☆>Zehn<☆

Enfolding your love in my heart
By the dawn I'll be gone
The road keeps us apart
for some time, I'll be gone

The Rasmus - Keep your heart broken

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Als es Zeit für den Einlass war, stopfte ich mir meinen Backstageausweis unter die Klamotten und schlich mich unauffällig durch eine Nebentür in den Saal. Ich hatte nicht vor, das Konzert ohne Alkohol hinter mich zu bringen und an der Bar sitzen, war mir wesentlich lieber als an der Bar zu stehen, darum zog ich mich auf einen der Barhocker und betrachtete, wie sich der Club langsam füllte.

Doch ein wenig amüsiert betrachtete ich die schnatternden Mädchen, als sich jemand mit einem hörbaren Seufzen auf den Barhocker neben mir fallen ließ.

„Hallo", begrüßte mich eine gefärbte Rothaarige, die eine Miene zur Schau trug, als wäre sie auf ihrer eigenen Beerdigung.
„Hey", grüßte ich ebenfalls und schenkte ihr einen mitleidigen Blick.

„Du siehst ja sehr glücklich aus, hier zu sein."

„Kleine Schwester", brummte mein Gegenüber und deutete irgendwo in die Menge der Schwarzgekleideten.

„Was ist deine Ausrede oder bist du Fan? Ich bin übrigens Lexi."

Ich schüttelte den Kopf. „Ich bin geschäftlich hier. Ich bin Elif."

„Gott sei Dank. Darauf trinken wir gleich einen."

Lexi wandte sich um und bestellte zwei Saure, die die Bedienung kurze Zeit später auf die Theke stellte. Grinsend prosteten wir uns zu.

„Auf einen trotzdem gelungenen Abend!"

Die Vorband, die tatsächlich aus den spindeldürren Mädchen bestand, die ich bereits in der Garderobe gesehen hatte, zerrte bereits stark an meinen Nerven. Schlimmer als schlechter Pop auf Englisch, war eigentlich nur schlechter Pop auf Deutsch. Englisch ließ sich einfach besser ausblenden, doch  der deutsche Text der Gruppe ‚Sternenfee' hämmerte sich mit jedem schlechten Reim tiefer in mein Gehirn.

Als sie dann auch noch begannen ein Lied von Bosse zu covern, stöhnte ich gequält auf.

„Rauchst du?", fragte Lexi und zog eine Schachtel Kippen aus ihrer Tasche. Ich schüttelte den Kopf.

„Nicht mehr, aber ich begleite dich gerne."

Meine neue Verbündete leerte schnell ihr Colaglas, sie musste ihre kleine Schwester später noch nach Hause fahren, und stand auf. Ich folgte ihr mit meinem Wodka-O zum Ausgang und lotste sie dann in Richtung des Durchgangs, der zum Hinterhof des Clubs führte.

Dort angekommen lehnte ich mich gegen die Mauer und sah Lexi zu, wie sie ihre Zigarette anzündete und den bläulichen Qualm tief inhalierte.

„Manchmal hasse ich mein Gewissen", sagte sie.

„Ich könnte mich bis zum Ende des Konzerts in irgendeiner netten Kneipe rumtreiben, aber ich hab meiner Mutter versprochen, dass ich während des Konzerts in Marias Nähe bleibe."

„Immerhin musst du nur ein Konzert überstehen, ich bin bei der ganzen Tour dabei", klagte ich ihr Amein Leid.

Aufmunternd tätschelte sie meinen Arm.

„Wenigstens sind die Typen ganz schnuckelig. Das war der einzige Grund, warum ich mich habe breitschlagen lassen, Maria zu begleiten. Ansonsten hätte meine Mutter mit ihr heute hierher kommen können."

Ich zuckte unbestimmt mit den Schultern.

„Ist Geschmackssache."

Kurz geisterten Svens warme blaue Augen vor meinem inneren Auge und ich zog mein Handy aus der Tasche, um zu schauen, ob er mir eventuell geschrieben hatte. Natürlich zeigte das Display keine neuen Nachrichten, allerdings erwachte das Telefon in diesem Moment zum Leben und begann in meiner Hand zu vibrieren.

Anhand der Vorwahl erkannte ich, dass es sich um eine finnische Nummer handelte.

„Terve" [Hallo], meldete ich mich mit fragendem Unterton und bedeutete Lexi, dass ich kurz telefonieren ging. Sie nickte und sah weiter auf die Straße hinaus, während sie an ihrer Zigarette zog.

„Elif, hei", tönte Villes dunkle Stimme aus dem Hörer.

Es war immer wieder ungewohnt, meinen Namen mit finnischer Betonung zu hören, da selbst mein Vater die deutsche Variante mit dem weichen ‚E' benutzte. Ich lief langsam ein paar Schritte weiter Richtung Hof.

„Ville, moi, mitä kuuluu?" ]Ville, hi, wie geht es dir?]

„Hyvä, kiitos. Entä sinulle?"  [Gut, danke und dir?]

„Wie man es nimmt", fuhr ich auf Finnisch fort.

„Ich bin mit dieser Band unterwegs und soll ein Tourtagebuch schreiben."

Ich fuhr mir durch meine inzwischen trockenen Haare.

„Deswegen macht deine Kollegin  mit uns das Interview?", erkundigte er sich.

„Ja, aber ich werde probieren, dass ich nach London kommen kann, wenn du mit den Jungs dort bist. Sei bitte nett zu Sherin, sie kann nichts dafür, dass mein Chef mich quer durch Deutschland jagt."

„Aber ich bin nett zu ihr", wunderte sich Ville.

„Du könntest dir dann auch gern mal ihre Durchwahl notieren, wenn du noch Fragen hast", tadelte ich ihn sanft.

„Wie läuft es im Studio?"

„Ganz gut. Fünf Songs sind schon fertig und müssen nur noch gemastert werden und der Rest wird auch. Zum Glück, die Stadt macht mich noch ganz verrückt und das Hotelzimmer kann ich auch nicht mehr sehen."

Ich musste grinsen. Ville hasste Helsinki, es war ihm zu groß, zu voll und im Vergleich zu seiner Heimatstadt zu unübersichtlich. Er hatte mal gesagt, dass er nach spätestens drei Tagen den Helsinki-Koller bekam. Interessanterweise hatte er auf Tour nicht solche Probleme damit.

„So lange werdet ihr doch für die Aufnahmen nicht mehr brauchen, oder?", versuchte ihn aufzumuntern.

„Vielleicht noch fünf Tage", antwortete er.

Aus dem Augenwinkel sah ich, wie Lexi ihre Kippe mit der Schuhspitze austrat.

„Hör mal, ist es okay, wenn ich dich morgen zurückrufe?", fragte ihn zerknirscht.

„Klar, kein Problem. Aber erst gegen Abend, ich bin den ganzen Tag im Studio."

„Okay, bring die Mikros ordentlich zum Glühen. Soitellaan." [Wir telefonieren]

„Kyllä. Heippä." [Ja. Tschüss.]
Ich legte auf.

„Dein Freund?", erklang plötzlich eine Stimme aus dem Dunkel und ich fuhr zusammen. Dann flackerte ein Feuerzeug auf und ich konnte kurz Liams Gesicht sehen, dann war da nur noch ein glühender roter Punkt.

„Alter, du hast mich fast zu Tode erschreckt. Machst du das immer so?"

„Manchmal?" Ich meinte ein leichtes Grinsen aus seiner Stimme heraushören zu können. Ich rollte mit den Augen.

„Dann viel Spaß auf der Suche nach neuen Opfern."

Ich ließ ihn stehen und ging zu Lexi hinüber, ließ damit seine Frage unbeantwortet.

„Da bin ich wieder", grinste ich fröhlich, während ich mein Handy wieder verstaute. Sie lächelte ebenfalls.

„Dann auf in den Kampf."

~~~~~~

Als nach der Umbaupause schließlich die Lichter im Club ausgingen und die Spots auf der Bühne an, hatte ich schon meinen zweiten Wodka-O angefangen, der sich langsam aber sicher bemerkbar machte.
Vielleicht lag es daran, dass ich mich beim Gekreische der vielen Mädchen und dem Einsetzen des Intros doch sehr stark in meine Jugendzeit zurückversetzt fühlte.

Fast erwartete ich, dass gleich The Rasmus oder HIM auf die Bühne traten, doch natürlich wurde mir dieser Gefallen nicht gewährt und stattdessen setzte sich Harry hinter die Drums, der begann einen atmosphärischen Rhythmus auf einem der Becken zu trommeln, als auch schon Louis und Niall auf die Bühne traten.

Es gab einen kurzen Lichtblitz als alle Scheinwerfer plötzlich auf volle Leistung geschaltet wurden und das Kreischen wurde ohrenbetäubend, als Liam auf die Bühne trat.

Seine Haare waren inzwischen so zerwühlt, dass er aussah als, nett ausgedrückt, hätte er in eine Steckdose gefasst. Seine Augen zierte immer noch ein Rest Kajal und für einen kurzen Augenblick erinnerte er mich an eine jüngere Version von Robert Smith.

Als Anheizer spielten die Jungs gleich ihre aktuelle Single ‚Drag me down', das einzige Lied von ihnen, dass ich überhaupt kannte.

Im Radio war es eine eher seichte Popnummer, ähnlich überproduziert wie das ‚Dark Light'-Album von HIM, in dem alle Instrumente undefiniert verschwammen, aber live gewann das Lied doch tatsächlich so etwas wie Charakter.

Lexi und ich warfen uns einen überraschten Blick zu. Auch wenn der Text immer noch klischeehaft vor Wörter triefte, übertraf doch zumindest die musikalische Interpretation meine Erwartungen.

„Ich bin... positiv überrascht", brüllte Lexi mir gegen die Bässe ins Ohr und ich nickte.

Dass die vier Jungs Charisma hatten, wusste ich ja, aber auf der Bühne drehten sie noch einmal richtig auf und selbst Harry kam aus sich heraus und drosch mit Begeisterung auf seine Drums ein.

Louis und Niall, die beide kabellose Abnehmer an ihren E-Gitarren hatten, tauschten ständig die Plätze und ich musste ein wenig lachen als Louis, der den Backgroundgesang übernahm, eilig von der anderen Seite der Bühne zu seinem Mikro hinübersprintete, weil er seinen Einsatz vergessen hatte.

Nach dem Ende des Liedes gab es einen kleinen Pyroeffekt und es wurde kurz dunkel, bevor das nächste Lied einsetzte, dem Gekreische der Mädels zu urteilen ebenfalls ein beliebtes Lied.

I'm broken, do you hear
me?
I'm blinded, 'cause you are everything I see
I'm dancin' alone, I'm praying
That your heart will just turn around
And as I walk up to your door
My head turns to face the floor

'Cause I can't look you in the eyes and say

Ich brauchte nur wenige Sekunden um zu begreifen, von wem Liam da sang. Ich musterte ihn, wie er am Mikro stand und mit dem Publikum spielte und bemerkte, dass trotz seines Lächelns, das er den ersten Reihen zuwarf, seine Augen nachdenklich blickten.

When he opens his arms and holds you close tonight

It just won't feel right
'Cause I can love you more than this, yeah
When he lays you down
I might just die inside
It just don't feel right
'Cause I can love you more than this
Can love you more than this

Neben mir wippte Lexi mit dem Fuß im Takt. Ich warf ihr einen irritierten Blick zu, obwohl auch ich begann unbewusst im Takt der Musik zu zucken. Ich leerte meinen Wodka-O. Ich hatte es ja schon immer gewusst, dieser Pop war die reinste Gehirnwäsche.

„Ich hätte nie gedacht, dass ich das mal frage, aber kommst du mit tanzen?"

Lexi war von ihrem Hocker gerutscht und deutete auf eine kleine Gruppe Mädchen, die anstatt sklavisch zur Bühne zu schauen ordentlich abtanzten.
Ich zögerte noch kurz.

If I'm louder, would you see me?
Would you lay down
In my arms and rescue me?
'Cause we are the same
You save me

Ich stellte mich ebenfalls auf meine Füße.

"Was soll's, hier kennt mich ja keiner", rief ich Lexi zu und zog sie mit zu einem freien Fleck, wo wir begannen zu tanzen.

When you leave it's gone again
And when I see you on the street
In his arms, I get weak

My body fails, I'm on my knees
Prayin'

Als das nächste Mal der Refrain ertönte, sangen Lexi und ich bereits mit.

When he opens his arms and holds you close tonight
It just won't feel right
'Cause I can love you more than this, yeah
When he lays you down

I might just die inside
It just don't feel right
'Cause I can love you more than this, yeah
I've never had the words to say
But now I'm askin' you to stay

Ich musterte Liam, der ganz in seinem Element über die Bühne wanderte. Das hellgraue T-Shirt war eine schlechte Wahl gewesen, bereits jetzt zeigten sich unter dem hellen Scheinwerferlicht die ersten Schweißflecken, was seine Fans natürlich nicht im Geringsten störte.
Lexi folgte meinem Blick.

„Oh ja, den Kerl würde ich auch nicht von der Bettkante stoßen!", sagte sie grinsend und ich wandte meinen Blick ab und schüttelte den Kopf.

„Glaub mir, nach zwei Stunden an deiner Seite willst du den Kerl sicher noch nicht mal mehr geschenkt haben."

For a little while inside my arms
And as you close your eyes tonight
I pray that you will see the light
That's shining from the stars above

And I say

When he opens his arms and holds you close tonight
It just won't feel right

'Cause I can love you more than this
'Cause I can love you more than this, yeah

When he lays you down
I might just die inside
It just don't feel right
'Cause I can love you more than this, yeah
When he opens his arms and holds you close tonight
It just won't feel right
'Cause I can love you more than this.

Ab diesem Moment hatte ich richtig Spaß auf dem Konzert.
Ich blendete aus, dass ich die Musik eigentlich nicht gut fand, ich blendete aus, dass ich mich eigentlich dem Geschehen auf der Bühne widmen sollte, um einen Konzertbericht in mein Tagebuch mit einfließen zu lassen, stattdessen tanzte ich mir nur die Seele aus dem Leib.

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Anscheinend gefällt Elif ja doch die Musik von One Direction ;)

Ich hab euch mal die Rock Version eingefügt.

Die Version haben 1D im Soundcheck mal gespielt ;) Ich liebe die Version und hätte die gerne als richtiges Lied... *schwärm*



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