Kapitel 10

Das Wochenende, dass die erste kurze Schulwoche abschloss, nutze Lily fast ausschließlich für ihre Hausaufgaben.
Dementsprechend ging es schnell vorbei und auch die darauffolgenden Schultage vergingen wie im Flug.
Lily war vollkommen auf die Schule konzentriert und kam dem stetig wachsenden Berg an Hausaufgaben fast nicht mehr hinterher.
Sie war jedoch nicht die einzige.

Ihr gesamter Jahrgang stöhnte unter all den Aufgaben und den hohen Erwartungen der Lehrer.
Obwohl die Prüfungen noch ewig entfernt schienen, ließen die ersten Lehrer schon Tests schreiben, in denen das Wissen des letzten Jahres abgefragt wurde.
Lily vergaß dadurch fast ihre Aufsichtsschichten, die sie mit Potter abhalten musste. Mittlerweile hatte sie wirklich Hoffnungen, dass die Zusammenarbeit mit ihm nicht ganz so schrecklich werden würde, wie anfangs gedacht.

"Miss Evans?"
Aus ihren Gedanken gerissen, schreckte Lily erschrocken auf, als sie McGonagall vor sich sah. Gerade hatte sie ihren Verwandlungsunterricht beendet.
"Ja, Professor?", fragte Lily vorsichtig und festigte ihren Griff um ihre Tasche.
"Ich bin erfreut zu sehen, dass es gut läuft bei Ihnen, sowohl als Schülersprecherin als auch als Schülerin.", sagte McGonagall aufrichtig. "Ich bin noch gar nicht dazu gekommen, aber ich wollte Ihnen auch mein Lob aussprechen, dass Sie und Potter sich bisher als sehr zuverlässig erwiesen haben."
Lily lächelte glücklich. "Danke, Professor. Das freut mich zu hören."
"Ich erwarte nun natürlich eine gute Zusammenarbeit von Ihnen für Halloween.", sprach McGonagall. "Denken Sie daran, dass es nicht mehr lange bis dahin ist."
Lily nickte, sie wusste, dass sie bald mit den Vorbereitungen anfangen mussten.
"Dann noch einen schönen Tag, Miss Evans.", verabschiedete sich McGonagall und Lily ging aus dem Klassenzimmer.

Das bedeutet noch mehr Aufgaben, die Sie zu bewältigen hatte. Irgendwie musste sie sich die Zeit einteilen, damit alles rechtzeitig fertig wurde. Eilig lief sie in die Bibliothek, zog Pergament und Feder hervor und begann sich einen Plan aufzuschreiben, mit dem sie die Übersicht nicht verlieren würde. Dann schrieb sie auf, was sie alles für das Fest an Halloween brauchen würden und teilte dies dann zwischen Potter und ihr auf. Für ihn schrieb sie dann einen neuen Zettel mit den Sachen, die er zu erledigen hatte.

So musste es einfach funktionieren.
Hastig stopfte sie alles wieder in ihre Tasche und sah auf die Uhr. Es war Zeit für das Mittagessen. Potter würde wahrscheinlich auch dort sein.
In der großen Halle saß er tatsächlich mit seinen drei Freunden. Sie schienen sich über etwas heftig zu amüsieren. Entschlossen ging Lily auf die Rumtreiber zu und setzte sich kurzerhand neben Black, der ihr am nächsten war.
"Evans?", fragte dieser erstaunt. "Was machst du denn hier?"
"Ich muss mit dir reden, Potter.", wandte sie sich direkt an den ihr gegenübersitzenden Schülersprecher.
Erstaunt hob er seine Augenbrauen. "Mit mir?"
Lily nickte und zog den Zettel raus, den sie für ihn geschrieben hatte.
"Oh, ein Liebesbrief!", rief Black entzückt. "Krones Träume werden wahr."
"Haha. Wie witzig.", sagte Lily genervt. "McGonagall hat mich heute daran erinnert, dass wir bald das Halloweenfest planen müssen."
"Halloween?", fragte Potter verwirrt. "Aber das ist doch erst-"
"In fünf Wochen.", unterbrach sie ihn. "Das ist weniger, als man denkt. Ich habe eine Liste mit Sachen gemacht, die wir dafür brauchen. Auf dem Zettel stehen die Dinge, die du organisieren musst, okay?"
Überrumpelt sah sich Potter den Zettel an. "Oh, okay. Ähm, klar okay, aber-"
"Ja?", wollte Lily hastig wissen und schielte auf den Zettel in Potters Hand. "Fehlt etwas?"
"Nein, nein.", meinte er. "Aber dir ist schon klar, dass wir ein Team sind, oder? Du musst das nicht alles alleine machen und dich selbst stressen."
Lily runzelte die Stirn. "Ich bin doch gar nicht gestresst."
Potter sah sie schief an. "Nimm dir erstmal was zu essen, Evans, und leg deine Tasche ab, dann reden wir weiter."
"Ich kann nicht, ich muss noch Zauberkunst-"
Black legte ihr einen Arm um die Schulter nahm ihr die Tasche ab. "Jetzt ist Mittagspause, Evans. Du musst mal kurz durchatmen."
Lily seufzte. "Na gut, ich habe nur Angst, dass ich den Aufsatz nicht fertig bekomme und-"
"Ich glaube, keiner von uns ist so weit mit den Hausaufgaben, wie du, Evans, außer vielleicht Remus.", sagte Potter. "Eigentlich sollten wir die sein, die sich stressen."
"Was wir aber nicht machen.", fügte Pettigrew hinzu.
"Was wir aber nicht machen.", stimmte Black zu.
"Sie haben recht, Lily.", meinte Remus und schob ihr einen Teller hin. "Du musst auch mal eine Pause einlegen."
Lily lächelte gerührt. "Ihr habt ja recht. Ich brauche eine Pause. Danke."
"Keine Ursache, Evans.", grinste Potter und fuhr sich durch sein Haar.

Nachdem sie die ersten Bisse von ihrem Essen heruntergeschluckt und von ihrem Kürbissaft getrunken hatte, fühlte sich Lily gleich viel besser.
"Also, was meintest du noch wegen Halloween?", wollte Potter wissen und steckte sich eine Gabel Gemüse in den Mund.
"Steht alles auf dem Zettel.", nuschelte Lily unter dem Essen.
Potter sah sie belustigt an. "Alles klar."
"Am besten besorgen wir alles in den nächsten zwei Wochen.", schlug Lily vor. Potter sah auf seine Liste. "Wo soll ich denn die Schicksalsschwestern in zwei Wochen herbekommen?"
Lily sah ihn verlegen an. "Ich dachte, du hättest bessere Chancen, sie engagieren zu können, als ich. Dumbledore hört die doch so gerne."
Potter schmunzelte. "Na schön, ich bekomm das schon hin."

*

Die Zeit verrannte wie Sand und bevor Lily sich versah, stand Halloween unmittelbar vor der Tür.
Noch eine Woche hatten sie Zeit, das Fest zu planen.
Sie selbst hatte alle Punkte auf ihrer Liste abgehakt, allerdings hatte sie Potter fast die gesamte letzte Woche nicht gesehen, außer manchmal flüchtig im Unterricht, wo er aber immer als Erster am Ende abgehauen war.
Lily hatte mitbekommen, dass die Auswahltrainings angefangen hatten und sie hatte schockiert festgestellt, dass Potter zusätzlich auch noch Quidditchkapitän war. Wie konnte er nur diese beiden wichtigen Positionen auf einmal bewältigen?
Doch Lily hatte auch zu spüren bekommen, dass er das eben nicht konnte. Letzte Woche war er zu keiner ihrer gemeinsamen Aufsichten erschienen, was Lily erst ziemlich sauer gestimmt hatte, doch wegen dem Quidditch hatte sie ihm teilweise verziehen.
Nun allerdings musste sie mit Potter sprechen.
Und sie hoffte, ihn im Gemeinschaftsraum finden zu können, doch dort war nur Black, der ihr sagte, Potter wäre auf dem Jungs Klo im zweiten Stock. Seufzend machte sich Lily auf den Weg dorthin.
Ihre Laune sank immer weiter, mit jedem Schritt, den sie nach Potter suchte. Warum konnte er nicht einmal auf sie zukommen? Musste sie immer alles alleine organisieren?

Beim Jungsklo angekommen klopfte sie an die Tür, als jedoch niemand antwortete, öffnete Lily sie vorsichtig.
"Potter? Bist du hier drinne?"
"Evans?!", kam es ziemlich erschrocken aus einer der Kabinen.
Lily wurde rot. "Ich...ähm, warte dann lieber draußen."
"Ja, bitte.", meinte Potter.
Hastig schloss Lily die Tür wieder.
Peinlich berührt strich sie sich durch das Haar und schloss kurz die Augen.
Dann lehnte sich Lily gegenüber der Tür an die Wand und wartete.
Ungeduldig sah sie auf die Uhr und dachte an ihre nächste Stunde Verteidigung gegen die dunklen Künste, wo im Übrigen auch Potter hin musste.
Als er endlich aus der Tür kam, seufzte Lily erleichtert. "Da bist du ja endlich."
Potter grinste. "Was ist denn so dringend, dass du mich beim kacken störst?"
Lily spürte, wie ihr wieder die Hitze ins Gesicht stieg. "Tut mir leid, es ist nur ziemlich wenig Zeit. In fünf Minuten beginnt Verteidigung gegen die dunklen Künste."
Potter verdrehte die Augen. "Das ist doch noch massig Zeit."
"Ähm...können wir das auf dem Weg zum Klassenzimmer besprechen, bitte?", wollte Lily wissen und lief schon los.
"Wenn es sein muss.", meinte Potter ziemlich unmotiviert.
Lily verschränkte genervt die Arme. "Ich will nur kurz wegen Halloween reden."
"Halloween?"
"Ja.", sagte Lily. "Und zwar ist das ja schon in einer Woche, aber ich hatte die letzte Woche nie Gelegenheit mit dir zu reden. Nebenbei bemerkt hättest du auch mal von dir aus auf mich zukommen können, aber egal. Ich wollte mich nur vergewissern, dass alles geregelt ist für das Fest."
Fragend drehte Lily ihren Kopf in seine Richtung und sah, wie er seinen Hinterkopf kratzte.
Potter räusperte sich. "Klar, ähm, es steht alles."

"Okay, das hoffe ich doch.", meinte Lily und sah ihn etwas misstrauisch an.
"Mach dir keine Sorgen, Evans.", sagte er mit mehr Nachdruck. "Es wird schon alles klappen."
Lily nickte.
"Perfekt, da bin ich aber froh, Potter.", sagte sie. "Das heißt, die Kürbisse von Hagrid sind bereit?"
"Klar, allzeit bereit.", sagte Potter. "Wars das? Der Unterricht geht jetzt nämlich gleich los."
Erschrocken sah Lily auf ihre Uhr. "Oh, verdammt. Ja, jetzt müssen wir uns aber beeilen."
Potter lachte. "Der alte Fitzgibbons wird das sicher verstehen, wenn die Schülersprecher zu spät kommen."
Lily sah ihn ungläubig an. "Du nutzt das ja voll aus, in dieser Position zu sein."
"Warum sollte ich das denn nicht tun, Evans?", fragte Potter schulterzuckend.
Lily schüttelte nur den Kopf und öffnete die Tür des Klassenzimmers.

Drinnen saßen schon alle auf ihren Plätzen und hörten Professor Fitzgibbons zu. Lily sah, wie Marlene grinsend zwischen Potter und ihr hin und her sah.
"Miss Evans und Mr Potter, Sie sind zu spät.", stellte der Professor fest.
"Tut uns leid, Professor-", begann Lily schon. Das war ihr noch nie passiert, dass sie zu spät gekommen war.
"Sie werden doch sicher verstehen, Professor, dass wir als Schülersprecher noch etwas wichtiges zu besprechen hatten.", wurde sie von Potter unterbrochen. "Wir haben für das Wohl der ganzen Schule gehandelt."
Fitzgibbons nickte tatsächlich auf der Stelle. "Natürlich, natürlich, setzen Sie sich bitte."
Potter ging grinsend auf seinen Platz zu und Lily ließ sich hastig auf den Platz neben Marlene gleiten.
"Na, Spaß gehabt?", wollte diese belustigt wissen.
Lily verdrehte die Augen. "Sei still, Marls. Ich hoffe jetzt nur, dass Potter wirklich alles organisiert hat für Halloween."
"Mach dir mal keinen so Stress, Lily. Es wird schon alles gut gehen.", beruhigte Marlene sie leise, denn Fitzgibbons fuhr seinen Unterricht mit seinem schottischen Akzent weiter.
"Es ist nur so, dass McGonagall viel erwartet von uns.", flüsterte Lily zurück. "Da ist es fast unmöglich, sich keinen Druck zu machen."
"Potter macht sich doch auch keinen.", entgegnete Marlene. "Immerhin ist er ja ebenso Schülersprecher, wie du."
"Ja, aber-"
"Potter soll jetzt auch mal seinen Arsch hochbekommen und falls McGonagall unzufrieden sein sollte, dann kannst du das beruhigt auf Potter schieben. Du kannst nicht mehr machen, als das, was du im Moment lieferst, Lily."
"Ich weiß, ich weiß.", seufzte Lily.
"Dann sag das Potter auch mal deutlich, damit er es checkt.", meinte Marlene. "Am besten direkt nach der Stunde."
"Ja, du hast recht. Er kann das ja theoretisch auch mit McGonagall abklären."
"Meine Worte.", sagte Marlene stolz.

Entschlossen packte Lily am Ende der Stunde ihre Sachen ein und marschierte auf Potter zu, der das Klassenzimmer mit seinen drei Freunden verlassen wollte.
"Potter!"
"Was ist denn Evans?", wollte er lässig wissen und fuhr sich durch sein Haar.
Wie sie diese Geste von ihm hasste.
"Ich hab mir gedacht, dass du sicher nichts dagegen haben wirst, McGonagall alles mitzuteilen, wie wir das Halloween fest geplant haben, oder nicht?", sagte Lily geradeheraus. "Es ist nämlich so, dass sie von uns morgen Mittag den Plan für das Fest haben will."
Potter sah sie überrascht an. "Ich dachte, dass würdest du übernehmen, Evans."
"Tja, jetzt ist es eben nicht mehr so.", meinte Lily gereizt und dann brachen ihre Emotionen plötzlich wie ein Schwall aus ihr heraus. "Ehrlich gesagt fühle ich mich, als würde ich alles alleine organisieren müssen und dass du dich überhaupt nicht darum kümmerst, irgendwas auf die Beine gestellt zu bekommen, obwohl du ebenso Schülersprecher bist wie ich, Potter! Ihr hattet heute alle recht: ich brauche dringend eine Pause!"

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