Kapitel 15
„Und dann bin ich losgelaufen und hab dich gefunden.", endete Lukas flüsternd seinen Bericht. Ella nickte, während sie, von ihm gelenkt, nebenher stolperte. Sie war froh, dass sie sich an den Weg erinnerte, der sie zurück in den Raum führte, wo sie sich zuerst begegnet waren. Und wo Nummer 5 seit drei Jahren, wie Lukas ihr erzählt hatte, sein Dasein als Roboter fristete. Sie hegten beide die Hoffnung, dass er etwas über einen möglichen Ausgang wissen konnte. Leider konnten sie sich nicht allzu lange in dem Raum aufhalten, denn die Gefahr, dass Franziska dort nach ihnen suchen würde, war groß. Ella konnte sie in keinster Weise angreifen, Lukas war nicht besonders kräftig und über den Zustand von Nummer 5 hatten beide keine Ahnung. Gut möglich, dass auch er sich wie Ella nicht von allein bewegen konnte. Deshalb hasteten sie auch so schnell wie es ging durch den Flur und versuchten, nicht zu laut aufzutreten, was sich in Ellas Fall als etwas schwieriger erwies. „Ich glaub wir müssen nur noch nach rechts. Da war der Raum.", flüsterte sie. Da Lukas die Orientierung bereits verloren hatte, waren sie auf ihre Erinnerung angewiesen, und wenn sie sich getäuscht hatte, dann hatten sie sich jetzt verlaufen. Glücklicherweise hatten Ellas Sinne sie nicht im Stich gelassen, obwohl es sich mit ihren Kopfschmerzen, die mit großer Wahrscheinlichkeit von ihrem gewaltsam entfernten Auge herrührten, als nicht allzu einfach erwies, den Weg wiederzufinden. Lukas warf ihr einen unsicheren Blick zu, ehe er ganz vorsichtig die Tür aufstieß. Der Raum war in Dunkelheit getaucht. Ella schluckte und öffnete den Mund. „Nummer 5?" Ihre Stimme zitterte und obwohl sie leise gesprochen hatte, hörte man dies sehr stark heraus. Ein paar Sekunden lang lauschten beide in die Dunkelheit. Die Stille wurde nur von ihrem eigenen Atmen durchbrochen, ansonsten war kein Geräusch auszumachen. Gerade wollte Ella erklären, dass sie sich wohl doch getäuscht hatten, da regte sich etwas in dem Raum. „Ihr zwei? Was macht ihr da?" Nummer 5 redete ebenfalls leise. „Wir konnten fliehen." Lukas huschte in den Raum und lies Ella folgen. Selbst wenn er ihr Freund war, ging es ihr mittlerweile gehörig auf die Nerven, dass er sie steuerte. Aber leider ging es nicht mehr anders. Lukas schloss die Tür und die drei waren alle wieder in der allzu gut bekannten Dunkelheit eingesperrt. Ella stand immer noch da, wie sie hingestellt worden war. Sie hörte, wie Lukas sich an der Wand entlang tastete. Bestimmt suchte er nach einem Lichtschalter. „Du musst ein Stück nach rechts.", flüsterte Nummer 5. Was meinte er damit? Ella versuchte, in die Richtung zu sehen, aus der er gesprochen hatte. „Ein Stück weiter oben, Lukas." Plötzlich summte es leise, ehe ein helles Licht aufflammte. Ella kniff ihre Augen zusammen. Nein falsch. Ihr Auge. Sie hatte nur noch eins. Noch so eine unschöne Sache. Auch Lukas ging es nicht besser. Das Licht blendete, obwohl die Lampe alt und verdreckt war. Schließlich wagte er es, einen Blick zu riskieren und gewöhnte sich an das unschöne Weiß. Mit jedem Blinzeln konnte er mehr erkennen. Ella stand etwas hinter ihm und hatte ihr Auge ebenfalls zusammengekniffen. Dort, wo sich einst ihr linkes Auge befunden hatte, hatte er ihr ein blutgetränktes Tuch um den Kopf gebunden. In der Raummitte erkannte er den OP – Tisch oder was auch immer das jetzt war. Ansonsten befand sich weiter hinten die Kiste, in der er aufgewacht war und ein paar Gegenstände, die jedoch unter verschmutzen Planen verborgen waren, so das man nicht erkennen konnte worum es sich handelte. Von Nummer 5 jedoch gab es keine Spur. Lukas Blick huschte einmal in jede Ecke, doch er konnte nirgendwo jemand anderes außer Ella entdecken. „Wo bist du?", fragte er und sah sich noch einmal um. „Hier. Hinter der Kiste.", antwortete Nummer 5, ehe er sich langsam aufrichtete. Lukas sah aus dem Augenwinkel, wie Ella neben sich der Mund aufklappte und konnte selbst auch nicht verhindern, Nummer 5 anzustarren. Er hatte ihn sich irgendwie anders vorgestellt. Vollkommen anders.
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