Kapitel 1

Ein lauter, gellender Schrei. Flehende Rufe, wimmernde Worte. Lukas schlug die Augen auf und merkte sofort, dass es kein Traum war. Jemand schrie wirklich. Weshalb? Er richtete sich auf, wollte sehen war los war, und stieß dabei hart mit dem Kopf an. Es rumste laut und er ließ sich sofort wieder zurückfallen. Verdammt, warum war es hier so niedrig?! Mit der einen Hand rieb er sich über die schmerzende Stelle, mit der anderen tastete er erneut nach oben. Seine Finger stießen gegen die Decke. Sie fühlte sich irgendwie ... holzig an. In dem Moment erklang eine andere Stimme. Eine tiefere, als die, die geschrien hatte. Es war ein Mann, der jetzt sprach. „Psst, Nummer 13. Sieh doch, wer uns jetzt gleich Gesellschaft leisten wird." Was meinte der Typ damit? Ehe Lukas sich versah, wurde auf einmal über ihm die Decke weggezogen und er ließ erschrocken seinen Arm in der nach oben gestreckten Position. Dann packte ein starker Griff sein Handgelenk und zog ihn unsanft aus der Kiste. Das nächste, mit dem er Bekanntschaft machte, war der Boden. Unsanft wurde er nach unten geschleudert und seine Kiefer knackten laut, als er mit dem Gesicht voran auf die kalten Fliesen knallte. „Siehst du, Nummer 13? Da haben wir deinen nächsten Roboterkollegen! Sag Hallo zu Nummer 14!" Der Mann klatschte aufgeregt in die Hände und zog Lukas wieder auf die Beine. Von dem plötzlichen Runter und wieder Hoch wurde ihm schwindelig und er sah nur verschwommen den mit lauter verdreckten Fliesen ausgelegten Raum. Der Mann schob Lukas vorwärts, bis er mehr oder weniger gegen einen Tisch knallte. Eine Art OP – Tisch. Langsam klärte sich seine Sicht und er ließ seinen Blick darüber wandern. Ein kalter Schauer lief ihm über den Rücken, als er sah, was sich auf dem Tisch befand. Sicher war das das Mädchen, was geschrien hatte. Sie starrte ihn aus weit aufgerissenen, panisch blickenden Augen an. Ihr Gesicht war blass und dunkle Ringe zierten ihre Augen. Die schwarzen Haare waren zu einem unordentlichen Dutt gebunden, aus dem sich schon mehr als die Hälfte der Strähnen lösten. Sie war nicht festgebunden, aber sie schien sich trotzdem nicht bewegen zu können. Sein Blick fiel auf seltsame, rote Striche. Jeweils einer zog sich einmal längst über ihre Beine und Arme. Sie stachen grell rot von der blassen, geradezu weißen Haut ab und schienen noch nicht alt zu sein. Lukas schauderte noch mehr. Was um alles in der Welt ging denn hier ab?! Nun hielt er der Mann für angebracht, sich wieder zu Wort zu melden. Er verstärkte seinen Griff um Lukas Handgelenk und nahm mit seiner anderen Hand das Handgelenk des Mädchens. „Schau mal hier!", rief er aufgeregt und hielt ihm das blasse Gelenk vors Gesicht. Ein rotes Mal war darauf zu erkennen. Eine Nummer. Die 13. „Selber eingebrannt. Alle meine schönen Roboter mache ich selber.", erklärte der Mann. Seine Worte hallten in Lukas Kopf nach. Eingebrannt. Roboter. Was sollte das bedeuten? „Interessant nicht?" Der Mann ließ den Arm des Mädchens los. Er knallte laut auf den Tisch. Das bestätigte Lukas Vermutung, dass sie irgendwie unfähig war, sich zu bewegen. Aber sprechen, oder zumindest schreien konnte sie. Der Mann redete weiter. „Und sie wird noch schöner. Aber erstmal widmen wir uns dir zu." „Was?!", entfuhr er Lukas. Das konnte der nicht ernst meinen! Das musste ein Traum sein! Ein verdammter Alptraum! Er schlief tief und fest und musste nur aufwachen! „Ich habe dir nicht erlaubt zu sprechen 14!", knurrte der Mann auf einmal. Seine Stimme klang fiel tiefer und bedrohlicher, wenn er nicht mit diesem aufgedrehten Ton sprach. Er griff Lukas in die Haare, trat ihm die Beine weg und beförderte ihn so erneut auf die harten Fliesen. Augenblicklich flammte der Schmerz in seinem Kopf wieder auf und ihm wurde erneut schwindelig. Ungewollt musste er stöhnen. Das tat verdammt weh. Der Mann trat zurück an den Tisch und er sprach wieder mit der hohen Stimme. Seine Wut schien bereits schon wieder verflogen zu sein. „Mach mich nie wütend Nummer 14, merk dir das gut.", erklärte er mit Lehrerstimme. Er zog Nummer 13 von dem Tisch und ließ sie auf den Boden fallen, als wäre sie ein wertloser Gegenstand. Ihr aufprallender Körper verursachte einen leichten Hall. Das irritierte Lukas kurz, jedoch konnte er sich nicht erklären, warum. Ihr erfuhr ein erschrockener Schrei, aber der Mann trat mit dem Fuß nach ihr und herrschte sie an, ruhig zu sein. Dann eilte er zu einer Wand und begann in einem Schrank herumzukramen, wobei allerlei Zeug herausfiel und klappernd auf dem Boden landete. Lukas kam vorsichtig auf die Knie und robbte langsam und rückwärts, zurück zu der Kiste, in welcher er aufgewacht war. Er musste so viel wie möglich Abstand zwischen sich und diesen Verrückten bringen! Plötzlich erklang der helle Ton von zerbrechendem Glas. Der Mann am Schrank fluchte und Lukas hielt vor Schreck in der Bewegung inne. Sein Kopf hämmerte. Von dem Mädchen kam ein leises Wimmern. Dann ging alles ganz schnell. Lukas setzte sich wieder rückwärts in Bewegung, aber der Mann drehte sich in genau diesem Moment um, und bemerkte dies. Mit riesigen Schritten war er bei ihm und erst jetzt erkannte Lukas, was er aus dem Schrank geholt hatte. Eine riesige Spritze, mit dunkelgrüner, dickflüssig aussehender Flüssigkeit, die darin herumschwappte und in ihm das Gefühl der Übelkeit hervorrief. Sofort sprang er auf die Füße, ungeachtet seiner Kopfschmerzen, und wollte flüchten, egal wo hin, einfach nur weg. Aber der Mann schien damit gerechnet zu haben und trat ihm von hinten in die Kniekehle. Er hatte verdammt gute Reflexe. Lukas ging schon wieder zu Boden und nur wenige Sekunden später wurde das spitze Ende der Spritze in seinem Arm versenkt. Augenblicklich merkte er, wie sich ein taubes Gefühl in ihm ausbreitete, trotzdem spürte er, wie der Mann sein schweres Knie auf seinem Rücken ablegte, um sicherzugehen, dass er nicht doch noch einmal versuchte, zu entkommen. „Versuch nie wieder, von hier zu flüchten, Nummer 14! So was kann ich noch weniger leiden, als wenn man ohne Erlaubnis spricht. Aber wenn du wieder aufwachst, dass glaub mir, wirst du das eh nicht mehr können." Die Stimme des Mannes hatte wieder diesen bedrohlichen Ton angenommen, als er die Worte in Lukas Ohr flüsterte. Aber das Grinsen, was ihm dabei im Gesicht stand, konnte Lukas praktisch ebenfalls hören. „Was zur Hölle wollen sie von mir?!", zischte er zurück. Er bekam keine Antwort, dafür wurde ihm einmal kräftig an den Haaren gezogen. Lukas verkniff mit sich mit aller Kraft einen Schrei, sein Kopf dröhnte. „Ah, du willst nicht schreien!", rief der Mann, zog seinen Kopf an den Haaren höher und ließ ihn dann wieder auf die Fliesen knallen. Lukas Hals war bereits taub, aber sein Gesicht begann zu schmerzen und nun konnte er sich den Schrei nicht verkneifen. Er hatte das Gefühl, dass sein Schädel explodierte und Tränen der Verzweiflung, wegen des Schmerzes, der Verwirrung und des Kontrollverlustes über seinen Körper bildeten sich in seinen Augen und er wollte einfach nur, dass es aufhörte. Alles. Ein Alptraum, mehr nicht. Dies sollte nicht die Realität sein. Bitte nicht. Lukas kniff seine Augen zusammen und wünschte nichts sehnlicher, als dass alles, was bis jetzt passiert war nicht echt war. Er war jetzt bereits schon mit den Nerven vollkommen am Ende. Er wollte nicht mehr. Er behielt die Augen geschlossen, als der Mann seinen Kopf erneut an den Haaren nach oben zog. Er sah nicht das Blut auf dem Boden, nicht das zufriedene Grinsen des Mannes. Er sah den Boden nicht kommen, als er vorerst zum letzten Mal losgelassen wurde, wieder auf den Boden knallte und danach das Bewusstsein verlor. Bitte lass es nicht wahr sein.

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