#74


Als ich aufwachte konnte ich meinen linken Arm nicht bewegen. Verschlafen öffnete ich die Augen und drehte den Kopf zur Seite. Ich blinzelte mehrfach und kniff mir ins Ohr , nur um sicher zu gehen, dass ich tatsächlich wach war. Gestern Abend waren wir schnell in ein anderes Hotel gefahren, immerhin war das Fenster zertrümmert und der Schrank stark beschädigt. Ich hatte Jasmin das Bett überlassen und mich daneben auf den Boden gelegt, während Nero es sich auf der Fensterbank bequem gemacht hätte. Ich lag immer noch auf dem Boden, allerdings lag Jasmin nun neben mir. Sie hatte sich an mich gekuschelt und benutzte meinen Arm als Kissen. Ich selbst hatte Jeans und Shirt anbehalten, einfach um keine falschen Signale zu senden. Die Hexe hatte da weniger Hemmungen. Ihr Kleid lag zu meinen Füßen, darunter hatte sie violette Spitzenunterwäsche getragen. Ich schluckte trocken, dann fiel mir auf, dass ich Jasmin Körper schon seit einigen Sekunden anstarrte. Rasch drehte ich den Kopf weg. Das war weder der Zeitpunkt, noch der richtige Ort für sowas. "Gefällt dir was du siehst?", hauchte mir Jasmin ins Ohr, nur durch eine Schauspieltrick von dem ich mal in einem Buch gelesen hatte konnte ich verhindern, dass ich errötete. Ich zog meinen Arm unter der Hexe hervor, stand auf und schlüpfte in meine Stiefel und den Mantel. "Wir sollten los.", sagte ich möglichst neutral. Zwanzig Minuten später saßen wir in einem kleinen Café. Es wurde gerade erst hell, weshalb Nero noch im Wagen döste. Herzhaft biss ich in mein Brötchen und spülte es mit Orangensaft runter. Ungeduldig trommelte ich auf dem Tisch rum. Meine Kräfte müssten langsam zurück kommen. Schon als wir ins Auto gestiegen war, hatte ich bemerkt, dass die Schatten sich leicht bewegten und ich hatte ansatzweise Jasmins Macht gespürt. Auch jetzt spürte ich, wie stark die Magie sie durchströmte. Die Droge ließ endlich nach. Ich konzentrierte mich auf einen Schatten in der Ecke, versuchte ihn zu bewegen. Langsam, unendlich langsam kroch er auf die Lampe an der Decke zu. Mit aller Willenkraft zwang ich den Schatten höher zu steigen, bis er sich um die Glühbirne wand. Schlagartig wurde es dunkler im Raum und gleichzeitig schlich sich ein Grinsen in mein Gesicht. Ich war wieder im Spiel. Verwirrt sah Jasmin mich an. "Wir gehen.", sagte ich und legte 20$ auf den Tisch. Rasch gingen wir zurück zum Wagen, holten Nero und gingen in eine dunkle Gasse. "Was wird das?", fragte der Kater. "Wir gehen nach Kuba.", erwiderte ich. "Und zum teleportieren müssen wir in diese dunkle Gasse?", hakte Jasmin naserümpfend nach. "Hier riecht es abscheulich." Ich seufzte. Diese Lebensschuld würde verdammt ermüdend sein. "Um genau zu sein kann ich nicht teleportieren. Ich reise durch die Schatten." Mit offenem Mund starrte die Hexe mich an. "Du beherschst die Kunst des Schattenreisens? Ich habe davon bislang nur in Legenden gehört. Wie funktioniert es? Wieso kannst Du es?" Nur mit Mühe verkniff ich mir ein Lachen. Jasmin wirkte nicht mehr wie eine verruchte Hexe, eher wie ein Hund, der soeben entdeckt hatte, dass man ein Leckerli in der Tasche hatte. Ich konnte sie verstehen. Laut Nero war sie vertraut mit einer Vielzahl von magischen Schulen und nun hatte sie von einer Art der Magie erfahren, die sie bis jetzt für einen Mythos gehalten hatte. "Sorry.", sagte ich. "Berufsgeheimnis. Und jetzt leg bitte deine Hand auf meine Schulter. Und schließ die Augen, die absolute Dunkelheit kann erschreckend sein." Ich klemmte mir Nero unter den Arm und rief die Schatten. Sie schlangen sich um uns, dann trat ich tiefer in die Schatten. Kurz wurde es dunkel, dann standen wir in der Küche der Villa. Die anderen saßen am Tisch, allesamt hatten sie Ringe unter den Augen. Bei unserem Anblick sprangen sie auf. "Nath!", sagte Zachaire überrascht, während Emilia mir um den Hals fiel. "Wo hast Du gesteckt?" Ich wollte zu einer Antwort ansetzen, als Jasmin fragte: "Ach, ist das die Freundin von der Du gesprochen hast?" Emilia ließ mich los, trat einen Schritt zurück und musterte die Hexe abschätzend. "Wer ist das?", fragte sie. "Das ist Jasmin. Ich bin ausversehen in ihrem Haus gelandet, sie hat mich ausgeknockt und gefangen gehalten. Ich bin ausgebrochen, sie hat mich aufgespürt, ein Jäger von SOL hat angegriffen, ich habe sie gerettet und jetzt besteht zwischen uns eine Lebensschuld." Ein Schweigen trat ein, dann fragte Eric: "WAS?!" Ich seufzte. Aus der Nummer würde ich ohne weitere Erklärungen wohl nicht so leicht rauskommen.

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