Kapitel 22

Lily konnte nicht das warme Gefühl in ihrem Magen verleugnen, dass sich auf dem Weg nach Hogsmeade in ihr ausgebreitet hatte.
Ein Lächeln hatte sich auf ihrem Gesicht festgesetzt, dass nicht mehr verschwinden wollte.
Ihr Verstand konnte immer noch nicht fassen, dass sie mit James Potter auf einem Date war.
All die Jahre hatte sie sich gegen ihn gesträubt, ihn verabscheut. Was hatte sie nun dazu getrieben "ja" zu sagen?

Die einzige Erklärung, die sie für ihr Verhalten hatte, war, dass sich in den letzten paar Wochen und Monaten so einiges geändert hatte. Angefangen im fünften Schuljahr, als Severus und ihre Freundschaft in die Brüche gegangen war. Seit diesem Augenblick hatte sie fast nur noch Zeit mit den Gryffindors verbracht, die sich als ihre wahren Freunde herausgestellt hatten.
Denn sooft Severus sich auch entschuldigte: sie wusste, sie konnte ihm nie wieder vertrauen. Er umgab sich mit der Sorte Leute, die sich selbst die Todesser nannten und diesem Reinblutfanatiker Lord Voldemort folgten.
Sie als Muggelstämmige konnte unmöglich eine Freundschaft mit einem von ihnen haben, das war Lily klar geworden. Je weiter sie sich von Severus entfernt hatte, desto näher waren ihr die Rumtreiber, insbesondere James gekommen, ohne dass Lily es so geplant gehabt hätte. Begonnen mit der Freundschaft mit Remus, den deutlich wenigeren Date-Fragen seitens James und ihrem Gespräch nach dem letzten Quidditchspiel im sechsten Schuljahr.

Flashback

Gelangweilt saß Lily in einer Ecke des Gemeinschaftsraumes und sah den restlichen Gryffindors zu, wie sie den Sieg des Quidditchpokals feierten.
Das Quidditchteam wurde bejubelt und irgendwoher hatte jemand Essen und Trinken besorgt.
Lily war das ein Rätsel, denn soweit sie wusste, war der letzte Hogsmeade-Ausflug eine Weile her und sonst konnte man nirgends einkaufen gehen.
Marlene hatte Lily schon lang aus den Augen verloren und Mary neben ihr war damit beschäftigt, jemanden zu beobachten. Plötzlich stand sie auf, murmelte etwas von "bin gleich wieder da" und verschwand. Seufzend verdrehte Lily die Augen und beschloss nach einiger Zeit, die Mary nicht zurückgekommen war, in den Mädchenschlafsaal zu gehen.
Als sie jedoch aufstand hielt jemand sie am Handgelenk fest. "Hey, Evans. Warte kurz." Es war James Potter, Kapitän und Jäger der Quidditchmannschaft.
Erschrocken sah sie erst hinauf in sein Gesicht, dann auf seine Hand, die ihre umschlang. Als er ihren Blick bemerkte, ließ Potter sie sofort los und räusperte sich. "Ich, ähm, habe gehört, dass du im Krankenflügel warst."
Lily verdrehte ihre Augen, um so zu überspielen, wie peinlich ihr das eigentlich war.
"Das hat wohl jeder mitbekommen, was?"
Potter legte den Kopf schief. "Ging es dir nicht gut?", wollte er scheinbar ernsthaft besorgt wissen.
Lily sah ihn unschlüssig an. James Potter war der letzte Mensch, mit dem sie über ihre Periode reden wollte.
"Ja, alles gut, ich hatte nur-", begann sie, bemerkte aber, dass sie schon wieder viel zu viel redete.
Nur weil sie so gut wie nie krank und jetzt einmal für etwas längere Zeit im Krankenflügel gewesen war, hatte das gefühlt der gesamte Jahrgang mitbekommen.
Lily war nicht einmal verletzt gewesen, sie hatte nur ziemlich starke Schmerzen gehabt, sodass sie Madam Pomfrey nach einem Schmerzmittel gefragt hatte. Diese war sehr besorgt um sie gewesen und hatte Lily gleich einen Tag im Krankenflügel behalten. In solchen Sachen war Lily der zwar strengen, aber auch einfühlsamen Madam Pomfrey wirklich dankbar. "Nur?", hakte Potter weiter nach. Hastig schüttelte Lily den Kopf. "Nichts, mit geht es gut. Ich geh jetzt lieber ins Bett."
Damit wollte sie sich abwenden, doch Potter folgte ihr. "Warte mal, Evans. Nicht so schnell." Genervt drehte sie sich zu ihm um. "Was willst du noch?" James fuhr sich durch sein schwarzes Haar. "Ich bin froh, dass es dir wieder gut geht, Evans.", meinte er aufrichtig. "Weißt du, meine Mum sagt immer, wenn es einer Frau nicht gut geht braucht sie jemanden, der ihr Schokolade bringt. Normalerweise wäre das ja Remus' Aufgabe, aber jetzt übernehme ich das ausnahmsweise."
Mit diesen Worten zog er aus seiner Hosentasche zwei Schokofrösche. Schief lächelnd hielt er ihr einen hin. Verdutzt sah Lily den Schwarzhaarigen an. So süß und freundlich kannte sie ihn gar nicht. Misstrauisch schielte Lily zu ihm hoch. Sein Blick beinhaltete jedoch nichts Schelmisches, sondern nur Ehrlichkeit. Als sie jedoch den Frosch entgegennahm und sich schon bedanken wollte, hielt Potter ihre Hand fest. "Hast du Lust, ein wenig zu reden, während wir die Schokofrösche essen?" Lily konnte diesen Vorschlag gar nicht ablehnen, sodass sie und Potter kurze Zeit später auf einem roten Sofa etwas abgelegen der eigentlichen Party saßen und ihre Schokofrösche verdrückten.

"Meine Mum war oft krank.", erzählte er irgendwann, als nur noch die Sammelkarten übrig waren. "Mein Dad und sie sind oft auf Reisen, musst du wissen, und das bekommt ihr meistens nicht so gut. Aber auch wenn Dad zu ihr sagt, dass sie daheim bleiben kann, weicht sie nicht von seiner Seite. Denn Mum weiß, wie sehr Dad es hasst, alleine zu fliegen." Lily sah ihn ungläubig an. "Dein Dad hasst das Fliegen?"
James grinste und nickte. "Mittlerweile hat er sich daran gewöhnt, aber meine Leidenschaft für Quidditch habe ich ganz sicher nicht von ihm." Lily musste lächeln, während Potter weiter über seine Eltern erzählte.
"Hast du eigentlich Geschwister?", wollte die Rothaarige schließlich neugierig wissen, denn sie lernte gerade einen komplett anderen Potter kennen, als sie ihn die letzten Jahre gekannt hatte.
Hatte sie ihn überhaupt gekannt? Hatte Lily ihn nicht einfach zu oberflächlich gesehen, ohne ihm eine Chance zu geben? Hastig verwarf sie diesen Gedanken wieder, denn Potter war immer noch der Quidditchstar, der durch die Schule stolzierte, als gehöre sie ihm. So krass konnte sich ein Mensch nicht ändern. Oder?

Flashback Ende

"Ein Butterbier für die Dame.", riss James Lily aus ihren Gedanken, als er mit den Getränken zu ihrem Tisch kam. Die drei Besen waren wie immer gut gefüllt und laut.
Dankbar lächelte sie ihn an, als er sich gegenüber von ihr setzte. Genießerisch nahm Lily einen Schluck und seufzte, da es so gut schmeckte. "Habe ich das vermisst." James lachte leise. "Das heißt, du magst Butterbier.", schlussfolgerte er. Lily grinste. "Jetzt weißt du aber viel über mich."
James' Augen blitzen belustigt auf. "Was weiß ich denn noch nicht über dich?", griff er ihr Gespräch vom Herweg auf. Lily strich sich eine rote Haarsträhne hinters Ohr und zuckte mit den Schultern. "Frag mich, was du wissen willst."
"Alles?", fragte James mit großen Augen. Lily verdrehte ihre Augen "Kommt auf die Frage an."
Ein Grinsen bildete sich auf James' Lippen, dass nichts Gutes bedeuten konnte. "James!", warnte Lily. "Nutz deine Chance sinnvoll." James stütze lächelnd sein Gesicht auf einer Hand ab, sah ihr intensiv in die Augen und schien sich eine Frage zu überlegen. Lily machte dieser Blick jedoch nervös und lange würde sie ihm nicht mehr standhalten können.

"Was machst du gerne, wenn du nicht gerade lernen musst?", wollte er schließlich wissen. "Ich meine, machst du irgendeinen Sport oder so?"
Lily überraschte diese ernsthafte Frage wirklich. "Das willst du wissen?"
James zuckte mit seinen Schultern und nickte, als wäre es das Selbstverständlichste der Welt. "Klar, ich will dich doch kennenlernen, Lily. So funktioniert das nun mal."
Ein Grinsen stahl sich erneut auf sein Gesicht. "Die unanständigen Fragen kommen dann später, versprochen." Lily runzelte ihre Stirn. "Die kannst du dir gerne sparen."
Sie nahm einen Schluck von ihrem Butterbier. "Ich liebe Lesen, falls du es noch nicht bemerkt haben solltest.", beantwortete sie schließlich seine Frage. "Außerdem lerne ich auch wirklich gerne. Wirklich!", wiederholte sie bei James' ungläubigen Blick. "Du musst verstehen, dass ich vor sieben Jahren noch keinen blassen Schimmer von der magischen Welt hatte, sodass ich wirklich alles darüber herausfinden wollte. Das ist immer noch so, denn es gibt noch so viele Sachen, die ich noch nicht weiß. Sonst tanze ich unheimlich gerne, auch wenn ich es nicht sonderlich gut kann."
James legte seinen Kopf schief und sah sie neugierig an. "Tanzen?"
Lily nickte. "Ich hatte als Kind Ballett-Unterricht."
"Ballett?", hakte er verwirrt nach. "Was ist das?"
"Das ist eine sehr harte, aber auch elegante Tanzrichtung. Allerdings bin ich komplett aus der Übung."
"Du musst mir unbedingt einmal etwas vortanzen.", meinte James fasziniert.
Lily wurde rot. "Wohl eher nicht, ich würde mich total blamieren." James grinste. "Und wie stehts beim klassischen Paartanz mit dir?"
Lily schüttelte bloß den Kopf. "Da bin ich wahrscheinlich um Welten schlechter als du, James. Alles, was ich kann, sind die Grundschritte vom Discofox."
James gluckste belustigt. "Das ist doch schonmal ein Anfang. Ich kann es dir gerne beibringen, wenn du willst." "Du kannst bestimmt sehr viele verschiedene Paartänze, nicht wahr?", fragte Lily unsicher.
James zuckte mit den Schultern. "Ein paar kommen zusammen."

Ihr Gespräch übers Tanzen ging genauso locker und unbeschwert weiter, wie es angefangen hatte. Die Zeit verflog und James erzählte gerade von seinen peinlichsten Momenten bei einem der Tanzbälle, zu denen seine Eltern ihn mitgeschleppt hatten, als lautstark die Tür des drei Besen geöffnet wurde und eine durcheinander quasselnde Gruppe Franzosen das Lokal betrat. Die Getränke von Lily und James waren längst leer, sodass sie sich entschieden, zum Schloss zurück zu kehren.

"Und du hast wirklich der Frau die Schleppe vom Kleid gerissen?", kicherte Lily, als sie Hogsmeade verließen. James fuhr sich durch seine dunklen Locken, in denen vereinzelt Schneeflocken hingen, sodass Lily am Liebsten selbst mit der Hand durch sie gefahren wäre. "Wie hätte ich denn diesen verdammten Stofffetzen sehen sollen, wenn er den Boden putzt?" Lily musste nur noch lauter Lachen. "Dann hoffen wir Mal, dass dir soetwas am Weihnachtsball nicht passiert."
James grinste. "Nimm dich vor mir in Acht, Lily."
Lily sah ihn übertrieben empört an. "Ich sag es dir, James! Wenn du mein Kleid auch nur berührst-"
"Du zerstört meine Träume!", rief James theatralisch und fasst sich ans Herz. "Wie sollen wir dann bloß zusammen tanzen?"
Lily sah ihn etwas verdutzt an, denn darüber hatte sie noch gar nicht nachgedacht. Natürlich waren alle um sie herum in heller Aufregung um ein Date für den Weihnachtsball, aber sie war zu beschäftigt mit der Organisation gewesen, als dass sie sich Sorgen um ein Date hätte machen können. Die Vorstellung, mit James zu tanzen, gefiel ihr allerdings überraschend gut, sodass sie ihn anlächelte.
James hatte selbst bemerkt, dass er sich ein bisschen weit aus dem Fenster gelehnt hatte und sah sie vorsichtig an, doch als er Lily's Lächeln bemerkte, entspannte er sich wieder.
"Du musst mir davor aber noch beweisen, dass du tanzen kannst, ohne mein Kleid kaputt zu machen.", scherzte Lily und hakte sich bei ihm unter. James lachte. "Ich dachte, du wärst diejenige, die nicht tanzen kann?"
"Halt die Klappe, Potter."
"War das eine indirekte Frage, ob ich dir Tanzstunden geben soll?", wollte James provozierend wissen.
Lily schnaubte, sagte jedoch nichts. Ihr Stolz verbot es ihr, James um Tanzstunden zu beten.
"Ich fasse das jetzt mal als ein 'Ja' auf.", grinste der Schwarzhaarige.
Lily konnte ein Lächeln nicht unterdrücken. "Okay. Wie wäre es nächsten Dienstag?"

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