#22
Nervös betrachtete ich die Sicherheitsbeamten. "Bist Du dir sicher, dass das klappen wird?", flüsterte ich Lyra zu. Wir standen in der Reihe vor den Metalldetektoren am Flughafen von Bordeaux. Etwa zehn bewaffnete Beamte standen am Rand und beobachteten alles. Unauffällig und doch unübersehbar. Im Notfall könnten wir sie ausschalten, aber dann wäre unsere Reise vorbei. Lyra lächelte schüchtern und sagte:"Keine Sorge. Ich mache das nicht zum ersten Mal. Bleib einfach ruhig." Den ganzen Morgen lang hatten wir besprochen, wie wir am schnellsten nach Amsterdam kämen. Leonie hatte den Bus vorgeschlagen, Damon den Zug. Beide Vorschläge hatten wir verworfen, da es recht lange dauern würde. Fliegen war das schnellste, allerdings trug ich mein Messer und meinen Armschützer, von denen ich mich nicht trennen wollte. Dank Lyra war das auch nicht nötig. Das zierliche schwarzhaarige Mädchen war eine exzellente Magieren, deren Spezialgebiet das Erschaffen von Illusionen und die Manipulation von Menschen war. Als sie sieben war hatte sie mal eine Stewardess verzaubert, sodass diese glaubte Lyras Mutter sei schon im Flugzeug und war nach Russland geflogen, wo sie ein Jahr lang gelebt hatte. Die Stimme eines Beamten mit kurzen braunen Haaren riss mich aus meinen Gedanken. "Der nächste bitte.", sagte er auf englisch. Er klang gelangweilt. Die anderen waren schon fertig und warteten auf mich. Ich setzte ein selbstbewusstes Lächeln auf und trat vor. Kaum stand ich unter dem Tor, leuchtete über meinem Kopf ein rotes Licht auf und ein schriller Piepton ertönte. "Auf die Seite bitte.", sagte der Beamte. Aus den Augenwinkeln sah ich, wie einige Sicherheitsleute den Griff um ihre Waffen verstärkten. Lyra eilte auf den Beamten zu, machte ein paar komplizierte Handbewegungen und begann in raschem französisch auf ihn einzureden. Sie sprach sehr leise, deshalb konnte ich nichts verstehen, aber im nächsten Moment wurde das Gesicht des Mannes ausdruckslos und er sagte:"Oh. Es war wohl nur eine Gürtelschnalle. Tut mir leid. Gehen Sie bitte weiter." Ich unterdrückte ein Lachen und schloss mich den anderen an. Zwei Stunden älter landeten wir in Amsterdam. Hier würdigten uns die Sicherheitsbeamten nichtmal eines Blickes. Wir verließen den Flughafen und sahen uns suchend um. "Da drüben.", sagte Eric und zeigte auf ein großes Taxi. "Das sollte groß genug sein." Wir stiegen ein und ich lies mich auf dem Beifahrersitz fallen. "Bringen sie uns bitte zum Hafen.", sagte ich auf englisch. Meine Stimme klang gleichzeitig höflich und herablassend. Es war eine Rolle. Wir hatten abgemacht uns als privilegierte Jugendliche auszugeben, die ihren Sommer mit einer Europa Tour verbrachten. Während der Fahrt sah ich aus dem Fenster. Wir waren per Anhalter nach Bordeaux gefahren, was einige Zeit in Anspruch genommen hatte. Und am Flughafen hatte Lyra dafür sorgen müssen, dass wir ohne Pässe an Bord gelassen wurden, sodass es inzwischen Abend war. Gerade fielen die letzten Sonnenstrahlen durch die Häuserlücken. Die Fahrt dauerte knapp eine halbe Stunde, dann waren wir am Hafen. Wir stiegen aus und ich drückte dem Fahrer hundert Euro in die Hand. Viel zu viel, aber ich hatte eine Rolle zu spielen. "Viel Spaß in Amsterdam.", sagte er grinsend und fuhr los."Los, lasst und Lilith suchen.", sagte ich. Zu unserer Überraschung lag die Adresse die Zachaire uns dagelassen hatte im Rotlichtbezirk. Wir waren absichtlich zum Hafen gefahren. Der direkte Weg wäre zu auffällig gewesen. Der Taxifahrer hatte uns zwar garantiert durchschaut, aber das übertriebene Trinkgeld würde uns sein Schweigen sichern und verhindern, das er die Geschichte in der Zentrale rumerzählte. Denn Alessia war mit Sicherheit noch auf der Suche nach uns. Wenige Minuten später spazierten wir bemüht gelassen durch die spärlich beleuchteten Straßen. Leicht bekleidete Frauen saßen hinter Glasscheiben und räkelten sich, Schilder auf der Straße warben mit Sonderangeboten und für diverse legale Drogen, während Dealer in Seitengassen das härtere Zeug verkauften. Über all dem lag der intensive süßliche Marihuana Geruch. Während wir uns unauffällig nach etwaigen Verfolgern und Polizisten umsahen, stierte Damon ungeniert jede halbnackte Frau an, an der wir vorbei kamen. Den Mädchen war die Situation unangenehm, obwohl die es gut kaschierten. Schließlich blieb ich bei einer Treppe stehen, die zu einem Kellerbordell führte. Am Fuß der Treppe stand ein mehr als zwei Meter großer Mann, mit einem Kreuz auf das jeder Gorilla stolz gewesen wäre. Seine Haut hatte die Farbe von Ebenholz und er trug einen schwarzen Anzug. Er betrachtete mich aufmerksam. Meine schwarzen Turnschuhe, meine Jeans, meine schwarze Stoffjacke. "Kein Zutritt für Minderjährige.", sagte er gelangweilt. Langsam ging ich die Trepe runter und mustert ihn. "Ich möchte zu Lilith." "Wie gesagt, kein Zutritt für Minderj...." "Schon verstanden.", unterbrach ich ihn. "Ich muss Lilith treffen. Ein Freund gab mir diese Adresse. Und weder Sie, noch der Totschläger in ihrem Ärmel oder die SIG Sauer in ihrem Schulterholster wird mich daran hindern." Verwirrt legte der Türsteher den Kopf schief, dann sah er meine Freunde an. Schließlich grinste er. "Ah, ihr seid von der Organisation. Ihr macht dieses Jahr wohl den Kontrollbesuch. Ihr dürft rein." Ich nickte, als wüsste ich wovon et redet. Dann drehte ich mich zu den anderen um und sagte:"Gegenüber ist ein Café. Geht rein, verhaltet euch unauffällig. Beobachtet die Umgebung. Ich werde mich beeilen." Ich öffnete die schwere Stahltür und trat ein.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top