"Ein kleiner Teil Wahrheit."
Ich denke es ist vorab ratsam, wenn ich eine kleine TW ausspreche. Ich weiß halt nicht, wie es einigen von euch geht und viele von meiner kleinen, schnuckeligen Community sind ja noch Teenager.
Lando wird sehr emotional sein und einiges ansprechen, was ihn beschäftigt und auch wenn diese Geschichte Fiktion ist, gibt es die Themen/Probleme im realen Leben nur zu oft :( Ihr wisst ja das es hier um Mobbing geht und ich habe ja Essstörungen etwas angeschnitten.
Wenn ihr damit gerade nicht klar kommt, dann solltet ihr das Kapitel vielleicht nicht lesen, oder mit jemanden zusammen <3
Und sollte jemand wirklich in der gleichen Lage wie Lando sein.
DU BIST TOLL! GENAUSO SO WIE DU BIST!
DIR GEHÖRT DIE WELT! VERÄNDERE DICH NICHT FÜR ANDERE!
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Niedergeschlagen ließ Lando seinen Kopf hängen. Wie hatte das alles nur so eskalieren können?
„Lan?"
„Lass mich in Ruhe."
„Sicher nicht."
Schnaubend drehte er sich von Alex weg, dachte gar nicht daran dem anderen auch nur ansatzweise anzuschauen oder Platz zu machen. Immerhin war er hier zu Hause und nicht Alex.
„Lan, es ist kalt. Du solltest wieder rein ins Warme."
„Ich sagte es gerade schon. Lass mich in Ruhe."
Es tat Alex im Herzen weh, seinen besten Freund so wütend, aber auch niedergeschlagen zu sehen. In all den Jahren, in welchen er nun mit Lando schon befreundet war, hatten sie noch nie einen dermaßen heftigen Streit gehabt. Kleine Meinungsverschiedenheit gab es, aber die waren meistens kaum der Rede Wert gewesen und oft war es gerade Lando gewesen der immer nachgegeben hatte. Und nun wussten George und er auch, warum dies immer der Fall gewesen war.
„Wieso hast du nicht mit uns geredet?"
„Ich nehme mal an, aus den Gründen, die ich erwartet hatte und die vor einigen Minuten ja auch eingetroffen sind, nachdem George meinte mich blöd anmachen zu müssen. Oder war es der Moment davor, wo er meinte auf Carlos losgehen zu müssen, als wäre er mein eifersüchtiger Freund?"
Zittrig schlang Lando die Arme fester um seinen Körper. Trotz Handicap mit den Bein hatte er die Beine angezogen und die Arme drum herumgeschlungen, nachdem er Hals über Kopf aus seinem eigenen Zimmer nach draußen auf die Terrasse geflüchtet war.
Auf die verschneite und kalte Terrasse wie er sehr schnell festgestellt hatte. Aber aus Wut und Enttäuschung war er nicht wieder reingegangen. Nicht um sich Winterfest anzuziehen oder zurück auf sein Zimmer zu gehen. Auch wollte er nicht zu seiner Mom, da er diese mit verantwortlich für die Auseinandersetzung mit seinen besten Freunden machte. Natürlich hatte seine Mom von dem Tagebuch erzählt. Natürlich wussten Alex und George Bescheid. Es grenzte nur an einem Wunder, das die beiden nichts von seinem Schwärmen für den Spanier wussten. Wieso seine Mom das wohl verschwiegen hatte, wo sie doch eh schon jedem sein Seelenleben vor die Füße warf.
„Ich gebe zu, es war falsch und übertrieben wie Georgie reagiert hat."
„Alex er hat mich angeschnauzt! Ich hatte meine Gründe, wieso ich euch nie was von dem Mobbing erzählt habe! Aber statt mich zu unterstützen, hat George mir Vorwürfe gemacht, mir unterstellt das ich mich nicht so anstellen solle! Immerhin seid ihr meine besten Freunde und mit denen kann man schließlich immer reden und über alles! Bull Shit! Hätte meine Mom euch nicht auch frohlockend von dem Tagebuch erzählt, dann wüsstet ihr doch gar nichts. Vielleicht sollte ich fragen, ob sie es kopiert hat, damit es ganz Bristol zu lesen bekommt, dann muss sie es nicht jedem dahergelaufen erzählen was für ein missratener Sohn ich doch bin."
Der Schmerz über die Worte von George saß tief. Fast so tief wie der Schmerz jener Worte und Beleidigungen die er sich über Jahre von Pierre und den anderen hatte anhören müssen. Das ausgerechnet George ihn jemals so wehtun würde, traf Lando besonders hart.
Und nichts, was Alex sagen würde, konnte gut machen, was der Brünette ihn an den Kopf geschmissen hatte. Da war kein Moment von Verständnis, von Anteilnahme oder Sorge. Es gab nur knallharte Vorwürfe, die ihn in seiner Rolle als Opfer nur noch mickriger fühlen ließen. Als George dann aber auch auf Carlos losging, war das Fass übergelaufen. Sein Kindergartenfreund kannte Carlos gar nicht, hatte diesen weder gesprochen noch gesehen. Und auch hier wussten die beiden auch nur durch seine Mom das Carlos seit ein paar Tagen bei ihnen war und das Carlos der große Held war, der ihm damals im Freizeitpark gerettet hatte.
„Lan..."
„Nein Alex! Ich will nichts hören. Ich will keine Ausflüchte hören, die du für das Verhalten von George suchst. Dieses Arschloch hat mich verbal angegriffen, statt für mich da zu sein. Und dann wundern sich die Menschen in meiner Umgebung das ich niemanden von dem Mobbing erzählt habe? Wenn einer mein angeblich bestes Freunden mir quasi unterstellt das ich selbst Schuld hätte, wenn ich den Mund nicht aufbekomme? Ich hatte Angst. Jeden verdammten Tag hatte ich Angst zur Schule zu gehen. Ich hatte dort niemanden! Was glaubt ihr eigentlich, wie schwer es ist sich jemanden anzuvertrauen? Hat halt nicht jeder das nötige Selbstvertrauen, Mut und Offenheit wie George oder du."
Es war Alex unbegreiflich das sie all die Jahre nicht gesehen und gemerkt hatten was Lando für eine Hölle durchmachen mussten. Waren sie so unaufmerksam ihren besten Freund gegenüber? Gab es irgendwelche klaren Signale oder Hinweise die Lando gegeben hat, für die sie zu blind waren? War es Lando dermaßen peinlich ein Mobbingopfer zu sein, das er es sich nicht mal traute mit George und ihn darüber zu reden?
Zu wissen das Lando nicht nur verbaler Gewalt, sondern auch körperlicher Gewalt ausgesetzt war, hatte Alex zutiefst geschockt und der Anruf von Cisca hatte es nicht besser gemacht. Ihr bester Freund sollte versucht haben sich selbst umzubringen?
Heftig schüttelte Alex den Kopf. Für einen schrecklichen Moment hatte er das geglaubt, nachdem Cisca sie benachrichtig hatte und erst Adam hatte ihn die Angst nehmen können, dass alles ein schreckliches Versehen gewesen sei.
Tief holte Alex Luft, wog den nächsten Schritt genausten ab.
„Lando, ich bin selbst wirklich sehr erschrocken und enttäuscht über das, was Georgie gesagt hat. Du kennst uns beide, seit wir Krabbeln können und du warst der Erste der von uns als Paar wusste. Ich liebe George, das tue ich wirklich, aber das, was da eben in deinem Zimmer abgegangen ist, hat mich zutiefst getroffen. Das ist nicht der Junge, in den ich mich verliebt hatte."
Und dann setzte er sich einfach neben Lando. Das kleine Sitz Sofa war sicher nicht groß genug für zwei Personen, aber Lando nahm eh nicht viel Platz weg, so dass er diesen einfach auf sich zog und die Arme fest um diesen schlang. Erst jetzt fiel Alex auf, wie ausgekühlt Lando schon war und das in den kurzen Minuten, die dieser draußen verbracht hatte.
Die Gegenwehr des Jüngeren war halbherzig, weswegen es ein leichtes war, Lando an sich gedrückt zu halten. Aber es erweckte auch den Anschein, als wolle Lando sich gar nicht richtig wehren. Alex konnte sich nicht daran erinnern, wann Lando das letzte Mal von sich aus solch einen Körperkontakt zugelassen hatte.
Seit er den Jüngeren kannte war Lando in Bezug auf Umarmungen, Kuscheln und allgemeinen Körperkontakt sehr zurückhaltend gewesen und je älter sie wurden, desto größer wurde die Distanz. So wirklich hatten George und er dies aber nie hinterfragt, da sie Lando einfach so kannten und es akzeptiert hatten. Hätten sie vielleicht doch mehr nachbohren sollen? Irgendwo musste es einen Ursprung für diese Ablehnung geben.
„Erzählst du mir von Carlos?"
„Wieso?"
„Mich interessiert, wer Carlos ist und wie ich ihm danken kann, dass er dir geholfen hat."
„Geh doch zu Mom, die erzählt dir sicher gerne alles."
„Lando, ich möchte es von dir wissen."
„Schön für dich."
Seufzend strich Alex über die kalten Arme. Am liebsten hätte er Lando auf die Arme gehoben und wieder ins Warme getragen. Aber noch mehr Entscheidungen gegen den Willen Landos und dieser würde wohlmöglich auch nie wieder ein Wort mit ihm reden. Vielleicht besann der Jüngere sich auch bald und wollte von sich aus wieder rein. So schön die Sonne auch strahlte und der Schnee glitzerte. Lando war nicht warm genug für diese Temperaturen angezogen.
„Du hast uns wirklich Angst eingejagt. Noch nie in meinem Leben hatte ich solche Angst jemanden den ich liebe zu verlieren. Seit wir krabbeln können, sind wir eine Einheit. Du bist wie ein kleiner Bruder für mich und zu erfahren was passiert ist, hat mir den Boden unter den Füßen weggerissen. Weißt du. George und ich dachten erst du würdest Abstand suchen, weil du nicht damit klarkommst, dass wir ein Paar sind. Aber das konnte ich mir irgendwie nicht vorstellen. Nie habe ich homophobe Äußerungen deinerseits mitbekommen. Wir wollten dich aber auch nicht bedrängen. Hätten wir das mal getan. Dann hätten diese Arschlöcher dich vielleicht nicht verprügeln können."
Auch wenn es Alex gegenüber sicher nicht fair war, wäre er lieber in den Armen von Carlos gewesen. Dieser war aber mit seinem Dad losgezogen und ließ sich Bristol zeigen. Wahrscheinlich wollte Carlos ihn einfach Zeit mit seinen besten Freunden allein geben. War auch nett, aber trotzdem konnte er nicht vergessen, was George gesagt hatte. Da half es auch nicht, dass er sich bei Alex schon wohl fühlte, aber nicht zu 100% Entspannen konnte.
Hinzu kam das schlechte Gewissen, weil er seinen langjährigen Freunden solche Sorgen gemacht hatte. Wahrscheinlich hätte er sich nach dessen Outing öfter melden sollen, aber er hatte seine eigenen Probleme.
„Ich hatte so eine Ahnung, das George und du nicht mehr nur beste Freunde seid. Ihr habt euch anders verhalten, anders angeschaut. Für mich hat sich nichts geändert, nachdem ihr gestanden hattet ein Paar zu sein. Ihr seid keine anderen Menschen geworden, weil ihr euch liebt. Es tut mir leid, dass ich mich nicht gemeldet habe. Ich wollte nicht den Eindruck vermitteln, dass ich mit eurer Sexualität nicht zurechtkomme, oder mich von euch angewidert fühle."
„Mit dem Wissen was passiert ist, können wir uns heute ja vorstellen, wieso du dich nicht gemeldet hast. Du hast deinen Kampf mit den Dämonen ausgefochten."
„Hm. Ja, könnte man so sagen. Im Übrigen hätte es auch nichts gebracht, wenn George und du hier gewesen wärt, oder von dem Mobben gewusst hättet. Sie hätten mich so oder so fertig gemacht. In der Schule war ich allein, auf den Weg zur Schule und zurück war ich allein. Und selbst wenn ihr mit hier gewesen wärt, hätten sie euch eben auch verprügelt. Das hätte Lewis und die anderen nicht aufgehalten. Je mehr Leuten die Fresse polieren, desto geiler. Es war auch ohne euch schlimm genug zu sehen das ich nicht mal meine Schwester beschützen konnte. Wie hätte ich das bei euch schaffen sollen?"
Weder George noch er waren schmächtig. Irgendwie hätten sie sich bestimmt zu Wehr setzten können. Aber gegen vier halbstarke Idioten hätten sie sicher auch einiges einstecken müssen, aber wahrscheinlich wäre Lando nicht so übel verletzt und verprügelt worden, wenn sie dabei gewesen wären. Das er sich Vorwürfe machte, nichts bemerkt zu haben war nicht von der Hand zu weisen. Seit Jahren wurde Lando schikaniert, bespuckt, angefeindet, verprügelt und genötigt. Wie hatte das alles so weit kommen können und wieso hatte Lando nicht mit ihnen geredet? Genau das brannte Alex auf der Seele. Warum Lando nicht zu George und ihm gekommen war und sich ihnen anvertraut, hatte.
„Ich habe niemanden was erzählt. Nicht euch. Nicht meinen Eltern, nicht meinen Geschwistern. Nur mein Tagebuch wusste, was ich durchmachen musste, was ich erlebt habe und was für ein feiges erbärmliches Würstchen ich bin."
So richtig Reagieren konnte Alex nicht, als Lando sich mit einem Mal aus seinen Armen befreite und direkt ein paar Meter zwischen sie beide brachte. Der Körper bebte und deutlich konnte er sehen wie angespannt Lando war. Die Arme hingen an den Seiten hinab, die Hände zu festen Fäusten geballt, während er versuchte das Gleichgewicht auf dem gesunden Bein zu halten.
Die Nähe war auf einmal nicht mehr zu ertragen gewesen. Wut und blanke Enttäuschung krochen durch seinen Geist, durch seinen Bauch und breiteten sich im ganzen Körper aus. Wäre er nur ein klein wenig wie George und Alex, wäre er niemals Mobbingopfer gewesen, hätte sich niemals Geld stehlen lassen, sich bedrängen und anfassen lassen. George und Alex waren schon immer stärker und selbstbewusster, hatten noch nie Probleme gehabt, anderen ihrer Meinung zu sagen oder deutlich was zu verneinen, wenn sie es nicht wollten. Die beiden hatten ihren Kopf und die nötige innere Stärke um sich gegen Menschen wie Lewis, Pierre, Nico und Kevin zu wehren.
„I-ich habe mich geschämt...so sehr. Ihr habt von eurer großartigen Schule erzählt, von euren Schulkameraden. Mich haben sie vom ersten Tag an auf dem Schirm gehabt. Ich wollte Mom und Dad nicht enttäuschen, ihnen keine unnötigen Sorgen machen. Ich habe alles über mich ergehen lassen, weil ich so schwach war, weil ich Angst hatte. Nach einer Woche hat Pierre mich in den Toiletten so schlimm geschubst das ich eine Platzwunde am Kopf hatte. Aber ich habe gelogen. Immer. Jedes Mal. Sie haben mein Geld genommen, mir erzählt was für ein hässlicher, mickriger Typ ich wäre und dass ich im Grunde ihre Luft verschwende und das man ohne mich besser dran wäre. Ich konnte nachts nicht mehr schlafen. Jeden Abend habe ich mir die Frage gestellt. Was tun sie dir morgen an? Wird es nur Geld stehlen sein? Oder muss ich ihnen nur meine Hausaufgaben geben? Werden sie mir wieder verbieten was zu essen? Oder muss ich diesmal nur ein paar Tritte ertragen? Und wenn ich mal geschlafen hatte und zu Schule ging, war jeder Schritt die Hölle. Aber ich konnte mich einfach niemanden anvertrauen. Ich möchte doch niemanden zur Last fallen. Mein Kopf ist wie ein Karussell, die Gedanken kreisen, sind schnell und machen mich fertig. Darf ich mir Hilfe holen? Habe ich die überhaupt verdient? Anderen geht es doch viel schlechter als mir. Hätte ich es zulassen sollen, als sie mir an die Wäsche wollten? Wäre es nicht besser gewesen, wenn das mit den Tabletten kein Versehen gewesen wäre? Und dann...dann gibt es manchmal einen ganz kleinen Lichtschimmer, einen kleinen Funken Hoffnung, der mir sagt, dass ich Hilfe annehmen darf, dass ich ein guter Mensch bin, dass ich geliebt werde und irgendwann auch jemanden an meiner Seite haben werde, der mit all meinen Fehlern, Unsicherheiten, Ängsten und Selbstzweifel zurechtkommen wird. Nur hält sich dieser kleine Funken nicht lange, weil die düsteren Gedanken ihn verdrängen und ich mich wieder erbärmlich, minderwertig, hilflos und überflüssig fühle. Ich bin müde Alex. So müde. Ich will es allen recht machen, kann aber keine Nähe zulassen und ganz schlecht Hilfe annehmen. Ich kann nicht an mich denken, weil ich das Gefühl habe, das ich es nicht Wert bin, einen Gedanken an mich zu verschwenden. Dabei möchte ich nur ein 17 – jähriger Teenager sein, der die Schule abschließt und all die Dinge macht, die andere in meinem Alter auch machen. Aber ich bin mir selbst ein Hindernis."
Die volle Härte an Emotionen traf im Inneren direkt auf seine Gefühle. Alex wusste gar nicht was er denken sollte, wie er handeln sollte. Noch nie hatte Lando so viel, so offen und schonungslos ausgesprochen was wirklich in ihm vorgeht, was ihn belastet und Angst macht.
Die Tränen merkte er erst, als diese warm über sein Gesicht liefen. Fest presste er sich die Hand vor dem Mund und keinen Laut von sich zu geben. Bei Gott hatte er nicht das Recht zu weinen, aber es tat so unfassbar weh was Lando offenbarte.
„Jetzt, in diesem Moment wo ich dir das alles gesagt habe, bereue ich es schon wieder. Vorher habe ich gedacht, dass ich all meinen Mut zusammennehme und dir endlich sage was los ist. Und es hat sich gut angefühlt, befreiend. Lange angehalten hat dieses Gefühl nicht. Die anderen Gedanken drängen sich wieder in den Vordergrund, die mir weiß machen wollen, dass ich dir das nie hätte erzählen sollen, dass mich das in deinen Augen ja erst recht schwach und erbärmlich dastehen lassen wird. Sofort kommt der Gedanke. Was denkt Alex jetzt von mir? Bin ich es noch wert sein Freund zu sein? Denkt er ich bin zu nichts zu gebrauchen? Weißt du, ich würde gerne anders handeln und denken, aber ich kann nicht. Es passiert einfach und ich kann mich nicht dagegen wehren. Oder kann ich es und bin nur zu schwach?"
Sowohl Alex als auch Lando waren überwältigt von dem, was gerade geschehen war, so dass sie George nicht bemerkten, der schon eine geraume Zeit hinter ihnen stand. Fassungslos blickte dieser auf Lando, schüttelte immer wieder den Kopf, als könnte er nicht glauben was so eben gesagt wurde. Und wirklich greifbar war es auch nicht, hatte George doch so eben erfahren das Lando ein vollkommen anderer Mensch war, als er dachte.
Schüchtern und zurückhaltend konnte man Lando schon immer bezeichnen, niemand der gerne auf fremde Menschen zu ging oder den Kontakt suchte. Lando war auch nie einer der Teenager, der auf Partys wollte, der verbotene Dinge tat. Obwohl. Es gab Momente da hatte Lando auch verbotene Dinge getan. Die Erkenntnis traf George hart. Hatte Lando diese nur getan, weil er dazu gehören wollte, weil er einfach immer Ja gesagt hatte, wenn Alex und er was vorhatten?
„Lando, ich weiß nicht, was ich sagen soll. Ich hatte keine Ahnung wie dreckig es dir geht, mit was für Problemen, Sorgen und Ängsten du dich herumschlägst."
„Weißt du, laut dem Internet habe ich wohl Depressionen, Angststörungen und wohl irgendwie bisschen Sozialphobie. Ich habe Essstörungen, ein gespaltenes Verhalten zu meinem Körper und Aussehen und diverse andere psychische Störungen. Und das ist auch ein Grund, weswegen ich nie was gesagt habe. Ich wollte nicht als Freak bezeichnet werden. Weißt du wie oft ich gelesen habe das psychische Erkrankungen eine Ausrede sein, dass man einfach keinen Bock hat und eben bisschen ein auf psychisch krank macht? Denk an was Schönes. Geh an die frische Luft? Such dir ein Hobby. Kopf hoch. Du machst dir doch nur zu viele Sorgen. Wenn du einfach aufhörst darüber zu reden, wirst du es sicher vergessen. Manchen Menschen geht es viel schlimmer als dir. Hör auf dich selbst zu bemitleiden. Jeder muss mit seinem Leben klarkommen, wieso kannst du das nicht? Magersucht ist eine Entscheidung. Du musst nur damit aufhören und essen. Das sind nur einige der großartigen Tweets, die ich gelesen habe. Und dann soll ich mich jemanden anvertrauen? Nein. Nicht mal im anonymen Internet ist man vor Spott und Hohn sicher. Vor Beleidigungen und Anfeindungen. Also habe ich lieber geschwiegen und irgendwie alles mit mir ausgemacht. Mehr oder weniger."
Während Lando noch immer mit dem Rücken zu ihm stand, hatte Alex die Anwesenheit seines Freundes mittlerweile registriert, deutete diesen an leise zu sein. Lando war noch immer schlecht auf George zu sprechen und er wollte nicht das ihr Freund jetzt aufhörte sich zu öffnen.
„Lando, was hat Carlos mit all dem zu tun?"
„Er hat mir geholfen, als alle anderen weggeschaut haben. Ich wollte so sehr das Lewis und die anderen aufhören mich zu Mobben, das ich mit ihnen in den Freizeitpark gegangen bin. Ich war so verzweifelt, dass ich dazu gehören wollte, dass ich all ihre Bedingungen akzeptiert habe, in der Hoffnung sie würden mich dann in Ruhe lassen."
„Haben sie aber nicht?"
Verachtend lachte Lando auf, schlang die Arme um sich selbst und schluckte den dicken Kloss herunter der sich gebildet hatte.
„Carlos hat gesehen das es mir nach der Achterbahnfahrt nicht gut ging. Und er hat andere Sachen gesehen. Er und Fernando sind dazwischen gegangen und haben Kevin, Lewis, Pierre und Nico die Stirn geboten und sich danach um mich gekümmert. Carlos hat mir seine Nummer gegeben, wenn ich seine Hilfe bräuchte. Ich habe mich nie getraut ihm zu schreiben."
„Aber er ist hergekommen, als du im Krankenhaus warst?"
„Ja. Er ist zwei Tage später nach England geflogen und hat mich im Krankenhaus besucht. Mom und Dad wussten gar nicht das es Carlos gibt. Aber er, er hat in Spanien alles stehen und liegen gelassen und war einfach für mich da."
„Das ist wirklich sehr nett. Er war eigentlich ein Fremder?"
„Ja. Und er hätte es auch nicht müssen. Er hat einfach sein Studium unterbrochen. Ich habe Carlos so oft gefragt, seit er hier ist wieso er das gemacht hat. Carlos ist fünf Jahre älter als ich und er studiert. Außer die Tatsache das er damals auch gemobbt wurde, haben wir nichts gemeinsam und trotzdem war es für ihn gar keine Frage nicht hierher zu kommen."
„Du magst ihn, oder? Wir kennen uns schon immer Lando und ich kann an einer Hand abzählen wie viele Menschen du an dich herangelassen hast. Neben George und mir waren das nicht wirklich viele. Eigentlich keine. Aber Carlos ist anders."
Bewusst ließ Alex aus, dass er von Cisca wusste, das Lando den Körperkontakt zu Carlos scheinbar ohne große Probleme zulassen konnte. Immerhin haben die beiden im Krankenhaus auch zusammen in einem Bett gelegen, was selbst George und ihm sehr selten in all den Jahren gelungen war.
„Ich fühle mich gut seit Carlos da ist. Irgendwie fällt es mir leichter mit ihm zu reden, aber da sind eben auch die Gedanken, die sagen, dass er nicht hier sein sollte. Das er nur wegen MIR sein Studium unterbrochen hat. Ich will nicht das er Ärger bekommt. Aber das erste Mal überhaupt in meinem Leben möchte ich egoistisch sein. Ich will das Carlos hier ist."
„Ich bin gerne hier mi corazón. Und das so gerne, das ich dich erst mal wieder reinhole. Kleiner du holst dir doch eine dicke Erkältung hier draußen."
Noch bevor Lando reagieren konnte oder sich bewusst wurde das es nicht Alex war der sprach, wurde er einfach hochgehoben.
„Ca...Carlos...ihr seid zurück?"
„Ja. Und wie ich feststellen musste, bist du ohne warme Sachen hier draußen. Weihnachten bist du krank."
Sein Kopf drohte sicher zu explodieren als der Spanier ihn einfach an Alex vorbei trug. Und erst jetzt sah er auch George, schenkte diesem einen bösen Blick und kuschelte sich aus Trotz in die Winterjacke von Carlos, während dieser ihn zurück ins Haus brachte.
„Georgie."
Traurig lächelnd öffnete Alex die Arme, hieß seinen Freund willkommen welche sich schluchzend an seiner Jacke festkrallte.
TBC...
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