Prolog: Die Definition von Glück

Triggerwarnung: In diesem Werk dreht es sich vorrangig um Themen wie Suizid, Depressionen und das Fertigwerden mit unheilbaren Krankheiten. Wer diese Themen lieber meiden möchte, ist hiermit dazu aufgefordert, nicht weiterzulesen.

Glück ist eine Lüge.

Es steht stellvertretend für all die Ungerechtigkeit auf dieser Welt, weil irgendjemand beim Verteilen nicht aufgepasst hat. Einige Menschen kommen ohne auch nur einen Funken davon zur Welt und sind dazu verdammt, bei jedem Haschen nach den Sternen in ein tiefes, schwarzes Loch voller Pech zu fallen, aus dem sie nur mühsam wieder hinausklettern können. Andere wiederum haben das Glück in Flaschen abgefüllt zu Hause in der Ecke stehen, womit sie sich in den Himmel auf Erden trinken, wenn sie es für nötig halten. An diesem Ort schweben sie dann durch ihr Leben, als wären sie etwas ganz Besonderes.

Das Glück ist schuld daran, dass wir Menschen nur noch aus unseren Gedanken an Geld und Macht bestehen. Dass wir uns selbst depressiv machen, indem wir uns mit anderen vergleichen und immer mehr unser ureigenstes Merkmal verlieren – die Menschlichkeit, auf die wir immer so stolz sind, die wir aber eigentlich Tag für Tag für das sinnlose Streben nach unseren überzogenen Idealen verpfänden.

Auch ist das Glück feige, da es nur dann existieren kann, wenn es irgendwo auch Unglück gibt. Damit ist die Mehrheit der unglücklichen Menschen nur dazu da, die Minderheit glücklich zu machen. So wäre die Frage nach dem Sinn unserer Existenz wohl gelöst – die einen sollen in Glück, die anderen in Pech baden. Damit das kosmische Gleichgewicht, von dem alle immer reden, während niemand wirklich darauf achtet, erhalten bleibt. Sollte aber nicht eigentlich die Minderheit der Mehrheit untergeordnet sein? Wer auch immer damals entschieden hat, dass alles so laufen soll, wie es bisher geschehen ist, war wirklich nicht gut in seinem Job und sollte fristlos entlassen werden.

Glück ist scheinbar auch noch zufällig. Es kommt und geht, wie es will, aber am Ende bleibt in unserem Inneren nur der Wunsch nach mehr. Wir sind abhängig von diesen Zufällen, die uns immer mal wieder aus der Bahn werfen und unsere aussichtslose Lage für einen kurzen Moment weniger aussichtslos macht.

Wäre jeder Mensch zu jeder Zeit zufrieden, würden wir nicht nach neuen Herausforderungen suchen und Fortschritt finden, wie wir es tagtäglich tun. Auf diesem Weg haben wir uns an die imaginäre Spitze der Nahrungskette katapultiert. Doch aus welchem Grund versteckt sich dann das Glück vor einigen von uns und empfängt andere mit offenen Armen, als wären es alte Freunde? In dieser Art der Ungerechtigkeit ist kein System erkennbar, so sehr man auch danach sucht.

Ich selbst hätte mich als einen dieser glücklosen Menschen bezeichnet. Ebenso wie es dieses Mädchen von sich behauptet hätte, das mir einfach nicht mehr aus dem Kopf gehen will. Wir waren zwei verlorene Seelen, die nur miteinander glücklich werden konnten. Dazu hat nicht einmal einer von uns unglücklich werden müssen. Es hat gereicht, dass wir zur gleichen Zeit am selben Ort waren, um uns für immer in einer Erinnerung zu binden.

Vielleicht existiert das Glück, doch ist fragil wie unsere Herzen, die Tag für Tag brechen, ohne dass es jemand hört. Und doch ist es impulsiv wie ein Lauffeuer, das in uns brennt und viel zu schnell wieder erlischt.

Dass ich dieses Mädchen damals getroffen habe, ist reiner Zufall gewesen. Aber vermutlich der glücklichste meines ganzen Lebens.

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