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5 (Maria Klein: Bestzellerautorin)
Völlig ausgeschlafen stand ich auf und ging ins Bad, um mich zu duschen und dann den Rest der Morgenroutine zu erledigen. Als Autorin hatte man viel Zeeit für sich, außer man musste Lesungen halten. Schon früh kam ich im Verlag an und machte mich an die Arbeit den Kurs für die Leute vorzubereiten, die das Schreiben mochten und es zu ihrem Beruf ausüben wollten. Dies hatte unsere Chefin vor einigen Jahren eingeführt. Außerdem würde ich diese Bella sehen, denn die wurde dazu ausgewählt den Kurs mit mir zu leiten. Zwar wusste ich nicht, wie dies ausgehen sollte, aber ich ließ es einfach auf mich zukommen. Denn eine andere Wahl hatte ich nicht. Aber ich konnte sie nirgends entdecken. Vielleicht hatte sie sich ja verspätet. Ein kleiner Teil hoffte, dass sie sich verspäten würde, aber leider war dies nicht der Fall. Freudestrahlend betrat sie den Raum und begrüßte mich herzlich. Eher weniger herzlich grüßte ich sie. Dies schien ihr anscheinend nichts auszumachen, denn sie setzte sich auf einen Stuhl und versank in ihrer Gedankenwelt.
Schon bald betraten einige Menschen den Raum und begaben sich auf ihre Plätze. Es fehlten noch einige Leute. Bestimmt würden sie gleich kommen. Genau in diesem Moment wurde die Tür aufgerissen und ein junger Typ, vieleicht dreiundzwanzig, brachte eine Schülerin, die ungefähr sechzehn oder fünfzehn war, hinein und beförderte sie auf einen Stuhl. Den weißen Stock klappte das Mädchen zusammen und steckte ihn in ihre Tasche, aus der sie dann ihren Laptop und ein rechteckiges - etwa war es dreißig Zentimeter groß - heraus, welches silbergrau war. Dazu legte sie ein Kabel auf den Tisch und schloss es an ihren Laptop an.
«Ich hol dich dann ab, wenn du fertig bist», sagte er in ihre Richtung gewandt. «Schreib, wenn du fertig bist.»
Ein zaghaftes nicken ihrerseits. Ale andern auch im Alter von sechzehn, siebzehn oder älter blickten sich nach ihm um. Bella machte sich keine Mühe in anzuschauen. Anscheinend kannte sie ihn. Dieser ging mit schnellen Schritten an mir vorbei und ließ die Tür lautstark ins Schloss fallen. Bella eilte auf das Mädchen mit dem Laptop zu und begrüßte diese herzlich. Anscheinend kannten sich die beiden bereits. Aber woher?
Ist dir nicht aufgefallen, dass das dieser Schauspieler ist, der so aggressiv ist?
Hätte meine innere Stimme mich nicht auf diesen Verdacht gelenkt, wäre ich da nie drauf gekommen. Und wenn ich so im Nachhinein daran denke, sah er dem Schauspieler, der im Fernsehen eingeblendet wurde, weil er jemanden verprügelt hatte, schon ziemlich ähnlich. Ob ich Bella fragen sollte?
Nein, die würde dich für bescheuert halten.
Vielleicht hatte sie recht. Also beließ ich es dabei. Ich fragte mich, was wir jetzt mit dem Mädchen am Laptop machen wollten.
«Maria?», fragte Bella und blickte sich nach mir um. Es störte mich nicht, dass sie mich mit meinem Vornamen ansprach. Vielleicht würden wir uns so verstehen, was ich bezweifelte. Denn sie war einfach anders als ich. Ein gemeinsames Buch könnten wir nicht zusammen schreiben. Das würde nie gutgehen, denn jeder hatte andere Ansprüche und Erwartungen. «Maria!»
Anscheinend war ich so sehr in Gedanken vertieft, sodass ich nicht merkte, wie Bella neben mir zum stehen kam und mir somit ins Ohr brüllte.
«Was!», fauchte ich und zuckte kurz zusammen. Dann beherrschte ich mich schnell wieder.
«Bin kurz weg, um Selen die Arbeitsblätter in Form von einer Worddatei zu machen. Kannst du den Saal kurz allein leiten?»
«Ja, kann ich machen», gab ich von mir und fügte in Gedanken hinzu: „Als ob ich das nie gemacht hätte. Was denkst du denn von mir!"
«Ok, dann bin ich dann mal weg», meinte Bella und lächelte leicht. «Ach und lass sie an ihrem Buch schreiben solange ich nicht da bin und die Blätter habe.»
Ich nickte. Sollte sie tun, was sie wollte. Hauptsache sie nervte mich nicht. Denn mit Blindentechniken kannte ich mich so gar nicht aus. Da war ich überfragt.
......
«Da bist du ja endlich!», herrschte ich Bella an, als sie wiederkam und Bella dem Mädchen den USB Stick reichte. Kurze Zeit später gab diese den Stick wieder an Bella zurück. Dann kam Bella zu mir und setzte sich neben mich. «Was hat das solange gedauert?»
Sie zuckte mit den Achseln. «Sorry. Wurde aufgehalten.»
Ich nickte. «Von wem? Von deinem Lover?»
«Ich habe keinen Verehrer!», zischte sie leise, damit uns die anderen nicht hören konnten. Dann holte sie etwas aus ihrer Tasche und reichte es mir. Dabei fügte sie hinzu: «Du wolltest ja ein Buch von mir lesen. Da hast du eins. Also kannst du ja jetzt selbst herausfinden, wieso es solang gedauert hat. Oder?»
Anscheinend war auf dem Stick ihr Buch. Überrascht über ihre Reaktion nahm ich den Stick an und steckte ihn in meine Handtasche, welche ich immer bei mir trug, denn man wusste ja nie ob einem nicht doch etwas abhandenkommen konnte.
«Lese ich mir zu Hause durch», kam es über meine Lippen, obwohl ich dies nicht sagen wollte. Bella nickte nur und wandte sich dann wieder ihren Gedanken zu. Plötzlich klingelte es. Panisch sprangen alle auf und nahmen ihre Sachen. Innerlich seufzte ich, da ich wusste, dass sie wieder eine Übung machten. Es arbeitete eh keiner der Autoren im Verlag und wenn dann leiteten sie die Schreibkurse, die wir kostenlos anboten. Ausgerechnet heute muss solch eine Übung sein. Bella nahm das Mädchen und ich versuchte die umliegenden zu beruhigen.
«Es ist nur eine Übung!», rief Bella und kam mir zur Hilfe. «Dies ist doch an Schulen auch der Fall. Also wieso seid ihr alle denn so panisch?»
Nach und nach beruhigten sich alle und wir liefen langsam aus dem Raum, hinein in den Hof, wo uns unsere Chefin erwartete.
«Wie ihr bemerkt hab, war dies nur eine Übung, falls es wirklich mal brennen sollte», begann Juliane Himmel zu berichten. Sie war nur sehr selten draußen. Ansonsten bekamen wir sie nur zu Gesicht, wenn wir persönlich zum Verlag gebeten wurden. Ansonsten hatten die meisten nur telefonischen Kontakt zu ihren Lektoren und Lektorinnen aufgebaut. «Ich weiß ja, dass solch eine Übung unsinnig ist, aber man weiß ja nie. Und wir dürfen unsere neuen Schreiberlinge in unserem Team begrüßen. Bella Baker! Bitte kommen Sie doch nach vorne.»
Das Mädchen, dessen Namen ich noch immer nicht wusste, ließ ihren Arm los. Zögernd trat Bella nach vorne.
«Sie sind eine talentierte Schreiberin und haben einige Bücher auf Plattformen veröffentlicht. Durch ihren Bruder haben Sie die Chance bekommen bei einem Verlag angestellt zu werden. Wie heißen Sie alle herzlich willkommen.»
Applaus ertönte und die Menge tobte. Einige kannten ihre Bücher. Ich gehörte nicht dazu. Warum sollte ich mir die Mühe machen und meine Werke auf einer Plattform veröffentlichen? Würde ja eh nichts bringen, denn es wird ja eh wieder gelöscht und dort ist dann nur die Leseprobe. Aber naja. Wie sie will. Schließlich stand Bella neben ihr. Ich blickte weg, weil es nun langweilig zu sein schien. Meine Gedanken wanderten zu dem Typen, der das Mädchen hierher gebracht hatte. Ich wusste, dass ich ihn kannte. Einfallen wollte es mir bloß nicht. Es würde mir erst wieder einfallen, wenn ich zu Hause bin. Da war ich mir sicher.
«Na?», fragte Bella und mein Kopf schnellte in ihre Richtung. Ich hatte nicht einmal bemerkt, wie sie wieder neben mir stand. Das Mädchen war an ihrem Arm und schien in ihrer eignen Welt zu sein.
«Mach das nicht noch mal», zischte ich und verpasste ihr einen leichten Hieb in die Seite. Bella grinste. «Warum grinst du so blöd?»
Sie schwieg. Anscheinend wollte sie mir keine Antworten geben. Konnte mir auch recht sein. Dann gingen wir wieder rein und sprachen mit den Leuten, die sich für diesen Schreibkurs interessierten. Als alle weg waren und nur das Mädchen, Bella und ich im Raum waren, war es ziemlich still. Keiner sagte ein Wort. Jeder hing in seiner Welt herum. Die Tür öffnete sich schlag artig und ich zuckte so heftig zusammen. Dann sah ich in ein paar Augen, die mir bekannt vorkamen. Der Typ von vorhin. Mit schnellen Schritten ging er auf das Mädchen zu und packte sie am Arm. Bevor er gehen konnte, stellte sich Bella ihm in den Weg.
«Behandel sie nicht so grob!», fauchte sie ihn an. Er steckte ihr nur den Mittelfinger entgegen.
«Klappe, Bella!», rief er und sah sie mit bösen Blicken an.
«Das ist deine Schwester, Cem!», schrie Bella nun und packte ihn an den Schultern. Dieser wehrte sie geschickt mit einer Hand ab und verließ mit seiner Schwester den Raum. Jetzt waren es nur noch Bella und ich. Resigniert ließ sich Bella auf einen Stuhl fallen. Eigentlich sollte ich sie nicht leiden können, aber ich war ein gutmütiger Mensch und konnte niemanden abstoßen. Das funktionierte nicht. Sauer sein konnte ich auch irgendwie nicht so richtig. Ich ging also auf Bella zu und setzte mich neben sie.
«Alles ok?», fragte ich leise.
«Ja, wieso fragst du?», wollte sie wissen und blickte zu Boden. Ich konnte ihr dies nicht abkaufen. Etwas stimmte doch nicht mit ihr. Etwas bedrückte sie doch. Aber was? Das würde ich noch früh genug herausfinden.
«Du kannst mir alles sagen», begann ich nach langem hin und her auf sie einzureden. «Ich weiß, dass ich dich am Anfang nicht ausstehen konnte, aber im Gegenteil. Du bist eine nette und hilfsbereite Person, Bella.»
Sie nickte bloß. «Ich muss dann mal los.»
Wir standen gleichzeitig auf und nahmen unsere Sachen.
«Wohin musst du denn? Ich kann dich fahren, wenn du magst.»
«Nein Danke. Ist nicht nötig. Mein Bruder kommt mich abholen.»
Ich nickte und stieg ins Auto. Dann winkte ich ihr und fuhr davon. Als ich nach Hause kam, hing ich meine Sachen an die Garderobe und schlüpfte ins Bad, um mir die Hände zu waschen und die Zähne zu putzen. Danach ging ich in die Küche, um mir einen Kaffee zu machen. Mit Kaffee und einer Kleinigkeit zu Essen ging ich ins Wohnzimmer und ließ mich auf die samtweiche Couch fallen. Den Fernseher wollte ich nicht einschalten. Ich lehnte mich also zurück und nahm einen Schluck von dem Kaffee. Dann biss ich ins Brot. Es war herrlich. Irgendwann langweilte ich mich doch zu Tode und machte den Fernseher an. Ich sah sein Bild. Jetzt wusste ich, woher ich ihn kannte. Der Typ war Schauspieler. Deswegen kannte ich sein Gesicht. Der Typ machte anscheinend immer krumme Sachen oder wieso wurde der so oft im Fernsehen eingeblendet?
Oder er ist einfach nur geil nach Aufmerksamkeit.
Darüber konnte ich einfach nur den Kopf schütteln. Meine innere Stimme hatte eindeutig den Verstand verloren. Das war ja so klar. Ohne auf sein Bild zu achten, schaltete ich ihn wieder aus und brachte die Tasse in die Küche, wo ich sie gleich abwusch, abtrocknete und an ihren rechtmäßigen Platz stellte. Nach einigem hin und her ging ich in mein Zimmer und ließ mich samt Handy auf das weiche Bett nieder. Nachrichten gingen ununterbrochen ein und ich beantwortete diese geduldig. Später legte ich es weg und zog meinen Pyjama an. Flink flitzte ich ins Bad und putzte mir erneut die Zähne. Dann kroch ich unter die Decke und schloss die Augen. Freudig wurde ich vom Schlaf empfangen.
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