Kapitel 21

Angespannt kauerten Ella und Nummer 5 nebeneinander in der Dunkelheit ihres Versteckes und lauschten der wutverzerrten weiblichen Stimme. „Na sieh mal einer an!" Ellas Herz klopfte laut und schnell. Waren sie gemeint? Dass es sich bei der Frau um Franziska handelte, war ihr vollkommen klar. Aber woher sollte sie wissen, dass sie sich hier drin versteckten? „Du warst das, du kleiner Bastard! Du hast Mark niedergeschlagen!", schrie Franziska und klang wie eine Wahnsinnige. Ella war verwirrt. Sie sprach nicht mit ihnen? Aber mit wem – sie führte den Gedankengang nicht zu Ende, die Grünhaarige bestätigte ihre Vermutung. „Dafür wirst du leiden, Nummer 14!" Lukas. Sie meinte Lukas. Dann musste er da draußen sein! Wahrscheinlich hatte er sie gesucht. Ella schluckte den Kloß in ihrem Hals herunter und versuchte, nicht in Tränen auszubrechen. Sicher hatte er den Streit genauso bereut und genauso wenig gewollt, wie sie selbst. Sie biss sich hart auf die Unterlippe und lauschte nach draußen. Auf dem Gang war für einen Moment Ruhe eingekehrt. Irgendetwas musste passiert sein. Plötzlich erhob sich Franziskas schrille Stimme erneut. „Ich bin noch nicht fertig mit dir!" Und dann war alles wieder still, ehe sich schnelle Schritte entfernten. Immer noch angespannt kauerten Ella und Nummer 5 nebeneinander. Die Minuten verstrichen. Schließlich rührte sich Nummer 5 als erster. „Ich denke, sie ist weg. Ich", sie hörte, wie er hart schluckte, „ich geh nachsehen." „Bist du verrückt?", flüsterte Ella, konnte ihn aber nicht zurück halten. Nummer 5 stand langsam auf und bewegte sich zur Tür. Ein kleiner Lichtstreifen erschien, als er sie langsam öffnete und hinaus spähte. Ellas Herz schlug ihr bis zum Hals und sie hatte das Gefühl, nicht mehr vernünftig atmen zu können. Ein starker Druck baute sich in ihren Lungen auf. „Sie sind wirklich weg." Nummer 5 kam zurück. Schnell war er wieder neben ihr und packte ihren Arm, um sie hochzuziehen. „Wir müssen uns beeilen. Ich denke ich weiß, wo sie ihn hinbringen will." „Was?", presste Ella hervor, da der Druck ihr die Kraft zum Sprechen nahm. Nummer 5 hievte sie sich halb auf die Schulter, dann machte er wieder kehrt und huschte zurück zur Tür. Der Druck verschwand aus Ellas Lungen, sobald sie hindurch traten und der stickige, dunkle, beengende Raum hinter ihr lag. Sie tat einen tiefen Atemzug. „Ich habe eine Ahnung, wo Lukas sein könnte.", wiederholte 5 leise und machte sich auf den Weg durch das Labyrinth aus Türen und gefliesten Gängen. Zwischen den beiden herrschte ein angespanntes Schweigen. Keiner von ihnen wollte jetzt noch riskieren, entdeckt zu werden. Ella hoffte, dass Nummer 5  wirklich wusste, wo Franziska Lukas hingebracht hatte. Sie wollte, nein sie musste sich unbedingt noch bei ihm entschuldigen. Ihr kurzer Streit musste aus dem Weg geräumt werden. Ihre Gedanken schweiften zu Nummer 5, der sie immer noch mit sich zog. Er hätte es einfacher, wenn er die Fernbedienung benutzen würde. Ihr war nicht ganz klar, warum er sie überhaupt mitnahm. Sie würde nur im Weg stehen und Probleme machen, da sie sich nicht selbst bewegen konnte – oder zumindest nicht ausreichend genug um sich nützlich zu machen. Dass sie es geschafft hatte, ihre Hand zu bewegen hieß ja schließlich nicht, dass sie komplett von der Fernbedienung abhängig war. Trotzdem würde sie ihm nicht zur Hilfe kommen können. Dieses Mal achtete Ella weniger auf den Weg und hatte überhaupt keine Ahnung, wo genau sie sich befanden, als Nummer 5 sie hinter einer Ecke absetzte. Er legte einen Finger auf die Lippen und machte eine leichte Kopfbewegung in Richtung des Ganges hinter der Ecke. Ella spitze die Ohren. Sie war sich nicht sicher, ob sie etwas hörte, oder sich nur einbildete. Nummer 5 lauschte ebenso angestrengt und angespannt. Dann vernahmen beide ganz eindeutig Schritte und warfen sich einen Blick zu. Nummer 5 streckte den Arm aus, um Ella wieder mitzuziehen, wenn Franziska in ihre Richtung kam, aber die Schritte der Grünhaarigen blieben entfernt. Sie begann, laut vor sich hinzureden, während neben ihren Schritten ab und zu ein schleifendes Geräusch zu hören war. „Dieser kleine Bastard.", schimpfte sie. „Mark, Liebling, komm wieder zu dir!" Das Schleifen ging weiter. Möglicherweise brachte sie ihren anscheinend immer noch von Lukas Schlag ohnmächtigen Mann in einen anderen Raum. Ella lauschte weiter, was die grässliche Frau weiter von sich gab. „Verdammt, warum bist du so schwer? Der Junge wiegt nicht mal die Hälfte!" Sie schnaufte laut. Das Schleifen stoppte. Dann waren wieder ihre Schritte zu hören, hektisch und schnell. „Und dich bringe ich jetzt hier rein. Sobald du wach bist, mach ich dich fertig!" Eine Tür wurde aufgerissen. „Sie schleppt Lukas in einen anderen Raum. Oh, das ist nicht gut.", hauchte Nummer 5 plötzlich ganz leise. Ella hatte sich so sehr auf die Geräusche konzentriert, die Franziska veranstaltet hatte, dass sie gar nicht gemerkt hatte, wie er vorsichtig einen Blick um die Ecke riskiert hatte. „Wieso, was ist da drin?", fragte sie ebenso leise zurück. „Ihre Werkstatt und zusätzlich auch noch ein OP – Saal. Dort hat sie viel medizinische Ausrüstung und forscht an den Robotern und der Fernsteuerung. Wir müssen Lukas da raus kriegen, ehe der Mann wach wird!" Nummer 5 drehte sich zurück zu ihr. „Hoffentlich geht sie nochmal weg.", murmelte er und zog nachdenklich, aber auch sorgenvoll, die Stirn in Falten. „Sonst kriegen wir ihn da nie wieder raus." Ella schluckte und starrte die Wand ihr gegenüber an. Das bedeutete, sie hatten nicht wirklich viel Zeit. „Wir brauchen ein Ablenkungsmanöver.", stellte sie leise fest. Plötzlich riss sie ihre Augen weit auf und sah Nummer 5 aufgeregt an. „Ich habe eine Idee! Aber du musst mich nochmal tragen. Ein paar Gänge weiter am besten." Ihr Gegenüber warf ihr einen fragenden Blick zu, aber griff ihr dann ohne noch etwas dazu sagen unter die Arme und ging ein Stück den Weg zurück, den sie gekommen waren.

~ Ich will keine leeren Versprechen machen, aber es kann sein, dass das nächste Kapi auch noch heute kommt^^ 

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