☆>Siebzehn<☆
„Da seid ihr ja, dann kommt mal mit.“
Liam und ich tauschten einen besorgten Blick aus und trotteten ihm hinterher.
In einem kleinen Konferenzraum ließen wir uns an einem runden Tisch nieder.
„So ihr Beiden. Könnt ihr mir einmal bitte kurz erklären, was das hier ist?“, fragte Franky und warf einen Stapel Papier auf den Tisch.
Es handelte sich um Ausdrucke der Fotos, die derzeit im Internet kursierten. Weder Liam noch ich griffen danach.
„Also?“, fragte Franky abermals.
„Fotos von Elif und mir“, ergriff Liam das Wort.
Auf sein Gesicht war ein störrischer Ausdruck getreten und seine Lippen waren zu einer schmalen Linie zusammengepresst.
„Elif?“
Franky sah mich an. Ich hatte ihn bis jetzt nur als den lockeren, väterlichen Typ kennen gelernt, doch plötzlich erkannte ich, dass er auch durchaus anders konnte. Seine blauen Augen ließen in diesem Moment kein Zeichen von dem amüsierten Blinzeln erkennen, was ihnen sonst häufig innewohnte.
Ich zuckte die Schultern.
„Gut, ich frage anders: Wie kommt ihr auf die Idee mitten in Münchens Innenstadt in einen Springbrunnen zu springen!?“
„Ich bin nicht gesprungen, ich wurde reingeworfen“, verteidigte ich mich.
„Und ich bin wegen ihr reingefallen“, meldete sich Liam zu Wort.
„Das ist mir jetzt völlig egal“, herrschte Franky uns plötzlich so wütend an, dass ich erschrocken den Kopf einzog.
Liam verzog nur die Lippen zu einem trotzigen Lächeln.
„Habt ihr was miteinander?“
Ich schnappte nach Luft angesichts dieser unverblümten Frage und wurde langsam echt sauer. Was hatte ihn das denn bitte zu interessieren?
„Was geht dich das denn an?“, fauchte ich kampflustig und sah sofort an seinem Gesichtsausdruck, dass das nicht die Antwort war, die er hören wollte.
„Das kann dir vielleicht Liam erklären. Payne, du erinnerst dich doch an das Gespräch, was wir damals geführt haben, oder?“
Liams Augen verdunkelten sich. Jetzt war er richtig wütend.
„Ja, ich erinnere mich daran. Und ich darf dich noch mal daran erinnern, dass ich schon damals dieser Sache nicht zugestimmt habe. Und wenn ich die Kaiserin von China ficken würde, ginge das immer noch niemanden was an. Außerdem, warum führen wir dieses Gespräch überhaupt? Elif und ich, das ist doch absurd!“
Sein letzter Satz versetzte mir doch einen leichten Stich.
„Ach ja, ist es mein drittes Auge auf der Stirn, was du so abstoßend findest, oder was?“, schnappte ich beleidigt, weil er es in meinen Augen genauso wahrscheinlich darstellte eine Beziehung mit mir zu haben wie ohne Sauerstoff auf dem Mond zu überleben.
„Das hilft jetzt gerade kein bisschen“, knurrte Liam auf deutsch zur Antwort.
Franky sah zwischen uns beiden hin und her.
„Ich glaube, ich habe mich klar ausgedrückt. Noch mal solche Fotos und das Management muss die Konsequenzen ziehen.“
Er stand auf und verließ den Raum.
„Argh!“
Kaum hatte Franky die Tür hinter sich geschlossen stieß Liam einen lauten Schrei aus, sprang von seinem Stuhl auf und zündete sich mit hektischen Bewegungen eine Zigarette an. Danach tigerte er hinter meinem Rücken auf und ab.
Angesichts seiner Laune verzichtete ich, ihn darauf hinzuweisen, dass in diesem Konferenzraum das Rauchen sicherlich nicht erlaubt war und erhob mich ebenfalls, um mich dann mit dem Gesicht zu ihm auf dem Tisch niederzulassen.
„Was hat Franky mit diesem Gespräch gemeint?“, fragte ich vorsichtig, nachdem ich meinen Stolz hinuntergeschluckt hatte.
Liam hielt kurz inne, zog wieder kurz an seiner Zigarette und stieß mit einem Seufzen den Rauch aus.
„Er meint damit, dass es dem Management äußerst recht wäre, wenn ich bis zum Ende meines Lebens Single bleibe. Dann verkaufen sich die Platten besser.“
Er grinste schief und kratzte sich an der Stirn.
Verblüfft sah ich ihn an.
„Nicht ernsthaft.“
„Doch.“
„Aber mal ganz ehrlich, wenn die Gerüchte, die man so im World Wide Web findet, was deine Frauengeschichten angeht, stimmen, da müsste dich die Plattenfirma doch schon lange gefeuert haben?“
„Nur 50% sind wahr“, wiegelte er ab, was immer noch eine beträchtliche Zahl darstellte.
„Keine Ahnung, vielleicht liegt es daran, dass du halt auch mit uns tourst oder weil ich sämtliche meiner… ‚Bekanntschaften‘ auf irgendwelche Events kennen gelernt habe, zu denen wir plötzlich eingeladen wurden, und mich ansonsten nie öffentlich mit ihnen gezeigt habe. Vielleicht ist das Label deswegen nervös geworden.“
Er zuckte die Schultern.
„Franky bekommt auch nur Druck von oben. Aber mal ehrlich: Wir beide? Das ist doch verrückt. Du hast deinen Freund und ich…“
Er verstummte nachdenklich. Wahrscheinlich dachte er an Lina.
Offensichtlich hatte er mein Telefonat mit Ville wirklich in den falschen Hals gekriegt. Ich hätte die Sache auf sich beruhen lassen, aber Harry und Niall wussten ja schließlich auch, dass ich Single war.
„Ich habe keinen Freund“, platzte es also aus mir heraus.
Er runzelte die Stirn.
„Aber wer ist dann dieser Sven, von dem du erzählt hast? Der, der einfach aufgelegt hat?“
Er hatte sich inzwischen eine Untertasse von dem bereitgestellten Kaffeeservice genommen und aschte darauf seine Zigarette ab.
Ich seufzte.
„Das scheint sich dank der Fotos erledigt zu haben.“
Ich hatte am Nachmittag versucht Sven zu erreichen, doch er hatte mich weggedrückt.
„Oh shit.“ Betreten sah Liam mich an.
„Das tut mir leid.“
Ich zuckte die Achseln.
„Wir waren nicht zusammen. Er hat mir noch nicht mal die Gelegenheit gegeben irgendwas zu erklären. Also wird es wohl besser so gewesen sein“, griff ich Sherins Argumentation auf, auch wenn ich nicht wirklich überzeugt dahinterstand.
„Hmm“, murmelte Liam nachdenklich und drückte seine Zigarette aus.
„Lass uns gehen, die anderen platzen sicher schon vor Spannung, was denn nun los ist.“
Liams und Louis' Zimmer lag direkt neben meinem. Nachdem er laut geklopft hatte, schob er die Schlüsselkarte ins Schloss, öffnete die Tür und bedeutete mir einzutreten.
Das Zimmer sah ähnlich chaotisch aus wie der Bus. Überall lagen verstreute Klamotten, Bücher und sonstiges was man in der Hand halten und dann an Ort und Stelle fallen lassen konnte, wenn man es nicht mehr brauchte. Louis und Niall saßen mit je einer Gitarre auf dem Bett, während Harry auf etwas hockte, was ich als Cajon identifizierte, eine Art Holzkasten, der bei Akustikgigs gern von den Musikern als Schlagzeugersatz genutzt wurde.
Dank Liams Klopfen sahen sie alle zur Tür als wir eintraten.
„Hey, ihr lebt noch!“, war Harrys erster Kommentar.
„Louis, her mit dem Zehner!“
Dieser zog mit bedauernder Miene einen Schein aus seiner Hosentasche und reichte ihn weiter.
„Die Firma dankt“, grinste Harry und steckte den Zehner ein.
„Was hat Franky gesagt?“, fragte Niall neugierig.
Ich setzte mich zu ihm und seinem Louis auf’s Bett, während Liam im Raum stehen blieb und die Schultern zuckte.
„Das ihr nen neuen Sänger kriegt, wenn Elif und ich noch mal zusammen fotografiert werden.“
„Im Ernst?“, fragte Niall nach, der mal wieder etwas spät schaltete.
„Ja, du Vogel, dann wird Nadine eure Sängerin“, scherzte ich, was Harry ein leises Lächeln entlockte.
„Bei Frankys Boss weiß man nie!“, murrte Niall beleidigt.
„Ach Kleiner, nicht böse sein“, bat ich mit Hundeblick.
„Also, das war alles? Franky hat dir auf die Finger geklopft, damit du dich an die Fans erinnerst, die davon träumen, dass du dich irgendwann unsterblich in sie verliebst?“, hakte Harry noch einmal nach.
Ich prustete los. Aus seinem Mund klang das noch viel lustiger, als wenn ich über so etwas Witze riss.
Liam rollte mit den Augen und nickte.
„Ich weiß sowieso nicht, wie dieser Typ darauf kommt, dass Liam und ich was miteinander hätten“, meldete ich mich zu Wort.
„Wir haben uns gegenseitig im Brunnen versenkt und nicht öffentlich unsere Liebe gestanden. Ein Blinder mit nem Krückstock sieht doch, dass da von keiner Seite aus Interesse besteht.“
Was Liam konnte, konnte ich schon lange. Ein Blick zu ihm hinüber zeigte mir, dass ich damit auch seinen männlichen Stolz verletzt hatte, denn er schaute, als hätte er in eine Zitrone gebissen.
„Hast du eigentlich unseren wahnsinnig tolles Akustikset im Radio gehört?“, wechselte Louis hastig das Thema.
„Nein“, antworte ich und ließ mich rückwärts auf’s Bett fallen, nachdem ich einen Pullover auf den Boden geschmissen hatte, der darauf gelegen hatte.
„Ich hab geschlafen.“
„Du hast nicht unsere wahnsinnig tolle Version von ‚Don’t look back in anger‘ gehört?“
Ich hob den Kopf.
„Louis, was genau ist an ‚Ich habe geschlafen‘ so missverständlich?“
„Möchtest du sie jetzt hören?“, erkundigte er sich begierig und griff schon wieder nach seiner Gitarre, die er zuvor beiseite gelegt hatte.
Zögernd setzte ich mich auf und nickte.
Liam stöhnte.
„Komm schon, Alter, muss das jetzt sein?“
Doch Louis hatte schon begonnen auf der Gitarre herumzuzupfen und Harry trommelte auf der Cajon herum. Niall bückte sich und klaubte etwas vom Boden auf.
„Hier, fang!“
Er warf mir einen Tamburin zu und fing dann ebenfalls an zu spielen.
„Los, Li!“, feuerte er Liam an, der sich daraufhin seufzend auf einem Stuhl niederließ und begann zu singen.
Ungewollt kroch mir eine kleine Gänsehaut den Rücken hinauf. Liams Stimme einfach nur von den beiden Gitarren untermalt war noch einmal eine Klasse für sich. Eher vorsichtig schlug ich einen langsamen Takt mit dem Tamburin, weil ich Angst hatte, die Atmosphäre zu stören.
Inzwischen hatte Liam die Augen geschlossen. Er saß entspannt auf dem Stuhl, der mir praktisch gegenüber stand, die Unterarme auf seine Oberschenkel gestützt und verlor sich ganz in der Musik. Als er zum Refrain ansetzte, sah ich, wie seine Halsmuskulatur sich anspannte und ein leidenschaftlicher Ausdruck auf sein Gesicht trat.
Bei der nächsten Strophe öffnete er seine Augen wieder und sah mir kurz in die Augen.
Take me to the place where you go
Where nobody knows
If it's night or day
Please don't put your life in the hands
Of a Rock and Roll band
Who'll throw it all away
Die letzten Zeile entlockte ihm ein schiefes Lächeln, was ich erwiderte. Passender hätte der Text ja nicht sein können. Unbewusst formten meine Lippen den Text des nächsten Refrains mit.
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Was sagt ihr dazu was Franky gesagt hat?
Die Version hört sich ungefähr so an von dem Lied, hab ich euch ja mit eingefügt ;)
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