Kapitel 19
Die Wut, die sich sowieso schon in James angestaut hatte, begann nun zu brodeln.
"Nenn Lily noch einmal ein...Du-weißt-schon-was und die werden dich im Krankenflügel nicht mehr heilen können.", zornig griff er nach seinem Zauberstab und umschloss ihn fest, sodass seine Knöchel weiß hervorstachen.
"Ein Du-weißt-schon-was?", höhnte Mulciber.
"Lily?", wollte Snape gleichzeitig bestürzt wissen. Wenn es überhaupt möglich war wurde der Ausdruck von seinen schwarzen Augen noch eisiger. James konnte nicht anders als ein selbstgefälliges Grinsen um seine Lippen spielen zu lassen.
"Ach, du hast das noch nicht mitbekommen? Lily und ich sind jetzt...wie soll ich sagen - uns näher gekommen."
Snapes Hand schnellte zu seinem Zauberstab und richtete ihn auf James' Gesicht. Doch James hatte ebenfalls in einer geübten Bewegung seinen eigenen Zauberstab auf sein Gegenüber gerichtet. "Schniefelus-"
"Expelliarmus!", rief Snape mit wutverzerrtem Gesicht. Fluchend wich James dem Zauber aus. "Das war aber nicht sehr fair, Schniefelus.", tadelte er.
"Das Leben ist nicht fair, Potter!", schnarrte der Slytherin.
James schnaubte. "Das hast du schön erfasst, aber-"
"Stupor!"
Gerade noch so konnte James den Fluch von Mulciber abwehren.
"Das meinte ich, ihr seid zu dritt gegen einen. Sehr mutig, Schnief-." "Expelliarmus!"
Erneut versuchte Snape ihn zu entwaffnen und James wurde total überrascht der Zauberstab aus der Hand gerissen. Snape lachte höhnisch. "Du bist wirklich dumm, Potter. Hier unten kannst du dir deine Tugend sonst wohin stecken. Jetzt wirst du einmal richtig spüren, was es heißt, erniedrigt zu werden."
"Tu jetzt ja nichts Dummes, Snape." "Ach, jetzt ist es plötzlich wieder Snape? Wo ist dein nerviges Grinsen jetzt, Potter? Ich wette, gleich heulst du nach deiner Mutter."
Wütend ballte James seine Hände zu Fäusten, doch Snape sah ihn nur verächtlich an. "Sectumsempra!"
"Protego!"
James, der sich schon auf die Wirkung des Fluches (was auch immer diese gewesen wäre, denn er hatte keine Ahnung, was Snape da gesagt hatte) gefasst gemacht hatte, blickte überrascht über seine Schulter. Dort stand mit hoch erhobenen Zauberstab Lily mit feuerrotem Haar und mit fast ebenso glühenden Augen, die sie zornig auf Snape gerichtet hatte. Auch Snape schien erschrocken über ihr Erscheinen, denn er senkte sofort seinen Zauberstab. "Lily?"
"Accio James' Zauberstab!", ignorierte sie ihren ehemals besten Freund. Stattdessen wandte sie sich an James. "Bist du in Ordnung?"
In James' Brust breitete sich ein unglaublich glückliches Gefühl aus, als er ihr kleines Lächeln erwiderte und nickte. Die Enttäuschung, die er vorhin ihr gegenüber verspürt hatte, war wie weggeblasen. Als er ihr in die Augen blickte, konnte James ihre tiefe Reue sehen und wusste, dass er ihr verzeihen konnte, denn schließlich hatte Snape ihr diese Flusen in den Kopf gesetzt und James verstand auch, dass diese Situation neu für sie war - ebenso wie für ihn - dass sie sich gut verstanden und dass daher die Zweifel in ihr aufgekeimt waren.
Nach ihrem intensiven Blickkontakt drehte sich Lily schließlich doch zu den drei Slytherins um. "Zauberei ist in den Korridoren von Hogwarts strengstens untersagt, das solltet ihr als Siebtklässler mittlerweile wissen.", zischte sie. "10 Punkte Abzug für jeden von euch!" James sah deutlich den flehenden Ausdruck in Snapes Augen, den Lily allerdings völlig übersah.
Sie griff nach James' Arm und zog ihn in Richtung der Treppen. "Und 20 Punkte Abzug für Slytherin wegen Beschimpfung einer Schülersprecherin!", rief James ihnen über seine Schulter zu. Dann wandte er sich wieder Lily zu und legte ihr einen Arm um die Schulter, was sie augenrollend hinnahm und ihm seinen Zauberstab zurückgab.
Sie liefen in Richtung des Gemeinschaftsraumes, da beide in Kürze wieder Unterricht hatten und ihre Taschen dort noch lagen. James fühlte sich großartig, denn Lily hatte noch nichts gegen seinen Arm unternommen, der noch immer um sie geschlungen war.
"Danke.", meinte er plötzlich wie aus dem Nichts. "Dass du mich da sicher wieder rausgeholt hast. Die Superheldin steht dir, Lily."
Er zwinkerte ihr zu, sodass sich ihre Wangen rot färbten. "Kein Problem. Und ich will mich bei dir entschuldigen, James. Das, was ich vorhin zu dir gesagt habe, war unmöglich von mir. Es tut mir so Leid, wirklich." Ihre großen grünen Augen sahen ihn unsicher an, sodass James gar keine andere Wahl hatte, als ihr zu vergeben.
"Schwamm drüber.", meinte er schulterzuckend.
"Nein, das war echt unverschämt und ich hätte nichtmal im Traum daran denken sollen, dass du so etwas tun würdest.", ritt Lily weiter darauf herum.
"Ich akzeptiere deine Entschuldigung.", versicherte ihr James. "Außerdem darfst du gerne von mir träumen."
Lachend kniff sie ihm in die Seite. "Da bin ich ja erleichtert. Ist wieder alles gut zwischen uns?"
"Sehr gut.", bestätigte James, der genau wusste, wie ernst Lily die ganze Sache war. "Jetzt lass uns diesen Weihnachtsball zu dem Besten aller Zeiten machen! Und diesmal in Partnerarbeit, nicht wahr, Lily?"
Sie nickte. "Du musst mir helfen, dass ich das hinbekomme, James." "Zusammen schaffen wir das.", meinte James zuversichtlich.
Erleichtert atmete die Rothaarige auf, nannte das Passwort und kletterte durch das Porträtloch. James folgte ihr und versuchte nicht zu sehr auf ihren Hintern zu achten. Lily schnappte sich eilig ihre Tasche, die verlassen auf einem Sofa lag. "Ich habe jetzt Alte Runen und du?" "Zauberkunst.", antwortete der Schwarzhaarige. "Wir sehen uns später, denke ich."
Lily nickte und lächelte ihn ungewohnt warm an. Und dann ging sie von selbst auf ihn zu und legte ihre Arme um seinen Nacken. Etwas überfordert erwiderte James die Umarmung und ein Grinsen breitet sich auf seinem Gesicht aus, das er wohl den ganzen Tag nicht mehr aus dem Gesicht bekommen würde.
Selbst nicht, als am darauffolgenden Abend Remus unglaublich reizbar war und jeden um sich herum anfauchte.
"Hey, Remus, hast du die Karte gesehen?", fragte Sirius ihn, als er den Jungenschafsaal danach absuchte. "Nein.", antwortete dieser genervt und stopfte sich ein weiteres Stück Schokolade in den Mund. "Du solltest mal besser auf unsere wertvollen Gegenstände aufpassen, Tatze."
"Ich hab sie doch gar nicht verloren!", verteidigte sich Sirius entrüstet. Remus schnaubte. "Natürlich nicht. Du warst doch derjenige, der nichts besseres zu tun hatte, als Marlene auf der verdammten Karte zu beobachten."
Sirius wurde tatsächlich etwas rot. "Warum sollte ich das tun? Ich habe gar kein Interesse daran, was Marlene so treibt, nicht wahr, Krone?"
"Äh, was?", James hatte der Konversation seiner Freunde nur mit halbem Ohr zugehört und war in Gedanken noch bei Lilys Umarmung. Remus schüttelte bloß den Kopf. "Krone kannst du auch vergessen, er ist viel zu verliebt, als dass er einen anständigen Satz bilden könnte. Am besten kommt ihr heute Nacht gar nicht mit und geht lieber zu euren Mädels." Damit verließ er ihren Schlafsaal fluchtartig.
James und Sirius warfen sich mit erhobenen Augenbrauen einen bedeutungsvollen Blick zu. Dieses Verhalten seitens Remus' während eines Vollmonds waren sie schon gewohnt und so wussten sie auch, dass er es in Wirklichkeit gar nicht meinte, was er sagte.
Es war nämlich ausgeschlossen, dass Remus alleine diese Nacht verbrachte. Als die Dunkelheit angebrochen war und sie die Karte des Rumtreibers gefunden hatten, schlichen sich Sirius, Peter und James unter dem Tarnumhang von James' Dad aus de Schloss zur Peitschenden Weide. Remus war schon einige Zeit früher von Madam Pomfrey zum Geheimgang gebracht worden, wie jeden Monat.
Es folgte der beinah routinierte Ablauf des Abends: Peter verwandelte sich in eine Ratte, flitzte durch die peitschenden Äste und berührte den Punkt, den die Weide zur Ruhe kommen ließ. Zu dritt hasteten sie durch den Geheimgang zur Heulenden Hütte in Hogsmeade. Schon von weitem hörten sie das Heulen, das allerdings nicht von Geistern (wie die Bewohner von Hogsmeade es vermuteten), sondern von ihrem Freund Remus kam. Von Remus in seiner Werwolfsgestalt. Auf Sirius' und James' Gesichtern breitete sich ein vorfreudiges Grinsen aus, bevor sie sich jeweils in ihre Tiergestalten verwandelten.
Schon vor längerer Zeit hatten sie sich aus der Hütte getraut und zusammen mit dem Werwolf den Verbotenen Wald erkundet. Mittlerweile kannten sie sich mindestens genauso gut darin aus, wie Hagrid. Im Schein des Mondes spazierten die vier am Waldrand entlang und genossen die Aussicht auf das beleuchtete Schloss. Zumindest der Hirsch, der Hund und die Ratte. Der Werwolf hatte andere Gedanken: er wollte jagen, seiner Kraft und Energie freien Lauf lassen. Und da man einen Werwolf zu nichts zwingen kann, fügten sich die anderen drei seinen Wünschen, denn so würde Remus am nächsten Morgen mit weniger Wunden aufwachen.
*
Die darauffolgenden Tage vergingen wie im Flug. James und Lily planten bis ins kleinste Detail den Weihnachtsball, wobei sie beide deutlich unterschiedliche Meinungen und Vorstellungen hatten, wie dieser auszusehen hatte.
"Wir können doch nicht eine Rock-Band einladen, James! Das ist ein Ball. Da wird auf klassische Musik getanzt.", erinnerte Lily ihn als sie in einer ihrer Freistunden in der Bibliothek saßen.
James verdrehte die Augen. "Das weiß ich doch. Immerhin musste ich Tanzstunden nehmen, seit ich 7 Jahre alt bin. Aber-"
"Du hattest Tanzunterricht?", fragte Lily erstaunt und sah ihn interessiert an. James zuckte mit den Achseln. "Jaa, das ist denke ich so ein Reinblüter-Ding. Es werden des Öfteren Bälle veranstaltet, wo dann reinblütige Familien eingeladen werden, obwohl das eigentlich sowas von veraltet ist."
"Das klingt wirklich cool!", meinte Lily begeistert. "Dann müsstest du doch genau wissen, wie ein Ball auszusehen hat."
James seufzte. "Ja, das weiß ich auch, aber die sind immer so öde. Außerdem hat Sirius mehr Erfahrung als ich, bei den ganzen wirklich reinblütigen Familien, die sich fast schon als adelig sehen, ist das noch gängiger."
"Ist deine Familie denn nicht wirklich reinblütig, oder was?", hakte Lily neugierig nach.
James schüttelte den Kopf. "Gott bewahre, nein! Die Potters haben immer mal wieder gerne auch Halbblütige, Muggelstämmige oder gar Muggel geheiratet. Deshalb sind wir auch leider nicht im Buch der Unantastbaren Achtundzwanzig." Überrascht hob Lily ihre Augenbrauen. "Was soll das denn sein?"
James legte den Kopf schief. "Habe ich gerade etwa ein Buch entdeckt, dass Lily Evans nicht kennt?"
Lily wurde rot. "Eventuell."
James jedoch grinste nicht, sondern blieb ernst. "Das musst du nicht kennen."
"Aber ich will es gerne wissen! Was ist das?", nörgelte sie.
James blickte sie nachdenklich an. "Es ist...naja, ein Buch, in dem die 28 reinblütigen Familien aufgeführt werden. Kompletter Schwachsinn, wenn du mich fragst, deshalb bin ich auch stolz darauf, nicht Teil davon zu sein."
Lily runzelte die Stirn. "Black ist bestimmt ganz oben auf der Liste, zusammen mit Malfoy und Lestrange."
James nickte. "Ja, die sind dabei, aber auch Longbottom, Weasley und Macmillan. Also nicht nur Slytherins wie du siehst."
Aus irgend einem Grund lächelte Lily ihn an. "Du wirst mir irgendwie immer sympathischer, James." Verlegen kratzte er sich am Hinterkopf. Die Rothaarige grinste und blickte auf das Pergament zwischen ihnen. "Na, dann sag mal, wie du die Bälle verbessern würdest. Und kein Rock!", fügte sie hastig hinzu, als er Luft holte.
James fuhr sich durch sein lockiges Haar. "Warum denn nicht? Das würde die Stimmung erheblich heben!" "Keine Diskussion, Potter!"
James lachte. "Und wie wär's mit Jazz?"
"Halt die Klappe!"
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