussballspiel und wir kommen eh schon zu knapp, also beweg deinen Arsch hier runter!" Seufzend über Valentins Geschrei gehe ich mit meiner Tasche die Treppe runter. Wir waren nur kurz da, trotzdem war es wunderschön, einfach dieses heimische Gefühl, wenn man hier ankommt. Ich kenne jeden Winkel dieses Hauses und jedes noch so kleine Versteck. Auch kann man hier perfekt nachdenken. Der See lädt dazu ein, über die Wasserfläche zu blicken und seinen Gedanken freien Lauf zu lassen.
„Aufwachen, Kleine. Hopp, hopp, wir müssen los. Kommst du heute auch ans Spiel? Ich glaube, also ich hoffe, Chris kommt auch. Wenn sie nicht vor hat zu kommen, kannst du sie überreden?" Lucas schaut mich mit grossen Augen an. „Ja klar komme ich, ich habe euch schon lange nicht mehr richtig spielen sehen und ich glaube, Chris kommt auch gerne, die vermisst dich nämlich genau so fest wie du sie." Als ich das sage, grinst Lucas mich voller Freude an und tanzt. Jap, er tanzt zum Auto. Jeremy schaut mich nur kopfschüttelnd an und sagt: „Kleine, ich glaube wir zwei sind die einzigen, die hier noch halbwegs normal sind!" Nachdem ich mitlache stutze ich und frage ihn: „Was ist mit Valentin? Hat er dir etwa Ashley ausgespannt?" Er streckt mir die Zunge raus, bevor er antwortet: „Nein, das nicht, würde er auch nicht schaffen, hast du ihn schon mal angeschaut? Ja Bruderherz, den Mittelfinger kannst du zurück haben!" Valentin scheint im Auto alles zu hören, was wir sagen. „Aber er hat Wanda am Freitag nach ihrer Nummer gefragt und jetzt ist er wie ein Handy-Zombie. Entweder schreibt er mit Kyle, um ihn zu fragen, was er schreiben soll - mir vertraut er da nicht mehr - oder er schaut auf sein Handy und wartet, bis Wanda zurückschreibt." Lachend haut Jeremy einmal mit der Hand gegen die Scheibe, was Valentin extrem erschreckt, da er wieder über sein Handy gebeugt ist. Lachend steige ich ebenfalls ins Auto, dieses Mal in die Mitte, da sich Jeremy angeblich die Beine nicht zu sehr anwinkeln soll, wegen dem Spiel. Jap, wer's glaubt, wird Selig! Da ich eh vorhabe zu schlafen, ist mir das recht, ein Kissen rechts und ein Kissen links! Das mit Wanda freut mich. Ich muss sie aber sicher nochmal darauf ansprechen.
Langsam werde ich müde und lege meinen Kopf auf Valentins Schulter. Dieser lächelt mich kurz an und schaut dann wieder auf sein Handy. Er verfasst gerade einen halben Roman, heimlich lese ich mit. Es geht darum, wie er Wanda am besten fragen, soll ob sie zum Spiel kommen will. „ Für etwas hast du eine Schwester, Vale!" Er schaut fragend nach oben und sagt: „Erstens bist du müde, und ich will dich nicht die ganze Zeit nerven und zweitens ist es Kyle eh langweilig, und er ist jetzt mein persönlicher Berater, schau. Und wirklich, auf jeden Vorschlag von Valentin hat Kyle zurückgeschrieben wie er den Vorschlag findet, und das nicht nur kurz. „Dem ist ja übest langweilig", sagt Jeremy lachend „Er kann mir gerne auch schreiben, mir ist auch langweilig." Lachend schriebt Valentin an Kyle, dass wir auch da sind, also Jeremy und ich, falls er noch mehr Beschäftigung brauche. Und wirklich, zwei Sekunden später lacht Jeremy los und zeigt mir ein Video von Kyle, in dem er versucht, den Daumenkampf mit seinen Zehen zu machen. „Hahaha, glaub mir Rose, wenn ihm mal langweilig ist, macht der nur Scheiss." Auch Lucas stimmt zu und erzählt ein paar Beispiele von der Schule.
Innerlich weiss ich, dass es nichts bringen wird, wenn ich auf mein Handy schaue, da ich es ja eigentlich auf Vibration habe. Trotzdem nehme ich es aus meiner Jackentasche und siehe da: Nichts.
Heii meine Lieben!❤️
Ich fasse es nicht! Mehr als 220K😍😍🎉🎉😍😍 und so viel tolle und nette Kommentare!😘
Danke euch 1000000 mal für eure Unterstützung! Ich hoffe euch gefällt das Kapitel und es geht euch allen gut!
LG Marlen
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