☆>Sechsundzwanzig<☆

So pass slowly
And let me down easy
Render me lonely
When you’re not around

Seether - Pass slowly

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„Elif? Elif!“

Murrend schlug ich nach der Hand, die mich in die Rippen piekste und kuschelte mich wieder gegen meine gemütliche und gut riechende Schlafunterlage.

„Wach auf, ansonsten passiert gleich ein Unglück.“

Verwirrt zwinkerte ich und fand mich noch immer auf meiner Couch wieder, der Fernseher zeigte grade den Abspann der DVD. Louis hatte sich über mich gebeugt und war offensichtlich auch der pieksende Übeltäter.

„Ich glaube, dein Kopfkissen würde gern mal ins Bad“, sagte er grinsend, woraufhin ich mich verwirrt hochrappelte.

Sofort rutschte Liam vom Sofa und machte sich etwas steif auf den Weg zur Toilette.

„Da geht er hin, der Mann mit der Blase aus Stahl!“, rief Louis ihm hinterher.

Liam zeigte ihm, ohne sich umzudrehen den Mittelfinger und schloss dann die Tür hinter sich.

„Er hätte doch was sagen können“, murmelte ich verschlafen und setzte mich auf.

„Er wollte dich nicht wecken“, antwortete Harry und wackelte bedeutungsvoll mit den Augenbrauen.

Ich runzelte die Stirn und warf einen Blick zu Louis und Niall hinüber, die ebenfalls wissend grinsten.

„Was?“, fragte ich, die drei schwiegen sich allerdings aus.

Augenrollend nahm ich einen Schluck aus meinem Wasserglas.

Kurze Zeit später hörte man die Badtür ein zweites Mal gehen und Liam den Flur hinuntertappen.
Als er das Wohnzimmer wieder erreichte, blieb er zunächst in der Tür stehen.

„Vielleicht sollten wir Elif jetzt schlafen lassen“, schlug er vor.

„Je schneller wir weg sind, desto weniger Gefahr besteht, dass sie uns in ihrer Postsomnumphase anfällt.“

„Boah, Liam, kannst du dich auch mal besser ausdrücken?“, beschwerte sich Niall.

„Ich meine damit, dass Elif nach Sherins Aussage ziemlich ungemütlich nach dem Aufstehen werden kann.“

Empört schnappte ich nach Luft.

„Da, seht ihr, es geht schon los. Nicht böse sein.“

Er zwinkerte mir zu.

„Ja ja, schon klar“, seufzte ich und gähnte noch einmal herzhaft.

Die Jungs sammelten nach Liams Ansage tatsächlich ihre Sachen zusammen, bestellten ein Taxi und gingen in den Flur um ihre Schuhe anzuziehen. Ich folgte ihnen und lehnte mich gegen die Wand, um möglichst nicht im Weg zu stehen.

„Was machen wir denn morgen?“, fragte Niall neugierig und sah mich an.

„Ich weiß ja nicht, was ihr macht, aber ich fahre morgen meine Eltern besuchen. Die haben beide Urlaub und haben mich eingeladen. Ihr werdet euch also allein beschäftigen müssen.“

„Na, das werden wir wohl hinkriegen“, meldete sich Harry zu Wort.

„Viel Spaß bei deinen Eltern, wir sehen uns dann übermorgen.“

„Kommt gut nach Hause.“

Ich umarmte die vier der Reihe nach und schloss dann die Wohnungstür.

Im Wohnzimmer räumte ich noch schnell den Müll zusammen, dann machte ich mich langsam bettfertig. Nach der Stunde Schlaf an Liams Schulter fühlte ich mich noch müder als vorher.
Zufrieden kuschelte ich mich in mein Kissen. Endlich mal ausschlafen.

***

Am nächsten Tag faulenzte ich in aller Seelenruhe vor mich hin, bis ich mich auf den Weg zu meinen Eltern machte. Sie wohnten außerhalb des Zentrums, also entschloss ich mich, ein Taxi zu nehmen.

Als ich bei meinen Eltern ankam, goss meine Mutter im Wohnzimmer gerade die Blumen, sodass sie mich kommen sah. Sie winkte fröhlich und machte sich auf den Weg zur Haustür, die sie öffnete, bevor ich sie erreichte.

„Elif!“

„Hey Mama.“

Wir umarmten uns und ich trat in den Flur, wo ich von Musta, dem schon etwas betagtem Kater meiner Eltern begrüßt wurde, der mir maunzend um die Beine strich.

„Hey Dickerchen, bekommst du mal wieder keine Streicheleinheiten?“

Vorsichtig nahm ich ihn auf den Arm, was er mit einem zufriedenen Schnurren quittierte. Er war die einzige Katze, die ich kannte, die sich wohler dabei fühlte auf dem Arm eines Menschen wie ein Stofftier durch die Gegend geschleppt zu werden als katzentypisch seine eigenen Wege zu gehen.

„Arttu, Elif ist da“, rief meine Mutter die Treppe hinauf.

„Wir essen jetzt.“

Wie üblich antwortete mein Vater nicht, sondern kam einfach die Treppe hinunter. Dann nahm er mich kurz in den Arm.

„Schön dich zu sehen.“

Meine Mutter hatte sich zur Feier des Tages mal wieder voll in der Küche ausgetobt. Obwohl das Wetter eigentlich nach einem leichteren Essen verlangte, gab es Rinderrouladen mit Kartoffeln und Gemüse. Noch während meine Mutter uns die Rouladen auf den Teller legte, sprach sie bereits vom Nachtisch.

„Also, wie ist es denn jetzt, mit dieser Band auf Tour zu sein?“, erkundigte meine Mutter sich, als sie sich schließlich setzte.

Ich hatte meine Eltern von unterwegs nur einmal kurz angerufen, um ihnen zu sagen, wann ich in Hamburg sein würde, und hatte dabei so gut wie nichts erzählt.

„Es ist ganz okay“, sagte ich nach einer kurzen Pause und lächelte, als ich daran dachte, dass ich bei dem Konzert in Berlin sogar den Soundcheck an den Drums hatte machen dürfen.

„Die Jungs sind in Ordnung und sehr nett.“

„Warum wählt dein Chef dich um den Bericht zu schreiben? Habt ihr keine Männer im Büro?“, grummelte mein Vater.

So war es bei uns immer gewesen, meine Mutter sprach mit mir Deutsch mit meinem Vater Englisch und ich hielt es genauso. Sherin war immer völlig fasziniert davon, wenn sie mir in Gesellschaft meiner Eltern begegnete und kaum mehr als drei Sätze in derselben Sprache gewechselt wurden.

„Weil ich die Beste für den Job bin. Mach dir keine Sorgen, die Ehre deiner Tochter wurde nicht beschädigt“, scherzte ich.

Mein Vater warf mir einen scharfen Blick zu, der mich unruhig auf dem Stuhl hin und her rutschen ließ.

„Okay, niemand wollte die Story machen und ich war zu spät…“, gab ich seufzend zu und schob mir eine Gabel Broccoli in den Mund.

Nun zeigte sich auf dem Gesicht meines Vaters der Ansatz eines Lächelns.

„Dein Vater macht sich doch nur Sorgen um dich“, sagte meine Mutter versöhnlich.

„Weiß ich doch, aber es besteht gar keine Gefahr. Sie haben nicht vor, mich in einer Nacht und Nebel-Aktion irgendwelchen heidnischen Gottheiten zu opfern noch mich ins Ausland zu entführen.“

Damit war das Thema, zumindest für den Rest des Essens, zunächst beigelegt.
Hinterher half ich meiner Mutter den Tisch abzuräumen, während mein Vater sich wieder irgendwelchen Basteleien im Obergeschoss widmete.

„Wie geht es Sherin?“, fragte meine Mutter, während wir gemeinsam den Geschirrspüler einräumten.

„Gut, ich glaube, sie hat einen neuen Freund“, antwortete ich und stellte den letzten Teller zu den anderen.

Erstaunt zog meine Mutter die Augenbrauen hoch.

„Ach echt? Ich dachte, sie wäre für alle Zeiten in diesen Keyboarder verschossen?“

Ich erzählte in der Kurzfassung wie ich Thomas kennengelernt hatte und von seiner frappierenden Ähnlichkeit mit Tuomas.

„Diesen Kerl gibt es zweimal? Vor diesen langhaarigen Bombenlegern ist man auch nirgendwo sicher, oder?“

Meine Mutter grinste breit, während sie den Tisch wischte.

„Mama!“, tadelte ich sie.

Meine Mutter tat nur so bieder. In Wirklichkeit hatte sie meinen Vater, der damals noch ziemlich langhaarig gewesen war, auf dem Konzert irgendeiner inzwischen längst vergessenen Metalband während ihres Au-Pair-Jahres nach der Uni in London kennen gelernt. Ich hatte meine Vorliebe für harte Riffs und ausschweifende Gitarrensolos praktisch schon mit der Muttermilch aufgesogen.

„Was ist mit dir? Ist da jemand in Aussicht?“

Ich folgte meiner Mutter ins Wohnzimmer und ließ mich auf die Couch fallen.

„Nein, eigentlich nicht“, sagte ich zögerlich.

„Eigentlich?“, hakte meine Mutter sofort nach.

„Nein, da ist niemand!“, verbesserte ich mich gleich, was sie mit einem wissenden Lächeln quittierte.

Allerdings bohrte sie nicht weiter nach, wofür ich sehr dankbar war. Meine Mutter hatte in den über 25 Jahren Ehe mit meinem Vater gelernt, dass es bei uns beiden klüger war, zu warten, bis wir ihnen etwas von uns aus erzählten.

Den Rest des Nachmittags ließ ich mich von meiner Mutter mit dem neusten Klatsch über die Familie und Kuchen füttern. Als mein Vater nach draußen ging um die Pflanzen im Garten zu wässern, schloss ich mich ihm an. Stumm standen wir nebeneinander, während das Wasser aus dem Schlauch auf die Pflanzen niederrieselte.

„Was ist los?“, fragte mein Vater nach einer Weile.

Unsicher zuckte ich mit den Schultern. Ich wusste es selbst nicht so recht. Ich fühlte mich, seitdem ich mit meiner Mutter über Sherin und ihre neue Beziehung gesprochen hatte, irgendwie allein.

„Ich weiß es nicht“, antwortete ich also und pustete mir frustriert eine Haarsträhne aus dem Gesicht.

Mein Vater schwieg und begann, die nächste Pflanze systematisch zu ertränken.

„Es ist… Ich glaube, ich beneide Sherin.“

„Warum?“

„Sie ist verliebt und Thomas mag sie auch und… Ich bin eine schreckliche Freundin.“

„Das ist reiner Unsinn, Schatz.“

Mein Vater ließ den Hauch eines Lächelns sehen.

„Es zeigt doch nur, dass du langsam wieder bereit für eine Beziehung bist“, fuhr er dann fort.

„Deine Mutter und ich haben uns wirklich Sorgen um dich gemacht, als du dich von Jasper getrennt hast, weißt du?“

Erstaunt sah ich ihn an.

„Wirklich? Warum?“

„Nach dem Unfall hast du alle von dir gestoßen, auch uns und wir hatten gehofft, dass Jasper dir hilft, das Ganze durchzustehen und zu verarbeiten. Und dann erzähltest du uns, dass du mit ihm Schluss gemacht hast. Deine Mutter hatte ganz schön Angst um dich.“

Mein Vater klappte den Mund wieder zu. Für seine Verhältnisse war das eben Gesagte eine ganze Rede. Ich blieb stumm. Ich hatte mir nie Gedanken darüber gemacht, was meine Trennung von Jasper für meine Eltern bedeutet haben könnte.
Ich spürte, wie mein Handy in meiner Hosentasche vibrierte und zog es verlegen hervor, um die SMS zu lesen.

Hey. Und, die Nachbarschaft deiner Eltern schon in Angst und Schrecken versetzt? ;) Liam

Lächelnd tippte ich meine Antwort ein.

Hey. Sämtliche Nachbarn erfolgreich in die Flucht geschlagen. Womit hab ich die SMS verdient?

Die Antwort kam prompt.

Die anderen sind shoppen gegangen und ich hab es nur bis ins nächste Café geschafft und langweile mich. Die Bedienung hält mich bestimmt für einen Massenmörder, weil ich die Sonnenbrille nicht abnehme, die guckt schon ganz komisch.

Kopfschüttelnd blinzelte ich gegen die Sonne. Es gab bestimmt mehr Menschen als ihn, die mit Sonnenbrille draußen saßen.

Du bist sicher der erste Mensch mit Sonnenbrille, den sie je zu Gesicht bekommen hat.

Ich habe mir gedacht, dass diese großartige Errungenschaft noch nicht so bekannt in Hamburg ist. :P Wann bist du heute Abend wieder zu Hause?

Verwirrt starrte ich auf das Display. Warum wollte er wissen, wann ich wieder zu Hause war?

Plötzlich stand mein Vater wieder neben mir, der offenbar inzwischen alle Pflanzen mit Wasser versorgt hatte.

„Hast du einen Geist gesehen?“

Ich schüttelte den Kopf.

„Nein.“

Er verstand, dass ich nicht darüber sprechen wollte, nickte und rollte den Schlauch weiter auf.
Unschlüssig sah ich erst auf die Uhr und dann auf mein Handy.

Ich denke, ich bin in ungefähr 2 Stunden wieder zurück. Warum?

Diesmal dauerte die Antwort länger.

So wie ich die anderen kenne, ist nach deren Shoppingmarathon heute Abend nicht mehr viel los. Und da ich ja den ganzen Tag relaxt habe, bin ich bereit für neue Schandtaten. :D

Schandtaten? Und ich dachte schon, du willst nach nem Date fragen. ;)

Warum sollte ich meine Freundin nach einem Date fragen?

Völlig perplex ließ ich das Handy sinken, dann las ich die SMS noch mal. Da trudelte schon die zweite Nachricht ein.

Guck nicht so geschockt. ;) Ich hab’s im Internet gelesen, also muss es stimmen. ;) Bevor ich dafür sorge, dass du zu deinen Eltern übersiedelst: Ich würde einfach gern heute Abend noch was ohne die Jungs unternehmen und dachte, dir ist heute Abend vielleicht auch langweilig.

Seltsamerweise war ich ein wenig enttäuscht, dass er einen Rückzieher machte und mich so auf den Boden der Tatsachen holte.

Woher weißt du, wie ich gucke? Ich melde mich, wenn ich zu Hause bin.

Ich kenne dich. :)

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Sooo na was sagt ihr?

Die beiden alleine unterwegs... geht das gut?

Was denkt ihr, wie wird der abend verlaufen zwischen Liam und Elif?

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