Mit wachsamen Augen fixierte ich Blake. Er stand noch immer vor mir, grinste zufrieden und wirkte recht entspannt, obwohl ich meine Waffe auf ihn gerichtet hatte. Meine Sprachnachricht war schon längst abgeschickt und dennoch hörte ich kein einziges Motorengeräusch, welches mir hätte Hoffnung machen können.
Natürlich könnte ich Blake vor mir einfach erschießen. Ein Kopfschuss würde dem aber kein Ende machen. Er hatte irgendetwas geplant, sonst würde er nicht so gelassen in den Lauf meiner Waffe schauen.
„Schon mal darüber nachgedacht, dass Zayn sich irgendwann gegen dich richten könnte?", fragte ich Blake, um Zeit zu gewinnen.
Mein Gegenüber runzelte die Stirn. „Warum sollte er?"
„Denkst du wirklich er würde mit dir teilen?", belustigt sah ich ihn an. So naiv konnte doch nicht einmal Blake sein. Es war doch vorhersehbar, dass das nicht gut ausgehen konnte. „Macht und Geld sind das Einzige, was ihn interessiert und er wird sicherlich niemanden an seiner Seite akzeptieren. Auch dich nicht."
Blake sah mich nun finster an. „Das Gebiet ist groß genug."
„Ach? Deswegen konnten ja auch wir immer schön friedlich zusammenleben, hm?" Vorsichtig machte ich einen Schritt auf ihn zu und nahm meine Waffe runter. Auch wenn ich ihn hasste, so musste ich ihn für mich gewinnen. Das war vermutlich meine einzige Chance. „Sieh es ein, Blake! Er hat dich nur benutzt."
„Hat er nicht!", knurrte er zurück. Dennoch sah ich die Erkenntnis in seinen Augen. Blake zweifelte.
Ich kam noch näher. „Doch und du weißt, dass ich recht hab."
„Bleib stehen!", fauchte er unsicher. Ich hatte ihn geködert. Zwar stand er noch lange nicht auf meiner Seite, aber Zayn schien nicht länger als perfekter Verbündeter dazustehen. Denn sie beide hatten eines gemeinsam. Sie wollten nicht miteinander teilen und den anderen später wieder loswerden. Das war indirekt ein Vorteil für mich.
Um mein Gegenüber zu besänftigen, nahm ich meine Waffe komplett runter und gab mir größte Mühe, so versöhnlich wie möglich auszusehen.
„Blake, es muss nicht so enden", murmelte ich. Allerdings wusste ich, dass es nie mehr so werden würde wie früher. Ganz egal wie das hier ausgehen würde, Blake konnte nicht länger zusammen mit uns in San Diego bleiben.
Wütend wollte er zu einer Antwort ansetzen, da zerriss ein Schuss die Luft.
Ich zuckte zusammen und hob sofort meine Waffe wieder an. Nur wusste ich nicht, woher die Gefahr kam. Auch Blake schien überrascht, denn keiner war verletzt. Mein Blick wanderte zurück zu ihm und unsere Blicke trafen sich. Doch dann nahm ich die dunkle Gestalt hinter ihm wahr und riss überrascht die Augen auf.
„War ja klar, dass du ihn nicht umlegen würdest, Jackson", feixte der Fremde und auch Blake drehte sich schlagartig um.
„Zayn?", entfuhr es ihm. „Was soll das?"
Offenbar hatte mein Gegenüber auch keine Ahnung, was hier vor sich ging. Es war offensichtlich anders geplant. Die fremde Person war also Zayn. Er sah nicht wirklich aus, wie ich ihn mir vorgestellt hatte. Seine dunkle Haut und seine schwarzen Haare ließen ihn düster wirken und als er grinste, dabei seine perlweißen Zähne präsentierte, wusste ich, dass er definitiv eine Liga höher als wir alle spielte.
Er hatte eine dominante und selbstbewusste Ausstrahlung, die sogar mir eine Gänsehaut bescherte und ich konnte Nero verstehen, dass er sich hatte einschüchtern und manipulieren lassen.
„Ich hatte dich anders eingeschätzt", sprach er weiter. Den Blick auf mich gerichtet.
Verwirrt zog ich die Augenbrauen zusammen. „Was meinst du? Du kennst mich nicht."
„Glaub mir, ich kenne dich sehr gut", lachte er. „Dein kleiner Freund hat mir viel über dich erzählt." Er ließ mir keine Zeit zu antworten, sondern sah zu Blake. „Er scheint intelligenter zu sein als du, Blake. Denn er hat recht, ich teil nicht gern."
Blake machte einige Schritte auf Zayn zu. „Du miese, mexikanische Ratte", knurrte er erbost. „Wie kannst du es wagen? Ich sollte dich auf der Stelle-".
„Was? Umlegen?", unterbrach ihn Zayn. „Ich hatte eigentlich gehofft, dass Jackson das mit dir machen würde. Der Zielort war eine Falle, das stimmt. Aber nicht für Jackson. Was glaubst du warum Damien sonst dabei geholfen hat? Er steht nämlich nicht auf deiner Seite."
Meine Augen weiteten sich. Damien hatte mich nicht reingelegt, sondern wollte mir helfen Blake zu töten. Nur hatte man ihn ebenfalls verarscht.
„Wenigstens kann ich das jetzt für Jackson erledigen." Zayn sah mich schief lächelnd an. „Und dich erwisch ich gleich mit."
Kaum war er fertig, da schien das Kugelfeuer eröffnet. Reflexartig duckte ich mich zu Boden und suchte Schutz hinter meiner MV Agusta. Blake tat es mir gleich und warf sich neben mir zu Boden. Keine Ahnung, woher die Schüsse kamen, aber von Zayn jedenfalls nicht. Dieser lief seelenruhig zurück zu seinem Lamborghini.
„Was machen wir jetzt?", fragte Blake laut, um die Schüsse zu übertönen.
Ungläubig drehte ich meinen Kopf zur Seite. „Das fragst du mich?!"
„Ja, immerhin sitzen wir im selben Boot! Oder hinter demselben Motorrad..."
Ich schüttelte ärgerlich den Kopf. „Dir hab ich diese Scheiße überhaupt erst zu verdanken!"
„Vermutlich, aber wir sollten wenigstens einmal zusammenhalten. Ich weiß, dass du mich hasst. Und glaub mir, ich hass dich auch, aber ihn noch mehr." Er deutete auf Zayn. „Also?"
„Woher der Sinneswandel?"
Er zuckte mit den Schultern und sah mich anschließend dringlich an. „Vielleicht seitdem man uns versucht zu töten?"
„Ich glaub's nicht", stieß ich verzweifelt aus, ließ mich aber überzeugen. „Okay, du gibst mir Deckung und ich schnapp mir Zayn."
Doch Blake schüttelte mit dem Kopf und behauptete. „Nein, du gibst mir Deckung und ich schnapp mir Zayn."
„Willst du jetzt wirklich diskutieren?!", schrie ich ihn genervt an. „Wir bleiben beim Plan, ich hoff du hast ne Waffe." Als er seufzte und seine Waffe aus der Jacke zog, machte ich mich bereit. Blake wagte ein Blick über die Maschine und gab mir ein Zeichen. Dann rannte ich los und er schoss.
Irgendwann verschwanden die Kugeln. Immerhin mussten sie ja auch mal nachladen. Dennoch war es scheiße laut. Gekonnt blendete ich alles aus. Manchmal musste man einfach darauf hoffen, Glück zu haben.
Darauf hoffte ich jetzt.
Von hinten sprang ich Zayn in den Rücken und er knallte gegen sein weißes Auto. Mir tat es leid wegen der Scheibe. Jedoch unterschätzte ich ihn und als er sich umdrehte, um mir eine zu verpassen duckte ich mich gerade noch rechtzeitig.
„Verbünden wir uns jetzt etwa mit dem Feind?", amüsierte er sich.
Ich drückte seinen Oberkörper nach hinten auf die Motorhaube und schlug ihm ins Gesicht. „Kommt dir wohl bekannt vor, hm?"
„Ich hab mich nie mit jemanden verbündet", meinte er nur und drehte sich zur Seite, weswegen meine Faust aufs Auto traf und schmerzhaft biss ich die Zähne zusammen. Ich war schon etwas erschöpft vom Tag und wollte es nur noch schnell beenden. Also zog ich meine Waffe von vorhin. Nur schaffte ich es nicht abzudrücken, denn Zayn warf sie einfach weg. Na toll.
Mein Gegenüber nutzte seine Lage aus und trat mir in den Bauch, weswegen ich nach hinten taumelte. Bei dem Versuch mich aufzurappeln, packte Zayn mich von hinten und drückte mir die Luft ab. Sofort versuchte ich ihn von mir zu kriegen, doch ohne Erfolg.
Mein Blick wanderte zu Blake. Dieser hatte zwar die Schützen ausgeschaltet, aber Glück hatte er offenbar nicht. Mein Motorrad war umgefallen und er lag darunter. Die Verkleidung und der Tank waren zerschossen und sie verlor einiges an Benzin. Ich wusste nicht, ob er noch lebte, aber selbst wenn, er würde wahrscheinlich verbluten. Zu viele Schüsse zierten seine Jacke.
Er hatte bezahlt. Für seinen Fehler. Und hatte mich dabei indirekt gerettet.
Dann ertönte ein Motorengeräusch, welches ich nur allzu gut kannte. Ich wollte ihn nicht in der Gefahrenzone wissen, aber seine baldige Anwesenheit beruhigte mich sofort.
Grinsend keuchte ich „Vielleicht hättest du das mal tun sollen."
Mit neuer Kraft drückte ich Zayn nach hinten und als dieser den lauten Klang des Akrapovic Auspuffs hörte, schien er unsicher. Dies nutzte ich aus und befreite mich von ihm. Anschließend drehte ich mich um die eigene Achse und zog ihm die Beine weg. Er fiel zu Boden und ich beugte mich über ihn.
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