Crossover: #7

HEL

Ich glotzte den Killer Croc-Abklatsch vor mir wie bescheuert an und überlegte, ob er mich ertränken, tot prügeln oder auffressen würde. Und wenn er mich auffraß, wie um Gottes Willen wollte mich das Ankh wieder zusammen setzen? Ich war ja nun wirklich schon oft genug gestorben, aber von einem Monsterkrokodil aus der Kanalisation aufgefressen zu werden, war definitiv nicht der geplante Höhepunkt meines Tages. Der war nämlich eigentlich, Ammit zu töten. Wobei die mich vermutlich auch aufgefressen hätte.
Vorsichtig stieß ich Bree an. "Denkst du, er lässt mit sich verhandeln?" "Sieht er aus, als hätte er genug Gehirnzellen dafür!?", antwortete Casey anstelle der Feuermagierin. "Einen Versuch ist es doch wert", flüsterte ich. "Und ich tue das in eurem Interesse, nicht in meinem. Ich erwache wieder zum Leben, wenn ich von Mutantenkrokos gefressen werde, ich weiß ja nicht, wie das bei euch so ist." "Wie wär's, wenn wir das Reden überspringen und sie einfach alle töten?", schlug Bree mit zitternder Stimme vor. "Ich glaube nicht, dass das der diplomatische Weg ist", überlegte ich laut. "Scheiß auf Diplomatie, die wollen uns fressen!", fuhr Bree mich an. Ich legte die Stirn in Falten. "Denkst du?" Die Magierin nickte heftig, während Casey mich nachdenklich ansah. "Was hast du vor, Hel..."
Ich räusperte mich. "Ähm, hi... Sobek. Ich glaube, wir kennen uns noch nicht." Das eine funktionierende Auge der Bestie richtete sich auf mich. "Du bist die Ankhträgerin", knurrte er und deutete mit seinem Stab auf mich. "Frohlocke, es ist dir gestattet, deinen Freunden dabei zuzusehen, wie sie meinen Kindern zum Opfer fallen. Und dann werde ich dich zu Seth bringen und wir werden aus unseren Verstecken hervor kommen und die Stadt überrennen."
Ich legte den Kopf schief. "Entschuldige, Sobek, aber ich möchte meinen Freunden ungern beim Sterben zusehen", sagte ich zuckersüß und mit einem gezwungenen Lächeln. "Ich hoffe das verstehst du. Und wenn du uns jetzt entschuldigt... Wir müssen Ammit töten gehen."
"Das war dämlich, Hel", raunte Casey mir zu. "Ich weiß", erwiderte ich. "Aber du hast den Sinn einer Ablenkung anscheinend auch nicht verstanden." "Ach und warum lenkst du ihn ab?" "Damit ihr abhaut." "Wir lassen dich nicht zurück", sagten Bree und Casey gleichzeitig und entlocken mir damit einen tiefen Seufzer. "Ihr werdet sowas von sterben." "Wie immer der reinste Sonnenschein." "Ich brauch was zu Trinken", brummte ich, griff in meine Tasche, die ich trotz all der Strapazen immer noch dabei hatte und holte den Flachmann daraus hervor. Sobek auf der Erhöhung in der Mitte des Abwasserbeckens legte den Kopf schief, als ich ihn zum Mund führte und einige große Schlucken nahm.
"Was tust du da?", fragte er misstrauisch. "Ich trinke", antwortete ich schulterzuckend und packte den Flachmann wieder weg. "Weil die Ablenkung nicht funktioniert hat und wir euch folglich alle töten müssen. Das wird witzig."
Ich hatte mit vielem gerechnet. In erster Linie natürlich damit, dass sich Sobek und seine Krokodile sofort auf uns stürzen würden, aber sicher nicht damit, dass der Typ anfangen würde zu lachen. Und es klang nicht schön, wie er lachte. Ehrlich gesagt klang es mehr wie ein Knurren.
Ich runzelte die Stirn. "Was ist so komisch?" Das gelbe Auge des Krokodilwesens fixierte mich. "Dass du glaubst, ihr würdet auch nur den Hauch einer Chance haben", eröffnete er mir und nickte den anderen Krokodilen dann zu, die sofort los schwammen und zu uns auf den Betonweg kletterten.
Ich vergrub das Gesicht in den Händen. "Ich werde definitiv nicht gut genug bezahlt." Casey schnaubte. "Du wirst gar nicht bezahlt." Ich sah den Vampir an. "Eben."
Sobek schlug mit seinem Stab einmal auf den Boden und gab dann ein bestialisches Brüllen von sich. "Bringt mir die Ankhträgerin, tötet die anderen." Die Krokodile gaben zustimmende Knurr- und Zischlaute von sich. Sie sahen ähnlich aus wie Sobek, mit menschenähnlicher Statur, jedoch waren sie ein wenig kleiner und besaßen anscheinend nicht die Fähigkeit zu sprechen. Ungewollt schob sich ein Bild der Ninja Turtles vor mein inneres Auge.
"Na dann..." Ich zückte mein Messer und sah zu Bree, auf deren Armen sich nun orangene Flammen entzündeten, die hoch empor züngelten und die Mutantenkrokodile auf der Stelle zurückweichen und fauchen ließen. "Schisser", gab die Feuermagierin siegessicher von sich, während Casey kampfbereit mit den Knochen knackte.
"Tötet sie!", brüllte Sobek ein letztes Mal, bevor er sich ins Wasser stürzte.
Die Krokos musterten Bree noch einmal skeptisch, kamen dann jedoch näher. Ich sah Casey an, der nickte und mir somit zusicherte, dass er die eine Seite übernehmen würde, indessen schleuderte Bree bereits Feuerbälle auf die Monster, die bei dem hellen Schein des Lichts und bei der Hitze, die ihre schuppige Haut berührte, kreischend zurück wichen.
Ich wünschte, ich hätte irgendetwas tun können, aber wenn es jemanden gab, der in einer solchen Situation mehr als nutzlos war, dann ich. Also konnte ich nichts weiter tun, als nach den Krokodilen, die aus dem Wasser heraus ihre Pranken nach mir ausstreckten, zu treten und Casey und Bree dabei zuzusehen, wie sie kämpften.
Der Vampir rang gerade mit zweien der Monster, die sich in ihm verbissen hatten, ein drittes versuchte, ihn ins Wasser zu ziehen. Mein Blick wanderte zu Bree, die jedes Krokodil, das ihr zu nahe kam, in Brand setzte. Über den Gestank von Abwasser bereitete sich schon jetzt der Geruch verbrannter Haut aus. Ich wusste, Bree war unser Trumpf, aber auch sie konnte nicht alles abwehren, was auf sie zukam, immerhin waren es gut zwanzig Krokodilmutanten, die uns auf dem schmalen Betonpfad zusammen drängten und gut zwanzig weitere warteten im Wasser.
Eines der Viecher gab ein wütendes Zischen von sich, als Casey es mehrfach gegen die Wand schlug, doch ein weiteres umklammerte den Vampir von hinten, zog ihn von seinem Artgenossen weg und ins Wasser.
Kurz stockte mir der Atem, denn ich hatte noch immer keine Ahnung, ob Vampire Sauerstoff benötigten und somit ertrinken konnten, oder nicht. Hilfesuchend sah ich zu Bree, die aber selbst mit gut zehn der geschuppten Wesen beschäftigt war, nach ihnen schlug, trat oder sie in Flammen hüllte.
Ein weiteres Krokodil griff plötzlich nach meinem Bein, woraufhin ich ihm ins Gesicht trat, das Gleichgewicht verlor und beinahe selbst im Wasser landete. Ich konnte mich gerade noch abfangen und landete, wie konnte es auch anders sein, auf meiner ohnehin schon angeknacksten Hand. Der Schmerz, der daraufhin durch mein Handgelenk und meinen ganzen Arm fuhr, ließ mich kurz aufkeuchen. Ich kniff die Augen zusammen, biss mir auf die Zunge, brauchte einige Sekunden, um mich wieder zu fangen. Diese Sekunden reichten zweien der Krokodile jedoch, um mich ins Wasser zu ziehen. Oder das, woraus Abwasser eben bestand. Schnell schnappte ich nach Luft, bevor ich in die dunklen Tiefen gezogen wurde.
Ich weigerte mich, die Augen zu öffnen. Ich weigerte mich, einzuatmen, egal wie sehr meine Lungen früher oder später nach Sauerstoff schreien würden. Ich würde diese Brühe aus Exkrementen und Abfall nicht in meinen Körper lassen. Auf keinen Fall.
Ich spürte schuppige Haut an meiner, Krallen, die sich in meine Waden gruben, Wasserströme, die um mich herum flossen. Ich spürte, wie meine Kleidung sich mit dem schmutzigen Wasser vollsog und ich immer weiter nach unten gezogen wurde. Mittlerweile ging mir der Sauerstoff aus, ich musste Luft holen, wollte Luft holen, doch ich konnte nicht. Da war nur Wasser.
Ich würde nicht ertrinken. Das würde ich nicht zulassen. Nicht in einer widerwärtigen Kanalisation in einem Haufen Scheiße.
Und dann, ganz plötzlich, zog mich etwas an die Oberfläche, Luft umpfing mich und ich atmete zitternd und keuchend ein, klammerte mich an das Nächstbeste, das mich Halt finden ließ. Es war Stein.
Schnell wischte ich mir das Wasser aus den Augen und sah mich blinzelnd um. Bree schleuderte den Krokodilen noch immer Feuerbälle entgegen und auch Casey hatte sich wieder ins Getümmel gestürzt, klitschnass zwar, aber lebend. Und ich sah all das von der Erhöhung in der Mitte des Beckens aus. Ich war dort, wo vor wenigen Minuten noch Sobek gestanden hatte.
"Nun Ankhträgerin", hörte ich ein leises Knurren an meinem Ohr. "Seth wird mir dankbar sein, dass ich dich gefunden habe."
Ich fuhr herum, blickte direkt in das Gesicht des Krokodilgottes. Aus der Nähe betrachtet sah er noch Furcht erregender aus als zuvor. Zahlreiche Narben zierten sein Gesicht, seinen gesamten Körper und der Stab, den er umklammerte, diente dem Anschein nach nicht nur als Waffe, sondern auch als Stütze. Sobek war vom Kampf gezeichnet, man sah ihm die tausenden Jahre an, die er vermutlich schon alt war.
"Und?" Er legte den Kopf schief. "Sagte ich nicht, du würdest deinen Freunden beim Sterben zusehen?" Er grinste, sofern das bei seinem Krokodilgesicht überhaupt möglich war und gab einmal mehr dieses knurrende, animalische Lachen von sich.
Ich reagierte blitzschnell und ohne, dass ich darüber nachgedacht hatte. Wie selbstverständlich griff ich nach seinem Stab und zog ihn weg, woraufhin der Gott ins Wanken geriet und schließlich fiel. Er konnte sich gerade noch abfangen. Das war der Moment, in dem mir klar wurde, wie unglaublich dumm meine Tat gerade gewesen war. Hatte er zuvor noch spöttische Scherze über die Leben von Bree und Casey gemacht, so war nun jeder Hohn verflogen, denn in ihm brodelte und kochte es. Die ohnehin schon schmale Pupille seines funktionierenden Auges wurde zu kaum mehr als einem Strich, er bleckte die Zähne und gab ein ohrenbetäubendes Brüllen, das in den Tunnel wieder hallte, von sich, bevor er sich in seiner Wut auf mich stürzte.
Ich rollte bis zum Rand der Erhöhung, wo er mich auf den Boden drückte und seine scharfen Klauen sich tief in mein Fleisch grub. Er nagelte mich buchstäblich am Boden fest. Sein Atem roch nach Abwasser, Blut und Tod und ich wusste, er würde mich jeden Augenblick töten. Ich musste mir etwas einfallen lassen.
"Kleine, törichte Ankhträgerin", knurrte er. "Dein Tod wird schmerzhaft sein."
Und dann passierten mehrere Dinge gleichzeitig. Zum einen fiel mir das Messer wieder ein, das sich in einer meiner Hosentasche befand und unter kaum unterdrückbaren Schmerzen entwand ich Sobek meinen rechten Arm, wobei die Klauen des Gottes tief durch ihn hindurch schnitten, aber trotz der Qual, die mir diese Bewegung bereitete, schaffte ich es, meine Finger um das Messer zu schließen. Zum anderen öffnete Sobek sein Maul und biss mich irgendwo zwischen Hüfte un Bauch. Seine Zähne drangen tief ein und ich spürte, wie meine Haut riss, wie er mein Fleisch durchbohrte und es heraus riss. Das alles geschah in wenigen Sekunden und genau so wenige Sekunden brauchte ich, um ihm das Messer tief in sein gesundes Auge zu rammen, hinein in den Kopf bis zum Gehirn.
Einen Moment lang geschah gar nichts, bis auf das Fließen von seinem und meinem Blut. Dann brach der Gott über mir zusammen.

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