~Nine~

⚠️⚠️⚠️
(Triggerwarnung!
Detaillierte körperliche und seelische Gewalt!)

Sein Kiefer zuckte, während seine Hände sich zu Fäusten ballten. Er schäumte vor Wut, das sah ich ihm an, aber ich konnte es ihm einfach nicht sagen. So sehr ich es auch wollte. Stenja war wichtiger.

Unerbittlich sah er mich an, bis seine blauen Augen sich klärten und ein mitfühlender Ausdruck auf seinem Gesicht entstand.

„Sky, bitte", seufzte er beinahe verzweifelt. Ich spürte, wie sehr es ihn missfiel, aber ich ließ ihm mit meinem Verhalten keine Wahl. Der Zwiespalt war deutlich in seiner Haltung zu sehen. „Wir wissen beide, dass ich keinen Rückzieher machen werde. Ich kenne jede einzelne deiner Grenzen. Ob körperlich oder seelisch. Zwinge mich bitte nicht dazu diese Grenzen zu überschreiten, um an die nötigen Informationen zu kommen."

Ich verzog mein Gesicht, als Nate seine Hand an meine Wange legte. Da war er wieder. Der Mann, in den ich mich verliebt hatte. Dem ich mein Leben anvertraut hätte. Er würde mich nicht verletzen. Doch je länger ich schwieg, umso mehr drängte sich das Böse in ihm an die Oberfläche. Diesem Nate traute ich alles zu. Er würde mich brechen bis ich sprach und doch konnte ich es nicht riskieren, weshalb ich mit Tränen in den Augen meinen Kopf schüttelte.

„Ich weiß nicht, ob ich beeindruckt oder enttäuscht sein soll", sagte er, zog seine Hand von meiner Wange und nahm Abstand. „Deine Entschlossenheit ist eindrucksvoll. Aber es ist naiv von dir, wenn du denkst, dein bloßer Wille wäre stärker als meiner."

Yonathan trat auf mich zu. Ich beobachtete, wie er mich mit den Augen fixierte. Seine Finger strichen durch meine Haare. Er schob einige Strähnen, die an meiner Stirn klebten beiseite. Behutsam glitten seine Fingerkuppen über meine rechte Gesichtshälfte. Mit rasendem Herzen wartete ich, was er vorhatte und begann zu zittern, als sein Gesicht sich meinem näherte.

Diese Zärtlichkeiten drohten mich in die Tiefe zu reißen, weil ich wusste, dass sie nicht echt waren. Sie dienten nur dazu mich zum Sprechen zu bringen.

Seine Lippen streiften meine und gleich darauf presste er seinen Mund hart auf meinen. Der Geschmack von Bourbon und Nate erfasste meine Geschmacksknospen. Er küsste mich so innig, dass mein Herz gleichzeitig schmolz und brach. Er drang mit seiner Zunge tief in meinen Mund und verzerrte mich mit diesem Kuss vollständig. Nate nahm sich alles von mir, hob mich an den Hüften hoch und zwang mich meine Beine um sein Becken zu schlingen.

Ich konnte die Tränen nicht verhindern, die wie Bäche über meine Wangen rannen.

„Sag mir, was du weißt", raunte er in den Kuss hinein. Sein heißer Atem drang in mein Mund und ich inhalierte ihn, als hänge mein Leben davon ab.

„Ich weiß, dass dir der Name nichts bringen wird", antwortete ich ebenso raunend. „Denn er hat schon alles, was er braucht."

So abrupt, dass ich damit nicht gerechnet hätte ließ er mich einfach fallen. Meine Füße suchten den Boden, doch da ich auf den Fall nicht vorbereitet war, gelang es mir nicht rechtzeitig in den Stand zu kommen. Ein Knacken in meiner Schulter ließ mich unter Höllenschmerzen aufschreien.

„Du warst an meinem Computer!"

Meine Schulter brannte, pochte und kribbelte. Ich verspürte den Drang, das Gelenk in die ursprüngliche Position zu bringen. Meine Schreie erfüllten den Raum. Kalter Schweiß benetzte meinen Körper. Die Zähne zusammenbeißend rollte ich meinen Kopf zur Seite, um meine Schulter anzusehen. Sie stand in einem völlig anderen Winkel als meine andere. Ich weinte als mir bewusst wurde, dass ich sie mir ausgekugelt hatte. Hilfesuchend sah ich Yonathan an.

„Sieht schmerzhaft aus. Ich habe mal gehört, dass der Schmerz nachlässt, wenn man sie wieder einkugelt. Jedoch sollte man sowas niemals allein tun, da etliche Muskeln, Gefäße, Nerven und Bänder dadurch verletzt werden können", sagte er gefühllos. „Andererseits gibt es sonst niemanden, der das für dich tun würde."

Meine Sicht verschwamm von den Schmerz und Übelkeit stieg in mir auf. Ich konnte niemals allein mein Schultergelenk einrenken. Während ich panisch all meine Möglichkeiten durchging, erkannte ich aus dem Augenwinkel, wie Yonathan sein Handy nahm. Er tippte darauf herum und schenkte sich derweil einen weiteren Drink ein.

Ich wimmerte, als Nate mit einem diabolischen Grinsen zu den Ketten an der Decke sah. Er hielt das Handy an sein Ohr und nur kurze Zeit später sprach er auf Russisch mit jemanden. Ich konnte mich wegen des Schmerzes nicht auf seine Worte konzentrieren, obwohl ich so oder so nichts verstanden hätte.

Plötzlich spürte ich, wie meine Füße den warmen Boden unter sich verloren und meine Arme weiter nach oben gezogen wurden.

„Nein! Nein! Nein! Yonathan!", kreischte ich, als meine Arme sich streckten und durch meine Schulter ein weiterer Schmerz schoss, der mich würgen ließ.

„Sagen wir, ich habe dem Vögelchen ein Flügel ausgerenkt. Wobei sie es eigentlich selbst war", lachte er, ehe er die Kette losließ und ich die wenigen Zentimeter zurück auf den Boden sank. Mein Magen krampfte und ich fühlte, wie die Ohnmacht sich langsam anschlich.

„Habe ich ihr auch gesagt, aber sie hört einfach nicht auf mich. Vielleicht möchtest du es ihr ja nochmal erklären."

Yonathan nahm das Handy vom Ohr, stellte den Lautsprecher ein und hielt es in meine Richtung.

„Hallo ptichka", erkannte ich Demjans Stimme. Voller Hass sah ich Yonathan entgegen, als ich begriff, dass er sich mit der Person verbündete, die mich vergewaltigt hatte. Diese Erkenntnis schmerzte mehr, als meine Schulter es je konnte. „Hast du mich vermisst?"

„Nein, das hast du nicht getan", wisperte ich betroffen. Ich fühlte mich von Nate hintergangen, obwohl ich diejenige war, die ihm ein Messer in den Rücken gestoßen hat. Er kam mit seinem Gesicht unmittelbar vor meines und starrte mich voller Zorn an.

„Was denkst du, von wem ich all die Informationen habe?", raunte er mir bedrohlich zu. Fassungslos schloss ich meine Augen. Die Schmerzen in meiner Schulter ließen einfach nicht nach. Dabei waren die Schmerzen in meinem Herzen jedoch weitaus schlimmer. Ich hatte all seinen Hass verdient.

„Sie hat ihm Zugang zu allen Daten verschafft. Nur so konnte er sechs unserer Lager gleichzeitig angreifen. Das bedeutet aber auch, er hat jeden einzelnen Standort, weil in den Dateien jede einzelne Koordinate verschlüsselt war! Wenn er sechs entziffern konnte, schafft er es mit den Restlichen auch."

„Erklärt zumindest das Wie, aber nicht das Wer und Warum", erwiderte Demjan konzentriert. Sie unterhielten sich und sprachen über mich, als wäre ich nicht anwesend. Allerdings kümmerte mich das eher weniger, da ich immer wieder nach oben und zu meiner Schulter schaute.

„Das bekomme ich auch noch aus ihr raus", erwiderte Yonathan. „Sie kann mir ohnehin nicht entkommen."

Ich biss meine Zähne fest aufeinander, wickelte meine Finger krampfhaft um die Kette und übte Druck auf meine Schulter aus. Mein Schreien ging in ein Wimmern über, als ich meinen Kopf kraftlos hingen ließ. Ich konnte das nicht!

„Du solltest das mit dem »Vögelchen zum Singen bringen« nicht ganz so wörtlich nehmen", sagte Demjan. Fast glaubte ich, so etwas wie Mitleid aus seiner Stimme herauszuhören, zumindest bis er weitersprach. „Aber sie singt wirklich schön."

„Bastard", keuchte ich dem Handy entgegen.

„Ich mache überhaupt nichts. In die Situation mit ihrer Schulter hat sie sich selbst gebracht", sagte Nate zu Demjan. Ich spürte seinen Blick auf meiner Haut. Einknicken war für mich keine Option, daher versuchte ich es ein zweites Mal – und scheiterte kläglich.

„Sky, komm schon. Sag mir, was ich wissen will", seufzte Yonathan frustriert. „Oder denkst du ernsthaft, wir hören hier auf, bevor ich habe, was ich brauche?"

Meine Kiefer fest aufeinander beißend schüttelte ich abermals erschöpft den Kopf. „Er wird nicht aufhören. Erst recht nicht, wenn er erfährt, dass ich ihn verraten habe."

„Deine Kleine ist echt standhaft, Yonathan. Sie hat mehr Eier als du", verhöhnte Demjan seinen Bruder. 

„Aber mich verraten ist okay für dich?", ignorierte Nate Demjan und fixierte mich mit seinen gebrochenen Augen. Ich verletzte ihn mit meinen Worten und er verbarg es nicht mal vor mir.

„Du verstehst das nicht, Nate", wimmerte ich. „Ich hatte keine Wahl!"

„Du hättest zu mir kommen können. Jederzeit! Du hättest mit mir reden können!", brüllte er und warf das Glas an die Wand hinter mir. Wieder zuckte ich, wieder schoss Schmerz durch meine Schulter. Ich war gefangen in dieser Teufelsspirale. „Sag mir jetzt seinen Namen", forderte Yonathan mich auf. Seine Geduld war am Ende, das spürte ich.

„Ich kann nicht", schrie ich verzweifelt.

„Wieso nicht? Weil du ihm gegenüber loyaler bist als mir? Wie lange weißt du schon von deinem Halbbruder? Habt ihr das gemeinsam geplant?", bombardierte er mich wütend mit Fragen. Er konnte mich nicht mehr einschätzen und glaubte, ich wäre schon viel länger seine Feindin.

„Jetzt rede endlich, verdammt!", brüllte er voller Verzweiflung. Nun kam der Punkt, an dem es ihm egal wurde, wie viel ich ertragen konnte. Er würde jede einzelne Antwort aus mir heraus ziehen, egal mit welchen Mitteln.

„Yonathan", unterbrach Demjan. Doch Nate hörte seinem Bruder nicht mehr zu. Wie im Rausch griff Yonathan nach einem dünnen Rohrstock aus Fiberglas und kam mit diesem auf mich zu. Instinktiv zuckte ich zurück und schrie wegen dem stechenden Schmerz in meiner Schulter.

„Nicht, bitte!", weinte ich unerbittlich.

„Dann rede!" Yonathan zog meinen Slip über meinen Hintern und starrte mich mit seinen kalten Augen in Grund und Boden. Er trat hinter mich, zog meinen Kopf an den Haaren schmerzhaft zurück und streifte mit seinen Lippen mein Ohr. „Sag mir seinen verfluchten Namen!"

„Ich kann nicht!", schrie ich und spürte gleich darauf einen brennenden Schmerz auf meiner rechten Pohälfte. Das Aufschlagen auf meiner nackten Haut hallte von den Wänden wider. Es war ein fieser Schmerz, der nicht zu vergleichen war mit dem Schmerz, den er mit seiner Hand, dem Gürtel oder sogar einer Gerte erzeugte. Meine Haut brannte, als wäre sie von dem einem Schlag aufgeplatzt.

Mein Atem kam stoßweise als ein weiterer Schlag meine linke Hälfte traf. Ich zuckte von dem Stechen meiner Haut heftig zusammen, doch das hielt Nate nicht davon ab mir zwei weitere Schläge zu verpassen. Seine Treffsicherheit war zu meinem Bedauern sehr genau und er traf exakt dieselbe Stelle auf meinen Hintern.

„Yonathan!", dröhnte es aus dem Lautsprecher seines Handys. „Stenja! Er ist der Grund, warum sie nichts sagt!"

Ich hörte wie der Stock hinter mir klirrend auf den Boden fiel, ehe er vor mich trat. „Stimmt das?"

„Er wird ihn umbringen", schluchzte ich gedemütigt, verletzt und am Ende meiner Kräfte. „Dann habe ich niemanden mehr."

Seine Hand umgriff meinen Hals, drückte schmerzhaft zu, bis weiße Punkte vor meinen inneren Augen tanzten. „Du hattest mich!"

So abrupt wie er bei mir war, war er auch wieder verschwunden. Keuchend schnappte ich nach Luft. Konnten mir nicht einfach die Lichter ausgehen? Wenigstens für einige Minuten? Ich brauchte dringend eine Verschnaufpause!

Erneut drang Demjans Stimme aus dem Lautsprecher, allerdings sprach er wieder Russisch, damit ich es nicht verstehen konnte.

Yonathan folgte seinen Worten gespannt, nickte und kam auf mich zu. Seine Hände legte er an meine ausgerenkte Schulter, weshalb ein greller Schrei meinen Mund verließ. Sein Blick streifte kurz meinen und ich sah den Schmerz in seinen Augen, den er mir körperlich zufügte.

„Auf drei", sagte er fast fürsorglich. Da verstand ich, was er vorhatte, weshalb ich meinen Kopf vehement schüttelte und weinte. „Eins ..."

Meine Übelkeit übermannte mich. Schweiß rann meiner Stirn herunter. Alles in mir sträubte sich gegen den Schmerz, der mir bevorstand.

„Drei." Ein Ruck ging durch meine Schulter. Ich verspürte keinen Schmerz. Nur Dunkelheit nahm mich ein und umhüllte mich in friedliche Stille.

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Gott es tut mir einfach so leid 🫣

Ich hoffe, ihr seid jetzt nicht allzu verstört und könnt Yonathan auch ein wenig verstehen. Er ist ebenso verletzt und fühlt sich von Sky hintergangen 🥺

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