| 1 | 𝐌𝐢𝐥𝐞𝐬

Rauch. Überall Rauch. Ich konnte nicht atmen, fand keinen frischen Sauerstoff. Mein Unterbewusstsein brachte mich dazu tief einzuatmen, doch das brachte mich nur zum Husten. Mein Hals brannte und ich konnte weder sehen noch hören.

Nur langsam klärten sich meine Sinne. Ich nahm den beißenden Gestank von Rauch und Benzin wahr und spürte auch den wiederkehrenden Schmerz. Mein Körper stand förmlich unter Feuer und ich brauchte nicht lange um festzustellen, dass mir nicht nur der Rauch das Atmen erschwerte, auch der eng sitzende Gurt.

Mechanisch drehte ich den Kopf zur Seite. Sah bunte, grelle Lichter durch den dicken Rauch scheinen.

Dann eine ohrenbetäubende Sirene. So, als könnte ich von einem Moment auf den anderen wieder richtig hören. Nur sehen war unmöglich.

Ich bekam Panik. Der Schmerz war unerträglich, alles war schrecklich heiß, ich war eingeengt und jeder Atemzug brachte nichts als Rauch. Ich musste raus. Raus aus diesem scheiß Auto! Doch es ging nicht. Irgendetwas drückte mich gegen die Autotür, der Gurt saß immer noch fest und ich hatte absolut keine Orientierung, geschweige denn Kraft für einen Befreiungsakt.

Ich drohte zu ersticken. Dann plötzlich ein Kreischen und ein Ruck, der durchs Auto ging.

Gierig sog ich die Luft ein. Betrachtete mein Spiegelbild. Müde braune Augen starrten mir in die Seele und klatschten mir die Vorwürfe praktisch direkt ins Gesicht. Der Unfall war indirekt meine Schuld, diese Gewissheit saß tief und konnte auch von meinem Psychologen nicht vernichtet werden. Der Streit hätte nicht sein müssen. Er war völlig irrelevant. So irrelevant, dass ich den Grund gar nicht mehr kannte. Aber es war geschehen. Ich konnte nichts mehr daran ändern.

Regelmäßig kehrten die Ereignisse des Unfalls zurück. Als Traum oder sehr lebhafte Erinnerung.

Sie verfolgten mich, gnadenlos, und ließen sich nicht verdrängen. Oft fiel mir dadurch das Atmen schwer. Das Gefühl wieder in dem Auto voller Rauch zu sitzen und keinen Ausweg zu haben, wurde immer wieder präsent, und die Gedanken versetzten mich jedes Mal aufs Neue zurück zu jener Nacht.

Jener Nacht, die alles verändert hatte.

Nach einem unerwartet kurzen Krankenhausaufenthalt wurde ich direkt zum nächsten Mediziner geschleppt. Einem Psychologen, der kurz vor der Rente war und alles gegeben hatte, um mich wieder auf die Beine zu bekommen. Doch eine Seele konnte man nicht so einfach wie gebrochene Rippen, eine Rauchvergiftung und ein paar Schrammen heilen. Das brauchte mehr. Zeit, Hingabe und Hoffnung.

Und Letzteres fehlte mir leider.

Seufzend wusch ich mir das Gesicht und vermied den Blick in den Spiegel. Ich würde eh nur meine viel zu großen Augenringe sehen. Ansonsten ging es mir körperlich gut. Die Verletzungen waren gut verheilt und all den Rest hatte die Zeit übernommen. Die Ereignisse hatte ich nicht verarbeitet, mehr verdrängt. Und es funktionierte auch fast immer.

Knapp acht Monate war der Unfall nun her und heute würde sich zeigen, ob die Zeit ihren Job gut gemacht hatte.

Durch die Aktion hatte ich die Highschool nämlich nicht beenden können und dies sollte ich jetzt nachholen. Nur leider in San Diego. Bei meinem Onkel. Officer Owen West. Den Polizist hatte ich seit Kindertagen nur selten gesehen. Nun lebte ich bei ihm. Ohne meine Eltern wurde das Leben in New York zu teuer und als Schulgänger war ich erst recht auf meinen Onkel als Versorger angewiesen. Was nicht hieß, dass unser Verhältnis gut war.

„Miles, kommst du?", rief er von unten und löste damit sofortige Anspannung bei mir aus.

„Jaha!"

Unzufrieden mit der Gesamtsituation und unendlich müde zog ich mir einen schwarzen Hoodie über, stolperte die Treppen hinunter und knallte dabei fast mit meinem Onkel zusammen. Dieser trug schon seine Uniform und hielt meinen Rucksack in der Hand. So dauerte es auch nicht lange bis wir beide in seinem Auto saßen und ich mich widerwillig anschnallte.

Das heute war eine einmalige Ausnahme.

Das Polizeirevier lag nicht auf unserem Weg und es war nun wirklich einfach mit dem Bus zu fahren, aber da dies mein erster Tag an der neuen Schule war, wollte mein Onkel mich unbedingt fahren. Schließlich erhoffte er sich von dem Tag mehr als ich. Würde ich dort nicht klarkommen, hätte er wieder ein Problem mehr. Was er nicht wusste war, dass ich schon länger mit dem Gedanken spielte einfach abzubrechen.

„Und, aufgeregt?", fragte er in die Stille hinein, während wir die mir mittlerweile gut bekannte Hawthorn-Street verließen und Richtung High School fuhren.

„Passt schon." Mein Blick ging unweigerlich zum Fenster hinaus. Ich wollte nicht mit ihm reden. Trotz seiner liebevollen Aufnahme hatten wir unsere Differenzen. Eine davon stand bei uns in der Garage. Sie war blau, hatte 119 PS und war meistens der Hauptgrund unserer Auseinandersetzungen.

„Es wird alles gut werden, Miles. Die Schule hat einen guten Ruf, die Lehrer wissen über deine Situation Bescheid und es ist ja nicht einmal ein Jahr", versuchte er mich zu beruhigen. Oder viel mehr sich selbst.

Ich konnte nur ergeben zustimmen und versuchte den Gedanken an die Lehrer zu verdrängen, die bereits bestens informiert waren. Der arme, traumatisierte Miles würde also schon in guten Händen sein. Dafür hatte mein Onkel gesorgt. Hilfe.

„Na dann", hilflos lächelte er mich an. Die Schule war ja noch größer als erwartet. Ein Nicken seinerseits zur Tür, für mich eine Aufforderung das Auto zu verlassen, was ich dann auch tat. Die Fahrt hätte ruhig länger sein können. „Und denk dran", hielt er mich noch einmal zurück, woraufhin ich mich genervt wieder ins Auto beugte, „Es ist ein Neustart. Neue Leute, neue Chancen. Nutz das." Sein Blick dringlich.

„Klar."

„Ich kann dich leider nicht abholen, muss wahrscheinlich länger bleiben, aber du kannst ja mit dem Bus fahren?" Ich nickte und trat vom Auto weg. „Gut, dann viel Spaß und bis heute Abend." Damit war er weg.

Und ich allein und kurz vorm Heimgehen.

Eine Weile lang ließ ich meinen Blick über all die Schüler wandern, die die Busse verließen, sich angeregt unterhielten oder das Gebäude stürmten. Ich hatte nicht unbedingt Interesse daran neue Freunde zu finden. Viel mehr wollte ich etwas anderes. Aber das würde auf erbitterten Widerstand meines Onkels stoßen. Er war kein großer Fan von einer gewissen Art von Motorradfahrern. Einer Art, die Straßenrennen favorisierte und mehr PS als IQ hatten. Eine Art, zu der auch ich zählte.

Doch unabhängig davon, musste ich vorerst den Regeln meines Onkels folgen. Und diese bezogen sich nicht nur auf den Straßenverkehr, sondern auch auf einen Schulabschluss.

Also gab ich mir selbst einen Ruck und wählte völlig bedenkenlos ein rothaariges Mädchen aus, um mir Auskunft zu geben. Ihre wuscheligen, langen Locken konnte man in der Menge quasi nicht übersehen und die Bücher in ihrer Hand gaben ihr in meinen Augen etwas Schlaues.

„Entschuldigung? Kannst du mir sagen, wo ich hin muss? Ich bin neu hier und hab ehrlich gesagt gar keinen Plan", gestand ich als ich ihre Aufmerksamkeit hatte und versuchte mich an einem Lächeln. Und sie... grinste sofort zurück. Ihre grünen Augen dabei viel zu motiviert und die unzähligen Sommersprossen schon fast süß. „Ähm, klar, wo-", ich hielt ihr meinen Stundenplan vor die Nase, „Ah ok... Verrückt, da muss ich auch gleich hin. Kannst ja einfach mitkommen."

Erleichtert stimmte ich zu.

„Ich bin Ruby." „Miles."

„Wenn du neu bist, woher kommst du, wenn ich fragen darf?", unsicher schielte sie zu mir rüber als wir gemeinsam das Gebäude betraten. „New York." "Krass!", stieß sie aus. „Das ist ja echt weit. Wie-" „Echt groß alles. Wie ist es hier so?", unterbrach ich sie halbherzig, da ich nun wirklich keine Lust auf das Gespräch hatte. Und das ging sie auch gar nichts an.

Kurz stockte sie, ehe sie mir ohne Punkt und Komma einen detaillierten Kurzbericht gab. An sich klang alles gut, nur war meine Aufmerksamkeit schon wieder woanders. Nämlich wie lange ich heute hier festsitzen würde.

Klar, das alles war neu und ich hatte mir noch keine großen Gedanken darüber gemacht wie meine Zukunft aussehen sollte. Sämtliche Pläne wurden vor wenigen Monaten komplett über den Haufen geworfen. Nur eine Sache wusste ich. Ich musste mich in nächster Zeit dem Willen meines Onkels beugen. Bei der Sache mit der Schule würde er schließlich nicht nachgeben. Und ich würde die Straßenrennen und mein Motorrad nicht aufgeben. Das war ein Punkt, bei dem ich nicht nachgeben würde.

*****

Hey, das hier ist Band 1 der „RIDERS" Reihe. Ich entschuldige mich vorab für jegliche Fehler und freue mich immer über Kommentare, Sternchen und Verbesserungsvorschläge.❤️

Da die Reihe momentan überarbeitet wird bzw. manche Kapitel schon überarbeitet wurden, kann es zu Unstimmigkeiten kommen, nicht wundern. Auch die Kommentare haben sich dadurch verschoben. Besonders für diejenigen, die „RIDERS" schon einmal gelesen hatten: Es hat sich viel verändert, auch, wenn die Story im Kern dieselbe ist.

•  Wer sich bei den Motorrädern eventuell nichts drunter vorstellen kann oder sich dafür interessiert, kann gerne ganz hinten im Buch im Kapitel „Motorräder" vorbeischauen. Das Baujahr ist irrelevant, aber die Farben bleiben gleich. Hope you like it.💕

•  Zudem behandelt die Reihe einige Themen, die vielleicht nicht für jeden Leser geeignet sind und ich möchte schon einmal vorweg sagen, dass das hier nicht viel mit der Realität zu tun hat.

Ansonsten wünsche ich viel Spaß beim Lesen und sollten euch Bücher im Bereich Action oder Mystery interessieren, dann könnt ihr gern auch bei meinen anderen Stories vorbeischauen.💗

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