☆>Fünfunddreißig<☆
What am I supposed to hide now?
What am I supposed to do?
Did you really think I didn't see this through?
Tell me should stick around for you
Tell me I could have it all
I'm still too tired to care and I gotta go
Stone Sour - ZZyzx Rd.
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Als ich am nächsten Morgen aufwachte, strahlte mir die Sonne von meinem Fenster her entgegen. Ehrlich gesagt verspürte ich nur wenig Lust, heute in einem stickigen Fernsehstudio herumzutreiben, um den Jungs dabei zuzusehen, wie sie in einem grellgrünen Kasten ein bisschen Playback spielten.
Während ich in meinem Bett lag, an die Decke starrte und langsam wach wurde, ließ ich den vergangenen Abend Revue passieren.
Liam war sprunghaft wie eh und je. In einem Moment verhielt er sich völlig normal mir gegenüber, im nächsten Moment ließ er vor den anderen anzügliche Bemerkungen fallen und im nächsten war es eine beiläufige Berührung, wie zum Beispiel, als er mir meinen frischen Cocktail reichte, und seine Blicke dazu, die mich völlig aus dem Konzept brachten und dafür sorgten, dass ich mich doch ernsthaft fragte, was er in mir sah.
Ich rappelte mich auf, als mein Blick auf den Stuhl fiel, der an dem kleinen Schreibtisch an der gegenüberliegenden Wand stand. Ich zwinkerte, doch der moosgrüne Bikini hing immer noch dort.
Mit einem Satz sprang ich aus dem Bett und riss den Zettel ab, der auf den Bügel gepinnt war.
Ich weiß, du hast sowieso nicht die beste Laune, weil du gerade aufgestanden bist, aber guck mal aus dem Fenster: Du bist in Spanien, die Sonne scheint und hübsche Mädchen wie du sollten einfach nicht in einem Badeanzug rumlaufen. :)
Also: keine Ausreden mehr!
Liam
Sprachlos starrte ich erst auf den Zettel, dann auf den Bikini.
Wann hatte er den denn besorgt und er erwartete doch nicht ernsthaft, dass ich ihn tragen würde, oder?
Innerlich schlug mein Herz gerade einen Purzelbaum. Er hatte mir etwas geschenkt. Sofort schaltete sich jedoch mein Kopf wieder ein.
Liam war ein Mann, dass er mir ein Kleidungsstück schenkte, das mehr freie Haut von mir zeigte, war zwar auf der einen Seite schmeichelhaft, aber auf der anderen doch nichts anderes als Fleischbeschau. Wahrscheinlich passte der Bikini sowieso nicht.
Ich warf einen Blick auf's Größenschild. Entweder hatte der Wischmopp ein gutes Augenmaß, zu viel Glück oder er hatte mich und meine Unterwäsche gestalkt, denn natürlich hatte der Bikini die passende Größe.
Misstrauisch hakte ich den Bügel vom Stuhl los und drehte ihn auf Augenhöhe hin und her, als mir ein Gedanke kam. Wie war Liam hier eigentlich reingekommen?
Auch wenn ich nicht wirklich daran glaubte, kontrollierte ich mit dem Bikini in der Hand, ob auf dem Balkon eventuell irgendwo ein Seil aus zusammengeknoteten Bettlaken hing. Tat es natürlich nicht, also musste er irgendwie durch die Tür geschlichen sein.
Eigentlich war es erschreckend, wie einfach es zu sein schien, sich zu einem fremden Zimmer Zutritt zu verschaffen.
Unschlüssig drehte ich mein Geschenk in den Händen hin und her.
Mit einem frustrierten Aufschrei warf ich ihn auf's Bett, wo er liegen blieb und mir unschuldig von dem weißen Laken entgegen leuchtete. Schön war er ja und ich hatte schon so lange keinen mehr getragen.
Ich löste das Oberteil vom Bügel und zog mir mein Schlafshirt über den Kopf, bevor ich den Bikini im Rücken und im Nacken schloss und mich vor den Spiegel stellte. Da es trotz Klimaanlage im Zimmer doch recht warm war, hatte ich zum Schlafen weite Boxershorts gewählt. Das orange-braune Muster darauf biss sich fürchterlich mit dem grünen Bikinioberteil, konnte aber nicht kaschieren, dass die Farbe mir wirklich gut stand.
Nur meine Narben, die sich hell von meiner Haut abhoben, störten das Gesamtbild.
Ich fuhr mit dem Finger über die erhabene sternförmige Narbe auf meinem vorderen Rippenbogen. Wenn solche Narben nicht so blöd zu tätowieren gewesen wären, wäre meine eine Körperhälfte wohl inzwischen schon lange schreiend bunt tätowiert.
Langsam schob ich mir die Boxershorts von den Hüften und stieg in das Höschen, dann drehte ich mich vor dem Spiegel einmal um meine eigene Achse.
Eigentlich konnte ich mit dem Bild, was sich mir bot, ganz zufrieden sein.
Kopfschüttelnd zog ich den Bikini wieder aus tappte ins Bad, um mir dort eine kühle Dusche zu genehmigen.
***
Einige Stunden später saß ich auf einem Regiestuhl in einem großen Studio und durfte zum gefühlt millionsten Mal den Klängen von ..... lauschen. Inzwischen verfluchte ich mich dafür, dass ich meine Ohrenstöpsel im Hotel liegen gelassen hatte. Harry hatte Recht gehabt, ich würde dieses Lied für eine ganze Weile auf meine persönliche Schwarze Liste der nervigsten Lieder aller Zeiten setzen. Daran konnte in diesem Fall auch Liams Gesang nichts ändern.
Um die Performance-Szenen später zusammenschneiden zu können, wurde die Band aus verschiedenen Kameraeinstellungen gefilmt und da natürlich keine Kamera im Video zu sehen sein durften, wurde praktisch jede Einstellung neu gedreht. Dazu kamen noch unzähligen Wiederholungen, weil Alex entweder mit der Bildführung des Kameramanns und mit der Bühnenpräsenz von einem der Jungs nicht zufrieden war, wobei er besonders häufig an Liam herumkrittelte an dem er sich seit der Vorabbesprechung wohl festgebissen hatte.
Das Schlimmste war jedoch der Sound. Da in dem Video keine Verstärker zu sehen sein sollten, hatten Louis und Niall für ihre Instrumente keinen Strom, daher lief der Song im Hintergrund als Playback, was die Sache sehr anstrengend machte, weil jede Zeile jedes Mal die gleiche Intonation hatte.
Da Harry allerdings natürlich nicht stumm spielen konnte, spielte er ganz normal und hielt natürlich nicht sklavisch den Rhythmus ein, den er damals bei den Studioaufnahmen benutzt hatte, sondern variierte ihn etwas. Also hörte man zwei Schlagzeuge und wenn man ganz genau hinhörte, auch zwei Liams, da Herr Payne sich blöd dabei vorkam, nur die Lippen zu bewegen.
Franky hatte sich nach ungefähr einer Stunde mit der Ausrede, er habe noch Termine verabschiedet und ich war heilfroh, als ich eine leichte Vibration in meiner Hosentasche bemerkte. Erleichtert zog ich mein Handy aus der Tasche.
„Moi, odota hetkinen, tällää on kova melu" [Hey, warte einen Moment, hier ist es ziemlich laut], begrüßte ich Ville und flüchtete nach draußen.
„Niin, nyt kuuntelen. Mitä kuuluu?" [So, jetzt höre ich zu. Wie geht es dir?]
„Hyvää, kiitos. Missä sä oot? Oletko yhä matkalla bändin kanssa?" [Gut, danke. Wo bist du? Bist du immer noch mit der Band unterwegs?]
Ich lehnte mich an die Wand und wechselte das Handy ans andere Ohr.
„Oon Espanjassa. Bändi filmaa videon uudelle singlelle." [Ich bin in Spanien. Die Band dreht das Video für die neue Single.]
„Performanssivideo?" [Performancevideo?]
„Kyllä. Niin, tai puoliksi performanssivideo. Loput on filmataan rannalla huomenna mutta vain laulajan kanssa." [Ja. Na ja, halbes Performancevideo. Der Rest wird morgen am Strand gefilmt aber nur mit dem Sänger.]
„Dann habe ich ja zur rechten Zeit angerufen", stellte Ville auf Finnisch fest.
„Videodrehs für Außenstehende sind recht langweilig. Ich finde es übrigens schade, dass wir uns in London nicht gesehen haben."
„Ich auch. Ich denke, wenn die Story hier gelaufen ist, mache ich aber mal bald wieder einen Abstecher nach Finnland. Bis dahin muss ich noch dafür sorgen, dass mir nicht irgendwelche Affären angedichtet werden", plauderte ich munter drauf los und biss mir im nächsten Moment auf die Zunge.
Ich hatte noch immer nicht mit Sherin gesprochen und langsam nagte die Sache doch gehörig an mir, sonst wäre Ville nicht gerade mein erster Ansprechpartner für mein Liebesdilemma gewesen.
Natürlich wurde Ville sofort hellhörig.
„Affären?", fragte er nach.
„Nicht so wichtig", probierte ich ihm auszuweichen.
Als Antwort drang nur Schweigen aus dem Hörer. Ville war noch nie der Mann vieler Worte gewesen, aber ein ausgesprochen guter Zuhörer.
„Elif, wenn du drüber reden willst, dann rede!", seufzte er schließlich, als ich ebenfalls stumm blieb.
Seufzend erzählte ich ihm schließlich die ganze Story von Anfang an. Von Liams und meinem Gekabbel, den Fotos, seinem manchmal völlig widersprüchlichem Verhalten, nach einigem Zögern auch von unserer gemeinsamen Nacht, aber nicht ohne mich zu versichern, das weit und breit niemand zu sehen war, der lauschen könnte.
„Puh, ich war ja auf einiges gefasst aber nicht auf die komplette Handlung des nächsten Liebesdramas aus Hollywood", sagte Ville langsam.
„Was jetzt aber in der ganzen Story fehlt, ist, wie du zu Liam stehst."
Ich schwieg verwirrt.
Ja, wie stand ich zu Liam? Ich bekam Herzklopfen, wenn ich ihn länger als gefühlte zwei Sekunden ansah, hatte irgendwie Antennen entwickelt, um zu wissen, wann er einen Raum betrat, ohne, dass ich hinsehen musste, kurz, ich hatte mich ziemlich in ihn verknallt und wenn ich zu lange darüber nachdachte, machte es mich fertig, dass er wahrscheinlich nicht genauso empfand.
„Elif, bist du noch dran?"
„Ja. Also, ich mag Liam. Sehr sogar", brachte ich langsam über die Lippen.
„Aber er ist ein Teil des Jobs."
„Und?"
„Ich kann nichts mit ihm anfangen, es wäre unprofessionell."
„Warum? Hättest du die Zweifel auch, wenn du ihm irgendwo anders über den Weg gelaufen wärest?"
„Dann hätte ich ihn gar nicht gut genug kennen gelernt und ihn wahrscheinlich bis ans Ende meines Lebens total ätzend gefunden", stellte ich fest.
„Das glaube ich nicht", erwiderte Ville.
„Ist ja auch egal, selbst wenn ich jetzt darauf aus wäre, ihn meinen Eltern als zukünftigen Schwiegersohn vorzustellen, gehören dazu immer noch zwei und für ihn bin ich wahrscheinlich nicht mehr als ein netter Zeitvertreib."
Ich konnte nicht verhindern, dass der letzte Teil des Satzes doch sehr resigniert klang.
„Hör zu Elif, ich denke, ich bin nicht unbedingt der Richtige um andere Leute in Liebesdingen zu beraten, aber ich kenne dich und weiß, dass du ein Mensch bist, der sich am liebsten doppelt und dreifach absichern würde. Ich an deiner Stelle würde einfach das Risiko eingehen und Liam zeigen, wie deine Einstellung zu der ganzen Sache ist."
„Und mich auf dem Altar der Peinlichkeit opfern?", fragte ich sarkastisch.
„Elif, was erwartest du? Soll dieser Typ vor dir auf die Knie fallen und dir vor allen seine unsterbliche Liebe gestehen? So einen Kerl würdest du zum Frühstück verspeisen, so, wie ich dich kenne."
Ich musste lachen, obwohl mir nicht wirklich danach zu Mute war.
„Das hast du jetzt aber schön gesagt."
„Nicht wahr?", lachte er ebenfalls.
„Hör zu, denk drüber nach, sprich mit deiner Freundin aus der Redaktion noch mal über die Sache und fass dir dann ein Herz."
„Noch mal? Ich hab noch gar nicht mit Sherin darüber gesprochen", murmelte ich leise.
Ich konnte förmlich hören, wie es am anderen Ende der Leitung ‚Klick' machte.
„Ach, deswegen komme ich in den Genuss dieses Frauengesprächs?"
„Ville!", entrüstete ich mich. „Deine Söhne kriegen kein Weihnachtsgeschenk dieses Jahr, wenn ihr Vater weiter so fies ist."
„Okay, okay." Wie auf's Stichwort hörte ich im Hintergrund finnisches Kleinkindgebrabbel.
„Elif, tut mir leid, ich muss Schluss machen."
„Ich höre es. Tut mir leid, ich bin noch nicht mal dazu gekommen, zu fragen wie's bei dir so aussieht", sagte ich zerknirscht.
„Es war ja nicht unser letztes Telefonat, oder? Viele Grüße von Satu, die steht auch schon neben mir und will was."
„Viele Grüße unbekannterweise zurück." Ich kannte Villes Frau nur aus Erzählungen.
„Soitellaan. Hei hei." [Wir telefonieren. Tschüss.]
„Hei."
Damit legte ich auf.
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Tja was sagt ihr?
Hat Ville recht und Elif sollte ins kalte Wasser springen?
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