☆>Zwei<☆
Völlig außer Atem schlidderte ich keine fünf Minuten später ins Teammeeting.
„Tut mir leid, tut mir leid, aber mein Autoschlüssel..."
„Setz dich Elif", antwortete Brian und ich ließ mich auf den letzten freien Stuhl neben meine Freundin Sherin fallen, die mir unauffällig ihre Kaffeetasse zuschob.
„Danke", flüsterte ich und versuchte einen Einstieg in das zu finden, was Brian gerade erzählte.
„So, damit wäre das Meeting beendet", schloss er gerade und ich warf erst jetzt einen Blick auf meine Uhr.
Okay, der Bus hatte wirklich lang gebraucht.
Ich erhob mich mit den anderen und versuchte, unauffällig an Brian vorbeizukommen.
„Elif?" Ich zog den Kopf ein.
„Bleibst du noch einen Moment? Ich möchte noch kurz mit dir sprechen", ertönte Brians Stimme als ich schon fast den Raum verlassen hatte.
Sherin tätschelte mir mitfühlend den Arm. „Sei stark."
„Viel Spaß!", grinste Tino, ein weiterer Arbeitskollege, gehässig, als er sich an mir vorbeidrückte, während ich mich umdrehte.
„Setz dich." Mit einer Geste wies Brian auf den Stuhl, der seinem am Kopfende am nächsten stand und schloss die Tür hinter mir. Mit hängendem Kopf ließ ich mich auf der Sitzgelegenheit nieder.
Das war's wohl. Good bye Traumjob, hallo Arbeitslosigkeit.
Schicksalsergeben sah ich meinen Chef an und versuchte den Ausdruck in seinen blauen Augen zu deuten.
„Elif." Er fuhr sich durch die dunklen Haare.
„Es tut mir leid", unterbrach ich ihn schnell.
„Ich habe verschlafen und dann ist auch noch der Schlüssel von meinem Auto abgebrochen, sodass ich den Bus nehmen musste. Ich komme nie wieder zu spät, ich verspreche es. Aber bitte kündige mich nicht."
Mit einem Blick, der ihn an einen Hundewelpen erinnern sollte, beendete ich meinen Vortrag.
Kein Mensch der Welt konnte einen Hundewelpen vor die Tür setzen.
Brian musterte mich weiter ausdruckslos, doch um seine Mundwinkel zuckte es.
„Ich hab doch noch gar nichts gesagt", meinte er schließlich. „Ich werde dich doch nicht kündigen, nur weil du zu spät zum Teammeeting kommst... so wie die letzten drei Male", schob er dann hinterher.
Peinlich berührt sah ich auf meine Finger hinab und puhlte an meinem schwarzen Nagellack.
„Was willst du denn dann", fragte ich vorsichtig und hob den Blick.
„Ich habe einen ganz speziellen Auftrag für dich", meinte Brian und anhand seines Grinsens konnte ich mir jetzt schon denken, dass mir seine Idee nicht gefallen würde.
„Ja?", fragte ich also misstrauisch.
„Ob du die Band One Direction kennst, muss ich dich wohl nicht fragen, oder?", fuhr er unschuldig fort.
Ich verzog angeekelt das Gesicht. Natürlich kannte ich die. Musiktechnisch wenig anspruchsvoller Herzschmerz-Pop-Rock, irgendwo angesiedelt zwischen To Die For und Sunrise Avenue.
Derzeit wurden sie derart gehypt, dass es nur sehr schwer war, dem ‚1D-Fever', wie die Plattenfirma es vollmundig bei der Werbung für das aktuelle Album versprach, zu entkommen.
Das Aufheben, dass um sie gemacht wurde, erinnerte mich stark an den Trubel um Tokio Hotel und ich bezweifelte, dass man, nachdem die erste Hysterie um das erste Album abgeflacht war, noch viel von One Direction hören würde.
Brian war meine Grimasse nicht entgangen und öffnete die schwarze Ledermappe, die vor ihm auf dem Tisch lag. Darin befanden sich außer einigen Papieren und einem offiziell aussehenden Brief einer Plattenfirma auch mehrere einschlägige Teeniemagazine auf denen One Direction abgebildet war.
Die neuen Düster-Rocker der Herzen titelte eine der Zeitschriften unter Bezugnahme auf den Songtext der ersten Single des Quartetts. Ich schnaubte.
„Düster-Rocker? Die sind ungefähr so düster wie einen Sommertag in der Toscana!"
Brian, dessen Musikgeschmack noch wesentlich härter angesiedelt war als meiner, gestattete sich ein Grinsen, bis ihm wieder einfiel, dass er ja den strengen Chef spielte.
Er schob eins der Magazine zu mir hinüber.
„Seite 28", kommandierte er und ich schlug das Heft an der gewünschten Stelle auf. Tourdaten lautete die Überschrift und direkt darunter prangte ein buntes Kästchen mit der Überschrift One Direction.
„Das ist meine Strafe?", maulte ich. „Ich soll eins der Konzerte besuchen und die Band hinterher interviewen?"
Gott sei Dank hatte ich dieses Ohrenwachs entdeckt, dass sämtliche Außengeräusche auf fast null herunterregelte.
„Falsch." Brian ließ ein maliziöses Grinsen sehen. „Du wirst alle diese Konzerte besuchen."
„Was?!" Geschockt sah ich ihn an und er verzog schmerzlich das Gesicht.
„Jetzt guck mich nicht so an. Ich fand die Idee auch bescheuert, aber du sollst die Band für vier Wochen auf Tour begleiten und in der darauffolgenden Ausgabe erscheint dann praktisch eine Art Tagebuch über mehrere Seiten. Die Tochter vom Big Boss ist ein riesiger Fan und wollte unbedingt was von ihren Helden in einer von Daddy's Zeitschriften lesen."
„Kann sie doch", erwiderte ich und fischte aus dem Stapel Zeitschriften zielstrebig eine heraus und pfefferte sie wieder vor ihm auf den Tisch.
„Soweit ich mich erinnere, ist da auch der Möller-Stempel drauf."
Brian schüttelte den Kopf. „Nein, sie will Insiderinfos."
Das wurde ja immer besser. „Und warum nutzt sie dann nicht Daddys Kontakte und tourt selbst mit der Band durch die Gegend?", schlug ich vor.
„Elif, Larissa ist 15!" Amüsiert musterte Brian mich.
„Passt sie damit überhaupt noch in die Zielgruppe der Band?", fragte ich mürrisch.
„Aber mal ehrlich, wie viel Insiderwissen hat denn bitte der Kram, den wir veröffentlichen dürfen, ohne dass uns deren Manager auf's Dach steigt?" Ich riss eins der Magazine an mich.
„Hier: Was ist das Beste an eurer Musikkarriere? - Dass wir nun endlich tun können, was uns am meisten bedeutet: unsere Fans mit unserer Musik glücklich zu machen. Klar, wäre auch blöd gewesen, wenn sie geschrieben hätten: Dass wir jetzt Geld wie Heu haben und jeden Abend ein anderes Groupie abschleppen können."
Ich ließ die Zeitschrift wieder sinken. „Noch Fragen?"
„Wenn du mich mal ausreden lässt." Widerwillig lehnte ich mich auf meinem Stuhl zurück und verschränkte die Arme.
„Genau das Gleiche habe ich mir auch gedacht und es war ja gar nicht sicher, ob das Management überhaupt zustimmen würde. Ich habe ihnen also in einem Brief meine", er schenkte mir ein schmallippiges Lächeln, „Idee erläutert und das hier kam zurück." Er hielt mir den Brief der Plattenfirma unter die Nase, den ich schnell überflog.
Der Verfasser des Briefs äußerte sich positiv zu der Idee und zeigte sich begeistert über das unkonventionelle Konzept unserer Zeitschrift. Die Band wäre erfreut unseren Reporter an Bord des Tourbusses begrüßen zu dürfen bla bla bla...
„Les' den letzten Absatz", riet Brian mir. Ich tat wie mir geheißen.
„Solange ich also keine Einblicke in das Privatleben der Jungs gebe oder irgendwelche gesetzeswidrige Handlungen öffentlich mache... Mein Gott, was tun die Kerle denn? Panini-Bildchen für ihr Sammelalbum klauen?"
„...Darf alles, was du schreibst, abgedruckt werden", ergänze Brian ohne auf meinen Einwurf einzugehen.
„Na wundervoll", erwiderte ich sarkastisch.
„Elif, es ist vielleicht nicht unbedingt dein Musikgeschmack, aber vielleicht sind die Jungs ja ganz nett. Sie sind zumindest in deinem Alter", versuchte Brian mich aufzumuntern.
Ich warf ihm einen vernichtenden Blick zu.
„Wer bist du, mein Vater?", frotzelte ich. „Und es gibt echt keine Chance, dass ich da herum komme? Kann Sherin das nicht machen?"
Es hätte nicht viel gefehlt und ich wäre auf den Knien vor ihm herumgerutscht.
Brian schüttelte den Kopf. „Sherin hat ne Menge anderer Dinge auf dem Zettel. Außerdem, freu dich doch, das ist doch fast wie vier Wochen Ferien."
„Ja, ganz großartig", murmelte ich. „Vier Wochen unterwegs mit einem Haufen Freaks ohne Musikgeschmack."
Nachdem mich Brian noch mit ein paar mehr Infos versorgt hatte, verließ ich den Teamraum und trottete zu meinem Schreibtisch, als ginge es zum Schaffott.
„Nimm es nicht so schwer", versuchte Sherin, die plötzlich hinter mir stand, mich zu trösten und legte mir ihre Hand auf die Schulter. Mein Kopf ruckte in ihre Richtung.
„Du wusstest davon?" Ärgerlich sah ich meine Freundin an, die verlegen mit einer Strähne ihres langen braunen Haares spielte.
„Na ja, bevor du gekommen bist, hat Brian gefragt, ob jemand von uns die Story machen möchte."
Ich stieß einen lautlosen Fluch auf meinen Wecker aus. Außerdem gab es mir einen kleinen Stich, dass ich nicht Brians erste Wahl gewesen war.
„Was hast du denn so wichtiges an der Backe, dass du dich nicht mit One Direction in ganz Deutschland rumtreiben kannst? Das ist doch sogar deine Musikrichtung, oder?", muffelte ich ungnädig.
„Also zum einen hab ich in der Zeit, in der du dann unterwegs bist eine Woche Urlaub und zum anderen hat Brian mir ein paar Interviews auf's Auge gedrückt", druckste Sherin verlegen herum.
„Ich will Namen."
„Arch Enemy und Poisonblack", sagte sie knapp und sah mich mit ihren grünen Augen unsicher an. Ich knirschte mit den Zähnen.
„Du interviewst meinen Ville? Manchmal ist Brian ein echtes Arschloch!", stieß ich hervor.
Ville Laihiala, seines Zeichens Sänger der Band Poisonblack und Mitglied der inzwischen aufgelösten Band Sentenced, war ein Bekannter von mir.
Obwohl uns ein recht großer Altersunterschied von 16 Jahren trennte, waren wir seit einem Interview, das ich in meiner Anfangszeit bei ‚Sounds of Eden' mit ihm geführt hatte, locker befreundet. Wir schrieben Emails oder telefonierten alle paar Monate einmal miteinander, und wenn Ville in London war, versuchte er immer einen Abstecher zu machen, um sich mit mir zu treffen.
„Vielleicht kannst du ja irgendwelche Termine vorschieben, um dich mit ihm zu treffen", versuchte mich Sherin zu trösten.
„Ja, akute Hörsturzgefahr ist wahrscheinlich eine überzeugende Begründung", erwiderte ich sarkastisch.
„Elif Westerman, du bist die Königin des Schwarzsehens!", zog sie mich auf, als Tino mir plötzlich von der anderen Seite des Raumes winkte.
„Hier Elif, fang!" Verdutzt fing ich die CD auf, die er mir zuwarf.
„Bis du in zwei Wochen mit den Jungs auf Tour gehst, hast du doch sicher noch Zeit eine Review zu schreiben, oder? Dann muss ich mir das Gejaule wenigstens nicht anhören", kommentierte er sein großzügiges Geschenk und lehnte sich genüsslich auf seinem Stuhl zurück.
Ich warf einen Blick auf das Cover: Made in the A.M von One Direction. Schnaubend durchquerte ich den Raum und knallte ihm die Silberscheibe wieder auf den Tisch.
„Bist du bescheuert? Ich mach doch nicht auch noch deine Arbeit!" Enttäuscht schob er schmollend die Unterlippe vor.
„Du bist so herzlos."
Auch, wenn es manchmal nicht den Eindruck machte, waren Tino und ich gut miteinander befreundet. Er hatte nur wenige Monate vor mir bei ‚Sounds of Eden' angefangen und mich in meiner Anfangszeit unter seine Fittiche genommen, so, wie ich es später bei Sherin gemacht hatte.
„Nicht traurig sein, Tinolein", neckte ich ihn und zog ihm das Zopfgummi aus den langen schwarzgefärbten Haaren, sodass sie ihm offen bis weit über die Schultern fielen.
„Hey!", meckerte er und funkelte mich mit seinen blauen Augen wütend an, bevor er mir das Gummi aus der Hand riss, um seine Haare wieder zu einem Pferdeschwanz zusammenzubinden.
„Rache ist Blutwurst", rechtfertigte ich mich.
„Und womit vertreibst du dir dann die Zeit, bis du uns verlässt?", fragte er nun und legte Made in the A.M wieder sorgfältig auf den Stapel CDs auf seinem Schreibtisch. Ich zuckte die Schultern.
„Keine Ahnung. Brian hat gesagt, ich soll die Zeit für Recherche nutzen. Was ich über so eine gepushte Retortenband allerdings recherchieren soll ist mir absolut schleierhaft. Vielleicht ihre Anzahl an gesammelten Kuscheltieren oder so." Tino lachte heiser auf.
„Die Anzahl der von ihren Fans auf die Bühne geworfenen String-Tangas", stieg er darauf ein.
„Tragen Zwölfjährige heutzutage schon Strings?" Erschrocken riss ich die Augen auf. „Unglaublich diese Jugend heutzutage!" Mein Gegenüber prustete los.
„Zu schade, dass ich nicht dabei sein kann, wenn du diese Milchbubis fertig machst."
„Du kannst gerne mitkommen", sagte ich begeistert, doch er winkte müde ab.
„Netter Versuch, aber lass mal stecken. Das Tourleben halten meine alten Knochen nicht mehr aus und Mara ist bestimmt auch nicht begeistert, wenn ich sie und den Wurm allein lasse."
Tino war Mitte 30 und seit zwei Jahren mit seiner Langzeitfreundin Mara verheiratet, die im letzten Sommer seinen Sohn David zur Welt gebracht hatte.
„Einen Versuch war es wert", seufzte ich.
***
Die nächsten zwei Wochen zogen sich dahin.
Auf Arbeit hatte ich praktisch nichts zu tun außer ein paar Handlangertätigkeiten, da Brian alle Artikel für die nächste Ausgabe an die anderen Mitarbeiter verteilt hatte.
Mein Tagebuch würde erst in der übernächsten Ausgabe erscheinen, sodass ich noch nicht mal einen Layoutvorschlag ausarbeiten konnte, weil die Marschrichtung für die entsprechende Ausgabe erst beim nächsten Teammeeting festgelegt werden würde. Dieses würde ich ja aber versäumen, weil ich mit diesen Hupfdohlen unterwegs sein würde.
Ich vertrieb mir also die Zeit im Büro, indem ich meinen unqualifizierten Senf zu einigen CDs abließ, die Tino mir aus Mitleid überließ, oder indem ich Sherin half, sich gute Interviewfragen für Ville und seine Jungs auszudenken.
Brians Ratschlag, etwas über die Band zu recherchieren, die ich die nächsten vier Wochen begleiten würde, ignorierte ich bis zu meinem letzten Arbeitstag. So hatte ich vielleicht noch Glück, dass einige der unnützen Informationen, die ich mir anlas, bis zum nächsten Tag hängen bleiben würden.
Der Ausweis, der mir uneingeschränkten Zugang zu allen Bereichen gewähren würde, die auch nur ansatzweise mit One Direction zu tun hatten, baumelte wie ein Zeichen des Bösen von meiner Schreibtischlampe als ich an meinen zunächst letzten Arbeitstag im Büro aufschlug.
Ich konnte nichts dagegen tun, morgen würde ich nach Köln fliegen, um dort auf die Band zu treffen. Vielleicht sollte ich langsam wirklich etwas über meine künftigen Begleiter in Erfahrung bringen. Vielleicht hatte einer von ihnen eine Lebensmittelallergie, die mir später noch nützlich sein könnte.
Ich stöpselte meine Kopfhörer an, wählte ein wenig Musik für meine Playlist aus und machte mich auf den Weg in die Welt von One Direction.
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Oh oh was die liebe Elif aber für eine Meinung von den Jungs hat... tz tz tz...
Ob sich das noch ändert?
Seid mir nicht böse über die Sprüche. Alle die mich kennen wissen das ich 1D total mag. Aber das ist leider das Klischee was viele verfolgen.. Milchbubis. .. können nicht singen usw... so denkt leider auch Elif noch im moment.
Ich hoffe trotzdem, dass ich euch das ein oder andere mal zum schmunzeln bringen konnte.
Ich musste beim schreiben doch schon das ein oder andere mal lachen.
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