Kapitel 16
"Wir haben gewonnen!", rief Marlene fröhlich und fiel Lily um den Hals, die müde lächelte. "Ja, es war echt ein gutes Spiel."
"Wo bleibt denn deine Euphorie?", wollte Marlene belustigt wissen und nahm Lilys Gesicht in ihre Hände. "Mensch, Lily, dich kann man auch wirklich nicht mehr für Quidditch begeistern, oder?"
Lily zuckte mit ihren Schultern. "Es ist einfach wie Fußball: die Spieler bilden sich viel zu viel darauf ein, dafür, dass sie einem Ball hinterherjagen. Das ist keine Leistung."
"Ich habe bis zum heutigen Tag noch nicht dieses Fußball verstanden, aber Quidditch hat vier Bälle und ist wesentlich interessanter.", konterte Marlene und fuhr sich durch ihr blondes Haar.
Mary jedoch drängte sie und Lily zum Ausgang der Tribüne. "Los jetzt, sonst werden wir von den Drittklässlerinnen da überrannt."
Sie deutete auf eine Gruppe Mädchen, die kichernd auf die verschwitzten Quidditchspieler gafften und sich durch die Menge drängelten, um aufs Feld zu kommen.
Marlene grinste. "Ach, waren wir früher nicht genauso? Ich meine, wisst ihr noch Stephen McLean?"
Lily verdrehte die Augen. "Wäre er noch in Hogwarts, würdest du ihm immer noch wie ein dreizehnjähriges Mädchen hinterher sabbern."
Marlene schnaubte und bahnte ihnen einen Weg von der Tribüne hinunter. "Ach was, ich bin eine selbstbewusste, unabhängige Frau, die keinem Mann auch nur hinterher schaut."
Mary kicherte. "Und wie war das in den Sommerferien bei der Party bei den Rumtreibern?"
"Was soll da gewesen sein?", wollte Lily neugierig wissen. "Hab ich was verpasst?"
Marlene schüttelte vehement ihren Kopf. "Ach, was, du hast gar nichts verpasst."
"Überhaupt nichts.", meinte Mary ironisch und wich einem Fünftklässler aus, der sich an ihnen vorbeidrängelte. "Es war nur so, dass McLean auch auf der Party war und Marls ihn am liebsten aufgefressen hätte."
Marlene sah sie genervt an. "Ich wollte ihn nicht auffressen."
Mary lachte. "Nein, du hast ihn bloß die ganze Zeit blöd angestarrt."
Lily runzelte die Stirn. "Warum bist du nicht zu ihm hin?"
"Zu ihm hin?", fragte Marlene ungläubig.
Lily nickte. "Du hättest ihn doch ansprechen können."
Marlene wurde rot. "Ach was, so ernst ist es mir dann doch nicht um ihn."
"Wie bitte?", wollte die Rothaarige ungläubig wissen. "Du schwärmst schon für ihn, seit du ihn das erste Mal gesehen hast, Marls!"
Mary seufzte und sah Marlene vorsichtig an. "Es war nur so, dass McLean nicht alleine war, Lily."
Lily zog überrascht die Augenbrauen nach oben. "Oh."
Marlene schnitt eine Grimasse. "Ja, oh. Madeleine Robinson hat ihn schon früher als ich entdeckt und hat ihn um ihren Finger gewickelt."
Sie verdrehte die Augen. "Immerhin ist sie Sucherin. Die Jungs stehen auf sowas."
Die drei Mädchen hatten den Ausgang der Tribüne erreicht und wurden vom Strom der Schüler auf das Spielfeld getrieben.
"Du meinst, Jungs stehen darauf, wenn man Sucher ist?", wollte Lily belustigt wissen.
Marlene zuckte mit den Achseln. "Naja, ich meine allgemein, wenn man Quidditch spielt."
Mary schüttelte ihren Kopf. "Zumindest stehen da die Jungs drauf, von denen du etwas willst, Marls." Marlene seufzte. "Das kann natürlich auch sein, ich bin einfach ein Pechvogel."
Lily kicherte und legte einen Arm um ihre Schulter, den anderen um Marys Schulter. "Glaub mir, du wirst deinen Traummann schon noch finden, Marlene."
Marlene lächelte. "Danke, Lily. Was würde ich nur ohne dich machen? Du wirst deinen Traummann übrigens auch noch finden."
Dabei guckte sie auffällig lange zu der großen Gestalt von James Potter, der in mitten seiner Teamkollegen stand und sich feiern ließ. Lily folgte dem Blick der Blondine und schnaubte genervt. "Wann kapierst du es endlich, Marlene? Das wird niemals was mit James und mir."
Erst, als Mary und Marlene sie überrascht anschauten, merkte Lily, was sie da gesagt hatte.
"James?", grinste Mary und gab Marlene ein High-Five. "Also seid ihr euch doch näher gekommen?"
Lily verdrehte die Augen. "Nein, sind wir nicht. Wir haben bloß-"
"Lily?"
Ganz in ihrem Gespräch vertieft hatten die drei Mädchen nicht den schwarzhaarigen Slytherin gesehen, der sich ihnen in den Weg gestellt hatte.
"Snape?", machte Marlene abfällig. "Was willst du denn hier?"
"Das geht dich gar nichts an, McKinnon.", er spuckte ihren Namen schon fast aus. Als Severus sich wieder an Lily wandte, wurde sein Blick weicher. "Ich wollte mit dir reden."
Überfordert sah Lily ihn an. Eigentlich hätte sie ihm die kalte Schulter zeigen sollen, doch sein verletzter Blick ließ sie verzweifelt nach Worten ringen.
"Ich, äh-"
"Hau ab, Snape. Siehst du nicht, dass Lily nichts mehr von dir will? Daran bist einzig und allein du Schuld, also lass sie in Ruhe!", fauchte Marlene und hakte sich bei Lily unter, Mary tat es ihr gleich, blieb allerdings stumm.
"Schon gut, Marlene. Ich höre mir an, was er zu sagen hat.", sagte Lily jedoch ruhig.
Sie wandte sich an Severus. "Okay, über was wolltest du reden?" Snape sah unsicher zu Mary und Marlene, die ihn feindselig anstarrten. "Könnten wir das nicht unter vier Augen-"
"Damit du und deine Todesserfreunde sie hinterrücks angreifen könnt? Träum weiter!", mischte sich da Marlene wieder ein.
"Marls, ganz ruhig.", meinte Lily.
"Du kannst, was immer du mir sagen willst, auch vor meinen Freunden sagen.", wandte sie sich dann wieder an Severus. Dieser schluckte. "In Ordnung." Er räusperte sich nervös. "Lily, es...es tut mir leid-" Marlene stöhnte genervt auf. "-Ich weiß, dass du mir nicht verzeihen wirst, aber du sollst wissen, dass ich es noch immer bereue und es am liebsten rückgängig machen würde."
Es. Damit war das Ereignis nach ihren ZAG-Prüfungen gemeint, als Severus sie als Schlammblut bezeichnet hatte. Ab dann war ihre Freundschaft, die sowieso immer weiter auseinander gegangen war, endgültig zerstört gewesen.
"Was ich dir aber eigentlich sagen wollte.", fuhr Severus fort. "Ist, dass du auf dich aufpassen solltest."
Lily runzelte ihre Stirn. "Keine Sorge, ich kann auf mich aufpassen."
Er schluckte und knetete sein Hände. "Nein, nein. Du verstehst nicht...ich wollte nicht...ich meine, ich weiß, dass du auf dich aufpassen kannst...ich, ähm...ich wollte nur sagen, dass Potter unberechenbar ist."
Daher wehte also der Wind. Lily presste ihre Lippen aufeinander. "Was meinst du?"
Severus sah sie bittend an. "Du kannst Potter nicht vertrauen, Lily! Ich weiß nicht mal, wie er Schülersprecher geworden ist, aber wer Geld hat, kann eben alles regeln-"
"Was redest du da?", fragte Lily verwirrt und spürte, wie sich Marlene verärgert in ihren Arm krallte.
Snape zuckte mit den Schultern. "Hast du dich denn noch nie gefragt, warum ausgerechnet er Schülersprecher werden konnte? Niemand bei klarem Verstand würde Potter diesen Posten geben - außer natürlich, er wäre bestochen worden von Potters Daddy. Das wäre nur eine weitere Methode, um bei dir zu landen, Lily."
Lily sah ihn ungläubig an. "Was...was sagst du da?"
Severus sah sie durch seine schwarzen Augen an. "Sag mir nicht, du fandest es keine Sekunde seltsam, dass Potter Schülersprecher geworden ist. Ich bitte dich, Lily. Potter hätte unter normalen Umständen niemals dieses Amt bekommen."
Verwundert blinzelte die Rothaarige. Selbstverständlich hatte sie sich das schon oft gefragt, doch zu so einer Anschuldigung wäre sie niemals gekommen. Aber jetzt, da Severus es ansprach, ging es ihr nicht mehr aus dem Kopf. Was, wenn -
"Hör auf, so eine Scheiße zu labern, Snape.", knurrte Marlene neben ihr. "Da spricht nur die Eifersucht aus dir, du elendiger -"
"Marlene!", zischte Lily. "Ich kann das regeln." Severus sah triumphierend zu der Blondine, die ihn weiterhin böse anstarrte. Lily wandte sich wieder an ihren ehemals besten Freund. "Woher willst du das wissen, Severus?"
Dieser zuckte nur unschuldig die Schultern und machte ein paar Schritte zurück. "Ich wollte dich nur warnen."
Lily zog ihre Augenbrauen nach oben. "Danke, aber ich denke, ich komme auch ohne deine Warnung gut mit James zurecht." Damit drehte sie sich um und zog Marlene und Mary mit sich in Richtung Hogwarts.
Mary schnaubte. "Was für ein Idiot."
Marlene schüttelte ungläubig den Kopf. "Wie du nur so lange mit dem befreundet sein konntest, Lily." Die Rothaarige sagte nichts. Mary legte einen Arm um Lily.
"Hey, das war gerade echt stark von dir. Klar, er war lange dein bester Freund, aber du weißt genau so gut wie ich, dass er sich einfach die falschen Freunde ausgesucht hat. Er hat dich nicht verdient."
Marlene nickte bekräftigend. "Dieser eklige Kotzbrocken nennt alle Muggelstämmigen Schlammblut und ist wirklich naiv genug, um zu glauben, dass du darüber hinwegsiehst. Mal ganz davon abgesehen, dass du selbst von Muggeln abstammst. Solche Leute haben echt ne Schraube locker, wenn du mich fragst." Lily lächelte schwach. Sie wusste, dass die beiden sie durch ihre Beleidigungen nur aufmuntern wollten. Denn sie wussten genau, wie viel ihr Severus einmal bedeutet hatte. Allerdings geisterte etwas ganz anderes in Lilys Kopf herum: Severus' Beschuldigung, dass James' Vater Dumbledore bestochen haben könnte, nur um ihr näher zu kommen. Wie realistisch war das?
Schweigend liefen sie den Hang hoch zum Schloss und ließen sich von der Menge der Schüler mitreißen. Vor ihnen lief eine Gruppe Viertklässler aus Gryffindor, die sich angeregt über das Match unterhielten. "Wie ungerecht war bitte dieser Wilson?", beschwerte sich einer. Ein anderer nickte kräftig. "Wir waren ja mit Abstand das bessere Team!"
"Wie Recht er hat.", seufzte Marlene. "Nur weil Wilson etwas von Smith will."
Sie verdrehte ihre Augen. "Als Stadionsprecher sollte man immer unparteiisch sein, egal unter welchen Umständen, wie Jackson vor zwei Jahren. Der war ein wirklich guter Stadionsprecher."
Das ließ Lily glucksen. "Jackson? Das kam dir vielleicht nicht so vor, aber er war immer für Gryffindor und wie der gegen Slytherin gewettert hat, war auch nicht mehr normal."
Mary lachte. "Und wie. Aber es ist immer besser, den Stadionsprecher auf seiner Seite zu haben."
"Wahre Worte, Mary.", meinte Marlene ernsthaft. "Und außerdem ist es doch mehr als offensichtlich, dass Smith nicht auf Männer steht. So wie der den ganzen Mädels immer auf den Arsch glotzt." Hinter ihnen ertönte ein amüsiertes Lachen. Erschrocken drehten sich die drei Mädels um. "Marlene, Marlene, und ich dachte, du stehst auf solche Quidditch-Machos?"
Es war Sirius Black mit Remus und Pettigrew im Schlepptau. Marlene runzelte ihre Stirn und sah ihn von oben bis unten an. "Woher willst du wissen, auf was ich stehe, Black?" Black grinste schelmisch und steckte lässig seine Hände in seine Hosentaschen. "Intuition."
"Intuition?", Marlene schnaubte höhnisch. "Dann muss ich dir leider mitteilen, dass du weit daneben liegst mit deiner Intuition."
Black zog eine Augenbraue nach oben. "Ach ja? Und was ist Stephen McLean für dich?"
Marlene verschränkte ihre Arme vor der Brust. "Ich wüsste nicht, was dich das angeht, Black."
Remus räusperte sich. "Müsst ihr das hier besprechen? Ich würde sonst gerne wieder zurück ins Schloss." Lily nickte. "Remus hat Recht, können wir jetzt weiter?"
"Klar, solange Black uns nicht weiter aufhält.", meinte Marlene schulterzuckend. Dieser ging betont cool an ihnen vorbei und blickte dann zurück, als würde er schon ewig auf sie warten. "Wer hält hier wen auf? Na los, beeilt euch mal, sonst ist die Party im Gemeinschaftsraum um, bevor wir überhaupt da waren."
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