Kapitel 5 - Die dunkelste Stunde

Als Marcus sein Haus betrat, wusste er nicht so recht, was er machen sollte. Alles in ihm wollte zurück zu Kiana. Doch er sah ein, dass weder seine Stellung noch sein Ruf dies zuließen. Nach wie vor war er einer der Ädile von Rom und er hatte seinen Pflichten nachzukommen. Zudem konnte er nicht riskieren, dass es in Rom die Runde machte, dass er wegen seiner Sklavin – oder jetzt seiner Freigelassenen, alles andere vernachlässigte. Gaius hatte recht. Marcus Valerius Messalla Corvinus würde das schamlos zu seinem eigenen Vorteil ausnutzen. Schon als er vor vier Jahren aus Gallien nach Rom zurückgekehrt war, hatte Corvinus es nur schwer verkraftet, dass Marcus direkt zum Konsul aufgestiegen war.

Seine Rivalität mit Corvinus reichte tief, da dieser in ihm seinen ärgsten Konkurrenten um Macht und Einfluss sah. Er konnte sich lebhaft vorstellen, wie Corvinus die Situation ausnutzen und versuchen würde, ihn aus dem Amt zu drängen. Obwohl seine Beziehung mit Kiana an sich nicht verboten war, wäre sein Ruf dennoch erheblich beschädigt. Sollte in Rom das Gerücht in Umlauf kommen, dass er sich eine seiner Sklavinnen als Geliebte genommen hatte, hätte das schwerwiegende Folgen für sein persönliches Ansehen und seine Glaubwürdigkeit. Das konnte er sich unter keinen Umständen leisten, besonders nicht in der aktuellen politischen Lage, in der Antonius mit einer ausländischen Königin öffentlich anbandelte und ihnen damit in die Hände spielte.

Marcus spürte eine Mischung aus Zorn, Enttäuschung und bitterer Erkenntnis. Nein, nach Außen musste er den Schein wahren. Er durfte nicht bei seiner Geliebten bleiben und über sie wachen, auch wenn dies ihn um den Verstand brachte. Stattdessen musste er zu seiner Frau und seiner Tochter zurückkehren und die Nacht in seinem eigenen Haus verbringen. Es fühlte sich wie Verrat an seinem eigenen Herzen an. Die Vorstellung, am nächsten Morgen ganz normal seine Klienten zu empfangen, erfüllte ihn mit einem solch unerträglichen Gefühl der Leere. Er würde Homos bitten müssen, Kianas Platz wieder zu übernehmen, aber allein der Gedanke daran ließ ihn nur noch mehr verzweifeln. Es war, als würde er einen Teil von sich selbst aufgeben, um die Fassade aufrechtzuerhalten. War es das wirklich wert? Wie konnte etwas richtig sein, das sich so falsch anfühlte? Er war ein freier, reicher, römischer Bürger und dennoch war er ein Sklave seines Standes und dessen Normen und Wertvorstellungen.

Marcus war überzeugt, dass Xenia und Livia alles in ihrer Macht Stehende tun würden, um Kiana zu helfen. Während seiner Abwesenheit in Illyrien war eine enge Bindung zwischen Kiana und den beiden anderen Frauen entstanden. Die Stärke dieser Verbindung hatte er gespürt, als er gekommen war, um Kiana wieder in sein Haus zurückzuholen. Dies musste reichen, um Kianas Leben zu retten.

Die Vorstellung, dass Kiana nicht mehr aufwachen könnte, ließ Marcus' Herz vor Verzweiflung beinahe zerspringen. Es war, als würde ein Teil seiner Seele auseinandergerissen werden. Er konnte sich nicht einmal vorstellen, wie er ohne sie weiterleben sollte. Die Gedanken an ihre gemeinsamen Träume und die Hoffnungen auf eine glückliche Zukunft mit ihr hatten ihn mit einer schmerzhaften Sehnsucht gefüllt und in dem Augenblick, als all das real zu werden begann, war die Welt aus den Fugen geraten. Wie konnte das Schicksal nur so grausam sein, die freudigsten Momente mit dem schrecklichsten Leid zu verbinden?

Marcus beachtete die Sklaven nicht, die im Haus herumliefen. Sein einziger Gedanke galt Sophia. In diesem Moment, da er eine Tochter verloren hatte, sehnte er sich danach, seine andere Tochter mit Kiana in die Arme zu schließen. Er wollte ihren warmen, lebendigen Körper spüren, ihren Atem hören und sich vergewissern, dass es seinem kleinen Mädchen gut ging.

Zögerlich betrat Marcus das spärlich beleuchtete Zimmer seiner Töchter. Beide schliefen bereits und für einen kostbaren Moment genoss er die Ruhe und den Frieden, der in ihren sanften Atemzügen lag. Doch als er auf seine ältere Tochter zuging, nagte das Unbehagen abermals an ihm. Der Medicus mochte gesagt haben, dass Kiana wieder aufwachen müsse, aber solange sie nicht die Augen öffnete und er sie wieder in seine Arme schließen konnte, blieb ihm nur die Hoffnung.

Schweren Herzens trat er an Sophias Bett, in dem sie friedlich in ihre warme Bettdecke eingerollt schlief. Eine Mischung aus Liebe und Verzweiflung erfüllte ihn, während er überlegte, was er seiner Tochter sagen sollte. Wie konnte er ihr erklären, dass ihre Mutter möglicherweise nie wieder nach Hause kommen würde? Wie sollte sie verstehen, dass sie ihre Mutter vielleicht nie wiedersehen würde? Wie konnte er ihren Schmerz lindern, wenn er selbst am Rande des Zusammenbruchs stand?

Zögerlich kniete Marcus sich neben Sophias Bett und strich sanft über ihr weiches Haar. Sie hatte die gleichen langen, goldblonden Locken wie ihre Mutter. Ein Schmerz, so intensiv und zersetzend wie nichts anderes, was er je zuvor erlebt hatte, durchzuckte ihn. Er konnte - nein, er durfte Kiana noch nicht verlieren. Die Vorstellung, dass sie ihm für immer genommen werden würde, schnürte ihm die Kehle zu und ließ sein Herz vor Angst und Verzweiflung pochen. Er liebte sie mehr als alles andere auf der Welt. Ihre Liebe war sein Licht in der Dunkelheit, sein Anker in stürmischen Zeiten. Ohne sie fühlte er sich verloren und leer wie ein Schiff ohne Kompass auf hoher See.

Sophia drehte sich im Schlaf herum und Marcus konnte ihr Gesicht betrachten. Die reine Unschuld lag auf ihren Zügen und für einen Moment vergaß er all seine Sorgen, während er sie liebevoll betrachtete. Worte vermochten nicht auszudrücken, wie sehr er seine Tochter liebte. Vor allem Leid wollte er sie bewahren. Seine Arme sollten für sie immer ein sicherer Hafen sein. Selbst wenn ihre Mutter vielleicht nie wieder in dieses Haus zurückkehrte, würde er ihr ein guter Vater sein. Plötzlich konnte er die Tränen nicht mehr zurückhalten. Es war das erste Mal seit vielen, vielen Jahren, dass Marcus sich erlaubte zu weinen. Sein Vater hatte Tränen nie toleriert und sie aufs Härteste bestraft. Gerade bei seinem jüngeren Sohn schienen sie ihn besonders wütend zu machen und die Narben auf Marcus' Rücken zeugten noch heute von den brutalen Strafen, die er als Kind ertragen musste. Narben, die Kiana einst geküsst hatte, um so ihr Mitgefühl für ihren Herrn auszudrücken.

«Papa, du bist wieder da?», flüsterte die Stimme seiner Tochter und riss ihn aus seinen Gedanken. Marcus schreckte zusammen und blickte in die tiefblauen Augen seines kleinen Mädchens. Augenblicklich umspielte ein Lächeln seine Lippen. Sophias Haut würde ebenfalls nie zu einem Echo seiner Misshandlungen werden. Nie würde er einem seiner Kinder so weh tun und vor allem nicht ihr, die als seine Sklavin auf die Welt gekommen war.

Schläfrig setzte Sophia sich auf und schlang ihre dünnen, kleinen Arme um seinen Hals. Noch immer erfüllte es sein Herz mit Freude zu sehen, wie vertrauensvoll seine Tochter seine Nähe suchte. Ein Grund mehr, warum er sie nie als seine Sklavin hätte erziehen können. Allein der Gedanke, sie auf die ihren unterschiedlichen Ständen angemessene Distanz halten zu müssen, schmerzte ihn. Dicht gefolgt von der Vorstellung, ihre Augen würden ihn jedes Mal voller Angst und Misstrauen betrachten, wenn er in ihrer Nähe war. Schnell vertrieb er die Gedanken aus seinem Kopf, zog sie fester an sich heran und sog ihren Duft in sich auf.

«Ich habe dich vermisst», flüsterte sie und küsste seine Wange, ehe sie ihren Kopf an seiner Brust ablegte. «Ich schlafe viel besser, wenn du mich ins Bett bringst. Nicht Fina.»

Ein leichtes Seufzen entwich seiner Kehle, während er ihre Nähe und ihre Wärme genoss. Egal, was mit Kiana passierte, für seine kleine Tochter würde er immer da sein.

Seit Kianas Schwangerschaft hatte er es sich zur Gewohnheit gemacht, die letzten Stunden des Tages - soweit es seine Verpflichtungen zuließen - mit seinen Töchtern zu verbringen. Entweder spielte er mit ihnen oder las ihnen eine Geschichte vor, bevor er sie zudeckte und wieder Serafina überließ. Er hatte so viel in ihrem Leben verpasst. Erst hatte er gegen Sextus Pompeius gekämpft, dann war er zwei Jahre in Illyrien gewesen und nur die Götter wussten, wann er gegen Antonius in den Krieg aufbrechen musste. Die kostbare Zeit, die er hatte, wollte er mit seinen Mädchen verbringen. Dass er nun die Abende so oft wie möglich mit ihnen verbrachte, hatte sich durch Kianas Schwangerschaft einfach ergeben. Seine Frau hatte ihm deutlich zu verstehen gegeben, dass sie von ihm nicht mehr angefasst werden wollte und auch seine Geliebte lehnte jegliche Intimität mit ihm ab. Lediglich in seinen Armen durfte er sie noch halten, nachdem er sich nachts in sein eigenes Schlafgemach zurückzog. Die Zeit, die ihm dadurch plötzlich zur Verfügung stand, investierte er lieber in seine kleinen Mädchen. Sie sollten ihn in guter Erinnerung behalten können, wenn er das nächste Mal in den Krieg für wer weiß wie lange Zeit ziehen musste.

«Wo ist Mama?», fragte Sophia und sein Herz krampfte sich erneut zusammen. Er wusste nicht, was er ihr sagen sollte. Seufzend ließ er sie los und erklärte seiner Tochter, dass ihre Mutter noch bei Livia war, weil sie etwas Schlechtes gegessen hatte und es ihr nicht gut ging. Das kam der Wahrheit immerhin am nächsten.

«Schlaf weiter, mein Spatz. Ich wollte dich nicht wecken», murmelte er. «Ich wollte nur kurz nach dir sehen.»

Er war schon dabei aufzustehen und das Zimmer zu verlassen, doch Sophia hielt ihn mit einer Kraft fest, die er seiner fast vierjährigen Tochter nicht zugetraut hätte.

«Kannst du bei mir bleiben?», bat sie ihn. Lächeln nickte Marcus und schlüpfte aus seinen Schuhen, ehe er sich zu Sophia ins Bett legte. Das Kinderbett war deutlich zu klein für ihn und seine Füße ragten weit über die Bettkante heraus, aber es kümmerte ihn nicht. Vielmehr genoss er es, wie sich Sophia sofort wieder an ihn kuschelte und ihren Kopf auf seiner Brust ablegte. Sanft schloss er sein Kind in seine Arme und drückte sie noch fester an sich. Leicht streichelte er ihr über den Rücken und genoss es, ihre ruhigen Atemzüge zu hören. Anders als in seiner Kindheit hatte sie keine Angst vor der Nähe ihres Vaters und Marcus konnte sich in diesem Augenblick kein schöneres Gefühl vorstellen. Bei Sophias Geburt hatte er so große Angst davor gehabt, als ihr Vater zu versagen. Er wusste nicht, wie man ein guter Vater war, da er dafür auch nie ein gutes Vorbild hatte. Wie sein eigener Vater wollte er definitiv nicht werden. Doch irgendetwas schien er bei Sophia richtig gemacht zu haben, denn seine Tochter liebte und vertraute ihm blind. Entspannt lag sie in seinen Armen und schlief direkt wieder ein. Auf einmal spürte auch er seine eigene Erschöpfung, die er in den letzten Stunden nicht an sich herangelassen hatte, und schlief selbst ein.





«Marcus?»

Eine weiche Hand berührte ihn und er schreckte aus seinem Schlaf hoch. Im schummrigen Licht erkannte er nur die Umrisse einer Frau und sein benebelter Verstand dachte sofort an seine Geliebte. Doch als er ihren Namen nannte, schüttelte die Frau nur den Kopf.

«Nein, ich bin es, mein Gemahl.»

«Caecilia», stöhnte Marcus, während sein Blick zu Sophia huschte, die noch friedlich in seinen Armen schlummerte. «Was machst du hier?»

«Ich wollte nach den Mädchen schauen», erwiderte seine Frau. «Ich schaue meistens um diese Zeit nach ihnen.»

Marcus stöhnte und löste sich behutsam von Sophia, um sie nicht zu wecken. Vorsichtig streichelte er über ihre Haare und küsste ihren Kopf, ehe er aufstand. Noch bevor Marcus es selbst tun konnte, trat seine Gattin an das Bett seiner Tochter und deckte sie wieder zu. Federleicht fuhr auch ihre Hand über Sophias Kopf und mit einem Mal wurde Marcus etwas leichter ums Herz, als er seine Frau bei dieser Geste der Zuneigung beobachtete. Anschließend ging Caecilia zu Vipsania, deckte auch sie zu und küsste ihren Kopf. Lautlos trat Marcus hinter sie und betrachtete seine jüngere Tochter. Wenigstens hatte er zwei gesunde Mädchen, schoss es ihm unwillkürlich durch den Kopf, obgleich ihn die Trauer um das verlorene Kind wieder überrollte.

Caecilia drehte sich zu ihm um und strich ihm behutsam über den Arm.

«Möchtest du mir erzählen, was passiert ist?», fragte sie ihn leise und mit besorgter Stimme. Sie hatte erkannt, dass etwas vorgefallen sein musste. Marcus nickte zur Tür und so begleitete ihn seine Frau in sein Schlafgemach. Dort setzte er sich auf sein Bett und vergrub den Kopf in den Händen. Vorsichtig ließ sich Caecilia neben ihm nieder und legte tröstend eine Hand auf seine Schulter.

Langsam fand er die Worte und erzählte seiner Frau von dem Vorfall. Wie glücklich er für ein paar Sekunden gewesen war, in denen Kiana ihn voller Freude angestrahlt hatte. Wie sie sich kurz ihre gemeinsame Zukunft mit ihrem Kind ausgemalt hatten und wie sie anschließend in seinen Armen zusammen gebrochen war und das Kind verloren hatte. Verschwommen nahm er Caecilias entsetztes Aufkeuchen wahr und wie sich ihre Hand fester um seine klammerte. Etwas, womit er nicht gerechnet hätte. Doch er konnte nicht umhin, froh darüber zu sein, dass seine Frau in dieser dunklen Stunde an seiner Seite war. Er brauchte ihren Trost wie ein Ertrinkender ein Rettungsseil.

«Es tut mir leid, dass ich so gemein zu ihr war. Ich wünschte, ich könnte die letzten Monate rückgängig machen», begann Caecilia zögerlich und drückte seine Hand noch einmal fester. Auch sie war wie erstarrt. Überrascht blinzelte Marcus und sah zu ihr auf.

«Ich weiß, dass ich dir viel zugemutet habe und dass es schwierig für dich ist. Das tut mir leid», antwortete Marcus schließlich auf den unausgesprochenen Vorwurf, dass er seine Geliebte und seinen Bastard in seinem Haus beherbergte und ihr so seine Beziehung zu Kiana jeden Tag aufs Neue vor Augen führte. Er wäre gerne ein besserer Ehemann für sie, als er es war und jemals sein könnte. Caecilia seufzte auf und lehnte sich sachte an seine Schulter, ehe Marcus einen Arm um sie legte und sie näher an sich zog. Er hatte nie vorgehabt, ihr so weh zu tun, und er wünschte, er hätte eine anständige Lösung für ihr Dilemma. Aber er konnte und wollte nicht ohne Kiana sein. Lieber hätte er Caecilia die Ehe mit ihm erspart. Sie hatte einen Mann verdient, der sie wirklich liebte und sie nicht nur für die Öffentlichkeit brauchte, um in Ruhe mit seiner Geliebten leben zu können.

«Es ist komisch für mich, zu wissen, dass du sie liebst und so niemals für mich empfinden wirst», begann Caecilia vorsichtig. «Meine Freundinnen erzählen mir, wie sie für ihre Männer Sklavinnen suchen, die sie mit ins Bett nehmen können, damit sie nicht so oft diesen ehelichen Akt vollziehen müssen. Doch mir macht es nichts aus, wenn du mich in meinem Schlafgemach besuchst. Die Nächte mit dir waren immer schön und es waren die wenigen Augenblicke, in denen ich mich wirklich wie deine Frau gefühlt habe.»

Mit einem sanften Lächeln wandte sie ihm das Gesicht zu und streichelte ihm über die Wange. Dabei berührte sie ihn kaum, doch es jagte Marcus einen Schauer durch den Körper.

«Wieso hast du mich dann die letzten Monate immer abgewiesen?», wollte er irritiert wissen. Caecilia zögerte. Überlegte kurz, ehe sie antwortete: «Ich denke, ich war mit der ganzen Situation überfordert. Deine Geliebte war erneut schwanger von dir und nicht ich. Ich konnte dir keinen Sohn schenken und ich hatte Angst, dass sie ihn dir nun gebären würde. Dass alle Welt mich für unfähig halten wird, meinem Gemahl das zu geben, was er braucht.»

Marcus schluckte und verschwieg, dass das verlorene Kind ein Mädchen gewesen war. Es spielte ohnehin keine Rolle. Dieses Kind von Kiana wäre rechtlich mit ihrer Freilassung nicht mehr seines gewesen. Etwas, was er in Kauf genommen hatte, um seine Geliebte glücklich zu machen. Doch im Grunde war es ihm so, wie die rechtliche Situation bei Sophia lag, lieber. Sophia gehörte ihm und keiner konnte sie ihm je wegnehmen. Er konnte seine Tochter beschützen und so erziehen, wie er es für richtig hielt.

«Es spielt für mich keine Rolle, dass Vipsania ein Mädchen ist», erwiderte er tonlos. «Deswegen liebe ich sie nicht weniger. Ich würde auch eine weitere Tochter mit dir lieben.»

«Ich weiß», erwiderte Caecilia schnell. «Das bedeutet allerdings nicht, dass der Rest der Welt es genauso sieht. Meine Freundinnen wissen noch nicht einmal von ... ihr und trotz deiner langen Abwesenheit in Illyrien fragen sie mich ständig, wann ich denn endlich einen Sohn auf die Welt bringe. Als ob das Einzige, was zählt, mein gebärfreudiger Körper wäre.»

Marcus vernahm deutlich den wütenden Unterton in der Stimme seiner Frau und so legte er eine Hand um ihre Schulter und drückte sie sachte. Erst jetzt wurde ihm bewusst, wie stark sie unter der fehlenden Zuwendung gelitten hatte und wie sehr sie ihre Pflicht ihm gegenüber erfüllen wollte. Etwas, was er nie von ihr einfordern würde.

«Ich wollte mich dir nicht aufdrängen. Ich dachte, ich tue dir einen Gefallen, wenn ich mich von dir fernhalte. Ich wollte dich nicht benutzen, nur weil Kiana gerade nicht zur Verfügung stand.»

Traurig lehnte Caecilia ihren Kopf an seine Schulter und antworte: «Ich war wütend, weil sie schwanger war. Das stimmt. Aber dann hatte ich genau das gehofft. Ich dachte, nun hätten wir genug Zeit für uns. Zu sehen, wie du sie trotzdem jede Nacht in dein Bett lässt ...»

Sie schluckte und Marcus hörte die tiefe Unsicherheit in ihrer Stimme, als sie fortfuhr: «Gibt mir nicht gerade das Gefühl, für dich begehrenswert zu sein. Hat diese Ehe überhaupt einen Sinn, wenn du nur mit ihr das Bett teilen willst? Wie soll ich dir weitere Kinder schenken, wenn du mich offensichtlich nicht begehrst. Wie soll ich den Spott und Hohn in dieser Stadt weiter ertragen, wenn ich am liebsten aller Welt sagen würde, dass ich nicht schwanger werde, weil mein Mann mich nicht begehrt? Dass er zwar in der Lage ist, Kinder zu zeugen, aber nur mit einer anderen Frau?»

Sie seufzte und drehte ihm ihr Gesicht zu. Der Schmerz in ihren Augen war fast zu viel für Marcus.

«Ich hatte überlegt, meinen Vater zu bitten, diese Ehe aufzulösen. Ich weiß, dass du genug Geld hast, um ihm die Mitgift zurückzuzahlen. Doch ich bringe es nicht übers Herz, Vipsania zu verlieren. Sie nicht mehr jeden Tag zu sehen, würde mich zerstören. Also halte ich es aus und habe dir nichts gesagt. Ich wollte dich nicht anbetteln müssen, wieder zu mir zu kommen. Ich dachte, du würdest es irgendwann von alleine tun.»

«Wieso hast du mir das nicht früher erzählt?», fragte Marcus sie bedrückt. Er hatte es für sich innerlich schon abgeschlossen, mit ihr einen Sohn zu zeugen, weil er glaubte, sie würde ihn hassen. Nach dem Streit in ihrem Schlafgemach, in dem sie ihn von sich gewiesen hatte, hatte er es nicht gewagt, sie noch einmal aufzusuchen. Er würde sie nie zu etwas zwingen, was sie nicht wollte. Wusste sie das wirklich nicht? Kannte sie ihn so wenig? Wie war es möglich, dass sie mehrere Jahre verheiratet und Eltern eines gesunden Mädchens waren und dennoch einander so fremd waren?

«Stolz? Wut? Ich weiß es nicht. Ich wusste nicht, was ich falsch mache. Manchmal habe ich mich dabei ertappt, dass ich Vipsania anschaue und mir wünschte, sie wäre ein Junge. Dann wäre es egal gewesen, dass du mich nicht mehr aufsuchst.»

«Sowas solltest du nicht denken», tadelte Marcus sie leise. «Wir haben mit Vipsania doch eine wundervolle Tochter geschaffen und wenn ich gewusst hätte, dass du mich wirklich in deinem Bett haben willst, hätte ich die letzten Monate intensiver mit dir genutzt.»

Caecilia lachte und blinzelte zu ihm auf und erwiderte mit einem schwachen Lächeln: «Wir sollten öfter so miteinander reden. Dann ergeben sich viel weniger Missverständnisse.»

Sanft drückte sie seine Hand und lächelte ihn an, ehe sie sich zu ihm beugte und ihm einen federleichten Kuss auf die Wange hauchte. Marcus legte einen Arm um sie und stimmte ihr zu, ehe er sie auf ihr Haar küsste.

«Ich liebe Kiana, daran wird sich nie etwas ändern. Doch das heißt nicht, dass ich dich nicht mag. Du bist meine Frau und die Mutter meiner Tochter. Ich wäre dir gerne ein besserer Ehemann und ich bedauere, dass ich nicht sein kann, was du verdienst.»

Seufzend antwortete sie: «Dafür bist du ein guter Vater für unsere Tochter und ich könnte mir keinen Besseren als dich vorstellen. Weder für Vipsania noch für Sophia. Ich habe es dir nie erzählt, aber als ich mit Vipsania schwanger war, da wusste ich, dass du ihr ein guter Vater werden würdest, einfach weil ich dich mit Sophia beobachtet habe. Du hast ihr immer so viel Liebe und Wärme geschenkt und es war leicht zu vergessen, dass sie als deine Sklavin geboren wurde. Wieso solltest du also nicht auch meinem Kind ein ebenso guter Vater sein?»

Zum ersten Mal an diesem Abend zog er leicht die Mundwinkel nach oben und erwiderte, dass er für seine Kinder immer ein guter Vater sein wollte. Egal, was passierte. Doch dann verdüsterte sich sein Gesicht wieder, ehe er fortfuhr: «Ich hoffe, dass Kiana wieder aufwacht. Aber wenn nicht ...»

Er schluckte und Tränen rannen bei dem Gedanken an seinem Gesicht herunter.

«Dann wird das nichts an Sophias Stellung in diesem Haushalt ändern», schloss er eindringlich den Satz. Egal, was noch geschah, er würde Sophia nie wegen ihrer niederen Geburt leiden lassen. Keiner sollte es wagen, in seiner oder ihrer Gegenwart ihren richtigen Status auch nur ansatzweise anzudeuten.

«Ich weiß, mein Gemahl und ich bete, dass sie überlebt. Aber wenn das Schlimmste eintritt, dann finden wir einen Weg. Um Sophia brauchst du dir keine Sorgen zu machen. Ich werde ihr nie ihre wahre Stellung in diesem Haushalt vorwerfen oder offenbaren. Wenn sie tatsächlich nicht mehr aufwachen sollte, dann werde ich Sophia wie meine eigene Tochter behandeln und großziehen. Denn sie ist eine Tochter dieses Hauses. Daran wird sich niemals etwas ändern, solange ich die Herrin bin.»

Dankbar sah Marcus sie an. Er hatte nicht geahnt, dass es ihm so viel bedeutete, dass Caecilia Sophia wirklich liebte. Sollte Kiana nicht überleben, würde Caecilia zumindest die Rolle der Mutter übernehmen können.

Sanft küsste Caecilia seine Tränen weg. Er spürte, dass es sie Überwindung kostete, doch in dieser dunkelsten Stunde war er froh, seine Frau an seiner Seite zu haben. Sie würde Sophia eine Mutter sein und alles tun, um seiner Sklaventochter ein angenehmes Leben zu ermöglichen, und dafür war er ihr unendlich dankbar.

Als sie sich wieder von ihm abwenden wollte, dachte er nicht darüber nach, was er tat, sondern seine Lippen fanden die ihren. Sein Griff um sie verfestigte sich und er zog sie näher an sich. So nah, wie es sich für eine Ehefrau gehörte. Sanft streichelte er über ihre Wangen und blickte sie fragend an. Er spürte, wie er hart unter ihrem Körper wurde, doch er wollte sie nicht ohne ihre Einwilligung nehmen. Noch hielt er seine aufkeimende Lust im Zaun und suchte in ihren rehbraunen Augen nach Erlaubnis. Zögerlich biss sich Caecilia auf die Unterlippe, ehe ihre Hand zärtlich über seinen Körper fuhr.

«Wenn du mich willst, bin ich ganz dein, mein Gemahl», wisperte sie verführerisch und ließ gleichzeitig ihre Hand in Richtung seines Beines wandern. Sie hatte ihren Blick gesenkt, während sie in einer fließenden Bewegung aufstand und sich vor ihn stellte. Im schwachen Schimmer der Öllampe tanzte das Spiel von Licht und Schatten auf ihrer Haut. Anmutig öffnete sie die Fiebeln ihres Kleides, das lautlos von ihrem Körper glitt und gab so den Blick auf den perfekten Schwung ihrer Hüften, ihre sanften Rundungen um ihren Bauch und ihre vollen Brüste frei. Seit Vipsanias Geburt war seine Frau viel weicher und weiblicher geworden und er spürte die Erregung, die durch ihn schoss, als sie sich vor ihn kniete und mit ihren zarten Händen seine nackten Beine berührte. Den Kopf demütig gesenkt, glitten ihre Hände an ihm hoch unter seine Tunika zu seinen Lendenschurz und verharrten dort.

«Ich will dich», keuchte er fast tonlos. Die Erregung, die er nach ihr verspürte, vertrieb jeden Gedanken aus seinem Kopf. Zu sehr hatte er sich in den letzten Monaten nach der Berührung einer Frau gesehnt. Sowohl Caecilia als auch Kiana waren für ihn tabu gewesen und er hatte noch nie das Bedürfnis gehabt, eine der Huren in der Stadt aufzusuchen oder sich an einer seiner Sklavinnen zu vergehen. Seine Hand war das Einzige, was ihm in der Zeit Erleichterung verschafft hatte. Doch nun ... Seine Frau war ihm nicht abgeneigt und er konnte in den Luxus eintauchen, die letzten anstrengenden Stunden für einen Augenblick zu vergessen. Seine Angst um seine Geliebte hatte er in den hintersten Winkel seines Verstandes geschoben, als Caecilia begann, ihn von seiner Unterkleidung zu befreien. Stöhnend ließ er seinen Kopf nach hinten fallen, während Caecilia erregt wisperte: «Dann gehöre ich ganz dir.»

Mit ihren feingliedrigen Fingern fuhr sie etwas zittrig über sein Glied, das unter ihnen immer härter wurde. Marcus erschauderte. Seinen Blick auf ihre Hand gerichtet. Anschließend beugte sie sich über ihn und leckte und küsste seine breite Eichel, ehe sie mit ihrer Zunge über den schmalen Spalt an seiner Spitze fuhr. Ein tiefes Stöhnen löste sich aus seiner Kehle, als sie ihn geschickt mit dem Mund liebkoste. Noch nie hatte seine Frau ihn Oral befriedigt.

«Wie willst du mich?», flüsterte sie unterwürfig und sah beinahe unschuldig zu ihm auf.

Ein schiefes Grinsen legte sich auf seine Lippen, als ihm die vielen Möglichkeiten in den Sinn kamen. Das Wissen, dass er mit ihr alles machen durfte und konnte, was er wollte, beflügelte ihn vor Erregung. Diese Chance würde er nicht verstreichen lassen. Mit seinen Händen packte er ihre Hüfte und zog sie zu sich hoch auf das Bett. Sinnlich schmiegte sie sich an ihn, ehe sie sich reizvoll langsam auf den Rücken gleiten ließ und einladend ihre Schenkel für ihn öffnete. Sofort drängte sich Marcus gierig zwischen ihre Beine. Mit seinem Mund fuhr er über ihren Hals und biss sanft in ihre Haut, während er mit seiner Zunge über ihre Kehle strich. Seine Hände glitten an ihren Brüsten entlang und Caecilia bog stöhnend den Rücken durch. Wollte sich näher an ihn drücken. Er fuhr weiter nach unten, um mit seinen Lippen und seiner Zunge an ihren Brustwarzen zu spielen. Seine Frau vergrub die Finger in seinen Haaren und stöhnte voller Wonne auf. Schnell entledigte sich Marcus auch noch seiner restlichen Kleidung und warf sie achtlos zu Boden. Zum Vorschein kam sein herrlich durchtrainierter und muskulöser Körper, der Caecilias Mund ein weiteres Stöhnen entlockte. Ihre Lippen drängten sich zu seinen. Seine nackte Haut auf ihrer. Sie nahm sein Gesicht in ihre Hände, während er seine Hand zwischen ihre Schenkel gleiten ließ, um zu überprüfen, ob sie feucht genug für ihn war.

«Ich gehöre ganz dir, mein Gemahl», wisperte sie lustvoll unter ihm und drückte sich seiner Hand entgegen. Er fühlte, dass sie bereit für ihn war und platzierte seine Männlichkeit zwischen ihre Beine, ehe er Stück für Stück in ihre Feuchte eintauchte. Wie herrlich es sich anfühlte so in ihr zu sein. Seine ganzen Empfindungen Awaren auf seine Frau gerichtet, während er sie mit langsamen Stößen bearbeitete. Mit ihren Händen umfasste sie seinen Hals und zog ihn näher an sich, ehe sie sich an seine breiten Schultern klammerte und seinen Stößen mit der Hüfte entgegenkam. Langsam zog er sich zurück und stieß dann ebenso langsam wieder zu. Quälend, peinigend langsam, ehe er immer schneller wurde und immer härter und tiefer zustieß.

«Ich bin für dich da», flüsterte sie und streichelte seine nackte Haut, küsste seine Halsbeuge und stöhnte lustvoll unter seiner Penetration. Worte vermochten nicht zu sagen, wie dankbar er ihr für diese Ablenkung war und so küsste er sie zum ersten Mal seit ihrer Hochzeit auf den Mund, ehe er sich in ihr ergoss.

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