#176
Alessia sprang vom Dach des dreistöckigen Hauses, breitete ihre Flügel aus und schleuderte den Lichtspeer. Ich machte einen Schritt zurück und beschwor einen Schild aus Schatten. "Emilia, Taio!", rief ich. "Erschafft eine Barriere. Taio, du und Asami werdet versuchen so viele wie möglich zu töten, Emilia, Jack, kümmert euch um die Hellion und die Rabisu!" Weiter kam ich nicht, denn in diesem Moment prallte der Speer auf den Schild und das Licht zerbarst, während die Schatten bröckelten. Ich schwang mich in die Lüfte, ließ mein Schwert kreisen und griff an. Meine Klinge prallte auf Alessias flammendes Schwert und der Engel keuchte überrascht, als ich ihre Waffe mühelos beiseite fegte und ihr meine Schulter gegen die Brust rammte. Alessia trudelte ein Stück durch die Luft, ehe sie sich wieder fing, ihr Schwert mit beiden Händen packte und die Flügel anlegte. Ich wartete bis zum letzte Augenblick, dann wich ich um Haaresbreite aus, ließ den Engel an mir vorbei schießen und beschwor Ketten aus Schatten. Alessia lachte amüsiert, schwang ihr Schwert und ließ die Ketten einfach zerspringen. "Ich gebe zu, du bist stärker geworden", sagte sie. "Aber ein zweites Mal wirst du mich nicht bezwingen." Ich erwiderte nichts, sondern hob meine Hand und ein gewaltiger Feuerstrahl verschlang Alessia. Ich war mir zwar sicher, dass die Flammen ihr nichts anhaben konnten, doch für einen Moment war sie geblendet, sodass ich mich kurz orientieren konnte. Ich sah Taio, der seine Glefe in den Boden stieß, woraufhin links und rechts von der Main Street haushohe Mauern aus dem Boden schossen, welche die Monster daran hinderten, durch die Seitenstraßen zu fliehen. Drei Rabisu versuchten zwar über die Mauern hinwegzufliegen, wurden aber von peitschenartigen Ranken zurück gedrängt. Dann sah ich Emilia und Jack, die sich mit gezückten Waffen ins Getümmel stürzten, während der Erdmagier und Asami versuchten, die Kreaturen am Verlassen der Straße zu hindern. Mit einem lauten Schrei schoss Alessia auf mich zu, die Flammen ihres Schwertes loderten und ich sah den abgrundtiefen Hass in ihren Augen. Wieder gelang es mir ihrer Klinge auszuweichen, wenn auch nur durch pures Glück. Auch wenn ich stärker war als je zuvor, besaß Alessia die Erfahrung von Jahrhunderten, lange würde ich ihr nicht mehr entgehen können. Ich schleuderte ein paar Feuerbälle, die Alessia zwar verfehlten, aber dennoch ihren Zorn anstachelten. Ehe sie erneut angreifen konnte, flog ich auf das Gebäude zu, dass rechts von der Main Street war, landete und wirbelte herum. Ich richtete mein Schwert auf den Engel und Luftklingen schossen auf sie zu, die sie zwar abwehren konnte, dennoch geriet sie ein wenig ins Trudeln. Mit einem wütenden Schrei legte Alessia ihre Flügel an und schoss auf mich zu, die Schwertspitze auf mich gerichtet. Mit einem Lächeln ließ ich meine Waffe fallen, breitete die Arme aus und wartete. Der Engel war nur noch einen Meter von mir entfernt, als ich mein Gewicht verlagerte und meinen Oberkörper drehte. Alessias Klinge verfehlte mich um wenige Zentimeter und ich sah, wie sie überraschte die Augen aufriss, als sich die Klauen meiner Panzerhandschuhe tief in ihren Arm und ihre Hüfte gruben. Ich nutzte den Schwung des Engels aus, drehte mich halb und warf Alessia mit aller Kraft gegen die Fassade des Friseursalons. Mit einem lauten Krachen durchschlug sie die Wand und ohne zu zögern legte ich meine Flügel an, schnappte mir mein Schwert und setzte ihr nach. Doch kaum war ich durch das Loch gesprungen, war Alessia schon wieder auf den Beinen und griff an. Ich riss meinen Arm hoch, blockte ihren Hieb und versetzte ihr einen Fausthieb, der sie durch den halben Raum fliegen ließ, wobei sie weitere Tische und Stühle umwarf. Auf mein Fingerschnippen hin schossen schwarze Ketten aus den Schatten, schlangen sich um ihre Arme und fesselten sie an die Wand. Das Flammenschwert flackerte für einen Moment und verschwand einfach. "Du dreckiger Bastard.", knurrte der Engel. "Lass mich los und ich verspreche dir einen schnellen Tod." Ich lachte leise und antwortete: "Und ich verspreche dir, dass ich dich diesmal nicht verschonen werde. Vor kurzem hat mir jemand gesagt, ich müsse meine Kämpfe beenden und das werde ich tun." Alessia lachte schrill und eine Spur Wahnsinn lag in ihrer Stimme als sie sagte: "Du denkst, du machst mir Angst? Ich lag bereits im Sterben, als du mich mit deinem dreckigen Speer durchbohrt hast. Mein heiliges Blut tränkte den Boden, als sie erschien. Leviathan. Sie ist fast so verabscheuungswürdig wie du, aber sie ist nützlich. Michael ist schwach geworden, ebenso wie die anderen Erzengel. Selbst Raguel ist zu feige, um zu tun, was nötig ist." "Meinst du den Krieg, den Leviathan anfangen möchte?", fragte ich und drückte ihr mein Schwert an die Kehle. "Den Krieg, der Milliarden von Menschen auslöschen wird?" Alessia spuckte verächtlich aus und erwiderte: "Was interessieren mich die Menschen? Diese armseligen Primaten folgen schon lange nicht mehr dem Pfad Gottes, sie sind Sünder, erbärmlich und wertlos. Aber die Erzengel werden erkennen, dass dieser Krieg notwendig ist, sie werden sehen, dass wir Luzifers Schergen ein für alle mal vernichten müssen!" Verblüfft und wütend ballte ich meine Faust und goldene Flammen züngelten über meine Rüstung. "Du verbündest dich also mit Leviathan, um die Tore zu öffnen, was einen Krieg entfesseln würde? Du dienst der Dämonin, deren Ziel es ist den Himmel zu vernichten?" "Verbünden? Niemals! Ich brauchte sie, denn niemals wäre Apollyn einem Engel gefolgt. Mit Freuden gab ich Leviathan mein Blut, denn schon bald werde ich ihren Palast mit meinen eigenen Händen niederreißen. Und dann werden die Erzengel endlich meinen Wert erkennen!" Zu spät erkannte ich, was Alessia im Schilde führte. Mit einem kurzen Schrei riss sie sich los und ihr Schwert erschien in ihrer linken Hand. Die Breitseite traf mein Handgelenk, meine Klinge fiel klirrend zu Boden und rutschte quer durch den Raum, während ich zurück stolperte. Der Engel erstrahlte in einem fahlen, grauen Licht, dass den dunklen Raum erfüllte. "Zum Glück braucht Leviathan nur dein warmes Blut.", zischte sie und sprang vor. "Und wenn ich mit dir fertig bin, kümmer ich mich um deine Freunde." Ich blockte ihren Hieb mit meinem Unterarm, packte mit der anderen Hand Alessias Handgelenk und verdrehte es, bis ihre Knochen mit einem trockenen Geräusch brachen und sie die Waffe fallen ließ. Mein nächster Schlag traf den Engel in der Magengrube und schleuderte sie gegen eine Wand. Sofort war ich bei ihr und donnerte ihr meine gepanzerte Faust gegen ihren Kiefer. Hellrotes Blut spritzte auf den Boden und ein Backenzahn flog durch den Raum. Ich drehte die am Boden liegende, vor Schmerz stöhnende Alessia auf den Rücken und schlug immer und immer wieder auf sie ein, ließ meinem Zorn und meinem Hass freien Lauf. Schlag um Schlag zertrümmerte ich Knochen und den Stahl ihrer Rüstung. "Nun wirst du für alles bezahlen.", knurrte ich. "Diesmal werde ich es beenden!" Mit meiner linken Hand packte ich Alessia am Hals und hob sie hoch, bis ihre Füße knapp über dem Boden zappelten und sie verzweifelt versuchte, meinen stählernen Griff zu lockern. Mit meiner anderen Hand zerfetzte ich die Rüstung und warf die Stücke achtlos beiseite. Ich verspürte ein kurzes Ziehen als sich meine Augen schwarz färbten, gleichzeitig breitete ich unbewusst meine Flügel aus, wobei ich die letzten noch stehenden Stühle ebenfalls umwarf. Dunkle Flammen umschmeichelten meine Rüstung und griffen auf meine Flügel über, ohne die Federn zu beschädigen. Alessias Blut tropfte auf den Boden und ihre stahlblauen Augen funkelten mich an. "Töte mich doch, Nephilim." Ihre Stimme war gepresst und von Hass verzerrt, während sie immer noch versuchte, sich aus meinem Griff zu winden. "Ich werde im Himmel wiedergeboren werden, Leviathan wird die Tore öffnen und die Schergen der Hölle werden endgültig vernichtet! Mein Tod wird dir nichts nützen!" "Oh doch", erwiderte ich und rammte meine Hand in Alessias Brust. "Endlich kriege ich meine Rache. Endlich wirst du für all die Leben bezahlen, die du genommen hast. Erzähl den Wichsern da oben, wer ich bin. Erzähl ihnen, wozu ich imstande bin. Und wenn einer von ihnen es wagen sollte mich oder jene, die ich liebe zu verletzen, werde ich den Himmel mit bloßen Händen zerstören." Meine Hand schloss sich um das Herz des Engels und mit einem kurzen, kräftigen Ruck riss ich es aus ihrer Brust. Ihr Mund öffnete sich zu einem lautlosen Schrei, ehe alles Leben aus ihren Augen wich und ich Alessia fallen ließ. Das Herz in meiner Hand, von hauchdünnen, goldenen Fäden durchzogen, schlug noch wenige Sekunden lang schwach und als auch der letzte Herzschlag vorüber war, ließ ich es fallen und zerstampfte es mit einem kurzen Tritt. Ich richtete meine Gedanken auf mein Schwert und einen Augenblick später hielt ich es wieder in Händen. Während ich zurück zu dem Loch in der Wand rannte, legte ich meine Flügel an und verlängerte meine Waffe wieder zu einem Speer. Ich hörte die Kampfgeräusche von draußen. Es klang danach, als hätten meine Freunde Schwierigkeiten und Mitternacht rückte unerbittlich näher.
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