~Fourtysix~
Stella
„Was schwebt dir vor?", fragte der Blauhaarige. Ich grinste, denn ich wusste, dass er nicht widerstehen konnte. Beide waren Player, sie liebten es zu spielen und um einen gewissen Einsatz zu zocken.
„Jedes Mal, wenn eine Kugel nicht in die Tasche geht, muss der- oder diejenige ein Kleidungsstück ausziehen", erklärte ich noch immer schmunzelnd.
„Klingt interessant. Was hältst du davon, wenn wir es noch ein wenig lustiger gestaltet? Wer beim ersten Versuch nicht trifft muss einen trinken, beim zweiten oder dritten sich ausziehen", meinte er und umrundete den Billardtisch. Sein tätowierter Bruder wirkte etwas skeptisch, als der Blauhaarige mit einer Flasche Wodka zurückkam.
„Jascha, wird dich irgendwann köpfen."
„Von mir aus, aber immerhin hatte ich vorher mein Spaß", erwiderte er schelmisch.
„Ich denke auch, dass es keine so gute Idee ist", sagte Cynthia plötzlich und griff nach meiner Hand. „Wir wollten lernen. Die Prüfungen sind schon in zwei Wochen."
„Du lernst Billard spielen. Ist das nicht genug?", fragte ich und schüttelte dabei ihre Hand von meiner. Dieses freundschaftliche Geturtel konnte sie mit Sky oder eine der anderen machen.
„Du hast Yonathan gehört, du sollst nichts tun, was Sky nicht wollen würde", versuchte sie mir weiter ins Gewissen zu reden.
„Wieso gehst du nicht zu Yoni und ihr geht euch gegenseitig mit unlustigen Sachen auf den Sack? Solange du mich dabei nicht nervst", zischte ich säuerlich. Diese Bevormundung konnten sie gern mit Sky tun, aber ich würde mir von niemanden etwas sagen lassen.
„Sie hat Haare auf den Zähnen", sagte der Tätowierte zu dem anderen. Mich nervte, dass ich nicht wusste, wer Stenja und wer von ihnen Alexej war!
„Mal sehen, wie lange die kleine Wildkatze noch ihre Krallen ausgefahren hat. Am Ende des Abends ist sie ein braves Stubenkätzchen wie King", machten die beiden sich über mich lustig.
„Eher brennt die Welt nieder", gab ich fauchend zurück.
„Ich finde, wir sollten einfach wie geplant ein wenig Süßes essen und eine Serie gucken, wenn du schon nicht lernen möchtest", hielt Cynthia weiterhin dagegen.
„Okay, hör mal zu. Ich bin nicht Sky, die du mit so einem Kinderkram um den Finger wickeln kannst! Entweder wir spielen jetzt zu viert oder du gehst und ich spiele mit den beiden allein."
„Gott, du bist ne richtige Diva", verdrehte sie die Augen. „Dann spielen wir eben eine Runde."
„Um es aber wirklich fair zu machen, spiele ich mit Cynthia und mein Bruder mit dir", sagte der Blauhaarige und brachte damit mein Blut zum kochen. Er sollte es sich einmal wagen sie anzufassen und ich würde ihm wirklich den Queue über den Schädel ziehen!
„Na gut", zischte ich, als die beiden sich bereits aufteilten. „Was ist der Einsatz?"
„Gewinnen Cynthia und ich, gehst du brav Mädelskram machen und wechselst am besten mit eine der Persönlichkeiten, die sich auch für Sky interessiert. Gewinnst du–"
„Gewinnen dein Bruder und ich, gehörst du den restlichen Abend bis Mitternacht mir und du wirst alles machen, worum ich dich bitte", grinste ich breit. Er dachte darüber nach, ob er es wirklich riskieren wollte, als er jedoch ebenso grinste.
„Deal." Wir reichten uns die Hand und besiegelten somit unsere Einsätze.
„Bljad, Stenja! Vergessen, dass sie dich flachlegen will?", fluchte der, der offenbar Alexej hieß.
Endlich wusste ich ihre Namen!
„Wir werden sehen, wer hier wen fickt", meinte er mit einem mysteriösen Blick, der alles in mir heiß und kalt werden ließ.
Stenja nahm das Dreieck und sortierte die Kugeln in dieses hinein, ehe er es über den grünen Filz ein paar Mal vor- und zurückschob und das Plastikdreieck anhob.
„Na los, Kätzchen. Du fängst an", forderte er mich mit einem vielsagenden Seitenblick heraus. Ich nahm mir einen Queue von der Halterung und trat mit diesen an den Tisch, während mein Spielpartner die weiße Kugel platzierte.
Mit fokussiertem Blick nahm ich den Queue zwischen meine Finger und ließ ihn einige Male zwischen durch diese hindurch gleiten, um ein Gefühl zu bekommen. Ich holte Luft und stieß die weiße Kugel an, wodurch alle 15 Kugeln wild über den Billardtisch rasten. Die rote Kugel mit der Ziffer Drei ging als erstes ins Loch.
„Somit habt ihr die Halben und ich muss nichts trinken", sagte ich und richtete mich auf, um mir die Kugeln auf dem Tisch anzusehen. Sie lagen kreuz und quer und keine der Vollen lag ideal, sodass ich sie leicht einlochen konnte. Ich umrundete den Billardtisch, kam wenige Zentimeter vor Stenja zum Stehen und lehnte mich provokant über den Tisch, sodass er meinen Hintern unmittelbar vor sich hatte.
„Ich hoffe, du weißt, dass die schwarze Acht zwar eine volle Kugel ist, aber erst zum Schluss eingelocht werden darf", raunte er mir von hinten ins Ohr, woraufhin eine Gänsehaut meinen gesamten Körper bedeckte.
„Ich sehe, der Begriff Einlochen ist dir bekannt", zwinkerte ich ihm über meine Schulter zu. „Könnte für dich von Vorteil sein, wenn ich gewinne."
Ich wechselte nochmal meine Position und berührte mit meinen Hintern seinen Schritt. „Ups, hab dich wohl übersehen."
Ich stieß die weiße Kugel an und traf die grüne Sechs genau im richtigen Winkel, sodass sie nach rechts rollte und in die mittlere Tasche fiel.
„Das könnte ein interessanter Abend werden", raunte er mir von hinten zu und brachte mich damit völlig aus dem Konzept. Seine Hüfte berührte meine und sendete tausende Blitze durch meinen Körper.
Mit rasendem Herzen ging ich erneut um den Tisch, um die blaue Zwei zu treffen. Allerdings lag diese viel zu ungünstig, um sie mit einem Stoß zu versenken. Ich stieß die weiße Kugel an und traf mit dieser die Blaue, allerdings rollte die nur auf dem Tisch hin und her.
„Habe ich dich abgelenkt, Kätzchen?", feixte Stenja, während ich innerlich fluchte. „Du musst wohl etwas ausziehen."
„Für dich jederzeit, Stenja." Ich zog die grässlichen rosa Plüschsocken aus und war sogar froh, die nicht mehr an meinen Füßen zu tragen. Der Holzboden war zum Glück warm genug.
„Fändest du es nicht fair, wenn du uns auch endlich deinen Namen nennst? Immerhin muss ich ja wissen, was ich nachher stöhnen soll", meinte er sarkastisch. Stenja zeigte mir deutlich, dass er es niemals so weit kommen lassen würde, aber wir hatten gerade erst angefangen. Er sollte mich nicht unterschätzen.
„Stella, aber du kannst stöhnen, was du willst."
„Stel-la", wiederholte er und zog die wenigen Buchstaben unnötig in die Länge. Ich konnte nicht abstreiten, dass es mich ziemlich scharf machte, wie er mit seinen Lippen meinen Namen so sinnlich formte. „Eigentlich ein schöner Name. Bedeutet glaub ich, Stern."
„Noch eine Swjosdoschka", sagte Alexej. „Schade, dass du aber eben nicht Sky bist."
Die Aussage machte mich unendlich wütend. Sie sahen in mir Sky, weil ich wie sie aussah, aber gaben mir nicht mal die Chance mich kennenzulernen. Für sie war ich ein nerviger Anhängsel in Skys Kopf, dabei hatte ich genauso Gefühle und Gedanken wie sie. Ich war kein beschissenes Hirngespinst, sondern eine Person. Auch wenn ich mir das Aussehen mit vielen anderen teilte.
„Vielleicht bin ich ja besser. Wieso findet ihr es nicht heraus?", forderte ich sie erneut heraus.
„Ich dachte, wir spielen Billard", meinte Stenja genervt. Für ihn war es anscheinend keine Option, dass er mich als eigenständigen Menschen sehen konnte. Er sah mich als Last, die ihn Sky wegnahm. „Cynthia, du bist dran."
„I-ich kann das wirklich nicht", sagte sie wieder und wusste nicht einmal, wie sie den Queue halten sollte. Stenja half ihr, indem er sich viel zu nah hinter ihren Körper stellte. Alles in mir wollte ihn an den Haaren zurück reißen, damit er sie nicht berührte. Mit einem provokanten Blick in meine Richtung zeigte er mir auch, dass er sich dessen sehr wohl bewusst war.
„Eifersucht steht dir nicht", kommentierte Alexej, der meine Miene ebenso bemerkte. Genervt sah ich dabei zu, wie Stenja sich weit über Cynthia lehnte und ihre Hände mit dem Queue über den Tisch führte. Er half ihr beim Anstoßen der weißen Kugel, doch trotz seiner Hilfe fiel keiner der Objektbälle in die Tasche.
Sie bekam anschließend einen Shot Wodka von ihm gereicht und musste diesen trinken. Sie verzog angewidert das Gesicht und schnappte nach Luft.
„Gott, ist das widerlich", kommentierte sie, ehe Alexej an der Reihe war. Ich hoffte für ihn, dass er sich besser als Cynthia anstellte. Doch als er die weiße Kugel kraftvoll anstieß, so ziemlich jeder Objektball über den Tisch rauschte und keine der Vollen ins Loch fiel, wusste ich, dass die beiden Russen nie vorhatten mir eine Chance aufs gewinnen zu geben.
Natürlich nicht. Wieso hätte Alexej auch auf meiner Seite sein sollen, wenn ich dafür seinen Bruder als Einsatz einforderte?
Die weiße Kugel rollte noch immer über den Filz, krachte von Bande zu Bande und fiel letztlich in eine der rechten Taschen. „Wenn du schon absichtlich kacke spielst, könntest du immerhin versuchen, nicht die Weiße einzulochen!"
Damit durfte Stenja diese Kugel platzieren, wohin er wollte und es zu seinem Vorteil nutzen. Doch gegen meine Erwartung, tat er es nicht. Er legte sie vor einer vollen Kugel, obwohl Cynthia und er die Halben hatten.
„Sag mal, habt ihr die Regeln von Billard nicht kapiert?", fragte ich sauer, als Stenja die orangene Fünf von meinem Team anstieß. Da auch er keine der Kugeln traf, trank er anschließend einen Shot Wodka.
„Wir kennen die Regeln, aber anscheinend hast du nicht verstanden, mit wem du spielst", sagte Alexej mit rauer, bedrohlicher Stimme. „Schau doch mal genau auf den Tisch."
Mit entgeisterter Miene tat ich, was er verlangte und stellte dabei fest, dass all die vollen Kugeln nun so verteilt waren, dass ich sie niemals mit einem Stoß einlochen konnte. Das wiederum bedeutete, dass ich jedes Mal einen trinken musste und überhaupt nicht die Gelegenheit bekam zwei- oder dreimal die weiße Kugel anzustoßen.
„Ich wusste, ihr seid Wichser. Aber dass ihr so schwanzlos seid, hätte ich nicht gedacht", zischte ich wütend.
„Oh, hat die Wildkatze etwa schon genug?", stichelte Stenja, stützte beide Arme auf den Tisch und lehnte sich über diesem zu mir herüber. „Du willst, dass ich dir eine Chance gebe? Dann zeig wenigstens ein wenig Stolz und präsentiere dich nicht wie eine billige Nutte, dessen Namen ich mir nicht mal merken würde!"
Mit säuerlichem Blick starrte ich ihn an und beschloss, dass ich ihn einfach hassen würde.
„Scheiß Bastard", erwiderte ich mit zusammengebissenen Zähnen.
„Stenja! Alexej", donnerte eine russische Stimme plötzlich durch das Penthouse. „Idite syuda!"
Mit einem letzten feindseligen Blick, ließen sie mich mit Cynthia allein.
„Nichts anrühren. Wir haben noch eine Rechnung offen!"
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Ob Stella wirklich so schnell aufgibt?
Oder Stenja noch einknicken wird? 🤣
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