☆>Vierunddreißig<☆

Am Abend hatten wir uns dazu entschlossen, eine der zahlreichen Cocktailbars unsicher zu machen. Da mir mein letztes Cocktailerlebnis noch immer in den Knochen saß, hatte ich mich dazu entschieden, bei den antialkoholischen Cocktails zu bleiben und bestellt mir als erstes einen ‚Ipanema‘, was mir von Nialls Seite ein entrüstetes Schnauben einbrachte.

„Wie langweilig“, kommentierte er meine Getränkewahl.

„Igelschnäuzchen, einer von uns muss dich doch noch ins Bettchen bringen können.“

„Pfff, das finde ich noch gut alleine und im Zweifel habe ich ja Harry“, antwortete er.

„Der trinkt ja auch nie was.“

„Fragt sich bloß, warum“, grinste Harry.

„Wäre ja vielleicht mal ne Abwechslung, wenn du mir die Schuhe ausziehen müsstest.“

Erstaunt sah ich ihn an.

„Ich hätte gedacht, du trinkst nichts wegen…“

„Weil ich Moslem bin?“, fragte er.

Ich nickte.

„Nein, ich bin nicht besonders gläubig, sehr zum Missfallen meiner Mutter.“

„Aber du isst auch kein Schweinefleisch“, merkte ich an.

„Weil ich nicht damit aufgewachsen bin. Bei mir zu Hause gab es das nie, aus Rücksicht auf meine Mutter und als ich es dann in der Pubertät irgendwann mal probiert habe, stellte ich fest, dass es mir eigentlich nicht besonders schmeckt.“

„Was der Bauer nicht kennt, das frisst er nicht“, ließ Louis oberlehrerhaft vernehmen.

„Ist es schon so weit gekommen, dass wir die Bauernweisheiten rausholen müssen?“

Plötzlich meldete sich ein Handy mit dem ‚Darth Vader Theme‘ aus Star Wars zu Wort.

„Li, Franky ruft an.“

Tatsächlich zog Liam sein Handy aus der Hosentasche.

„Du hast Darth Vader als Klingelton, wenn Franky anruft?“

Ich konnte mir das Lachen kaum verbeißen.

„Ich fand es irgendwie passend.“

Dann nahm er ab und lauschte in den Hörer, während wir anderen uns gespannt vorlehnten und probierten zu lauschen, was aber vor der Geräuschkulisse der Bar praktisch unmöglich war.

„Hm, hm, ja… nein… okay, bis dann.“

Liam legte auf und sah in die Runde.

„Ganz ehrlich, manchmal frage ich mich, warum ich diesen Zirkus mitmache.“

„Also, wann sollen wir morgen früh fertig sein?“, hakte Niall nach.

„Das hat Franky doch gesagt, ihr werdet um halb 12 abgeholt.“

„Li, wir wollen dich doch bei deinen Reitversuchen unterstützen.“

„Dazu habt ihr später noch Gelegenheit, wenn ich mit dem Gaul über den Strand zockeln darf. Von mir erfahrt ihr nichts.“

Die Bedienung, die unsere Cocktails brachte, hielt Niall davon ab noch weiter nachzubohren. Außer Harry und mir hatten alle etwas Alkoholisches bestellt, auch Liam neben mir, nippte an einem ‚Zombie‘. Die Eiswürfel klirrten, während Louis in seiner Caipirinha rührte und es senkte sich zunächst wieder Schweigen über den Tisch.

Ich ließ meinen Blick durch die Bar wandern und blieb an der kleinen Tanzfläche hängen, auf dem grade zwei Pärchen etwas unbeholfen eine Salsa versuchten.

„Möchtest du tanzen?“, fragte Louis, der meinem Blick gefolgt war.

Mit einer spöttisch hochgezogenen Augenbraue sah ich ihn an.

„Ich veranstalte da jetzt aber kein Discogehoppel, während die anderen sich mit Paartanz abmühen.“

„Das habe ich auch nicht gesagt. Kannst du Salsa?“

„Ein bisschen. Bachata und Rumba lagen mir immer etwas mehr.“

„Dann komm.“

Louis zog mich tatsächlich von meinem Stuhl hoch und steuerte mit mir die Tanzfläche an. Unwillkürlich rückten die dort bereits tanzenden Pärchen ein wenig zusammen, um uns auch genügend Platz zu bieten. Ich danke innerlich meinem Schicksal, dass ich mich nicht für die Sandalen mit dem 12cm-Absätzen entschieden hatte, denn damit hätte ich mir bestimmt die Knöchel auf dem rutschigen Boden gebrochen. Etwa unsicher legte ich meine Hand auf Louis' Schulter, während er seine auf meiner Hüfte parkte.

„Sei vorsichtig mit mir, ich habe das bestimmt seit gefühlten zehn Jahren nicht mehr gemacht.“

Er grinste breit.

„Ich auch nicht, also erwarte nicht, dass ich mich an noch viel mehr als den Grundschritt erinnere. Außerdem haben Bassisten genau wie Schlagzeuger doch kein Taktgefühl“, spielte er auf einen der vielen Musikerwitze an.

Schließlich zählte er an und wir versuchten uns zunächst erst mal nur beim Grundschritt nicht auf die Füße zu treten.

„Ich hätte nie gedacht, dass du tanzen kannst“, bemerkte ich nach einer Weile.

„Auch ich konnte dem Schicksal namens ‚Tanzschule‘ nicht entfliehen. Niall war irgendwie schlauer als ich, der hat sich irgendwie gedrückt. Vielleicht hatte ich auch einfach nur Pech, dass ich der Ältere war.“

Etwas mutiger geworden schickte er mich in einer Drehung. Die ich sogar halbwegs elegant hinter mich brachte.

„Tröste dich, ich wurde von meinen Eltern damals auch in die Tanzschule geprügelt.“

„Euch Mädels macht so etwas aber auch Spaß.“

„Aber nicht, wenn der Tanzpartner ständig durch den Mund atmet und einem seinen Zwiebelatem entgegenhaucht.“

Ich kräuselte bei der Erinnerung an Jannis, einen Typen aus meiner damaligen Clique, missbilligend die Nase.

„Meine Tanzpartnerin ist mir ständig auf die Füße getreten.“

Louis runzelte kurz die Stirn und versuchte dann eine Figur, die uns sogar halbwegs glückte.

„Hast du eigentlich über das nachgedacht, was ich dir im Flugzeug gesagt habe?“, fragte Louis plötzlich unvermittelt, sodass ich kurz aus dem Takt kam.

„Ich dachte, du mischt dich nicht in anderer Leute Angelegenheiten ein“, erwiderte ich spöttisch.

In Wahrheit hatte ich probiert, Louis' Bemerkung so gut es ging zu verdrängen. Ich hatte zwar eine dunkle Ahnung, was er mir damit sagen wollte, doch ich schob diesen Gedanken so gut es ging von mir.

„Nein, tu ich auch nicht“, sagte er und für einen kurzen Moment hatte ich den Eindruck, er wäre enttäuscht.

Doch der Gesichtsausdruck verflüchtigte sich genauso schnell, wie er gekommen war.
Er drehte mich noch einmal, wobei ich aus dem Augenwinkel einen Blick auf Liam erhaschte, der gerade auf uns zusteuerte.

„Darf ich abklatschen?“, fragte er, als er bei uns angekommen war.

„Oder legst du Wert darauf, Louis weiter über die Tanzfläche zu führen?“

Entrüstet sah ich ihn an.

„Ich führe doch nicht!“

„Doch tust du.“

„Tu ich nicht!“

„Komm, ich zeig’s dir.“

Er ging in Tanzhaltung und sah mich auffordernd an. Langsam löste ich mich von meinem Tanzpartner und legte meine Hand in seine.

„Danke für den Tanz“, bedankte ich mich über die Schulter bei Louis.

„Keine Ursache“, grinste dieser und mir wurde plötzlich klar, dass er es wohl darauf angelegt hatte, dass Liam mich seinerseits zum Tanzen aufforderte.

Ich war so mit diesem Gedanken beschäftigt, dass ich einfach stehen blieb als Liam den ersten Schritt machte und so gegen mich lief.

„Siehst du? Du lässt dich nicht führen“, schmunzelte er und löste meine zweite Hand von seiner Schulter.

„Mach dich mal locker.“

Er schüttelte meine Arme durch, bis meine Körperspannung sich ins Nirvana verflüchtigt hatte und sie sich anfühlten wie Wackelpudding.

„Was bist du? Tanzlehrer?“, murrte ich.

„Na, mit irgendwas musste ich doch im Studium etwas Geld verdienen.“

Verblüfft sah ich ihn an, reagierte dieses Mal aber, als er einen Tanzschritt machte.

„Besser“, lobte er.

Wir kamen noch dazu ein paar Salsaschritte zu machen, dann setzte langsamere Musik ein.

„Rumba?“, fragte er und legte den Kopf schief.

Zögernd nickte ich.

***

Während Salsa eher etwas Spielerisches hatte, war Rumba, richtig getanzt, purer Sex. Allein schon durch die Musik merkte ich, wie sich zwischen Liam und mir eine Spannung aufbaute, die viel mit dem ‚Cocktailabend‘ gemein hatte. Es war, als wären die sensorischen Fähigkeiten meines Körpers um ein vielfaches geschärft worden, denn ich merkte jedes Zucken seiner Hand, die auf meinem Rücken lag und mich so sanft über die Tanzfläche bugsierte.

Er und ich waren nun das einzige Paar, das sich noch an den Standardtanz hielt, die beiden anderen, waren bei der langsamen Musik  in einen Engtanz übergegangen und lagen sich knutschend in den Armen.
Ich wurde rot, als ich einen Blick auf das Pärchen neben uns warf und leckte mir unwillkürlich die Lippen. Liam war ebenfalls meinem Blick gefolgt und als wir uns beide zeitgleich abwandten, schenkte er mir ein schiefes Lächeln, was meine Augen automatisch zu seinem Mund wandern ließ. Er zog fragend die Augenbrauen hoch.

„Also, ähm, du warst Tanzlehrer?“, fragte ich etwas peinlich berührt, weil die Stille zwischen uns mir unangenehm wurde.

Interessierst du dich wirklich dafür oder mache ich dich nur nervös?“, schoss er zurück.

Sein amüsierter Tonfall holte mich zurück auf den Boden der Tatsachen.

„Ich wollte ein Gespräch anfangen, aber wenn du ea vorziehst, schweigsam zu sein…“

„Okay, ich beginne ein Gespräch: Du solltest einen Bikini am Strand tragen.“

Geschockt starrte ich ihn einen Moment an, dann wollte ich mich von ihm lösen, doch er verstärkte den Druck seiner Hand in meinem Rücken.

„Du weißt, warum ich keinen Bikini trage“, murmelte ich.

„Ja, und ich weiß auch, dass der Grund dafür völliger Schwachsinn ist. Lass die Leute doch glotzen.“

Ich schnaubte.

„Ich besitze inzwischen noch nicht mal mehr einen Bikini. Außerdem, du weißt doch gar nicht, wie das ist.“

Spöttisch sah er mich an.

„Nein, ich weiß gar nicht wie das ist, wie ein Tier im Zoo angestarrt zu werden“, entgegnete er.

„Ich bilde mir immer bloß ein, dass die Leute mich auf offener Straße angaffen.“  

Großartig, da war ich tatsächlich in ein nettes Fettnäpfchen getreten.

„Tut mir leid, so war das nicht gemeint.“

Inzwischen tappten wir ebenfalls nur noch ein einem vagen Rumbarhythmus auf der Stelle, das bemerkte ich aber erst, als Liam meine zweite Hand auf seine Schulter legte und seine Hände hinter meinem Rücken verschränkte. Nun musste ich mich ein wenig  recken um zu ihm aufzusehen, weil ich unwillkürlich näher an ihn herangezogen wurde.

„Ich weiß doch, wie es gemeint war“, sagte Liam mit einem besänftigenden Lächeln.

„Ich finde nur trotzdem, dass du dich nicht verstecken solltest.“

„Ich verstecke mich nicht!“, erwiderte ich trotzig.

„Doch, tust du“, sagte er ruhig.

Wie hieß es so schön, der Klügere gab nach? Ich antwortete also nichts mehr auf seine letzte Bemerkung.

„Schmoll nicht, Prinzessin.“

Liam löste sich von mir, als wieder schnellere Musik einsetzte, und stupste mich auf die Nase.

„Denk nur mal drüber nach.“

„Worüber ich alles nachdenken soll“, giftete ich ungehalten, was mir einen irritierten Blick seinerseits einbrachte.

Er wusste ja nichts von meinem Gespräch mit Louis.

„Lass uns zu den anderen zurück“, sagte ich dann versöhnlicher und machte mich auf den Weg zurück zu unserem Tisch.

„Na, sind die Füße noch dran?“, fragte Harry grinsend, als ich mich wieder auf meinen Platz fallen ließ.

„So grade eben“, zwinkerte ich und erntete dafür einen Rippenstoß von Liam.

Kichernd nahm ich einen Schluck von meinem Cocktail und zog eine Grimasse, denn trotz der Eiswürfel war mein Getränk inzwischen lauwarm und dank des Eises auch noch verwässert. Ich schob das Glas von mir.

„Was ist Elif, bist du bei der zweiten Runde dabei?“

Niall wedelte mit seinem leeren Glas Richtung Bedienung, die sofort auf uns zugeschlendert kam und die Bestellungen aufnahm.

„Ich hätte gern einen ‚Sex on the beach‘“, sagte ich als sie sich mit Zettel und Stift mir zuwandte.

„Da bist du nicht die Einzige“, verkündete Liam mit dem Hauch eines Schnurrens in der Stimme.

Ein wenig panisch sah ich ihn an. Ich legte immer noch keinen Wert darauf, dass der Rest der Band erfuhr, was in der Nacht vor Kiel zwischen Liam und mir geschehen war. Gleichzeitig merkte ich, wie ich vor Verlegenheit feuerrot bis zum Haaransatz wurde. Dieser Kerl brachte mich einfach aus dem Konzept. Ich ließ meinen Blick über die Jungs gleiten die, wie mir schien, alle wissend grinsten.

„Ich sage es dir ja nur ungern, aber ich denke daraus wird nichts“, antwortete ich also und versuchte so gelassen wir möglich dabei zu wirken.

Überrascht zog er die Augenbrauen hoch.

„Warum, meinst du, denen geht der Fruchtsaft aus? Ich habe von dem Cocktail gesprochen oder an was hast du jetzt gedacht?“

Irgendwie schaffte er es, die Frage völlig unschuldig zu stellen, sodass meine entgeisterte Miene und mein kurz darauf wieder hochroter Kopf bei Louis, Niall und Harry für lautes Gelächter sorgten. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass ich mir grade mein eigenes Grab geschaufelt hatte.

„Ich nehme dann auch einen ‚Sex on the beach‘“, bestellte Liam bei der Kellnerin, die nickte und davon eilte.

„Elif, das muss dir doch nicht peinlich sein“, gluckste Harry jetzt.

„Wir wissen doch alle, dass Li alle Weiber um den Verstand bringt.“

„Genau, Elif, warum bist du denn so rot?“, erkundigte sich Liam mit Unschuldsmiene.

„Ich kommentiere das nicht weiter!“, schmollte ich.

„Schade, es ist niedlich, wenn du rot wirst.“

Ich sah den Schalk in Liams Augen glitzern.

„Nett, und ich denke, dass es niedlich ist, wenn du blau anläufst, zischte ich zurück.

„Bitte nicht diese fürchterliche Sprache!“, stöhnte Niall.

„Halt die Klappe!“, antworteten Liam und ich im Chor.

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Wir haben #Eliam Momente und für die #Lif Shipper ist auch was dabei.

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