Kapitel 25
Lukas hörte, wie sich die Tür öffnete. Innerlich wappnete er sich für irgendeinen hasserfüllten oder hämischen Spruch von Franziska. Stattdessen vernahmen seine Ohren jedoch nur ein schnaufendes Atmen. „Lukas?" Er riss die Augen auf und das helle Licht traf ihn wie ein Schlag. Die Stimme war zu tief, um von Franziska zu kommen, aber es war auch nicht die von Mark. Das konnte nur eines bedeuten. „Nummer 5?", fragte er verwirrt. Woher wusste er, dass er hier war? Er spürte, wie es an seinen Fesseln ruckte und zog, dann war er frei. Sofort setzte sich Lukas auf und sah, dass Nummer 5 tatsächlich vor ihm stand. Völlig durchgeschwitzt und außer Atem. Mit einem gehetzten Blick sah er zur Tür, packte seinen Arm und zog ihn runter und hinter den Tisch. „Ab jetzt bitte Marko.", raunte er. Lukas zog fragend die Augenbrauen zusammen, nickte aber. Er öffnete den Mund, und setzte an, ihn zu fragen, was er hier machte aber Nummer 5 – Marko, korrigierte er sich selbst – schüttelte schnell den Kopf. „Keine Zeit. Hör zu, sobal ich es dir sage musst du laufen! Den Gang bis nach hinten, drei Mal nach links abbiegen und dann rechts. Dreh dich nicht um. Wenn du dort bist, versuche dem Gang zu folgen und geh dann erneut nach links, immer wieder. Dort könnte ein Ausgang sein." Er warf einen gehetzten Blick über den Tisch und verstärkte seinen Griff um Lukas Arm. „Wenn ihr rauskommt", begann er mit gesenkter Stimme und sah ihn ernst an, „versprich mir, dass ihr zurückkommt und die anderen Roboter befreit. Und bitte begrabt meine Cousine." Lukas setzte an, etwas zu sagen, aber Markos eindringlicher Blick hielt ihn davon ab. „Versprich es mir!" Lukas nickte. „Ich verspreche es." Marko schien beruhigt und lies endlich seinen Arm gehen. „Bleib hier, bis ich dir sage du sollst laufen." Damit stand er auf und huschte zur Tür. Er postierte sich an der Seite und verharrte dann bewegungslos. Lukas schluckte. Wer um alles in der Welt war denn bitte Markos Cousine? Und wieso sollten sie entkommen? Er hatte ‚Wenn ihr rauskommt' gesagt. Meinte er damit etwa Ella? Ging es ihr gut? Er hoffte es. Lukas spähte vorsichtig wieder über den Tisch. Draußen regte sich etwas und Marko spannte seine Muskeln an. Hektische Schritte näherten sich der Tür. Lukas schluckte, als Franziskas Silhouette im Türrahmen erschien. Ihr Gesicht war zu einer wütenden, grausamen Fratze verzerrt und mit scheinbar glühenden Augen stierte sie in den Raum, ehe sie den ersten Schritt hinein trat. In dem Moment stürzte sich Marko auf sie und beide fielen zu Boden. „Lauf Lukas!" Das Zeichen. Lukas sprang hinter dem Tisch hervor und eilte zur Tür. Franziska entwich ein laut gellender Schrei, aber Marko drückte sie so gut es ihm möglich war zu Boden. Sie schlug um sich und trat nach ihm. Lukas machte einen großen Satz über die beiden verknäulten Kämpfer hinweg. „Warte, fang!" Er drehte sich auf dem Absatz um und konnte gerade noch den Gegenstand erwischen, den Marko ihm hinterher geworfen hatte. Die Fernbedienung. Franziska schlug ihm mit ihrer frei gewordenen Hand gegen das Kinn und er taumelte. „Lauf!", schrie Marko und taumelte zurück. Lukas sträubte sich dagegen, ihn hier mit dieser Furie zurück zu lassen, aber er hatte es ihm versprochen. Er drehte sich auf dem Absatz um und rannte los. Luft zischte an ihm vorbei, und er war sich sicher, dass er noch nie in seinem Leben so schnell gerannt war. Die Fließen zogen unter seinen Füßen vorbei und ohne groß darüber nachzudenken folgte er der Stecke, die Marko ihm beschrieben hatte. Den Gang bis nach hinten, drei Mal nach links abbiegen und dann rechts. Er drehte sich nicht um, obwohl mehrmals ein gellender Schrei von Franziska ertönte. Er hielt den Blick auch stur nach vorn gerichtet, als Marko aufschrie. Er schlitterte um die letzte Ecke und rannte fast in Ella. Lukas riss seine Augen vor Erstaunen weit auf. „Ella!" „Lukas!" Ehe er sich versah viel er vor ihr auf die Knie und schloss sie fest in seine Arme. „Es tut mir so leid, was ich bei unserem Streit gesagt habe!", platzte sie heraus. „Mir auch." Lukas ließ sie los und griff nach der Fernbedienung. „Wir müssen weg!" „Wo ist Marko?" Ella richtete sich auf und begann, zu laufen. Er schaffte es sogar, sie rennen zu lassen, ohne dass sie hinfiel oder zu stark schwankte. „Er hat gesagt, ich soll laufen und mir eine Wegbeschreibung gegeben. Es klingt so, als hätte er eine Ahnung, wo der Ausgang ist." Lukas bog nach links ab. Immer wieder nach links, das hatte Marko gesagt. Hoffentlich war das tatsächlich der Weg zu einem Ausgang aus dieser gefliesten Hölle. Sonst hätte Marko sich umsonst auf Franziska geworfen. Lukas hoffte, dass es ihm soweit gut ging und er die Grünhaarige fertig gemacht hatte, und später wieder zu ihnen aufschloss. Ella war nach seiner knappen Erklärung in ihre Gedanken versunken. Marko hatte sich geopfert, so wie das klang. Er hatte ihnen beiden die Chance gegeben, zu fliehen. Das hätte sie niemals von ihm gedacht. Gerade deshalb mussten sie hier heraus kommen! Plötzlich meldete sich Lukas wieder. „Ich musste ihm versprechen, dass wenn wir rauskommen, wir zurückkommen und die anderen Roboter befreien. Und er will, dass seine Cousine begraben wird. Wer das wohl ist?" Ella schluckte. Er wusste es ja schließlich noch nicht. „Nummer 12.", sagte sie leise. „Oh." „Deshalb wollte er auch nicht mehr fliehen. Es hat sich für ihn so angefühlt, als würde er sie hier zurücklassen." Lukas schwieg betreten, bog wieder nach links ab und ließ Ella folgen. Er hatte Marko nicht richtig gekannt, aber er hatte sich für sie geopfert und das ließ ihn tiefen Respekt und unendliche Dankbarkeit für ihn empfinden. Jetzt, wo Lukas wusste, wer seine Cousine war, würde er sein Versprechen auf alle Fälle halten. Wenn sie es schafften, zu entkommen, würde er dafür sorgen, dass Nummer 12 beerdigt wurde. Und er würde die anderen Roboter befreien, für die es hoffentlich noch nicht zu spät war.
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