"Ich lasse dich nicht alleine."

Sorry Q.Q
Irgendwie macht meine Muse Urlaub? Oder sie hat nicht viel Zeit.
Das Kapitel habe ich heute Mittag Angefangen eben gerade beendet, damit ihr nicht noch länger warten müsst >.<

Ich werde mal schauen das ich meine Muse wieder hervor Locken kann, damit es auch bei den anderen Büchern weiter gehen kann. o.O

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Er hörte das leise Lachen, wollte sich aber nichts anmerken lassen. Es war kein böses, oder hämisches Lachen, vielmehr ein amüsiertes, was ihn selbst die Mundwinkel etwas verziehen ließ.

„Es ist anders als in Spanien, oder?"

„Wir haben auch Winter. Aber ja, der Winter in England ist tatsächlich anders."

Fröstelnd rieb Carlos sich über das Gesicht. Schon bei seiner Abreise aus Spanien wusste er das er zu einer sehr kühlen Zeit in England sein würde und es hatte ja auch wirklich geschneit und so langsam merkte er eben das er durch und durch Südländer war. Er vermisste seine Sonne und die Wärme.

„Wir können auch gerne wieder Umdrehen. Du sollst dich nicht unnötig Zwingen und Frieren sollst du auch nicht."

Auch wenn das Angebot sehr verlockend klang und sein ganzer Körper geradezu danach schrie wieder ins Warme zu gehen, so würde er es noch ein paar Minuten versuchen auszuhalten. Immerhin war er mit Adam jetzt gut eine halbe Stunde unterwegs, da würden ein paar weitere Minuten sicherlich auch noch möglich sein. Außerdem wollte er Lando und dessen Freunde die Zeit geben, die sie brauchten.

„Du hättest das Haus nicht extra verlassen müssen um Lando mit George und Alex allein zu lassen. Dir sollte aufgefallen sein, dass unser Haus groß genug ist. Wir hätten irgendwo hingehen können, ohne die Drei zu stören."

„Lando hat seinen besten Freunden nichts von seinen Sorgen, Problemen und Ängsten erzählt. Ich denke einfach das es besser ist, wenn er allein mit den beiden ist. Mir ist aufgefallen, dass sich Lando bei mir offensichtlich wohl fühlt und ich wollte einfach nicht, dass er sich gezwungen fühlt entscheiden zu müssen, ob er mit George und Alex redet oder lieber Zeit mit mir verbringt."

„Lando verbringt wirklich gern Zeit mit dir, aber es ist eben auch das schlechte Gewissen. Nehme ich an. Du bist extra aus Spanien angereist, hast dein Studium pausiert, um bei Lando zu sein. Alex und George kennt er quasi sein ganzes Leben, die beiden könnte er immer sehen. Früher hätte ich gesagt, dass es Lando nicht stört Zeit mit ihnen zu verbringen, heute bin ich nicht mehr so sicher. Mit all dem Hintergrundwissen, welches ich die letzten Wochen und Tage erfahren habe, frage ich mich wirklich ob Lando den Kontakt zu George und Alex hat schleifen lassen, weil er ihnen als Paar die Zeit nicht stehlen wollte oder ob er einfach Angst hatte sich zu verraten."

Auch wenn Carlos noch keine wirkliche Erklärung hatte, so spürte er selbst ja auch dass er die Nähe zu Lando genoss. Eine Tatsache die ihn schon etwas verwirrte. Zwar war er nun schon ein paar Tage zu Gast und hatte in diesen Stunden und Tagen sicher mehr Erfahren als die gesamte Familie Norris in all den Jahren davor, aber es war nicht nur die Verbundenheit ihres gleichen Schicksals, welches Carlos gerne in der Nähe von Lando sein ließ. Und es war auch nicht nur das Bedürfnis den Teenager vor weiteren schlimmen Dingen zu bewahren und gleichzeitig zu versuchen diesen aus seinen mentalen Problemen herauszuholen. Es war viel mehr, was ihn veranlasste sich wohlig bei Lando zu fühlen.

Aber er verbot es sich strikt selbst irgendwas in diese wohlige Wärme hinein zu Interpretieren. Lando war 17 Jahren und somit noch ein Teenager und hatte selbst aktuell genug eigene Baustellen, die bearbeitet werden sollten.

„Bevor ich mit dir das Haus verlassen habe, war Lando wirklich hin und hergerissen, zwischen seinen besten Freunden und mir. Ich habe ihm mehrmals versichert das es vollkommen in Ordnung ist, wenn er mit George und Alex Zeit verbringt und ich mich hier in eurer Heimatstadt etwas umschaue. Ich muss gestehen das diese doch sehr starke Unsicherheit mich selbst etwas überrascht hat. Lando hat ein schlechtes Gewissen mir gegenüber, weil ICH meine Zeit opfere, um hier zu sein. Ich habe lange auf ihn eingeredet, bis er Alex geschrieben hat."

Seufzend ließ Adam die Schultern hängen. Einen Teil des Gespräches zwischen Lando und Carlos hatte er noch mitbekommen, bevor er den Spanier einfach spontan gefragt hatte, ob er dieses Bristol zeigen sollte. Irgendwie hatte Adam gehofft sowohl Lando als auch Carlos aus einer etwas unangenehmen Lage hinaus holen zu können.

„Ihr habt es hier wirklich schön. Eine kleine Stadt, fernab von zu viel Trubel. Aber auch nicht so klein, dass man denkt es wäre ein Dorf. Ich denke für eine Familie ist Bristol schon hervorragend. Und eure Kinder werden hier sicher eine schöne Kindheit gehabt haben."

Das plötzliche Wechseln des Themas kam Adam nicht ungelegen. Auch wenn er gerne weiterhin mit Carlos über Lando geredet hätte und auch über dessen persönliche Erfahrungen, so wusste er, dass es Lando auch sehr unangenehm sein würde, sollten sie ausschließlich über ihn reden.

„Cisca und ich haben uns schon früh für Bristol entschieden. Alle vier Kinder sind hier geboren und aufgewachsen. Es ist eine ruhige Lage, mit guten Schulen. Uns war wichtig, dass unsere Kinder nicht durch das Geld beeinflusst werden, sondern wie normale Kinder aufwachsen. Später haben wir sie entscheiden lassen, ob sie auf eine staatliche Schule, Privatschule oder Internat wollten. Wir sind stolz das alle bodenständig sind, und zwar wissen das sie eine gewisse Rücklage haben und finanziell abgesichert sind, aber trotzdem sich darauf nicht ausruhen wollen."

„Darf ich fragen, woher eure finanzielle Unabhängigkeit kommt?"

„Natürlich kannst du fragen. Es ist kein Geheimnis. Ich bin Gründer eines Investmentunternehmens."

Beeindruckend nickte Carlos. Das Adam einen Job hatte, der wirklich sehr gut bezahlt wurde, war offensichtlich, aber dass dieser Gründer eines Unternehmens war, ließ ihn nur erahnen, wie hoch das Vermögen der Familie wirklich sein mochte. Umso schöner war es, dass sie alle samt wirklich auf dem Boden geblieben waren und man den Reichtum hauptsächlich durch das Haus und vielleicht auch durch die Autos in den Garagen und den teuren Hobbys erahnen konnte. Aber nicht einmal seit seinem Eintreffen hatte man ihm unter die Nase gerieben, wie wohlhabend die Familie war. Mit offenen Armen und herzlicher Wärme wurde er empfangen.

Nachdem Carlos so geschickt das Thema gewechselt hatte, unterhielten sich danach über alles, was sie beschäftigte, während sie langsam den Rückweg antragen. Es wurde kalt und es sah aus, als würde es noch mehr Schnee geben und bis dahin wollte er Adam ihren Gast wieder in das warme Haus gebracht haben.

„Carlos, ich hätte da noch eine Frage."

„Gerne."

„Du kannst dein Studium zwar Pausieren, aber das geht auch nicht für immer. Und was ist mit deiner Familie, Freunden? Mit deiner Freundin? Wir haben Dezember und Weihnachten steht vor der Tür. Bitte verstehe mich nicht falsch. Ich bin immer noch unfassbar dankbar das du nach meinem Anruf hierher geflogen bist und seitdem Lando zur Seite stehst. Und ich bin mir leider sicher, das Lando irgendwie nicht glaubt oder ahnt das du ja auch noch dein Leben hast und deswegen nicht für immer hierbleiben kannst. Zurzeit erlebe ich meinen Jungen so offen und anhänglich wie noch nie. Und ich weiß das er dir einiges anvertraut hast. Natürlich hätte ich als Vater gerne, wenn mein Kind mit mir redet, aber dem war nicht so und wird wohl auch nicht sein, weswegen es noch wertvoller ist, dass er wenigstens mit dir redet. Und auch wenn Lando ein schlechtes Gewissen bezüglich deines Erscheinens hat, so spüre ich einfach, wie gut du ihn tust und dass er unbewusst alle Gedanken bei Seite schiebt, die in die Richtung gehen könnten, dass du irgendwann wieder nach Spanien zurück gehen wirst."

Was sollte er darauf antworten?

Die Gedanken einer Abreise hatte er auch schon, sie selbst aber auch zur Seite geschoben. Aber wenn er im Gästezimmer war und mit seiner Familie telefoniert oder schrieb, spürte Carlos schon eine kleine Sehnsucht nach Spanien. Und das war das erschreckend. Er vermisste hauptsächlich sein Heimatland und natürlich auch seine Liebsten, dafür waren sie einfach zu eng miteinander verbunden. Und trotzdem hielt ihn der Gedanke ab schon wieder zurück zu Fliegen. Weihnachten würden sie in Spanien eh erst im Januar feiern, von daher hatte er es nicht so eilig und seine Freunde waren in ganz Spanien und der Welt verteilt, da war es schon immer ein Unterfangen gewesen, wenn sie sich alle mal sehen wollten.

Lando war besonders. Ihr erstes Treffen hatte damals schon, was ausgelöst, was seit seiner Ankunft gewachsen war. Aber was war, wenn er Lando mit seinen Ratschlägen vielleicht nervte? Vielleicht wollte der junge Brite diese gar nicht haben und nahm sie nur hin, weil das eben eine von Lando's Eigenschaften war.

Einfach ja sagen und nicht an die eigenen Bedürfnisse und Wünsche denken.

Aber würde Lando all die Sachen zulassen, die zwischen ihnen waren, seit er den anderen im Krankenhaus besucht hatte? Würde Lando es wirklich still ertragen von ihn angefasst zu werden, obwohl er scheinbar durch diese Dreckskerle böse Situationen erleben musste?

Nein!

Lando war zwar ängstlich, unsicher und panisch, aber Carlos war sicher das dieser was sagen würde, wenn er nicht in die Arme genommen werden wollte. Immerhin hatte er selbst im Haus mitbekommen, das er selbst von seiner Familie nicht gerne Körperkontakt bekam. Wobei es aktuell mit Cisca und Lando sehr bedrückend aussah. Lando schien seiner Mom noch immer sehr nachtragend über den Verrat zu sein. Aber um mit Cisca reden zu können, hätte Lando das Zimmer vielleicht öfter verlassen sollen, aber auch dies geschah seit dem Übergriff der vier Mobber nur noch sehr selten.

„Glaubst du wir sollten Lando einen Therapieplatz suchen?"

„Nicht ohne mit ihm darüber zu reden. Wenn ihr das ohne Lando's mit Entscheiden trefft, verliert ihr ihn endgültig. Die Situation zwischen Lando und seiner Mom ist ja genug angespannt. Ich weiß, ihr wollt Lando helfen. Aber damit würdet ihr das Gegenteil bewirken. Tief in seinem Inneren weiß Lando das er Hilfe braucht, aber er kann sie für sich nicht akzeptieren und er kann nicht danach fragen, weil es ihn in seinen Augen nur noch weinerlicher, schwächer und minderwertiger machen würde."

+

Sie hatten noch den ganzen Rückweg über den Pro und Kontras eines Therapieplatzes geredet und sie waren sich beide einig, das Lando wirklich einen brauchte, aber es einfach nicht machbar war, solange Lando selbst nicht verstehen würde, dass es in Ordnung war sich Hilfe zu suchen und diese auch ohne schlechtes Gewissen annehmen zu können. Und so schwer es Adam auch fiel, wollten sie Lando wirklich nicht ganz verlieren durften sie einfach nicht über dessen Kopf hinweg so eine Entscheidung treffen. Die Chance das Lando einfach verschwand oder schlimmeres tat waren zu groß.

„Dad. Da seid ihr ja."

„Hey Flo. Was ist los?"

"Lando hat sich mit George und Alex lautstark gestritten und ist dann auf seinem Zimmer auf die Terrasse geflohen. Ohne warme Sachen."

Während Adam große Augen machte und nicht glauben konnte das Lando und seine besten Freunde sich wirklich gestritten hatten, war Carlos schon direkt auf den Weg durch das Haus zu der Terrasse, wo er Lando erblickte.

„Ich fühle mich gut seit Carlos da ist. Irgendwie fällt es mir leichter mit ihm zu reden, aber da sind eben auch die Gedanken, die sagen, dass er nicht hier sein sollte. Das er nur wegen MIR sein Studium unterbrochen hat. Ich will nicht, dass er Ärger bekommt. Aber das erste Mal überhaupt in meinem Leben möchte ich egoistisch sein. Ich das Carlos hier ist."

„Ich bin gerne hier mi corazón. Nd das so gerne, das ich dich erst mal wieder reinhole. Kleiner du holst dir doch eine dicke Erkältung hier draußen."

Carlos hatte kein Interesse Lando vor seinen Freunden bloßzustellen, aber als er diesen auf die Arme hob, fühlte es sich richtig an. Und als Lando sich auch noch fest an seiner Jacke hielt wusste er, dass es die richtige Entscheidung gewesen war. So schnell wie möglich brachte er den Jungen wieder auf sein Zimmer und sah diesen tadelnd an, nachdem er Lando auf der Couch abgesetzt hatte.

„Was hast du dir dabei gedacht? Lando es sind Minusgrade draußen und du hast nicht mal eine dicke Jacke angehabt."

„Das war nicht meine Schuld!"

Trotzig verschränkte er die Arme vor der Brust, rieb sich dabei unauffällig etwas über die Seiten. Erst jetzt fing er an die Kälte zu spüren, nachdem er wieder im Warmen war.

„George hat scheiße geredet. Er hat sich ein scheiß Dreck für mich interessiert, hat mir nur Vorwürfe gemacht, wieso ich meinen Mund bei ihnen nicht aufbekommen habe, und dann ist er einfach über dich hergefallen wie ein neidischer, eifersüchtiger Macker! George kennt dich nicht mal und trotzdem hat er einfach blöde Sachen gesagt, bis ich eben explodiert bin. Und dann bin ich raus."

Mit jedem Wort konnte Carlos sehen wie Lando in sich zusammen sackte. Von den Erzählungen des Jüngeren war er eigentlich davon ausgegangen das Lando und seine besten Freunde nichts erschüttern konnte und dass die Drei ein wirklich dickes freundschaftliche Band miteinander hatten. Aber er durfte sich selbst da auch nicht zu sehr aus dem Fenster lehnen. Gesehen hatte er George und Alex eben gerade das erste Mal für einige Sekunden und ansonsten kannte er die beiden nur vom Hören sagen.

„Oh Lando."

Kopfschüttelnd schälte Carlos sich aus seiner dicken Winterjacke, zog Mütze und Schal ab und ließ sich neben Lando nieder.

„George hat es sicher nicht böse gemeint. Bestimmt ist er nur ganz erschüttert über das, was er erfahren hat."

„Nein! Nimm ihn nicht in Schutz! Es hat mich so viel Mut gekostet darüber zu reden und dabei hatte ich nur einen kleinen Bruchteil erwähnt, bevor George laut geworden ist. Und dann haut er das mit dir raus. Ob ich jetzt bessere Freunde im Ausland hätte, weil Alex und er nicht mehr gut genug seien! Nur durch meine Mom wussten die beiden von dir. Was bildet der Arsch sich ein, so schlecht über dich zu reden? Und dann sagt er ich hätte mich ja melden können, wenn ich ja angeblich solche Probleme in der Schule gehabt hätte. Carlos das hat so weh getan. George gehört mit Alex zu meinen einzigen Freunden. Ja, es war falsch sich ihnen nicht anzuvertrauen und vielleicht hat George recht mir zu Unterstellen das ich ihnen nicht vertraut habe, aber rechtfertig das wirklich seinen Ausbruch? Seine Beschuldigungen? Ich hatte auf Verständnis gehofft. Aber nicht auf das, was passiert ist."

Die ganze Körperhaltung von Lando war angespannt und ging auf Abwehr. Gerne hätte er versucht den Jüngeren in die Arme zu ziehen, wollte aber auch nicht riskieren von Lando eine geknallt zu bekommen, wohlwissend das dieser das nicht absichtlich machen würde.

Sollte er versuchen weiter mit Lando über George zu reden oder lieber das Thema wechseln?

„Wie war der Ausflug mit Dad? Wie findest du Bristol?"

Okay, das Thema erledigte sich wohl von allein.

„War gut. Dein Dad hat mir einiges gezeigt und wir haben über die Gründung der Firme deines Dads geredet und ein bisschen über Madrid. Aber leider wurde es mir dann doch etwas zu kalt und wir sind wieder zurück. Ihr wohnt hier aber wirklich echt schön. Eine großartige Stadt."

„Du muss Bristol mal im Frühling sehen oder Sommer. Alles blüht und sieht einfach großartig aus. Wir haben auch einen großartigen Park. Da bin ich oft mal Laufen gewesen."

„Das wäre sicher was für Piñón."

„Wer ist das?"

„Piñón ist mein Hund."

„Ohh. Du hast einen Hund?"

„Ja. Mein treuer Begleiter. Zurzeit ist er bei meinen Eltern. Die Drei machen sich ein paar schöne Tage in unser Ferienhaus. Blanca und Ana wollten auch noch dazu stoßen."

„Das sind deine Schwestern?"

„Ja."

„Und ihr habt ein Ferienhaus? Wie cool."

„Das haben wir schon ewig. Seit ich Klein war fliegen wir jedes Jahr mehrmals dahin und genießen die Abgeschiedenheit und Ruhe."

„Hört sich großartig an."

„Du kannst ja gerne mal mitkommen. Am besten im Sommer, da können wir im Pool oder Meer schwimmen gehen."

Sprachlos musste Lando einige male Blinzeln, bis das gesagte so richtig in seinem Kopf angekommen war. Aber auch als er wirklich verstanden hatte, was Carlos ihm so eben Angeboten hatte, brachte er keinen Ton hervor. Das Einzige, was sich wirklich regte, waren seine Zähne, welche sich in seine Unterlippe verbissen, während er gleichzeitig die Hände zu festen Fäusten bildete.

„Lando?"

„Das...das ist nett...und lieb, aber wir wissen beide das es dazu nie kommen wird."

„Und warum sollte es das nicht? Hast du Flugangst? Dann fahren wir eben."

„Carlos, ich mag in meiner eigenen Welt leben, in der ich niemanden zu Last fallen möchte, aber ich bin nicht dumm. Du wirst irgendwann die nächsten Tage wieder zurück Fliegen. Wir schreiben vielleicht danach noch ein paar mal. Aber dann wird das Abreißen, weil du dich endlich wieder auf dein Studium fokussieren kannst, auf deine Freunde und Menschen, die deinem Alter entsprechen. Du wirst mich vergessen und ich werde dir nicht mehr schreiben, wenn ich merke das du nicht mehr antwortest, weil mein Kopf sich wieder hineinsteigern wird. Also wieso sollte ich mir Hoffnungen machen, wo keine sind? Dafür müsste ich mein mickriges Dasein erstmal auf die Reihe bekommen, bevor ich überhaupt in Erwägung ziehen kann, das Land zu verlassen."

„Lando, sag..."

„Ich habe Alex alles erzählt. Oder wenigstens fast alles. Ich weiß nicht, woher der Mut kam oder ob ich es wirklich einfach nur leid war, allein mit mir alles auszumachen. Aber ich habe ihm von meinen Ängsten erzählt, von den Depressionen, Angstzuständen und Selbstzweifel. Ich habe ihm erzählt das ich mich geschämt habe, dass ich niemanden enttäuschen wollte und daher nie was erzählt habe. Ich habe ihm von dem Gedankenkarussell in meinem Kopf erzählt und wie schwer es mir fällt mich auf jemanden einzulassen. Vom Mobben bis zu den angedeuteten Übergriffen und dem Versehen mit den Tabletten. Im ersten Moment fühlte sich das richtig gut an, aber Sekunden später habe ich schon wieder alles bereut und wäre am liebsten in ein dunkles Loch versunken. Ich glaube wegen dir habe ich das gemacht, du hast mir den Mut dazu gegeben. Es wäre nur schön gewesen, wenn George verständnisvoller reagiert hätte. Aber vielleicht bekomme ich das wieder hin. Immerhin bleiben mir nur die beiden, wenn du wieder weg bist. Aber im Grunde ist es auch egal. Ich bin sowieso allein. Der Freak. Der Außenseiter. Das Mobbingopfer. Ich fühle mich gerade wieder so richtig erbärmlich und schäme mich dafür, dass ich es genauso jetzt fühle. Am liebsten würde ich mich unter meiner Decke verkriechen und nie wieder hervorkommen."

Lando brauchte Hilfe weitaus dringender, als er sich hatte, selbst eingestehen wollen. Niemals aber würde er den Teenager drängen. Aber irgendwie musste er Lando davon überzeugen, dass er ein toller Mensch mit großen Herzen und sanfter Seite war. Auch wenn Lando schüchtern war, konnte man einfach sehen und spüren was für ein toller Mensch unter all diesen Problemen verborgen lag.

„Wir beide werden nächstes Jahr im Sommer im Meer schwimmen. In Spanien."

Ein klägliches Lächeln zierte seine Lippen. Es wäre so schön, wenn dies wirklich passieren könnte, aber Lando konnte einfach nicht daran glauben. Die Angst sich zu sehr an Carlos zu klammern und dann fallen gelassen zu werden, waren zu groß. Außerdem wäre der Abstand zu dem Älteren sicher auch besser für sein Schwärmen, oder verliebt sein. So sicher war Lando da immer noch nicht.

„Wie kannst du da so sicher sein? Du kennst mich doch jetzt schon bisschen, hast erlebt, wie ich sein kann. Was wenn ich einfach keine Kraft mehr habe, um das alles zu bekämpfen?"

Erschrocken über diese Aussage, musste Carlos wirklich hart Schlucken. Das war das erste Mal das Lando konkret Suizidale Gedanken äußerte.

„Das mit den Tabletten war wirklich ein Versehen. Ich wollte mich nicht umbringen, aber ich gebe zu das ich früher mal solche Gedanken hatte und in meinem ersten Tagebuch auch darübergeschrieben habe. Aber wenn ich mir lange genug einrede es war keine Absicht und ich eh zu feige bin, dann glaube ich eben auch das alles in Ordnung ist. Das ich es irgendwie schaffe."

Es war nicht richtig, dass dieser Junge solche Gedanken hatte, es war nicht richtig das Lando alles hinterfragte und in Frage stellte.

Depressionen waren Scheiße, genauso wie Angstzustände, Persönlichkeitsstörungen, Schizophrenie und alle anderen psychischen Störungen. Das waren allesamt große Arschlöcher. Aber es waren auch alles Erkrankungen, gegen die man was machen konnte. Die Behandelbar waren. Und das musste Lando einfach Verstehen und gedanklich umsetzten.

„Lando, ich möchte das du mir zuhörst. Verstehst du?"

Ein kleines Nicken reichte Carlos, um nach den Händen des Jungen zu greifen und sich diese gegen die Brust zu drücken.

„Ich werde da sein. Immer. Ich werde dich mit deinen Störungen und Probleme nicht allein lassen. Du bist Opfer von sehr gemeinen Subjekten geworden, was deine psychische Stabilität wirklich angegriffen hast. Man hat mit deinen Unsicherheiten und Ängsten gespielt und diese ausgenutzt. Du glaubst du bist minderwertig und hässlich. Du bist der Meinung es nicht wert zu sein geliebt zu werden. Du meinst das du keine Hilfe verdient hast. Du hast Angst anderen zu vertrauen, weil du nicht verletzt werden möchtest, gleichzeitig stellst du deine eigenen Bedürfnisse und Wünsche ganz weit hinten an um es allen anderen außer dir selbst Recht zu machen. Aber das ist falsch Lando. Du bist ein wundervoller junger Mann, mit einem großartigen Talent fürs Zeichnen und Designen. Ich sehe einen hübschen jungen Mann mit einem wunderschönen Lächeln und großen Herzen. Ich weiß, wenn du richtige Hilfe hast, wird dieser junge Mann irgendwann auch von Innen richtig Strahlen und allen zeigen was in ihm schlummert. Du bist so jung Lando, du hast noch alles vor dir. All deine Träume und Wünsche stehen bereit, wenn du zulässt dir diese zu erfüllen. Du fühlst dich in vielen Dingen unsicher und möchtest am liebsten unsichtbar sein. Aber du möchtest auch Helfen und zwingst dich so am Leben teilzunehmen, um nicht unangenehm aufzufallen, nur damit man nicht redet. Lass sie reden Lando. Andere kann es egal sein, was du machst. Du hast nur dieses eine Leben und das ist zu wertvoll als es einfach von Krankheiten, Anfeindungen, Mobben und Selbstzweifel wegwerfen zu lassen. Ich werde nicht dabei zu sehen, wie dich Lewis und die anderen zerstören. Ich werde nicht dabei zu sehen, wie dich Magersucht, Depressionen und Co mehr und mehr vernichten. Ich werde mit dir kämpfen und nicht aufgeben, bis du wirklich verstehst das du ein wertvoller, geliebter Mensch bist, der das Recht hat zu Leben und geliebt zu werden."

Konnte ein Mensch noch Tränen überhaben, wenn man glaubte, schon alle geweint zu haben?

Lando schluchzte nicht. Aber die Tränen liefen über seinen heißen Kopf und krampfhaft unterdrückte er ein Zittern, aber diesen Kampf verlor er in dem Moment, wo Carlos ein weiterer Schritt machte und ihn zu sich zog. Es brauchte nur ein wenig hin und her Rücken und sie lagen auf seiner Couch, wobei er selbst eher auf Carlos lag und dieser schützend die Arme um seinen Rücken gelegt hatte.

„Ich lass dich nicht allein mi corazón."

Vielleicht war dieser Moment das erste Mal in all den Jahren wo Lando sich erlaubte wirklich zu glauben. Zu hoffen.

Er war nie allein.

Seine Familie.

Alex und George.

Es gab Menschen, denen er wichtig war, die ihn liebten. Menschen, mit denen er hätte reden können, denen er sich hätte Anvertrauen können.

Aber es brauchte erst Carlos, um wirklich anzufangen zu realisieren das er nicht allein war, dass er ein wertvoller Mensch mit Bedürfnissen war, mit Sehnsüchten und Träumen. Das er Lando Norris es Wert war ihm zu Helfen und sich dafür nicht schämen zu müssen.

Es brauchte erst einen fünf Jahre älteren Mann aus einem anderen Land, der ihm die Hoffnung schenkte all die Arschlöcher seiner psychischen Störungen zu Bekämpfen.

TBC...

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