☆>Dreiundvierzig<☆
Oh my God, this is insane,
How'd it get like this, or has it always been this way,
Oh my God, I'm so ashamed,
When we try to close our eyes and make this go away.
Sixx A.M. - Oh my god
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Ich sprintete aus dem Wasser, riss Frank die Tasche aus der Hand und betätigte atemlos die Taste zur Gesprächsannahme.
„Hallo?“, keuchte ich.
„Was ist denn bei dir los?“, klang es aus dem Hörer.
„Habe ich dich bei einem Techtelmechtel mit Liam gestört und die Gerüchte stimmen doch?“
„Ha ha“, brummte ich.
„Im Gegensatz zu dir gehe ich nicht ans Handy, wenn ich grade dabei bin…“
Vor ungefähr einem Jahr hatte ich Sherin abends angerufen und mit ihr telefoniert, bis ich sie irgendwann gefragt hatte, was das für komische Geräusche im Hintergrund waren. Die Antwort hatte mich blitzartig auflegen lassen.
„Wie auch immer, schön deine Stimme zu hören. Du bist ja dank dieser Tourgeschichte echt zur treulosen Tomate degeneriert.“
Ich hörte einen leisen Vorwurf in ihrer Stimme und hatte sofort ein schlechtes Gewissen.
„Tut mir leid“, sagte ich ziemlich zerknirscht.
"Ich habe ständig was zu tun und wenn nicht, dann nehmen mich die Jungs in Beschlag.“
„Das haben wir gehört!“, grinste Louis, der mit Harry grade ebenfalls aus dem Wasser kam.
Ich streckte ihm die Zunge raus und verdrehte grinsend die Augen.
„Wie kommt es eigentlich, dass du anrufst? Hat dir meine Stimme so sehr gefehlt? Sollte Thomas deine Gedanken nicht in völlig anderen Sphären schweben lassen?“
Lächelnd registrierte ich den zarten Seufzer, als ich Thomas‘ Namen erwähnte. Zumindest da schien sich nichts geändert zu haben.
„Sherin?“
„Ja, ähm, also… Klar wollte ich mal hören wie es dir so geht, aber eigentlich wollte ich dich vorwarnen.“
Ich runzelte die Stirn und begann auf und ab zu laufen. Dabei registrierte ich die entgeisterten Gesichter der Kameraleute. Sie musterten ganz eindeutig mich. Ich sah an mir herunter und begriff, warum sie so glotzten. Meine Unterwasche hatte zwar Hautfarbe und verhinderte, dass ich alles entblößte, aber ansonsten klebte das Kleid vom Videodreh doch sehr ‚dekorativ‘ an meinem Körper. Wie ich weiße Klamotten hasste! Schnell kramte ich aus meiner Tasche das Handtuch, dass ich mir als Sitzunterlage mitgenommen hatte und schlang es mir notdürftig um den Körper.
„Wovor wolltest du mich warnen?“, griff ich dann das Gespräch wieder auf.
„Was dich erwartet, wenn du wieder nach London kommst. Die Story von Liam und dir hat eingeschlagen wie eine Bombe. Hier geht es zu wie in einem Taubenschlag. Ich habe noch nie erlebt, dass so viele Menschen aus dem Verlag auf einmal zufällig eine Frage an unsere Redaktion haben. Dass es nur geht, sie persönlich zu stellen, muss ich nicht mehr erwähnen, oder? Und jedes Mal sind sie ganz enttäuscht, wenn dein Schreibtisch immer noch leer ist.“
Stöhnend vergrub ich mein Gesicht in meiner freien Hand und zuckte zusammen als sich plötzlich eine Hand auf meine Schulter legte.
„Alles okay?“, fragte Liam und sah tatsächlich etwas besorgt drein.
Ich warf ihm einen kühlen Blick zu, schüttelte die Schultern und entfernte mich ein Stück von ihm.
„Danke, dass du Bescheid sagst, da werden ja noch rosige Zeiten auf mich zukommen.“
„Ganz ehrlich mal, was läuft denn da eigentlich zwischen euch?“, fragte Sherin nach.
Ich stieß ein frustriertes Schnauben aus und warf einen kurzen Blick über die Schulter, um zu meiner Erleichterung festzustellen, dass Liam sich gerade in einiger Entfernung mit Louis unterhielt.
„Nichts! Nada! Niente, um es mal so zu sagen.“
„Und das stört dich“, schloss Sherin sofort aus meinem Tonfall.
Ich nickte mit hängenden Schultern, als mir einfiel, dass sie das ja nicht sehen konnte.
„Ja“, murmelte ich also sehr leise.
Vom anderen Ende der Leitung kam ein begeistertes Quietschen.
„Na endlich! Worauf wartest du dann noch? Sag ihm, wie du empfindest, ich bin mir sicher, dass da bei ihm auch was ist!“
Ihr zuversichtlicher Tonfall versetzte mir einen Stich und ich schloss kurz die Augen.
„Ich habe es ihm schon gesagt“, sagte ich dann traurig.
Von Sherin kam keine Antwort stattdessen nur ein lautes Rumpeln und Scheppern und ein unterdrückter Schmerzensschrei.
„Sherin?“, rief ich besorgt.
„Elif? Bist du noch dran? Tut mir leid, ich bin mit dem Stuhl umgekippt.“
Ich konnte nicht anders, ich begann zu kichern. Meine Freundin gehörte zu den wenigen Menschen, die es selbst schafften mit einem Stuhl mit Rollen zu kippeln.
„Schade, das hätte ich zu gern gesehen!“
„Das gibt bestimmt nen blauen Fleck“, jammerte sie. „Egal, back to topic, du hast es ihm schon gesagt? Wer hat dich dazu gezwungen und warum weiß ich nichts davon?!“
Sie schien ein wenig gekränkt zu sein.
„Es hat sich so ergeben“, sagte ich schnell.
Von meinem Gespräch mit Ville erzählte ich ihr besser nichts.
„Und du hast ihm gesagt, dass du ihn liebst? Wer sind Sie und was haben Sie mit Elif gemacht?“
„Nicht so direkt“, wiegelte ich schnell ab.
„Was heißt ‚Nicht so direkt‘?“, fragte sie sofort misstrauisch nach.
Ich versicherte mich mit einem weiteren Blick, dass die Jungs noch außerhalb meine Hörweite waren.
„Ich habe ihm gesagt, dass er mich durcheinanderbringt und ihn gefragt ob unsere gemeinsame Nacht für ihn nichts geändert hätte.“
„WAS?!“
Im gleichen Moment wurde mir klar, dass ich Sherin auch nicht erzählt hatte, was in Hamburg zwischen Liam und mir passiert war. Ich klatschte mir entsetzt über so viel Gedankenlosigkeit selbst gegen die Stirn.
„Moment!“, sagte Sherin knapp und ich hörte, wie sie den Redaktionsflur hinuntereilte.
Dann schien sie eine Tür hinter sich zu schließen.
„So, und jetzt ganz langsam!“, sagte sie mit gefährlich ruhiger Stimme.
„Du hast mit Liam geschlafen? Wann?!“
„Am letzten Tag in Hamburg“, sagte ich kleinlaut.
„Und wann hattest du vor, mir das zu erzählen?“
„Keine Ahnung. Vielleicht gar nicht?!“, gab ich genervt zurück.
Meine Nerven waren in letzter Zeit doch gespannter als sonst.
„Entschuldigung!“, sagte Sherin beleidigt und schwieg kurz.
Dann seufzte sie.
„Also, du hast ihn gefragt, ob der Sex für ihn nichts geändert hätte und was hat er geantwortet?“
„Nein“, erwiderte ich trocken, auch wenn mir eher zum Heulen zu Mute war.
Am anderen Ende zog sie scharf die Luft ein.
„Autsch!“
„Ja. Und deswegen würde ich jetzt gern über was anderes reden, okay?“
Ärgerlich wischte ich mir über die Augen, in denen tatsächlich so etwas wie Tränen zwickten.
„Klar, tut mir leid…“
Ich straffte mich.
„Wie läuft es bei dir und Thomas?“
„Gut“, kam es schüchtern zurück, was bei mir für noch mehr schlechtes Gewissen sorgte.
Jetzt hatte Sherin sogar Skrupel, mir von ihrer ersten Beziehung seit Ewigkeiten vorzuschwärmen.
„Das freut mich total für dich“, sagte ich also tapfer und klang dabei sogar fast überzeugend.
„Danke.“
Ich hörte an ihrer Stimme, dass sie leise lächelte.
„Elif? Wir wollen fahren! Kommst du?“, brüllte Louis in diesem Moment über den Strand.
„Sherin, ich…“
„Ich hab’s schon gehört. Melde dich, okay? Und wenn’s nur eine SMS ist“, bat sie eindringlich.
„Tu ich. Bald bin ich ja wieder da.“
„Bis dann.“
Es knackte am anderen Ende der Leitung und sie hatte aufgelegt.
Nachdenklich griff ich nach meiner Tasche, die ich in den Sand hatte fallen lassen und schlenderte langsam auf Louis zu.
„Was ist los, Prinzessin?“ Er musterte mich forschend mit seinen blauen Augen und legte fragend den Kopf schief.
Ich zuckte unentschlossen die Schultern.
„Ich habe ein schlechtes Gewissen, dass ich mich nicht bei Sherin gemeldet habe“, wich ich ihm aus und gemeinsam gingen wir in Richtung der anderen.
***
„Gehen wir heute Abend noch was trinken?“, schlug Niall vor, als wir wieder im Hotelfahrstuhl standen.
Louis blickte fragend in die Runde.
„Also ich hätte schon Lust.“
Harry nickte ebenfalls.
„Elif?“
Niall warf mir sein verschmitztes Grinsen zu.
„Bereit für die nächste Runde ‚Sex on the beach‘?“
„Mit dir doch immer, Igelschnäuzchen.“
„Ich komme nicht mit“, ließ sich Liam plötzlich vernehmen.
Überrascht drehten wir uns alle zu ihm um. Ich konnte grade noch rechtzeitig meine Erleichterung verbergen. Inzwischen konnte ich nicht dafür garantieren, dass mir unter Alkoholeinfluss nicht etwas Unbedachtes herausrutschte. Dazu hatte sich die Situation zwischen mir und Liam zu sehr aufgeheizt.
„Li, du kannst doch an unserem letzten Abend hier nicht schwächeln“, maulte Niall, was den Angesprochenen genervt die Augen verdrehen ließ.
„Mir tut alles weh. Ich bin stundenlang am Strand langgelaufen und ich will einfach nur noch ins Bett und schlafen.“
„Aber Elif kommt doch auch mit…“, begann der Blondschopf wieder.
„Lass gut sein, Igelchen. Es ist doch schon lange bekannt, dass die Frauen das starke Geschlecht sind“, grinste ich.
Niall schaute, als hätte er in eine Zitrone gebissen und verschränkte trotzig die Arme. Liam hingegen schien mir fast so etwas wie einen dankbaren Blick zuzuwerfen. Ich verkniff mir ein solidarisches Lächeln. Mein Plan, Liam zu ignorieren, funktionierte irgendwie nicht.
„Dann sehen wir uns in zwei Stunden?“, hakte Niall nach, als der Fahrstuhl auf meiner Etage hielt.
Ich nickte.
„Bis später!“
***
Ich hatte kaum meine Zimmertür hinter mir geschlossen, als plötzlich mein Handy begann zu klingen. Eine süßliche Ballade von ‚Sonata Arctica‘ erklang, also war es meine Mutter, die anrief. Verwirrt drückte ich auf die Annahmetaste meines Handys. Normalerweise war das Mitteilungsbedürfnis meiner Mutter eher schwach ausgeprägt, wenn sie wusste, dass ich unterwegs war.
„Mama?“, meldete ich mich.
„Ist irgendetwas passiert?“
„Hallo Schatz. Danke, mir geht es auch gut“, antwortete meine Mutter mit einem seltsamen Unterton in der Stimme, der meinen Magen unruhig werden ließ.
„Was ist denn los?“
„Frau Hoyer hat mich grad auf der Straße drauf angesprochen…“
Genervt wechselte ich den Hörer zum anderen Ohr. Frau Hoyer war eine Nachbarin meiner Eltern. Ich mochte sie nicht besonders, da sie meiner Meinung nach ständig ihre Nase in Dinge steckte, die sie nichts angingen.
„Was denn, Mama? Jetzt mach es doch nicht so spannend“, nörgelte ich, als immer noch Stille am anderen Ende herrschte.
„Na ja, sagen wir’s so, ich hätte nicht gedacht, dass ich mal von einer Nachbarin erfahre, dass meine Tochter einen neuen Freund hat“, kam es vorwurfsvoll zurück.
Einen Moment lang verstand ich nur Bahnhof, als mir die Fotos von Liam und mir wieder einfielen. Die waren ja heute in diesem Teenieklatschblatt veröffentlicht worden.
„Ach, dass meinst du.“
Erleichtert ließ ich mich auf einen Stuhl sinken.
„Das ist gar nichts, nur eine blöde Story, die die Presse sich aus den Fingern gesaugt hat, weil ich doch permanent mit den Jungs unterwegs bin.“
„Ich habe mir die Zeitschrift dann auch mal gekauft und ganz ehrlich, Schatz, das letzte Mal, dass ich dich so entspannt und vertraut mit einem Mann gesehen habe, war zu deinen besten Zeiten mit Jasper“, kommentierte meine Mutter erbarmungslos ihre Sicht der Dinge.
Ich schluckte trocken. Ich hatte seit der Veröffentlichung auf der Internetseite keinen Blick mehr auf die Bilder geworfen, aber ich hätte nicht gedacht, dass meine Mutter darauf so etwas wie Vertrauen zwischen Liam und mir sehen konnte, zumal wir uns zu diesem Zeitpunkt ja auch erst wenige Tage gekannt hatten.
„Das stimmt doch gar nicht“, murmelte ich halbherzig und versuchte, den Kloß in meinem Hals zu ignorieren.
„Elif, ich kenne dich schon dein ganzes Leben lang. Ist da mehr zwischen dir und diesem Liam?“, fragte sie sanft.
Das war zu viel. All die Emotionen, die ich bei dem Gespräch mit Sherin mühsam unterdrückt hatte, bahnten sich plötzlich ihren Weg nach oben. Zwei Gespräche über Liam in so kurzer Zeit waren einfach zu viel. Ich krächzte also wenig überzeugend eine Verneinung ins Telefon, während die Tränen begannen mir über die Wangen zu laufen.
„Schatz!“
Die Stimme meiner Mutter klang besorgt.
„Nicht weinen.“
„Ich weine gar nicht!“, schluchzte ich trotzig und wischte mir die Tränen von den Wangen
Es dauerte noch ungefähr eine Viertelstunde, bis ich meine Mutter davon überzeugt hatte, dass alles in Ordnung war, und sie beruhigt das Gespräch beenden konnte. Danach ließ ich mich erschöpft auf mein Bett fallen und warf einen Blick auf den Wecker. Ich hatte noch eine Stunde Zeit, bis die Jungs loswollten, eine halbe Stunde würde ich mir den Luxus eines Kopfkissens gönnen. So ein Tag am Meer machte wirklich müde.
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Meine kleine süße Elif ist so verzweifelt das sie sogar schon heult :(
Sie tut mir so leid.
Aber mal schauen was noch kommt.
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