2 • 15th February, 2020
„Alex und George kommen heute vorbei wäre das okay?", fragte ich Carlos beim Frühstück.
„Klar, ist ja nicht nur meine Wohnung", schmunzelte er und griff nach dem Brotkorb, in welchem frische Brötchen lagen.
Samstags hatte es sich irgendwie bei uns eingebürgert, dass wir morgens zusammen joggen gingen und auf dem Rückweg Brötchen holten, damit wir dann auch noch gemeinsam frühstücken konnten. Dass Carlos dabei stets oberkörperfrei war, störte mich recht wenig. Nicht, dass ich auf ihn stand oder so, aber ich konnte nicht leugnen, dass er gut gebaut war. Kein Wunder, dass ihm viele Frauen beim Joggen gehen hinterher blickten, wie ich bemerkt hatte.
Tatsächlich waren wir eine Art Freunde geworden. Es kam immer öfter vor, dass wir unsere Abende miteinander verbrachten, zusammen aßen und zockten, über jeden Scheiß redeten und einfach Spaß hatten. Allerdings waren unsere Gespräche meist nur oberflächlich, was auch der Grund dafür war, dass ich ihn eben doch nicht so ganz als Freund wahrnahm. Wir redeten nur über unsere Schulzeit, Freunde und wie unser Tag war. Aber nie über irgendwas tiefgründigeres, was bei mir, Alex und George seit Jahren Normalität war. Aber gut, die beiden kannte ich auch schon viel besser als Carlos.
„Und wäre es auch in Ordnung, wenn wir das Wohnzimmer einnehmen?" Mit meinem besten Hundeblick schaute ich meinen Mitbewohner an, welcher nur lachte.
„Lando, du kannst machen was du willst. Ich bin nicht dein Vater, der dir irgendwas verbietet", grinste er und legte sich eine Scheibe Käse auf das Brötchen, ehe er davon abbiss.
„Ich will halt einfach sicher gehen, dass es dich nicht stört", verteidigte ich mich.
„Es stört mich ganz und gar nicht", versicherte er mir und schenkte mir eines seiner wundervollen Lächeln, in welches man sich glatt verlieben könnte - wenn man auf Männer stand natürlich, was ich ja nicht tat. Carlos' Art faszinierte mich einfach nur so, das hatte alles keine tiefere Bedeutung.
„Okay, danke", lächelte ich zurück und aß nun meinerseits mein Brötchen.
„Ich bin sowieso heute verabredet, aber vermutlich bin ich relativ früh zurück", meinte er nun, was mich interessiert aufschauen ließ.
„Mit wem bist du verabredet?", hakte ich nach, denn er hatte gar nicht erzählt, dass er mittlerweile Freunde gefunden hatte, mit denen er sich tatsächlich auch treffen wollte.
„Eine Kollegin von mir hat mich zu sich eingeladen." Er zuckte kurz mit den Schultern und griff nach seinem Glas mit Orangensaft. „Sie wollte mit mir was essen."
„Uhhh", kicherte ich und wackelte anzüglich mit meinen Augenbrauen. „Dann mal ran da, hm?"
Ich ignorierte gekonnt, dass mein Herz sich bei seinen Worten schmerzhaft zusammengezogen hatte. Warum tat es das? War doch schön, wenn Carlos endlich Freunde - oder sogar eine feste Freundin - gefunden hatte.
„Oh ja, ich werde es richtig knallen lassen", murmelte er und seine Stimme triefte nur so vor Ironie. Irritiert legte ich den Kopf schief. Hatte er kein Interesse an ihr? Warum ging er dann zum Treffen?
„Warum sagst du das so?", wollte ich deshalb auch - neugierig wie ich war - wissen.
Carlos atmete tief durch, blickte mir dann fest in die Augen und seufzte: „Ich empfinde nicht das Gleiche für Frauen wie du, Lando."
Im ersten Moment runzelte ich einfach nur nachdenklich meine Stirn, verstand seine Worte nicht so ganz. Was meinte er denn damit? Er ging davon aus, dass ich auf Frauen stand, und empfand selber nicht das Gleiche für sie wie ich, also-
„Oh", entwich es mir, als ich es dann schlussendlich verstand.
„Ja, oh", schmunzelte Carlos aufgrund meiner Reaktion und musterte mich dann genauer. „Hast du damit ein Problem?"
„Nein, natürlich nicht!", schnaubte ich entrüstet. „Das ändert ja nichts zwischen uns. Ob du jetzt Frauen oder Männer abschleppst, ist mir doch egal. Aber nur, solange ich euch nicht beim Sex zuhören muss."
„Eifersüchtig?", gluckste er vergnügt und lehnte sich weiter zurück. Ich verdrehte bloß die Augen.
Vielleicht ein wenig, schoss es mir durch den Kopf und im nächsten Moment ärgerte ich mich über diesen Gedanken. Ich wollte nichts von Carlos, verdammt! Konnte ich jetzt endlich aufhören, so über ihn zu denken?
„Wann kommen die beiden denn?", wechselte der Spanier nun das Thema und ich nahm diesen Versuch dankend an. Wir tauschten uns somit noch fertig über unsere Tagespläne aus, bevor wir die Frühstückssachen wegräumten.
—
„Ah, das Wohnzimmer ist endlich fertig", bemerkte George, als er das besagte Zimmer betrat. Bei deren letzten Besuch stand bloß eine Couch sowie der Fernseher darin, da Carlos und ich noch nicht die Motivation gefunden hatten, die gekauften Möbel aufzubauen.
Mittlerweile sah das aber anders aus. Ein Glastisch stand in der Mitte, mehrere Regale gefüllt mit Filmen, Büchern und Spielen für die Playstation standen an der Seite und Lampen sowie Pflanzen rundeten das Bild ab.
Die Pflanzen waren Carlos' Idee gewesen. Ich hatte ihm sofort klar gemacht, dass ich mich nicht um sie kümmern würde, weil ich das einfach vergessen würde. Der Ältere hatte das aber sowieso übernehmen wollen und deshalb konnte ich diese Deko gerne annehmen. Ich fand sie wirklich passend, Carlos hatte ein gutes Auge für Einrichtung, wie er mir nicht nur beim Wohnzimmer, sondern auch in der Küche und seinem Schlafzimmer bewiesen hatte.
„Jap, wie findet ihr es?" Stolz blickte ich mich im Raum um, der definitiv mein Lieblingsraum war. Ich verbrachte hier gerne meine Freizeit. Deutlich lieber, als in meinem eigenen Zimmer. Womöglich lag es auch daran, dass die Wahrscheinlichkeit hier höher war, auf Carlos zu treffen.
„Es ist wirklich schön", staunte Alex und lief prüfend umher. „Aber gib es zu, das Meiste hat sich Carlos ausgedacht."
„Ach Quatsch", grinste ich unschuldig. „Das war alleine ich."
„Ihr versteht euch gut, was?", lächelte George und zog eine Augenbraue hoch.
„Ja, besser als erwartet", gab ich ehrlich zu. „Ich hätte nie gedacht, dass wir so viel Zeit miteinander verbringen. Aber keine Sorge, ihr seid immer noch meine beiden besten Freunde."
„Das wäre auch zu schön, wenn du uns durch einen Typen ersetzt, den du seit fünf Minuten kennst", antwortete Alex gespielt eingeschnappt, worüber wir alle bloß lachten.
„Nein, aber wirklich", fuhr der Thaibrite fort. „Es ist schön, dass ihr euch versteht. Du wirkst sehr glücklich hier."
Zustimmend nickte ich und konnte mir nur vorstellen, dass ich gerade über das ganze Gesicht strahlte. „Es war auf jeden Fall die richtige Entscheidung! Es tut verdammt gut, Zuhause raus zu sein."
Wir tauschten uns noch eine Weile über die letzten zwei Wochen aus, in denen wir uns nicht gesehen hatten, bevor wir anfingen, FIFA zu zocken. Allerdings verlor ich dabei immer, sodass mir ziemlich schnell die Lust verging.
„Wollen wir nicht lieber einen Film schauen oder so?", murrte ich frustriert, als George gerade das 6-0 gegen mich erzielte. Es war aber auch gemein, dass sie zusammen gegen mich alleine spielten.
„Du warst schon immer ein schlechter Verlierer", kommentierte Alex meine Worte schmunzelnd.
„Die Einstellungen sind einfach scheiße", verteidigte ich mich, aber der Älteste schoss direkt zurück: „Das sind deine Einstellungen, du Idiot."
„Nein, das sind Carlos' Einstellungen", redete ich mich raus.
„Da muss ich dich leider enttäuschen, du hast als letztes gespielt", mischte sich eine weitere Stimme ein. Augenblicklich drehte ich mich lächelnd zum Türrahmen, in welchem Carlos stand, aber das Lächeln verging mir sofort, als ich realisierte, dass er sich tatsächlich gegen mich gestellt hatte.
„Gar nicht wahr!", behauptete ich trotzig und richtete mich schmollend zurück zum Fernseher. „Können wir jetzt nicht einfach einen Film schauen?"
„Oh ja, Annabelle!", schlug George vor. Während Alex ihm sofort zustimmte, blickte ich ihn entgeistert an. Er wusste doch ganz genau, dass ich Horrorfilme hasste!
„Schau doch mit, Carlos", bot der Brite ihm an und ich verzog das Gesicht. Nein, nicht auch das noch! Das würde ja mal mega peinlich werden, wenn er sah, wie ich mir vor Angst fast in die Hosen machte.
„Ich weiß ja nicht...", zögerte der Angesprochene, aber George ließ ihm das gar nicht erst durchgehen: „Na komm schon! Setz' dich dazu."
„Okay", gab er sich also geschlagen und setzte sich direkt neben mich aufs Sofa. Super...
Bereits beim ersten Treffen hatten sich meine besten Freunde und Carlos gut verstanden, auch wenn sie nur wenige Worte miteinander gewechselt hatten. Und George war sowieso schon immer unglaublich freundlich gewesen, weswegen es mich nicht wirklich überraschte, dass er ihn zum Mitschauen animierte.
Der Film lief gerade mal zehn Minuten, da musste ich mich echt dazu zwingen, weiter hinzuschauen. Wer mochte es denn bitte, Horrofilme zu schauen?
Alex und George waren viel zu vertieft, als dass sie bemerkt hätten, wie angespannt ich war, aber Carlos entging es dafür nicht. Ein leises Lachen kam über seine Lippen, bevor er den Kopf zu mir drehte.
„Alles okay?", hakte er amüsiert nach und ich zuckte nur mit den Schultern.
„Mag Horrofilme nicht so", flüsterte ich zurück.
„Psssst!", zischte Alex von der Seite und ich verdrehte die Augen. Wenn es um Stille bei Filmen ging, war er wirklich viel zu streng.
Ohne ein weiteres Wort zu sagen, legte Carlos einen Arm um meine Schulter. Augenblicklich wurde mir warm und ich fühlte mich sicherer. Das Gefühl wurde noch weiter verstärkt, als ich mich unsicher näher an ihn kuschelte.
Es machte mich irgendwie verdammt glücklich, Carlos so nah zu sein, und es fühlte sich auch unglaublich richtig an. Beruhigt schloss ich meine Augen, während er langsam durch meine Haare strich.
Auf dem Film konzentrierte ich mich nun gar nicht mehr. Jede einzelne Faser meines Körpers fokussierte sich auf Carlos' Berührungen und seine Wärme.
Na gut, möglicherweise sollte ich mir eingestehen, dass ich doch ein ganz kleines bisschen auf Carlos stand.
Eine stressige Woche geht zu Ende und eine noch stressigere wartet auf mich🤭
Ich wünsche euch allen ein schönes Wochenende🖤
Kommentar von dreaming_t :
[oh yeeees, jetzt kommen wir in die richtige Richtung.👀 Danke an der Stelle an Georgie, sowohl für die Filmidee als auch für die Einladung an Carlos. Es ist cute, dass die beiden kuscheln. Ich würde am liebsten gaaaaaanz schnell das nächste Kapitel lesen, aber hey kein Druck, kein Druck!😂 Ich liebe die Kurzgeschichte jetzt schon und ich liebe dich, mucho, mucho!💘]
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