"Kleine Schritte, sind der Anfang von Heilung."
Carlos traute sich kaum zu atmen, geschweige sich zu Bewegen. Lando hatte wie damals seine Finger in sein Oberteil gekrallt und schien nicht ansatzweise daran denken zu wollen ihn loszulassen. Selbst im Schlaf suchte der Jüngere Schutz bei ihm.
Seufzend ließ er seine Finger durch die weichen Locken gleiten. Ein Gefühl welches angenehm war. Die Haare waren weich und sahen lockig und wirr wirklich hinreißen aus.
//Oh Junge, was machst du nur? //
Das er Lando so aufgelöst nach seinem Spaziergang vorfinden würde, hatte er nicht erwartet. Vielmehr war er davon ausgegangen Lando und seine besten Freunde in harmonischer Dreisamkeit vorzufinden. Vielleicht hatte er auch damit gerechnet, dass die Drei nicht direkt freudig miteinander umgehen würden, wenn Lando ihnen einen Teil erzählt haben sollte, aber dass es so eskalieren würde, war überhaupt nicht auf seinem Schirm gewesen.
Lando schien wirklich sehr verletzt über das Verhalten von George gewesen sein. Aber wer wäre es nicht? Immerhin waren Lando und dieser Junge die besten Freunde seit Kindertagen. Das Sein junger Gastgeber da ein wenig Verständnis erwartet hatte, erschien ihm selbst auch sehr nachvollziehbar.
Das ruhige und gleichmäßige Atmen des Jungen auf seinem Oberkörper, steckte stetig, aber langsam an. Carlos spürte, wie er müder wurde. Die frische, kalte Luft, das Gespräch mit Adam aber auch mit Lando hatten auch an seinen Kräften gezerrt. Er war es zwar gewöhnt ernste Gespräche zu führen, schon bedingt durch sein Studium und als Gastredner an diversen Schulen und Unis bezüglich Mobbings, aber die letzten Tage hatten ihn auch wieder deutlich gezeigt, dass er Lando von ganzen Herzen helfen wollte. Nicht ohne Grund war er einfach nach England geflogen, um für Lando da zu sein und nicht ohne Grund hatte er diesem damals seine Handynummer gegeben.
Es hatte alles genau so sein sollen, wie es jetzt war.
+
Irgendwas stimmte nicht.
Und es war nicht die Wärme, die auf seine Brust ausgestrahlt wurde oder die Schwere, die ihm mitteilte, dass ein Körper auf ihm drauf lag.
Er fühlte sich beobachtet.
Sein erster Instinkt war es nicht die Augen aufzureißen, vielmehr legte er die Arme schützender um Lando, presste diesen so enger an seinen Körper.
„Ich...ich wollte Sie nicht einfach beobachten. Eigentlich habe ich versucht Lando zu Wecken."
Langsam öffnete Carlos die Augen, blinzelte müde, als er in zwei reumütigen braunen Augen blickte.
„Alex?"
„Ja."
Carlos nickte leicht, war noch etwas zu verschlafen als richtig zu funktionieren.
Aber sein kleiner Schlafgast schien wirklich nicht wach geworden zu sein. Hatte Lando nicht erzählt das er einen eher unruhigen Schlaf hatte? Wegen den Alpträumen und Gedankenkarussell? Schlief der junge Brite so fest, wegen ihm?
„Wo ist dein Freund?"
„Im Wohnzimmer. George hat sich nicht getraut mit hochzukommen. Nicht nach dem Bullshit, den er gesagt hat und nicht, nachdem er das halbe Gespräch zwischen Lando und mir belauscht hat."
Verstehend nickte Carlos, während er versuchte sich aufzusetzen ohne Lando großartig zu Bewegen oder gar zu Wecken.
Irgendwie schaffte er es sich hinzusetzten, hatte Lando's Kopf dafür jetzt in seinem Schoss, was ihn sofort dazu verleitete erneut durch das lockige, weiche Haar zu streichen.
„Lando hat das Verhalten seitens George wirklich sehr verletzt."
„Ich weiß. Und es tut mir auch leid, dass ich nicht eher eingegriffen hatte. Ich war selbst erschrocken über die Vorwürfe und Wortwahl. Niemals hätte Georgie das sagen dürfen. Lando war immer wie ein kleiner Bruder für uns. Auch wenn Geschwister sich nicht immer verstehen, sagt man nicht so böse Sachen."
„Ihr hattet wirklich keinen blassen Schimmer, durch was Lando für eine Hölle gegangen ist?"
Niedergeschlagen schüttelte Alex den Kopf, senkte diesen als gleich. Er wollte die Beschuldigung in den Augen des Mannes nicht sehen. Was musste dieser Carlos nur von ihnen denken? Sie waren Lando's besten Freunde und hatten über Jahre hinweg ihren besten Freund scheinbar überhaupt nicht gekannt, hatten diesen sein Schauspiel immer wieder abgenommen.
„Du weißt, dass es nicht eure Schuld ist?"
Ruckartig hob Alex seinen Kopf, starrte Carlos fast schon entsetzt an.
„Nicht unsere Schuld? Wie kann das nicht unsere schuld sein? Lando ist heftig gemobbt wurde, ihm wurde richtig übel mitgespielt und das so schlimm, das er weder George noch mir was erzählt hat."
„Nein Alex, ihr dürft euch nicht die Schuld geben. Genauso wenig wie Lando Schuld hat. Es ist die Krankheit, die das Ganze so schlimm hat werden lassen. Ich nehme an, du weißt jetzt etwas mehr, was seine Gedanken betrifft?"
„Die Depressionen? Die Angstzustände und die Selbstzweifel? Bevor Sie dazu gekommen sind, hat Lando erzählt was mit ihm ist, was in ihm vorgeht."
„Du kannst mich Carlos nennen."
Alex nickte leicht, wusste noch nicht so genau wie er sich Carlos gegenüber Verhalten sollte. Immerhin war dieser noch fremd. Aber wenn er Lando so im Schoss des Älteren schlafen sah, musste dieser Typ aufrichtig sein. Niemals sonst würde Lando einfach im Schoss von jemand anderen Schlafen.
„Wie kannst du sagen, dass es nicht unsere Schuld ist? Wir sind Lando's beste Freunde und haben nichts mitbekommen, haben nie was Hinterfragt, wenn uns was merkwürdig vorkam. Wir haben das geglaubt, was Lando uns erzählt hat."
„Alex, selbst wenn Lando gewollt hätte. Die Depressionen und die Gedanken hätten es einfach nicht zugelassen. Es ist nicht, weil Lando euch absichtlich verletzten wollte, er konnte euch einfach nichts sagen. Der Scham und die Angst als Niete dazustehen sind einfach zu groß. Ich glaube zwar nicht, dass er euch was Beweisen muss, weil ihr sicher auch weiterhin seine besten Freunde bleiben würdet, aber in seinem Kopf spielen sich andere Szenen ab."
Traurig blickte Alex auf seinen langjährigen besten Freund. Es war nicht richtig mit einem fast noch fremden Mann über Lando zu reden, während dieser selig schlummerte. Aber dieser Carlos hatte offensichtlich einen engen Draht zu Lando und wusste, von was er sprach. Außerdem wollte er gerne Verstehen was Lando dazu gebracht hat, ihnen nie auch nur ein Wort von der schlimmen Lage zu erzählen.
„Woher kommt diese Unsicherheit? Lando hat so viel vorhin erwähnt, was ich einfach nicht verstehe. George und ich sind mit ihm aufgewachsen. Wir hatten viel Spaß. Ja, Lando war oft ruhiger als wir, er hat sich nie richtig in den Vordergrund geschoben und auch ungern neue Menschen kennenlernt, aber wir haben uns dabei nie was gedacht."
„Depressionen sieht man nicht. Nicht wie ein Schnupfen oder ein gebrochener Arm. Man kann dich anlächeln und mit dir Lachen und du würdest denken diesem Menschen geht es richtig gut. Aber das ist alles nur Fassade. Psychische Erkrankungen sind schwierig, weil sie eben oft nicht erkannt werden, weil der Mensch der Betroffen ist, sehr genau weiß, was er machen muss und wie er sich verhalten muss. Ich war damals auch so. Immer schön gelächelt, an Aktivitäten teilgenommen und brav genickt, wenn jemand was sagte. Aber wenn ich allein war, schlugen all die negativen Gedanken zu. Und das ist bei Lando auch so. Er nimmt sich emotional sehr viel mehr zu Herzen als andere. Lando hinterfragt alles, auch Dinge die gutes für ihn wollen. Er hinterfragt sein Aussehen, seine Größe, seinen Charakter. Im Grunde alles. Wieso seid ihr seine Freunde? Ich denke diese Frage wird er sich auch öfter schon gestellt haben, obwohl ich von ihm gehört habe, dass ihr seine einzigen Freunde seid und dass ihr ihm schon wichtig sei."
Sein Kleiner schien ihre Unterhaltung unterbewusst wahrzunehmen. Lando bewegte sich unruhig hin und her und erst als er diesen sanft den Nacken kraulte, wurde dieser ruhiger. Hoffentlich würde Lando nochmal mit Alex und George das Gespräch suchen. Zwar schien Alex einen großen Teil mittler weile zu wissen, aber es war sicher nicht verkehrt seinen besten Freunden nochmal zu erklären das sie keine Schuld hatten. Niemand hatte Schuld.
„Du kennst deinen Freund sicher am besten. Hat er die Worte ernst gemeint? Das Lando selbst schuld ist und er den Mund ja aufmachen hätte können? Ich glaube, wenn das der Fall sein sollte, wird Lando ihm das niemals verzeihen. Und ich könnte es verstehen."
„Georgie weiß das er scheiße geredet hat. Wieso genau er so ausgeflippt ist, weiß ich auch nicht. Es war Lando ja offenbar aus Gründen nicht möglich mit uns zu reden. Und auch wenn es weh tut und ich es vielleicht noch nicht ganz verstehe, so wäre ich niemals auf die Idee gekommen Lando Vorwürfe zu machen oder diesem zu unterstellen das er selbst Schuld hat. Ich hätte mir gewünscht, dass George feinfühliger gewesen wäre und Verständnis gezeigt hätte. Und eigentlich ist er das auch. So habe ich kennen und lieben gelernt."
Es wünschten seinem kleinen Briten vom Herzen, das dieser ein weiteres Gespräch mit George suchen würde und das beide sich aussprechen konnte. Schon weil Lando nicht wirklich viele Menschen in seinem Umfeld hatte, welche er an sich heranließ und Freunde nannte, war es wichtig jene Menschen, die bei einem waren, auch weiterhin um sich herum zu haben. Hinzu kam das Carlos eben das Gefühl hatte, das Lando nicht der Typ Mensch war der großartig auf fremde Menschen zu ging und diese ansprach.
„Glaubst du es ist richtig, dass wir so über Lando reden? Ich meine, er liegt in deinem Schoss und schläft, während wir über Dinge sprechen, die ihn direkt betreffen. Ich will nicht, dass er auch sauer auf mich wird."
Lächelnd schüttelte Carlos den Kopf.
„Du hättest, was gesagt, wenn es dich gestört hätte, nicht wahr Lando?"
„Hm."
Alex guckte wirklich überrascht. Damit hatte er nicht gerechnet.
Lando schlief gar nicht? Und lag trotzdem weiterhin so ruhig und vertraut mit dem Kopf in Carlos Schoss und ließ sich den Kopf und Nacken kraulen?
„Ich hätte wohl eher nichts gesagt." Nuschelte Lando leise, behielt die Augen dabei weiterhin geschlossen und seufzte wohlig, als Carlos Finger etwas weiter abwärts sein Nacken kraulten, fast schon streichelten.
„Ist es für dich unangenehm?"
„Nicht direkt. Ich habe Alex ja erzählt was los ist. Wenigstens einen Teil davon. Und irgendwie ist es schön, dass du für mich redest, du findest irgendwie die richtigen Worte. Aber ich fühle mich auch zerrissen, weil da ein Teil in mir ist, der sich schämt, weil du als...naja Fremder meinem besten Freund erklären musst, was mit mir los ist."
+
„Carlos ist wirklich nett."
„Ja, das ist er wirklich. Er ist schon ein paar Tage hier. Manchmal kann ich das trotzdem noch nicht alles glauben, was er für mich gemacht hat oder noch macht."
Nachdem Carlos ihm mehrmals versichert hatte, niemals was zu machen mit dem er nicht Einverstanden sein würde, hatte der Spanier ihn und Alex allein gelassen, um zu fragen, ob er seiner Mom in der Küche etwas helfen konnte. Immerhin würde es bald die typische englische Teatime geben und daran hatte Carlos wirklich große Freude gefunden.
„Stimmt. Nicht jeder hätte das gemacht, was er für dich im Freizeitpark gemacht hat. Immerhin schienen unzählige andere Menschen kein Interesse daran gehabt zu haben dir zu helfen. Entweder weil sie keinen Stress wollten oder sich nicht dafür interessiert haben."
Schnaubend fuhr Lando sich durch die Haare. Alex saß am anderen Ende der Couch und musterte ihn aufmerksam. Carlos war vielleicht 20 Minuten weg und er vermisste den Älteren, was ihn irgendwie schon wieder verwirrte. Wahrscheinlich hätte er Alex diesbezüglich ansprechen können und dürfen, aber irgendwie war Lando der Meinung das Alex noch genug damit zu tun hatte, die anderen Sachen zu verarbeiten die dieses Erfahren hatte.
„Lando? Wäre es OK, wenn Georgie sich zu uns gesellt?"
Augenblicklich versteifte sich seine Körperhaltung und schützend zog Lando die Beine an den Körper, obwohl ihn dies Schmerzen verursachte. Er war nicht bereit sich weitere Beschimpfungen und Anschuldigungen anzuhören. Aber durfte er George ausschließen? Immerhin waren George und Alex ein Paar und seine besten Freunde. War es nicht seine Pflicht George zu verzeihen, wurde das nicht sogar erwartet? Aber wenn er sich damit unwohl fühlte? War nicht auch wichtig, wie er sich selbst fühlte?
„Wenn du das nicht möchtest, verstehen wir das. George hat Scheiße gebaut und dich sehr verletzt. Er würde sich gerne entschuldigen, aber nur zu deinen Bedingungen."
Hin und hergerissen legte Lando den Kopf auf seine Arme. George gehörte schon so lange an seine Seite. Als sie Kinder waren, hatte der um ein Jahr ältere ihn sogar vor anderen verteidigt und oft hatte George ihm seine Lieblingsschokolade gegeben. Es gab vieles, was George Gutes getan hatte, vieles was Lando immer gezeigt hatte das sie beste Freunde waren. Und es war nicht so, dass er den anderen nicht gerne hier in seinem Zimmer gehabt hätte, aber er konnte einfach nicht vergessen, was George gesagt hatte.
„Ich weiß nicht wieso es mir bei Carlos einfacher fällt über meine Krankheiten zu reden, wahrscheinlich weil er das Gleiche durchgemacht hat. Es gab damals so oft Tage, wo ich mit euch sprechen wollte, wo ich mich am liebsten bei euch ausgeheult hätte. Die ersten Tage, nachdem Lewis und seine Jungs Angefangen hatten mich zu schikanieren hatte ich auch noch irgendwie Mut mich euch anzuvertrauen. Aber je länger ich es hinausgezögert hatte, je feiger wurde ich. Irgendwann war der Punkt da, wo ich alles mit mir ausgemacht habe. Ich konnte doch niemanden belästigen."
„Lando, du hättest uns niemals mit deinen Sorgen und Ängsten belästigt."
Traurig nickte Lando.
„Ich weiß. Aber ich habe dir vorhin doch von meinen Gedankenkarussell erzählt. Ich habe versucht herauszufinden, warum meine Gedanken so verwirrend und widersprüchlich sind. Und warum ich niemanden um Hilfe fragen kann. Ich habe, was gefunden, was meine Gedanken erklären könnte. Ich habe Probleme mich um meine Selbstfürsorge zu kümmern, weil ich denke das ich meine eigenen Bedürfnisse nicht vor die von anderen stellen darf. Hinzu kommen meine Ängste und Erwartungen der Gesellschaft die mich irgendwie Blockieren. So im Groben empfinde ich so. Weißt du, ich habe da einen Eintrag bei Google gefunden, der erklärt, wie man unsichere Menschen nennt. Und naja, ich fühle mich eben unsicher, minderwertig, angespannt und besorgt. Und gleichzeitig möchte ich einfach nur Zuneigung haben und akzeptiert werden. Ich weiß das sind Dinge aus dem Internet. Das ersetzt keinen Psychodoc, aber ich habe ein paar Antworten dadurch gefunden."
Sicherlich gebot es der Ernst der Lage nicht, aber Alex musste leicht Schmunzeln. Das war so richtig typisch für Lando, lieber selbst nach Lösungen suchen, auch wenn diese aus dem Internet stammen könnten und wahrscheinlich nicht immer seriös waren. Aber es erklärte auch so vieles. Lando hätte niemals George oder ihn mit diesen Dingen belästigt.
Während Lando einen kleinen Teil von sich preisgab und Alex geduldig zuhörte, nebenbei versuchte seinen Freund Mut zuzusprechen, hatte George sich in den Wintergarten zurückgezogen.
Trübe war sein Blick auf die weiße Landschaft gerichtet, während er sich etwas fröstelnd über die Arme strich. Eigentlich hätte ihm nicht kalt sein dürfen. Immerhin hatte er einen dicken Pullover und eine Jacke an. Es war auch nicht die äußerliche Kälte, die ihn zittern ließ. Diese Kälte kam von weit drin.
„Bist du auch geflohen?"
Erschrocken zuckte George zusammen, drehte den Kopf so ruckartig nach hinten, dass er glaubte es leise knacken zu hören.
„Lando will mich nicht bei sich haben."
„Verständlich."
„Hm."
Seufzend zog Carlos sich einen der Sessel heran und nahm gegenüber von George Platz. Sich direkt neben den Jüngeren setzten hielt er nicht für ratsam.
„Ich würde ja gerne sagen, dass alles in Ordnung wird, aber dann würde ich mich sehr weit aus dem Fenster lehnen, da ich nicht in die Zukunft sehen kann. Aber wenn ihr drei so gute Freunde seid, wird Lando dir den Ausbruch Verzeihen. Er wird nur etwas Zeit brauchen."
„Wie kann man ein guter Freund sein, wenn man nicht mitbekommt das es dem anderen so schlecht geht? War Lando einfach ein perfekter Schauspieler oder Alex und ich einfach nur grottige beste Freunde?"
„Ich habe Alex schon gesagt, dass ihr die Schuld nicht bei euch suchen dürft. Wenn jemand Schuld hat, dann die Erkrankungen die Lando mit sich herumträgt."
„Nein, ich kann nicht nur diesen psychischen Erkrankungen die Schuld geben. Ich habe als bester Freund versagt. Wir wissen noch nicht mal, was noch alles passiert ist. Nachdem ich den Aussetzer hatte, hat Lando mich rausgeschmissen und später habe ich einen kleinen Teil von dem Mitbekommen was Lando meinem Freund erzählt hat. Das war schlimmer als jeder Schlag in den Magen. Es hat mir den Boden unter den Füßen weggerissen und trotzdem glaube ich, dass es nur die Spitze des Eisberges war, welche Lando angekratzt hat."
„George, wenn du dich zu sehr in die Schuldfrage hineinsteigerst, wirst du selbst kaputt gehen. Lando braucht euch. Alex und dich. Ihr seid seine besten Freunde. Es wird Zeiten geben da wird Lando sich wieder in seine Schutzhöhle zurückziehen, das wird sich so schnell nicht ändern. Und er wird euch auch nicht glauben, wenn ihr weiterhin zu ihm steht und ihm versichert das seine psychischen Erkrankungen kein Grund sind, eure Freundschaft zu beenden. Es ist so verdammt wichtig das ihr Lando nicht aufgibt, dass ihr ihm gut zuredet und für ihn da seid. Was Lando braucht ist ein starkes Umfeld, welches seinen Rücken stärkt und auch zu ihm hält, wenn er erneut in dunkle Löcher fallen wird."
Unsicher blickte George das erste Mal bewusst den jungen Mann an, welchen er bis dato nicht kannte. Lando hatte so von Carlos geschwärmt, hatte ihn als engen Freund dargestellt. Und wenn er sich den Spanier etwas genauer betrachtete, erweckte Carlos wirklich einen sehr netten und symphytischen Eindruck.
„Es tut mir so leid."
„Das musst du mir nicht sagen. Sondern Lando. Er versteht nicht, wieso du ihm Vorwürfe gemacht hast. Wieso du ihm unterstellt hast, selbst schuld zu sein. Und ehrlich? Ich verstehe es auch nicht. Ich kann verstehen das du enttäuscht bist, weil Lando sich euch nicht anvertraut hat, aber ihm die Schuld an seinen psychischen Erkrankungen zu geben war richtig niveaulos und vollkommen überflüssig. Lando weiß selbst am besten, dass es ihm nicht gut geht. Du hättest nicht unbedingt einen Doktor in Psychologie machen müssen, aber Verständnis und Akzeptanz wären als bester Freund schon ein guter Schachzug gewesen. Was ich dir getan habe, ist mir auch schleierhaft, aber ich kann dir Garantieren, das ich so lange nicht von Lando's Seite weichen werde, wie er mich bei sich haben möchte. Klar, ich muss früher oder später wieder nach Spanien, aber Lando kann immer und jederzeit auf mich Vertrauen. Ob dir das passt oder nicht ist mir egal."
Es war keineswegs drohend oder bedrohlich, wie Carlos seine Ansage von sich gab. Angst verspürte George auch nicht direkt, aber eine große Portion Respekt flößte ihn die Aura des Älteren dann doch ein. Und auch wenn er Carlos gerade mal ein paar Minuten kannte, spürte er, dass dieser jedes Wort ernst meinte.
„Ich weiß nicht, ob du eifersüchtig auf mich bist oder warum du mich angegangen bist. Aber ich kann dir versichern, dass ich keine Gefahr für eure Freundschaft bin. Ich wäre sehr gerne ein Freund für Lando, weil ich eben auch weiß, wie er sich in vielen Situationen fühlt. Sicherlich gibt es Baustellen, die ich damals nicht hatte, aber in Bezug auf das Mobben kann ich Lando sehr gut Nachvollziehen und ihn Unterstützen so gut es mir möglich ist. Und ich bin sicher das Lando Freunde sehr gut gebrauchen kann. Und das sollte dir am Herzen liegen, wenn dir Lando wichtig ist."
+
„Ich möchte nicht."
„Mi amor. Du musst aber was Essen. Es muss doch nicht viel sein. Deine Mom hat was richtig Leckeres zum Abendessen gekocht."
Seit geschlagenen 10 Minuten versuchte Carlos mit Engelszungen auf den jungen Briten einzureden. Nachdem er selbst mit George geredet hatte, war dieser kurz vor dem Abendessen mit Alex gegangen, da beide Lando nicht zusätzlich Stressen wollten.
„Aber die gucken alle und jeder weiß was passiert ist. Außerdem ist die Stimmung zwischen Mom und mir noch immer angespannt."
Seufzend nahm er die Hände des Teenagers in die seinen und schenkte diesem ein gutmütiges Lächeln.
„Lando, diese Menschen da unten sind deine Familie und sie lieben dich vom ganzen Herzen. Das Einzige, was wir alle wollen, ist das es dir besser geht, dass du in Ruhe gesund werden kannst. Deine körperlichen Verletzungen werden mit der Zeit heilen, aber deine seelischen werden sicher noch viel Zeit brauchen. Alex, George, deine Familie und ich wollen dich Unterstützen so gut es geht. Wir wollen für dich da sein, dich halten, stützen und den Rücken stärken. Ich weiß, dein Kopf dreht sich bestimmt wieder ganz schnell, weil du niemanden zur Last fallen möchtest. Habe ich recht?"
Beschämt nickte Lando, was ihn einen kleinen Lacher von Carlos einbrachte.
Wohlig schmiegte er sich an die Brust des Spaniers, nachdem dieser ihn überraschend in die Arme gezogen hatte. Oder vielmehr nicht mehr so überraschend? Wie oft hatte er jetzt schon mit Carlos gekuschelt, seit dieser in England war? Er hatte mit dem Älteren mehr gekuschelt als mit seiner Familie oder besten Freunden.
„Setzt du dich beim Essen neben mir?"
„Sicherlich. Und denk dran Lando. Du isst nur das, was du auch schaffst. Ich habe kein schlechtes Gewissen. Deine Mom hat das Essen wirklich gerne gemacht und du brauchst dich nicht schämen, wenn du nur eine kleine Portion schaffst. Ich esse für uns beide. Ich habe nämlich richtig großen Hunger, nachdem ich deiner Mom etwas geholfen habe."
„Okay. Dann komme ich mit runter."
„Das wollte ich hören."
Lächelnd löste Carlos die Umarmung, nur um Lando direkt darauf eine weitere kleine Herzattacke zu bescheren, indem dieser seine Lippen auf seine Stirn drückte.
„Soll ich dir helfen? Oder willst du mit den Krücken nach unten?"
„Wenn du mich Stützen würdest, brauche ich keine Krücken."
Nickend erhob Carlos sich, reichte Lando die Hand und zog diesen vorsichtig auf die Beine. Wackelig klammerte der Jüngere sich an seine Hand, schenkte ihm aber ein wirklich bezauberndes Lächeln.
„Ich bin stolz auf dich. So stolz. Jeder Schritt, mag er noch so klein und mickrig für dich erscheinen, ist ein Schritt in die richtige Richtung."
TBC...
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