#46
Vor dem Laden spross eine kleine Blume, die zuvor nicht dagewesenen war. Eine Lilie. Emilias Kundschafter. Bei diesem Anblick musste ich unwillkürlich lächeln. Vorsichtig klopfte ich gegen eines der Bretter. "Emilia? Ich bin zurück." Ihr besorgtes Gesicht tauchte auf, das glatte, flammend rote Haar war ziemlich verwuschelt. Sie musste ein geschlafen haben. Bei meinem Anblick strahlte sie. "Endlich! Ich hab mir schon Sorgen gemacht. Wieso hast Du so lange gebraucht?" "Ich habe den Rückweg erst nicht gefunden.", sagte ich und kletterte in den Laden. In einer Ecke brannte eine kleine Lampe. "Oh mein Gott! Was ist passiert?", fragte Emilia geschockt. Ich wusste was sie meinte. Meine Kleidung und besonders mein Shirt waren zerfetzt und blutverkrustet. "Keine Sorge. Ist nicht nur mein Blut." "Was hast Du getan?" Lange betrachtete ich das Blut an meinen Händen. "Ich habe sie getötet. Sie sind zu siebt gewesen. Jeder von ihnen hatte es verdient." Es war wahr. Jeder der Männer hatte den Tod sogar mehrfach verdient, dennoch waren es Menschen gewesen. Sie hatten keine Chance gehabt. Ihre Todesschreie halten mir in den Ohren wieder. Im Moment ihres Todes hatten sie alle um Gnade gefleht. Zum Schluss hatte ich das Licht wieder angemacht und Eduardo mit seiner eigenen Waffe gerichtet. Die schwere Machete hatte die Halswirbel überraschend leicht durchtrennt. Doch das war es nicht was mich so schockiert hatte. Ein Teil von mir hatte es genossen. Den Adrenalin-Rausch, das Geräusch des spitzendes Blutes. War dies das wahre Wesen eines Nephilim? Das eines grausamen Schlächters? War es das, wovor der Erzengel mich gewarnt hatte? Emilias Stimme riss mich aus meinen Gedanken. "Nath? Alles in Ordnung?" Die Frage brachte mich zum Lachen. Ich stand vor ihr, voll mit dem Blut Fremder, die ich grausamst niedergemetzelt hatte und erkannte mich selbst nicht mehr. Fuck. Ich musste mich zusammen reißen. "Ja, klar. Alles in Ordnung." Emilia sah mich zweifelnd an, sagte aber einfach nur:"Schön, das Du wieder da bist." Sie umarmte mich kurz, dann sammelte sie ihre Sachen ein. Ich legte mir meine Ausrüstung an, schlüpfte in meinen Mantel und schulterte den Rucksack. "Komm mit, ich habe eine kleine Überraschung." Ich half Emilia nach draußen, ihre Schrotflinte trug sie quer über den Rücken. Ich folgte ich und führte sie in eine kleine Seitengasse. "Ist das dein Ernst", fragte Emilia. Vor uns stand ein mattschwarzer Chevrolet Camaro Z/28 in verdammt gutem Zustand. "Der vorherige Besitzer hat keine Verwendung mehr dafür." Vor Eduardos Villa hatte ein halbes Dutzend Wagen gestanden unter anderem ein Mitsubishi Evo und ein Porsche Carrera. Und der Camaro. Seit meiner Kindheit mein Traumwagen. Bei jedem der Wagen hatte der Schlüssel gesteckt und beim Durchsuchen der Villa hatte ich meinen Seesack gefunden. Ich verstaute den Rucksack und Emilias Schrotflinte neben dem Seesack auf der Rückbank, dann stiegen wir ein. Das Röhren des V8 Motors war Musik in meinen Ohren. Ich legte den Gang ein und fuhr los. "Fahren wir jetzt nach Guatemala?", fragte Emilia. "Ja. Wir haben hier viel zu viel Zeit verschwendet. Der Tod der Vampire wird die Kartelle schwächen und SOL einer ihrer finanziellen Stützen berauben. Danach kümmern wir uns um Veracruz." Emilia öffnete das Handschuhfach und grinste. "Wem auch immer der Wagen gehört hat, sein Musikgeschmack war super." Sie zog eine CD heraus, legte sie in den Player und drehte auf. Als die ersten Takte von 'Californication' an mein Ohr drangen musste ich lächeln. Eduardo mochte ein Wichser gewesen sein, aber in Sachen Musik und Autos war sein Geschmack erste Sahne gewesen. Ich drehte noch ein Stück auf und summte leise mit. Die ersten Sonnenstrahlen fielen auf San Salvador, als wir diese beschissene Stadt endlich hinter uns ließen.
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