Kapitel 22
Lukas erwachte von einem leisen, kontinuierlichen Brummen in seinen Ohren. Seine Nase tat höllisch weh und augenblicklich kam die Erinnerung an Franziskas Schlag zurück. Sofort riss er die Augen auf und wurde von einem gleißenden, weißen Licht geblendet. Reflexartig kniff er die Augen wieder zu. Bunte Punkte flimmerten vor seinen geschlossenen Liedern. Wo mochte die Grünhaarige ihn nur hingebracht haben? Er war nicht wirklich erpicht darauf, es zu erfahren. Langsam machte er die Augen wieder auf, um sich an das helle Licht zu gewöhnen. Es funktionierte, und die bunten Punkte verschwanden. Lukas hob den Kopf etwas an und bemerkte, dass er – schon wieder – auf einem Tisch lag. Diesmal war er jedoch festgebunden. Der grünhaarige Teufel wollte anscheinend sicher gehen, dass er nicht floh. Er hoffte nur, dass sie ihm nicht schon wieder eine Spritze mit dem dunkelgrünen Zeug in den Körper jagen wollte, dann hatte er nämlich überhaupt keine Chancen mehr. Ella oder Nummer 5 konnten ihm auch nicht helfen, sie wussten schließlich nicht, dass er Franziska in die Hände gefallen war. Erneut überkamen ihn die Schuldgefühle, seine Freundin einfach so im Gang stehen gelassen zu haben. Er konnte nur hoffen, dass es Ella soweit gut ging und sie nicht ebenfalls geschnappt wurden war. Aber dann hätte ihm Franziska das sicher triumphierend mitgeteilt, oder? Lukas Nacken begann zu schmerzen und er warf einen schnellen Blick durch den Raum. Er war ziemlich riesig und er erkannte mehrere von den Wandschränken, die auch in den anderen Räumen hingen. Im Gegensatz zu diesen war dieser Raum jedoch geradezu steril und er fand, dass es etwas nach Desinfektionsmittel roch. Von Franziska war keine Spur auszumachen. Lukas legte seinen Kopf zurück. Was sollte er jetzt tun? Auf Franziskas Rückkehr warten? Er sollte zuerst einmal versuchen, sich zu befreien. Er spürte, dass seine Handgelenke festgebunden waren und er versuchte, durch Rütteln aus den Fesseln zu entkommen. Aber es half nichts, die lagen viel zu eng an seinen Handgelenken an. „Verdammt.", zischte Lukas aus zusammengebissenen Zähnen. Wenn er nur wüsste, dass es Ella gut ging! Das Licht blendete ihn doch wieder und brachte seine Augen zum tränen, sodass er sie wieder schloss. Lukas biss fest sich auf die Innenseite seiner Wange und dachte angestrengt nach. Franziska war noch nicht fertig mit ihm, wie sie gesagt hatte, und er wollte sich nicht ausmalen, was sie sich für grausame Sachen für ihn ausdachte. Er hatte verdammt viel Angst. Wie sollte das alles hier nur enden? Würde er jemals entkommen können? Oder stand ihm ein Leben als Roboter hervor, mit einem Glasauge und Knochen aus Metall? Seine Gedanken schweiften zu Ellas Glasauge, welches noch immer in seiner Hosentasche steckte, neben dem Foto von Mark und dessen Freund. Um die beinahe unerträgliche Wartezeit – er war nicht sicher, worauf er genau wartete – zu überbrücken, beschloss Lukas, sich noch einmal ein paar Gedanken über den Mann zu machen. Er hatte gesagt, er würde ihm ähnlich sehen und niemals so viel arbeiten müssen, wie die anderen Roboter. Würde er Franziska aufhalten, wenn er wieder zu Bewusstsein kam, ehe sie bei Lukas auftauchte? Er konnte es nicht sagen. Der Mann hatte Stimmungsschwankungen von der einen auf die andere Sekunde, von aufgedreht zu ernsthaft und gefährlich, bereit zu verletzten. In seiner Vergangenheit hatte er wohl irgendetwas Traumatisches erlebt, weil er blind gewesen war. Und er hatte im Gefängnis gesessen, wo er Franziska kennengelernt hatte. Lukas erinnerte sich, was er über einen Freund gesagt hatte, der ihm wie der Bruder war, den er sich immer gewünscht hatte. Das man ihm auch diesen weggenommen hatte. Wenn er also blind gewesen war, konnte es dann sein, dass sich sein bester Freund für ihn an den Leuten gerächt hatte, die Mark runtergemacht hatten? Dann hatte er vielleicht auch im Gefängnis gesessen! Konnte der andere Mann vom Foto, Sam P., womöglich dieser beste Freund, der ‚Bruder', sein? Lukas konnte sich selbstverständlich auch nur irgendetwas zusammenreimen, aber je länger er darüber nachdacht, des do logischer klang seine Schlussfolgerung für ihn. Plötzlich wurde er aus seinen Gedanken gerissen, als vor der Tür Geräusche laut wurden. Er schluckte und ballte die Hände zu Fäusten. Die Augen ließ er geschlossen. Es war soweit. Franziska kam und er sollte leiden. Die Angst schnürte ihm die Kehle zu. Es tut mir Leid Ella!
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