14
In den nächsten zwei Wochen las ich jedes Buch über die Astóric und die Glyth, das ich nur finden konnte. Leider waren es nicht sehr viele. Thoan versuchte ich, aus dem Weg zu gehen, stattdessen griff ich mir nun Laykin oder Cadowyn und löcherte sie mit Fragen, um einige Sachen zu klären, die mir nicht ganz klar waren. Zum Beispiel erfuhr ich, dass der Baum der Wahrheit, den ich anscheinend berührt hatte, seinem Namen alle Ehre machte und einem tatsächlich die Augen öffnen und nichts als die Wahrheit zeigen sollte. Die Wahrheit, die einem verborgen war. Nun war aber die Frage – und die konnte mir leider keiner der anderen beantworten – warum ich Nescan gesehen hatte. Ich konnte mit niemandem darüber sprechen, jeder von ihnen würde Thoan davon berichten und der wusste für meinen Geschmack sowieso schon viel zu viel. Also war ich alleine mit der Ungewissheit. Was wollte dieser verdammte Baum mir nur sagen? Hätte das Mischblut mich nicht von ihm weggerissen, hätte ich vielleicht mehr erfahren können. Aber es ging ja nichts über ein nettes Gespräch mit seinem Lieblingsmörder. Nur ein Grund mehr ihn zu hassen.
Was Thoans Verhältnis zu dem Mischblut anging, war ich nicht wirklich weiter gekommen. Bei dieser Frage log mich zwar keiner an, aber alle wichen ihr geschickt aus oder umgingen sie. Als Thoan gesagt hatte, sie seien 'flüchtige Bekannte', hatte ich gespürt, dass er nicht wirklich gelogen, aber auch nicht wirklich die Wahrheit gesagt hatte. Es war so ein Mittelding gewesen, weswegen ich auch nicht weiter nachgehakt hatte.
Insgesamt hatte ich also ein paar wenige Antworten erhalten, aber gleichzeitig waren auch neue Fragen hinzugekommen. Doch auch diese Rätsel war ich entschlossen zu lösen.
Ich zog mir den dunkelroten Mantel über, den mir Kirani vor einiger Zeit geliehen hatte, und machte mich auf den Weg nach unten in die Eingangshalle, wo bereits Thoan und Jerasq auf mich warteten. Letzterem war ich nach unserem ersten Aufeinandertreffen nur ein weiteres Mal über den Weg gelaufen. Doch außer einem vielsagenden Blick war nicht mehr viel Kommunikation zwischen uns erfolgt. Heute würden wir nach Eleiwyr reisen, um mit Königin Ceszia zu sprechen. Laut Laykin ging es um den Zettel aus dem Dacium, vor dessen Wirkung mich Thoan damals bewahrt hatte. Anscheinend vermutete der Glyth, dass Ceszia uns weiterhelfen könnte. Ich war froh, dass er mich mitnahm und nicht hier ließ, wie ich es eigentlich von ihm erwartet hatte. Seit Wochen war ich nicht mehr als zehn Meter von diesem Anwesen entfernt gewesen, abgesehen von meinem Waldspaziergang natürlich. Ich konnte es kaum erwarten, endlich wieder unterwegs sein zu können. Und insgeheim fragte ich mich, ob Thoan das wusste. Ob das der Grund war, warum er mich mitnahm.
„Jerasq?", fragte Cadowyn, der zeitgleich mit mir bei den beiden Glyth auftauchte. „Du reitest mit? Nach Eleiwyr? Nicht, dass ich etwas dagegen hätte, aber...na ja...es ist Eleiw-" Bevor er weitersprechen konnte, unterbrach Jerasq ihn.
„Ja, ich reite mit." Eine kurze und klare Antwort. Er hatte wohl nicht vor, auf Cadowyns Bedenken einzugehen. Dieser sah aber auch nicht so aus, als würde er es wagen, darauf zu beharren.
„Na gut, dann wünsche ich euch viel Spaß. Und richtet Ceszia doch bitte Grüße von mir aus."
Thoan verdrehte die Augen.
„Glaub mir, Cadowyn, es gibt nichts, wirklich absolut gar nichts auf dieser Welt, das Ceszia weniger interessiert als deine verfluchten Grüße." Ich verkniff mir ein Grinsen und stellte mir einen schmollenden, zutiefst verletzten Cadowyn vor, wie er sich in einer Ecke seines Zimmers verkroch und seine unerwiderte Liebe zu Ceszia bemitleidete. Doch statt beleidigt zu sein, lächelte er Thoan nur an und zuckte mit den Schultern.
„Soweit ich weiß, hat sie ja noch keinen König an ihrer Seite...man weiß nie, was das Schicksal so für einen bereithält. Außerdem: Man kann ja wohl noch träumen...", entgegnete er, drehte sich um und verschwand lachend im Esszimmer.
Thoan wandte sich nun endlich an mich. „Bist du bereit?"
Ich nickte. „So bereit wie man nur sein kann." Ein wenig aufgeregt und nervös war ich schon, immerhin ging es hier nicht um irgendjemanden, sondern um Ceszia. Ich hatte schon viele Schauergeschichten über ihre Methoden, ihr Land zu regieren, gehört. Dementsprechend stellte ich sie mir auch ziemlich furchteinflößend vor, wenn ich ehrlich war. Ich würde aufpassen müssen, was ich von mir gab...oder ich sagte am besten überhaupt nichts. So würde ich ihr keinen Grund geben, mich zu köpfen.
„Hey, wartet!", kam Kirani die Treppen heruntergerannt, nur um mich daraufhin in die Arme zu schließen. Mit einem kleinen Lächeln erwiderte ich ihre Umarmung.
„Wie wäre es mal mit Verabschieden? Ihr wisst schon, dabei sagt man 'Tschüss' oder 'Bis dann'." Jetzt entlockte sie mir doch ein leises Lachen. In den letzten Wochen war Kirani mir wirklich ans Herz gewachsen, genau so wie alle anderen. Doch bei Kirani hatte ich das Gefühl, dass wir vielleicht Freundinnen werden könnten. Und dass wir schon auf einem guten Weg dorthin waren. Vielleicht hatte ich sie zwar noch nicht wirklich an mich rangelassen, hatte ihr weder von meinen Ängsten, meinen Träumen oder meiner Vergangenheit erzählt, doch hin und wieder hatte ich es tun wollen.
„Kirani, wir müssen los", drängte Thoan und ging bereits Richtung Tür, offensichtlich, um weiteren Diskussionen und unerwarteten Glyth, die sich verabschieden wollten, zu entkommen. Wir würden mindestens zwei Tage weg sein. Ein halber Tag um hinzukommen, eine Weile, bis wir die Sache mit Ceszia geklärt haben würden und dann noch der Rückweg.
„Pass auf dich auf, Lyra." Kirani zog mich näher zu sich heran. „Lass sie niemals sehen, dass du Angst hast, hörst du? Eleiwyrer mögen keine Feiglinge", flüsterte sie mir zu und schluckend nickte ich.
Ein letztes Mal drückten wir uns, bevor ich mich umdrehte und zu Thoan und Jerasq aufschloss, die schon in der offenen Tür auf mich warteten. Draußen angekommen konnte ich meine Überraschung nicht verbergen.
„Sacros!" Der Mann, der mich vor einiger Zeit noch im Dacium ausspioniert hatte, saß auf einem der drei Pferde, die er an Stricken bei sich hielt und grinste mich an.
„Allyra, freut mich, dass du wohlauf bist", begrüßte auch er mich. Ich hatte gar nicht mehr an ihn gedacht. Am Anfang war ich noch davon ausgegangen, dass er ebenfalls in Thoans Anwesen wohnte, doch ich hatte mich geirrt. Er musste irgendwo sein eigenes Heim haben. Was hatte ihn wohl dazu gebracht, für Thoan zu arbeiten? Oder war das wirklich einfach nur Freundschaft, die ihn ständig dazu brachte, dem Glyth zu helfen? Zu gegebener Zeit würde ich ihn danach fragen.
Thoan und ich ritten wieder auf dem schwarzen Hengst, den ich immer noch ein wenig einschüchternd, doch auch wunderschön fand. Ich konnte verstehen, warum Thoan sich dieses Pferd ausgesucht hatte. Es verlieh dem Besitzer definitiv das Gefühl von Macht, von einem Stück Vollkommenheit.
Jerasq saß auf Vistra, einer hellen, gescheckten Stute. So sanft und vertraut wie er ihr über den Hals strich, musste sie auch zu ihm gehören. Kurz bevor wir losgeritten waren, hatte er ihr sogar etwas zugeflüstert und dabei gelächelt. Er hatte ein wirklich sympathisches Lächeln. Ein Lächeln, dem ich nicht mehr traute. Denn auch Loyalität hatte nun mal ihren Preis. Und ich war sicher, dass er das wusste.
„Du solltest wirklich lernen zu reiten, Allyra", sagte Sacros und deutete auf mich und Thoan. „Ich meine...das arme Pferd."
Thoan räusperte sich und noch bevor er seine folgenden Worte aussprach, wusste ich bereits, was er sagen würde.
„Selbst wenn sie reiten könnte, würde sie erstmal kein eigenes Pferd bekommen. Jedenfalls nicht von mir." Es war eine Aussage, die man auf vielerlei Hinsicht interpretieren konnte. Doch jeder von uns wusste, was Thoan eigentlich meinte. Er vertraute mir nicht und würde nicht das Risiko eingehen, dass ich ihm entwischte. Wenn ich in absehbarer Zeit meinen immer noch bestehenden Plan, bei Gelegenheit und nach Beantwortung meiner Fragen zu verschwinden, einhalten wollte, würde ich mich darum kümmern müssen, sein Vertrauen wieder zurückzugewinnen. Anders würde dieses Vorhaben nur unnötig schwer werden.
„Hm." Sacros musterte mich. „So ein eigenes Pferd wird ja auch echt überbewertet." Ich lächelte ihn an, dankbar, dass er versuchte, der Situation die Ernsthaftigkeit zu nehmen, und zuckte mit den Schultern. Es war mir zwar immer noch nicht allzu angenehm, Thoan so nah zu sein, doch dieses Mal war es schon viel weniger schlimm als letztes Mal. Lieber ich ritt mit auf Thoans Pferd als auf Jerasqs, das war sicher. Also würde ich mich ganz bestimmt nicht beschweren, nicht, dass sie am Ende noch entschieden, zu tauschen.
°•°•°•°•°
Es dauerte tatsächlich nur einen halben Tag, bis wir Eleiwyrs Hauptstadt Elár erreichten. Das hatten wir dem äußerst günstigen Standort von Thoans Anwesen zu verdanken. Dieses befand sich nämlich relativ nah zum Nachbarland. Die Grenze zu überqueren, stellte sich auch als leichter heraus als ich gedacht hätte. Offensichtlich wusste jeder Untergebene Ceszias davon, dass wir anreisen würden. Und so hatten die Wachen an der Grenze uns nach kurzer Zeit, einigen Fragen und einer Überprüfung unseres Gepäcks, passieren lassen.
Elár war wunderschön, noch viel eindrucksvoller als Sevea. Obwohl die Bewohner uns mit misstrauischen Blicken bedachten, konnte dies nicht die Faszination in mir mindern. Die Häuschen, an denen wir vorbeikamen, waren nie sehr groß, doch alle mit einer solchen Hingabe gestaltet, dass es mir den Atem nahm. Jede Hauswand war mit beeindruckenden, verschnörkelten und sehr aufwendigen Mustern bemalt. Ich vermutete, dass wir auch an einem Markt vorbeikamen, denn die ganzen Stände, die ich sah, waren mit verschiedensten Lebensmitteln und Dingen beladen, die ich noch nie gesehen hatte. Nichts wünschte ich mir in diesem Augenblick mehr, als vom Pferd zu steigen und an jedem dieser Stände Halt zu machen.
Es war viel los in der Hauptstadt, reges Treiben herrschte in den Gassen und Straßen. Und es war nicht zu übersehen, dass wir nicht dazugehörten. Die Eleiwyrer, auch die Kinder, die hin und wieder an uns vorbeirannten, trugen alle Körperbemalungen. Manche verdeckten die Hälfte ihres Gesichts mit Zeichen und Mustern. Obwohl es schon kühler wurde draußen, waren einige Frauen nur leicht bekleidet und so konnte man einen Blick auf die wortwörtlichen Gemälde erhaschen, die sie stets an sich trugen. Die Farben waren unterschiedlich, einige hatten sich für ein helles Grau, andere für ein undurchdringliches Schwarz entschieden. Jede Schattierung dazwischen war ebenfalls vorhanden.
Diese Stadt war reine Kunst. Und wo ich auch hinsah, konnte ich glückliche Gesichter erblicken. Lautes Lachen erreichte meine Ohren, Gesang und angeregte Gespräche.
Wenn man mich in diesem Moment gefragt hätte, wo ich am liebsten leben würde, hätte ich Elár gewählt. Mit absoluter Sicherheit und ohne zu zögern. Es war atemberaubend, noch nie hatte ich solch eine Atmosphäre zu spüren bekommen.
„Wie ich sehe, gefällt es dir", raunte mir Thoan ins Ohr.
Doch bevor ich etwas erwidern konnte, trieb Jerasq sein Pferd an unsere Seite und nahm die Kapuze seines dünnen Mantels, die er die ganze Reise über getragen hatte, endlich herunter. Mit ernstem Gesichtsausdruck sah er zu dem Glyth hinter mir.
„Wir sind gleich am Palast", informierte er vor allem mich, da ich absolut keine Ahnung von diesem Ort hatte. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie Thoan nickte.
Und tatsächlich, etwa fünf Minuten später konnte ich ihn sehen - den Palast. Ich hatte ihn mir jedoch vollkommen anders vorgestellt und hatte deshalb einen Moment gebraucht, um ihn als das zu identifizieren, was er war. Den Bildern in meinem Kopf nach zu urteilen, hätte er hell, ja, fast leuchtend sein müssen, mit goldenen Verzierungen und hätte bis zu den Wolken ragen müssen. Stattdessen empfing uns das wohl düsterste Gebäude, das ich je zu Gesicht bekommen hatte. Die dunkle, schwarze Fassade lud nicht dazu ein, sich dem Palast zu nähern. Und die gigantischen Tore, die an die steinernen Mauern andockten, ließen einen jeden wissen, dass man sich fernhalten sollte. Ich schluckte, als ich auch noch das Heer an Wachen erblickte, das vor den Toren platziert war. Da fühlte man sich doch gleich wie Zuhause.
Elár und die Bewohner hatten mich vergessen lassen, dass ich ganz anderes erwartet hatte. Um genau zu sein, eben diese Finsternis, die sich nun vor uns erstreckte. Aber glücklicherweise hatte man mich ja wieder schnell daran erinnert...
Einige Meter von den Wachen entfernt blieben wir stehen. Gleich darauf trat einer der verhüllten Männer aus der Reihe hervor und auf uns zu.
„Jerasq, Thoan", begrüßte er die Glyth mit tiefer, kratziger Stimme und deutete ein Nicken an. Beide erwiderten es. Offensichtlich waren sie keine Unbekannten hier und ich war nicht sicher, ob das gut oder schlecht war. Der Gedanke, dass sie regelmäßig mit jemandem wie Ceszia Kontakt hatten, ließ mich frösteln.
„Deine Leute haben uns an der Grenze bereits durchsucht. Aber wenn du möchtest -", fing Thoan an, wurde jedoch von Ceszias Untergebenem unterbrochen.
„Das ist in Ordnung. Eine solche Dummheit traue ich noch nicht einmal dir zu. Ich denke, ihr wisst genau, was euch erwarten würde", sagte er und ich hätte schwören können, ein leises Lachen gehört zu haben. Drohte er uns? Und lachte dabei?
Ein Blick zu einem grinsenden Sacros, den ich hier noch am ehesten als meinen Verbündeten oder Freund bezeichnet hätte – wobei das nur auf die äußerst schlechte Auswahl zurückzuführen war – sagte mir, dass ich hier wohl die Einzige war, die das nicht amüsant fand. Noch nicht einmal auf ihn war Verlass. Einfach großartig.
Kurz darauf ließen sie uns auch schon durch die Tore. Und kaum waren wir im Inneren der Mauern angekommen, fühlte ich mich, als wären wir in eine neue Welt eingetaucht. Der Palast besaß zwei Türme, rechts und links, und wenn man genau hinsah, konnte man Männer sehen, die es sich ganz oben gemütlich gemacht hatten und in diesem Moment die Spitzen ihrer Pfeile auf uns richteten. Unwillkürlich lehnte ich mich etwas mehr gegen Thoan und prompt bemerkte dieser mein Unbehagen.
„Sie werden uns nichts tun, keine Sorge", flüsterte er und die Zuversicht und Sicherheit in seiner Stimme vermochte es tatsächlich, mich etwas zu beruhigen.
In der Nähe der riesigen Doppeltür, die offensichtlich den Haupteingang in den Palast darstellte, blieben wir stehen. Wenn ich das Ganze so betrachtete, dann war 'Tür' vielleicht doch ein etwas schlecht gewählter Ausdruck. Im Grunde war es einfach nur eine weitere Mauer, ein weiteres, gigantisches Tor. Ich hatte nicht den geringsten Zweifel, dass Ceszia hier gut behütet wurde.
Wir stiegen von den Pferden ab und übergaben sie zwei Stalljungen, die sie wegführten. Die Wache von vorhin war die ganze Zeit über an unserer Seite geblieben und wandte sich nun erneut an uns.
„Die drei werden euch zu euren Gemächern führen. Ceszia ist heute leider verhindert, doch morgen wird sie Zeit für euch haben", erklärte er und deutete dabei auf drei junge Frauen, die am Eingang auf uns warteten und höflich lächelten. Sie sahen sich so ähnlich, dass ich mir sicher war, dass es sich um Schwestern handeln musste. Jede von ihnen hatte langes, dunkles Haar und feine Gesichtszüge. Sie hatten zierliche Körper und keine von ihnen konnte älter als zwanzig sein.
„Danke, Zeres", entgegnete Thoan und legte dem Mann, fast schon in freundschaftlicher Manier, eine Hand auf die Schulter.
Und dann betraten wir Ceszias Palast.
°•°•°•°•°
Ich bekam mein eigenes Zimmer im rechten Flügel des Palasts. Thoans, Jerasqs als auch Sacros' Gemächer grenzten direkt an das meine. Ich hatte es zwar nicht mitbekommen, doch ich war sicher, dass Thoan es sich genau so und nicht anders gewünscht haben musste. Er würde mich nicht aus den Augen lassen, das war sicher. Und selbst wenn wir uns nicht im gleichen Zimmer aufhalten würden, er würde nah genug an mir dran sein, um die Verbindung, die immer noch zwischen mir und ihm bestand, spüren zu können.
Der Palast war einschüchternd. Einschüchternd und doch wunderschön. Die Einrichtung war stets elegant, völlig egal, in welchem Teil des Gebäudes wir uns befanden. Anders als in meiner Vorstellung dominierten keine goldenen, sondern silberne Verzierungen die Räume. Die gigantische Empfangshalle, die bei unserer Ankunft vollkommen leer gewesen war – abgesehen von den systematisch platzierten Wachen, die man auch sonst in jeder Ecke des Palasts antreffen konnte – hatte sehr...kühl auf mich gewirkt. Doch je mehr Gänge wir beschritten und je mehr faszinierende Gemälde, Muster wie die auf den Häusern in der Stadt und gläserne Statuen mir begegneten, desto mehr wuchs meine Begeisterung.
Mein Zimmer war atemberaubend, besonders verglichen mit den Räumen, in denen ich sonst so hauste. Ein großes Bett, das mit Sicherheit für drei Personen ausgereicht hätte, stand mittig platziert an der Wand. Die silbrig schimmernden Laken passten perfekt zum Farbkonzept des Zimmers. Zwei mit dunkelblauem Stoff bezogene Stühle und ein runder Glastisch mit einer Karaffe voll frischem Wasser machten die linke Hälfte des Zimmers aus. An der rechten Wand stand ein gläsernes Regal, vollgestellt mit Büchern, die ich mir auf jeden Fall anschauen würde. Direkt daneben ein einladender Sessel, dessen weiche Polster meine Muskeln schon allein vom Hingucken entspannten. Die beiden riesigen Fenster gaben mir freie Sicht auf den Sonnenuntergang, der gerade in all seiner Pracht vonstatten ging. Hier konnte man sich wohlfühlen und für den Rest des Abends hatte ich auch nichts anderes vor.
Im Verlauf der nächsten Stunden, in denen ich hauptsächlich in diesem himmlisch gemütlichen Bett lag und eines der Bücher, die ich mir aus dem Regal gegriffen hatte, las, klopfte es schließlich an der Tür. Ich dachte zuerst, dass es einer der Glyth oder Sacros sein musste, doch stattdessen ertönte eine hohe Frauenstimme.
„Ich habe Ihnen Abendessen gebracht", kam es von der anderen Seite. Und als ich aufsprang und die Tür öffnete, stand eines der Mädchen vor mir, welches uns zuvor zu den Gemächern begleitet hatte.
Sie musste die Jüngste der drei Schwestern sein. Ich schätzte sie auf etwa fünfzehn, vielleicht sechzehn. Ich trat zur Seite, um sie mit einem Lächeln ins Zimmer zu lassen und beobachtete, wie sie das Tablett, beladen mit einer wohlriechenden Suppe, Brot und Gebäck für den Nachtisch, auf dem Glastisch abstellte.
„Vielen Dank, das ist wirklich freundlich. Ich habe schrecklichen Hunger", sagte ich und hörte just in diesem Moment das leise Knurren meines Magens. Ich war so vertieft in das Buch gewesen, dass ich gar nicht gemerkt hatte, wie hungrig ich von der Reise war. Seit dem Frühstück hatte ich nichts mehr zu mir genommen.
Ich trat neben sie und betrachtete das Essen. „Das sieht toll aus, mir läuft jetzt schon das Wasser im Mund zusammen", sagte ich und brachte damit das Mädchen zum lachen. Gut. Ich dachte schon Ceszias Dienerinnen dürften vielleicht nicht sprechen oder so. Hätte ja sein können...
„In sieben Tagen ist der Geburtstag der Königin. An jedem dieser sieben Tage wird es Feste geben mit Unmengen von leckerem Essen. Morgen seid Ihr und Eure Begleiter ebenfalls eingeladen. Ihr könnt Euch wirklich darauf freuen. Dagegen ist das hier" - sie deutete auf mein heutiges Abendessen - „noch gar nichts."
Ich sah sie verwundert an. „Ein Fest? Morgen?"
„Ja, es wird viel los sein. Momentan sind alle mit den Vorbereitungen beschäftigt, deswegen habt Ihr kaum jemanden gesehen", erklärte sie.
Ich stellte mir die Menge an Menschen vor, die kommen würde. Die Männer und Frauen, die alle mit Sicherheit wunderschöne Kleider tragen würden. Und dann würde da ich sein, in meinen dunklen Hosen und der blutroten Bluse, die ich von Kirani hatte. Oh nein, ich würde ganz bestimmt nicht zu diesem Fest gehen. Ich würde auffallen wie ein-
„Ist alles in Ordnung? Ihr seid etwas blass geworden", unterbrach das Mädchen meine furchtbaren Gedanken.
„Ich habe nichts zum Anziehen. Für das Fest, meine ich. Ich wusste nichts davon, Thoan hat mir nichts gesagt." Ja, der Glyth hatte mir, verdammt nochmal, nichts gesagt! Wusste er etwa nicht davon? Das konnte ich mir aber nur schwer vorstellen. Hätte ich davon gewusst, hätte ich wenigstens das Kleid mitgenommen, welches ich noch von Xoros hatte. Oder ich hätte Kirani gebeten, mir mal wieder etwas zu leihen. So oder so wäre ich jedenfalls besser dran, als ich es nun war.
„Oh, darüber braucht Ihr Euch keine Gedanken zu machen! Königin Ceszia stellt ihren Gästen stets passende Kleidung zur Verfügung. Jedes der Feste ist nach einem bestimmten Thema gestaltet. Der Königin ist es sehr wichtig, dass dieses eingehalten wird und um das zu gewährleisten, überlässt sie nichts dem Zufall. Auch nicht die Garderobe ihrer Gäste."
Überrascht nickte ich. Diese Frau wusste wirklich, wie man die Kontrolle behielt.
„Was ist das Thema des morgigen Festes?", fragte ich interessiert und setzte mich währenddessen auf einen der Stühle, bevor ich näher an das köstlich duftende Essen rückte.
Das Mädchen lächelte, als sie meinen begeisterten Gesichtsausdruck sah.
„Finsternis. Das Thema ist Finsternis. Hier in Eleiwyr glauben wir daran, dass der Ursprung aller Dinge die Finsternis, die Dunkelheit ist. Deswegen wird das erste Fest unter diesem Thema stattfinden."
Je mehr ich über dieses Land erfuhr, desto faszinierter war ich. Am liebsten hätte ich ihr noch so viele Fragen gestellt, doch zu meinem Bedauern neigte sie sich leicht nach vorne, nur um sich dann von mir zu verabschieden.
„Warte!", sagte ich, als sie bereits an der Tür war. „Wie ist dein Name?"
Sie drehte sich mit einem strahlenden Lächeln zu mir um.
„Ich heiße Yilana. Aber Ihr dürft mich gerne Yila nennen."
◇◇◇
Leute, das 14. Kapitel ist vergleichsweise echt mega lang...deswegen hab ich entschieden, es in mehr Kapitel aufzuteilen, sonst hättet ihr noch zehn Jahre warten müssen lol. Und ich freeeu mich schon so auf die, die jetzt kommen. Es wird ein kleines bisschen spannend, friends. Vor allem freu ich mich aber auf die neuen Personen, die jetzt endlich auftauchen werden hihi (ihr könnt euch auch freuen, I promise)
Hoffe, wie immer, ihr hattet Spaß! Bis zum nächsten Kapitel!
Eure Karo♥
P.S.: Passt jetzt gar nicht zum Thema, aber, bin ich eigentlich die Einzige, die sich immer fragt, ob vielleicht Leute in ihrer Umgebung, ihr auf Wattpad folgen? :D Ich meine, niemand würde wissen, dass es wirklich ich bin, deshalb find ich das richtig interessant :D Am Ende läuft mir ständig einer von euch in der Uni über den Weg oder so :'D
Ok, sorry, bin schon weg.
Bis dann, amigos.
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