»51. Kapitel
Es waren nun schon ein paar Tage vergangen, seitdem ich mich mit Zayn versöhnt, und Liam mir unbewusst das Herz gebrochen hatte. Ich hatte ihn danach nicht mehr gesehen. Schon zwei Tage nachdem das alles passiert war, war ich endlich entlassen worden. Da der Brand einen extremen Schaden hinterlassen hatte, war die Schule für länger als eigentlich geplant geschlossen gewesen, weswegen der Unterricht verzögert wieder stattfand.
Seufzend kämmte ich mir ein letztes Mal durch die Haare und betrachtete mein Spiegelbild durchdringend. Dafür, dass die Ärzte gesagt hatten, dass ich wieder vollkommen gesund war, fühlte ich mich einfach nur scheiße. Ich war mir sicher, dass es nicht an den Verletzungen lag - vielmehr war es die Aussage des Jungens gewesen, den ich liebte, die mich so sehr verletzt hatte, dass ich seitdem nicht mehr dazu in der Lage war, klar zu denken.
Die Worte, die er mir ohne dem Wissen, wie sehr er mich damit runter riss, an den Kopf geworfen hatte, hallten immer und immer wieder durch meinen Kopf und ließen meine Sicht verschwimmen.
Welches vorhin? Das letzte Mal, als ich wach war, habe ich versucht dich aus dem Feuer zu holen.
Je öfter ich darüber nachdachte, desto tiefer wurde der Riss in meinem Herzen. Ich hatte mich endlich getraut, ihm meine Gefühle zu gestehen, doch das er keinerlei Erinnerungen mehr daran hatte, traf mich wie ein Schlag ins Gesicht. Es war ein großer Schritt für mich gewesen, allerdings hatte er sich als absolut unsinnig erwiesen. Andauernde Fragen wie es ihm wohl ging oder ob er schon aus dem Krankenhaus entlassen worden war, plagten mich Tag und Nacht. Ich brannte geradezu darauf es zu erfahren, andererseits konnte ich es einfach nicht übers Herz bringen ein weiteres Mal im dort aufzutauchen und Liam erneut alles zu beichten.
Ein Klingeln riss mich glücklicherweise aus den trübsinnigen Gedanken. Etwas zerstreut warf ich einen Blick auf meine Armbanduhr. Die schwarzen Zeiger zeigten mir gerade mal halb acht an. Verwundert darüber, wer es sich wagte schon so früh zu stören, warf ich die Bürste wieder in den Korb zurück und lief die Treppe herunter. Mit Schwung ließ ich die Haustür aufschwingen; das Ergebnis war ein mir nur zu bekanntes Gesicht, welches mich mit einem breiten Lächeln anstrahlte.
„Guten Morgen."
Verblüfft stutzte ich. Kein anderer wie Zayn stand vor mir und sah mich versonnen an. Das nächste, das ich mitbekam, war, wie ich in eine Umarmung gezogen wurde. Leicht überrumpelt drückte ich ihn ebenfalls kurz an mich, ehe er mich wieder freigab.
„Morgen."
murmelte ich immer noch etwas verwirrt und glücklich zugleich und griff nach meiner Schultasche, die schon bereit neben der Tür lehnte. Er holt dich wirklich wieder von der Schule ab, dachte ich mir, während ich mir noch schnell die Jacke anstreifte, die über einer Stuhllehne hang, so wie in der Zeit, bevor alles passiert war. Ich konnte nicht anders, als zu lächeln. Mit einer kurzen Handbewegung, bedeutete ich ihm noch kurz zu warten. Rasch eilte ich in die Küche und packte mir eine Flasche Wasser ein. Die Zeit mir ein Brot zu machen, hatte ich nicht mehr. Nachdem ich es verstaut hatte, zog ich mir im gehen noch schnell die Schuhe an, die achtlos auf dem Boden herumlagen, und kam schließlich fertig angezogen wieder bei Zayn an. Dieser hatte mich die ganze Zeit über amüsiert beobachtet.
„Da ist aber jemand zu spät aufgestanden, was?"
hörte ich ihn hinter mir lachen, während ich die Haustür zuzog und sie abschloss. Mit zusammengezogenen Augenbrauen drehte ich mich zu ihm um und folgte ihm durch den kleinen Vorgarten.
„Eigentlich nicht, aber ich hatte ehrlich gesagt nicht angenommen, dass du mich abholen würdest."
gab ich zu und blinzelte gegen die Sonne an. Obwohl es ungewöhnlich kalt war, sah der Himmel aus, als wäre es mitten im Sommer. Erleichtert darüber, dass ich mich dazu entschieden hatte eine Jacke anzuziehen, lächelte ich Zayn kurz zu und begann, neben ihm die Straße entlang zu laufen. Irgendwie hatte ich es vermisst in die Schule zu gehen. Andererseits konnte ich auch weiterhin auf sie verzichten.
Vielleicht lag es daran, dass ich mit der Schule immer automatisch Liam verband. Erinnerungen, wie wir in der fünften Klasse zusammen gesetzt worden und zur Partnerarbeit verdonnert worden waren oder wie er auf dem Parkplatz mit dem Motorrad auf mich gewartet hatte, um mich nach Hause zu fahren, tauchten in mir auf und ließen mein Herz wärmer werden. Als ich allerdings daran dachte, was ich seit letztens mit ihm in Verbindung brachte, sog die Wärme auf und ersetzte sie durch Kälte. Erneut stieß ein unmerkliches Seufzen aus und blickte auf meine Hände. Kaum hatte ich etwas von mir gegeben, sah ich, wie sich eine viel größere Hand auf meine legte und sie zaghaft drückte.
„Ist alles in Ordnung bei dir?"
Besorgt sah Zayn mich an. Ich hatte nicht bemerkt, wie er in der Zwischenzeit eine Tüte aus seinem Rucksack gezogen hatte und sie in der anderen Hand hielt. Mit einem Ausdruck im Gesicht, welcher ihm zeigen sollte, dass er sich nicht um mich sorgen musste, sah ich ihn an und hob einen Mundwinkel an. Mein bester Freund hob für einen Moment fragend die Augenbraue an, bevor er sie wieder sinken ließ und mir die Tüte in die Hand drückte.
„Was ist das?"
erkundigte ich mich und ließ meine Finger zwischen seinen hervor gleiten, um herauszufinden, was sich darin befand. Dadurch, dass ich so neugierig war, bemerkte ich nicht, wie Zayn mir die Schultasche von der Schulter nahm und sie sich über seine eigene schwang. Es war so, wie er es früher immer gemacht hatte.
„Ich hatte da so ein Gefühl, dass du dir kein Frühstück machen würdest, weswegen ich dir was beim Bäcker geholt habe."
Verlegen fuhr Zayn sich durch die dunklen Haare und grinste mich anschließend schief an. Mit demselben Grinsen im Gesicht öffnete ich die Verpackung und zog ein fertig belegtes Sandwich hervor. Ohne groß darüber nachzudenken, legte ich einen Arm um seinen Hals, zog ihn zu mir herunter und presste einen Kuss auf seine Wange.
„Danke."
flüsterte ich und strich mit der Hand kurz über die feinen Konturen seines Gesichtes. Zayn gab mir keine Antwort, sondern lächelte einfach nur stumm vor sich hin. Hungrig zog ich das Sandwich hervor und biss einmal hinein. Es schmeckte einfach nur himmlisch.
Schweigend liefen wir weiter. Obwohl keiner von unser redete musste ich zugeben, dass auch diese Zeit vermisst hatte - sie ließ mich fühlen, als wären die ganzen Sachen, die in der vergangenen Zeit geschehen waren, nicht passiert. Zufrieden käute ich weiter auf meinem Frühstück herum. Ich tat es solange, bis ich den schwarzen Wagen aus dem Augenwinkel realisierte, der an einer Ampel gehalten hatte. Als ich ihn erkannte und nicht anders konnte, als den Blick dorthin gleiten zu lassen, wurde mir von der einen auf die andere Sekunde ganz schlecht.
Es war das Auto von Geoff. Ich es war mir sofort in die Augen gestochen, da ich bereits schon einmal Stunden in ihm gesessen, und mir Liams Klopf - Klopf Witze, die Harry ihm erzählt hatte, hatte anhören müssen. Nun war es Karen, die am Steuer saß. Ihre kleinen Hände umklammerten das Lenkrad fest, während sie starr auf die Ampel starrte und darauf wartete, dass sie auf Grün springen würde.
Unauffällig glitt mein Blick auf den Beifahrersitz. Und das, was ich dort sah, ließ mich wie ein pubertierender Teenager fühlen. Liam sah - wie immer - einfach nur unglaublich aus. Soviel wie ich erkennen konnte, war der größte Teil seines Gesichtes wieder verheilt - die Wunden, die noch nicht komplett verheilt waren, waren durch kleinere Pflaster abgedeckt worden. Seine Augen waren auf eine CD Hülle gerichtet, die er in den Händen hielt. Mit zusammengezogenen Augenbrauen studierte er diese, bis er uns zu bemerken schien. Langsam drehte er den Kopf herum. Unsere Blicke trafen sich in der Mitte.
Zögernd hob ich eine Hand und setzte zu einem unscheinbaren Winken an, doch kaum hatte ich die Ansätze gemacht, sprang die Ampel auf Grün und Karen startete den Wagen wieder, der zwischenzeitlich ausgegangen war. Mein Herz hämmerte so dermaßen heftig gegen den Brustkorb, dass ich schon beinahe annahm, es würde jeden Moment zerspringen. Ich konnte gerade noch die Hand sehen, die sich ebenfalls hob, um den Gruß zu erwidern, bevor der Motor aufheulte und der Wagen davonbrauste. Etwas benommen ließ ich die Hand wieder sinken und sah wieder auf den Boden vor mir. Er war also frühzeitig aus dem Krankenhaus entlassen worden.
„Wer war das gerade im Auto?"
Interessiert platzierte Zayn einen Arm um meine Schulter und legte den Kopf schief. Damit ich nicht allzu aufgeschreckt wirkte, gab ich ihm sofort eine schnell interpretierte Antwort.
„Niall."
antwortete ich etwas zu laut und senkte meine Stimme sofort wieder. Zayn lenkte uns mit einem wissenden Grinsen in die Richtung der Schule, die sich allmählich vor uns auftürmte. Zu meiner Verwunderung sah die Fassade noch genauso aus, wie vor dem Brand. Entweder hatten die Flammen von außen nicht sonderlich angerichtet oder sie war einfach nur verdammt gut restauriert worden. Mit einem eher gemütlichen Tempo bewegten wir uns über den Parkplatz auf den Eingang zu. Zu meiner Überraschung entdeckte ich Niall, wie er auf der Mauer davor saß und verträumt durch die Gegend starrte. Als er uns sah, erhellte sich seine Miene. Hastig sprang er auf, rannte auf uns zu und zog uns in eine Riesenumarmung.
„Ihr wisst gar nicht, wie ich euch vermisst habe."
Mit einem unschlagbar süßen Lächeln auf den geröteten Lippen huschten die blauen Augen immer wieder zwischen Zayn und mir hin und her. Lachend ließ ich mich erneut von ihm in eine einzelne Umarmung ziehen. Natürlich hatte ich Niall auch vermisst, doch das er uns mit so enthusiastisch empfing, hatte ich nicht angenommen.
„Meine Güte Niall, du verhältst dich gerade so, als wären wir verschollen gewesen."
Sichtlich amüsiert über das Verhalten seines Freundes, setzte Zayn sich auf die Mauer und platzierte unsere Schultaschen neben sich. Erwartungsvoll klopfte er auf den Platz rechts von ihm und sah mich abwartend an. Nachdem ich es geschafft hatte mich von dem Blonden zu lösen, kletterte ich zu ihm und ließ die Beine baumeln. Niall stellte sich vor uns, die großen Augen sahen uns glücklich an.
„Es war echt langweilig ohne euch, okay?"
verteidigte er sich und verschränkte die Arme vor der Brust. Giggelnd lehnte ich mich an Zayns Schulter. Und dann folgten die wohl so ziemlich amüsantesten Minuten, die ich jemals erlebt hatte. Denn Niall begann ohne Punkt und Komma auf Zayn einzureden, der ihn die ganze Zeit über nur anstarrte. Mit einem Schmunzeln im Gesicht, lehnte ich mein Kinn auf seine Schulter und sah ihn kurz an. Dann folgte ich seinen Blick.
Eigentlich hatte ich angenommen, dass er Niall ansah, doch beim zweiten Mal bemerkte ich, dass seine Aufmerksamkeit an ihm vorbeiging. Verwirrt lehnte ich mich zur Seite, um zu sehen, was ihn so für sich einnahm.
Liam.
Wie schon so oft auch stand er genau gegenüber von uns. Anstatt sich wie wir hinzusetzen, lehnte er dagegen und erwiderte den eiskalten Blick. Unwirklich spürte ich, wie sich ein Kloß in meinem Hals bildete. Schnell schluckte ich ihn herunter und hüpfte wieder von der Mauer herunter. Eine Bewegung, die Liam dazu brachte, mich anzusehen. Schnell senkte ich den Kopf und schulterte meine Tasche wieder. Ich wollte noch auf Toilette gehen, bevor der Unterricht anfangen würde. Außerdem war es mir mehr wie unangenehm zwischen den beiden zu sein.
Ich hatte alles im rechtzeitigen Moment getan, denn kaum hatte ich meine Sachen an mich genommen, öffnete sich die Eingangstür und Mrs. Sterling - die Schuldirektorin - und ein Mann in blauer Polizeiuniform traten heraus.
„Miss Hudson und Mr. Payne? Würden Sie uns bitte folgen?"
Mit einem ernsten Ausdruck im Gesicht bedeutete die alte Fra uns mit einer Handbewegung, näher zu treten. Verwirrt drehte ich mich zu Zayn und Niall herum, die verstummt waren und uns verwirrt musterten. Mit ein paar gemurmelten Worten, nahm Liam seinen Rucksack und trat ebenfalls näher. Es kam mir so vor, als dachte er nicht einmal auch nur eine Sekunde daran, mich zu beachten.
„Klar, worum geht es denn?"
fragte ich höflich und strich mir eine Strähne aus dem Gesicht. Meine Handflächen wurden zunehmend schwitzig, was an Liams Anwesenheit lag. Der Polizist lächelte mich im Gegensatz zu unserer Rektorin beruhigend an.
„Wir müssen Sie beide bezüglich des Brandes befragen."
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