#73
Klirrend prallten unsere Schwerter aufeinander, wieder und wieder. Der Jäger war ein exzellenter Kämpfer, nur mit Mühe gelang es mir seine Schläge abzuwehren. Nero hatte sich unters Bett verkrochen, während Jasmin sich mit dem Rücken zur Tür gestellt hatte. Der Jäger versetzte mir einen Tritt gegen die Brust, der mich gegen den Schrank schleuderte. Ich rappelte mich auf und spuckte dem Mann vor die Füße. "Was das alles?" Im nächsten Moment bereute ich meine Worte, denn der Jäger zog einen Revolver und feuerte vier Mal. Alle vier Kugeln trafen mich an der Brust und warfen mich wieder um. Meine Brust war zwar kugelsicher, weh tat es trotzdem. Möglicherweise war sogar eine Rippe gebrochen. Der Jäger drehte sich um und richtete die Waffe auf Jasmin. "Kugeln aus geweihtem Silber. Die reichen um dich für kurze Zeit auszuschalten, danach kommt mein Schwert zum Einsatz.", sagte er und hob sein Schwert. "Enthaupten ist immer noch das beste Mittel gegen eine Hexe." Blitzschnell sprang ich auf und schleuderte die kleine Schreibtischlampe. Das Teil traf den Jäger am Kopf, was mir genug Zeit gab um mich auf ihn zu stürzen und ihm den Revolver aus der Hand zu schlagen. Als ich meine eigene Pistole ziehen wollte donnerte mir der Jäger den Knauf seines Schwertes ins Gesicht. Ich taumelte zurück, heißes Blut spritzte mir aus der Nase. Der Bastard hatte mir doch tatsächlich das Nasenbein gebrochen. Mit einer fließenden Bewegung drehte der Jäger sich zu Jasmin um, gleichzeitig beschleunigte sich mein Herzschlag und alles wurde langsamer. Wie in Zeitlupe hob der Mann sein Schwert. Irgendwie wusste ich, was er vorhatte. Ich drückte mich ab, schoss auf die Hexe zu und stellte mich vor sie. Überrascht starrte der Jäger auf die Schwertspitze, die sich ein paar Millimeter in meine Haut gebohrt hatte. "Was bei Gottes Gnade...? Das ist unmöglich!", zischte er. "Das kriege ich dauernd zu hören." Mit einem fast schon grausamen Lächeln trat ich ihm das linke Bein weg und schlug ihn zu Boden. Als ich ihm das Schwert aus der Hand treten wollte, rollte er sich zur Seite, sprang auf und zog etwas aus seiner Hosentasche. Eine Art Perle, die er auf den Boden warf. Ein grelles Licht blendete mich kurz, dann verschwand es und mit ihm der Jäger. Leicht außer Atem ließ ich mein Kurzschwert verschwinden, schnappte mir eine Dose Cola und setzte mich auf Bett. "Wer zur Hölle war der Wichser?", fragte ich Jasmin. Die starrte mich nur an, ihr Mund war leicht geöffnet. "Du hast mich... Aber wieso...!", stammelte sie. "Keine große Sache. Der Typ war definitiv von SOL. Er schien dich zu kennen. Also: Wer war das?" Auch Jasmin schnappte sich eine Dose und setzte sich neben mich. "Viel weiß ich nicht. Sein Name ist Maxwell Anderson, er ist einer der besten Jäger aller Zeiten, spezialisiert auf so ziemlich alles. Vampire, Werwölfe, Hexen, Dämonen. Er ist eine Legende bei SOL." "Und was ist das für ein Schwert?" Die Hexe zuckte mit den Schultern. "Ich weiß es nicht. Man sagt, es würde unheilige Dinge vernichten. Was genau es ist weiß keiner außerhalb von SOL." Jasmin drehte die Dose in den Händen. "Nathaniel, ich stehe in deiner Schuld. Du hast mein Leben gerettet" Ich nahm einen Schluck Cola und warf einen Blick auf Nero, der inzwischen auf dem Schreibtisch saß, sich putzte und uns belustigt beobachtete. "Ach das war ein Reflex. Solange ich es verhindern kann, wird SOL niemand unschuldiges töten. Nero sagte ja, dass Du vergleichsweise harmlos bist. Wenn ich leben darf, ein Nephilim, von so ziemlich jedem Engel gehasst, dann hast du es auch verdient." Jasmin stand auf, kniete sich vor mir auf den Boden und ergriff meine Hände. Hoffentlich öffnete jetzt keiner die Tür. "Nathaniel Black,", sagte die Hexe. Woher kannte sie eigentlich meinen vollen Namen? "Du hast mein Leben gerettet, fortan besteht zwischen uns eine Lebensschuld. Ich schwöre, dich vom heutigen Tag an zu beschützen, und dir in jeder Hinsicht zu Diensten zu sein." Bei den letzten Worten blitzten ihre Augen kurz auf. "Ich schwöre es bei den Gebeinen meiner Vorfahren und dem Blut in meinen Adern. Lass uns diesen Pakt besiegeln." Blitzschnell wägte ich die Optionen ab. Klar, Jasmin hatte mich gefangen gehalten. Allerdings wäre es nützlich eine mächtige Hexe im Team zu haben. "Also gut, wie besiegelt man diesen Pakt?", fragte ich. "Durch einen Kuss.", erwiderte Jasmin mit einem Schmunzeln. Verdammt, was sollte das eigentlich immer? So langsam kam ich mir vor wie in einem schlechten Buch. "Ein Kuss?" "Ja. So läuft das bei Hexen. Sei froh, dass Du nicht meiner Tante das Leben gerettet hast. Die ist 305 Jahre alt." Na toll. Warum hatte ich eigentlich so eine ausgeprägte Fantasie? Ich schob den Gedanken mit aller Macht beiseite und fragte: "Gibt es keine andere Möglichkeit?" Jasmin grinste. "Klar. Mit dem Blut eines neugeborenen Kalbes. Oder Du schläfst mit mir." Vom Schreibtisch kam ein Husten, das verdächtig nach einem unterdrückten Lachen klang. "Also gut. Ein Kuss. Ohne Zunge.", meinte ich schließlich. Jasmin stand auf, zog mich hoch und stellte sich auf die Zehenspitzen. Ich hatte gar nicht bemerkt wie klein sie war. Sanft küsste sie mich, dann trat sie einen Schritt zurück. Tja, jetzt hatte ich wohl eine Hexe in meinen Diensten.
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