No. 5
( v e n e z u e l a )
„ I AM MINE, BEFORE I'M ANYONE ELSE'S"
Christelle
Am nächsten Morgen war ich die erste, die wach war. Das dachte ich jedenfalls, bis mir unten in der Küche Wynston über den Weg lief.
"Guten Morgen!" Wünschte ich ihm und setzte mich neben ihn auf einen der hohen Stühle an der Theke in der riesigen Wohnküche. "Guten Morgen. Möchtest du auch einen Tee?" Fragte er mich und drehte sich mit dem Stuhl in meine Richtung. "Nein danke. So früh am Morgen tut so etwas meinem Bauch nicht sonderlich gut."
Er nickte, führte die schneeweiße Tasse an seine Lippen und nahm zwei kräftige Schlücke, bevor er sie wieder auf der Steinplatte ablegte.
"Heute reist ihr ab, oder?" Fragte Wynston nach einer Weile stille zwischen uns und ich nickte. "Ja. Leider war unser Aufenthalt hier nur sehr kurz, dafür bleiben wir in Guyana umso länger."
"Daraus wird nichts." Plötzlich ertönte eine Stimme hinter uns, welche ich sofort als die von Tessa einordnen konnte. Geschickt drehte ich meinen Stuhl um 180 Grad und blickte direkt in ihr etwas niedergeschlagen aussehendes Gesicht. "Wie meinst du das?" Fragte ich sie etwas verwirrt.
Ich freue mich schon seit dem Anfang der Reise darauf nach Guyana fahren zu können und jetzt soll es ein Problem damit geben? "Tristan hat Einreiseverbot. Er darf nicht nach Guyana."
Ungläubig starrte ich sie mit offenem Mund an. "Du willst mich verarschen richtig?" Doch anders als erwartet schüttelte sie ihren Kopf. "Ich habe zwar keinen Plan weshalb, doch er meinte, dass dieser Punkt unserer Reise gestrichen werden muss."
Immer noch geschockt von Tessa's Worten drehte ich mich zu Wynston, der genau so wie ich geschockt zu Tess schaute und seine Tasse in der rechten Hand hielt. "Und ihr überspringt dieses Land dann, oder wie?" Fragte er.
"Höchstwahrscheinlich schon." Meinte Tessa und ging auf den Kühlschrank zu, um die mit Wassergefüllte Glasflasche hinauszunehmen und sich was davon in ein Glas einzuflößen. "Kannst du mir auch etwas Wasser bringen?" Sie nickte auf meine Frage hin und stellte ein zweites Glas auf den Tresen.
"Ich glaube es nicht." Meinte ich und stützte meinen Kopf mit meiner linken Hand auf den Tresen ab. Einreiseverbot? Was hatte Tristan bitte so schlimmes angestellt, dass er Einreiseverbot hat? Ich werde ihn auf alle Fälle ausfragen, wenn er wach ist.
Die ganze Zeit über grübelte ich und grübelte, bis ich zu dem Entschluss kam, dass Tristan womöglich eine Affäre mit der Presidentenfrau hatte und der President irgendwie Wind davon bekommen haben muss. Doch irgendwie kam mir das im Nachhinein dann doch etwas absurd vor. Ich meine, wie sollte Tristan Kontakt zur Presidentenfrau aufgenommen haben?
Das tiefe Grummeln meines Bauches riss mich aus meinen Gedanken und brachte mich auf das Thema Frühstück. "Habt ihr auch so Hunger, wie ich?" Tessa, die inzwischen gegenüber von uns Platz genommen hatte und Wynston, der seinen zweiten Tee trank blickten mich gedankenverloren an.
"Oh ja." Wynston nickte heftig, woraufhin Tess anfing zu grinsen. "Dito." Tessa's Blick glitt durch den ganzen Raum, bis sie auf einen Mann in einem schwarzen Anzug traf und ihre Rechte Hand in die Luft hielt. "Will, könnten Sie Frühstück für uns drei vorbereiten?"
"Machen sie gleich fünf draus." Tristan hob grinsend fünf Finger in die Luft und lief gefolgt von Niko die Marmortreppen runter.
Der Mann, oder auch Will, nickte und lief aus dem Raum. Innerhalb von zwei Minuten kam er mit zwei anderen mit jeweils Hemd und schwarzer Schürze bekleideten Männern wieder in die große Wohnküche und ließ die beiden Männer arbeiten.
Sobald die Köche den Herd anschmissen, ließen sich die hinzu gekommenen Jungs auf die Stühle links von mir und rechts von Wynston fallen.
Ich konnte meine Zunge keine drei Sekunden zügeln, weshalb ich Tristan einfach fragen musste. "Ich habe gehört, dass wir wegen deinem Einreiseverbot nicht nach Guyana reisen dürfen. Verrätst du uns vielleicht auch warum?"
Tristan, der es sich auf dem Stuhl neben Wynston gemütlich gemacht hatte, fing an sich nervös am Hinterkopf zu kratzen. "Ähh...das ist eine ziemlich lange Geschichte." Meinte er und tippte hektisch etwas auf seinem Handy ein. "Tristan?"
Er blickte auf, schaute jedoch nicht zu mir, sondern auf die Bratpfanne, die der eine Mann samt einer Unterlage zum Tisch führte. "Ach guckt mal, Spiegelei!" Sagte er und stopfte sein Handy in seine Hosentasche. Etwas verwirrt von seinem drastischen Themawechsel schaute ich zu Tessa, die genauso planlos wie ich zu sein schien und mit dem Schultern zuckte.
Will stellte sich neben Tessa und zeigte auf die unzähligen Lebensmittel auf den Tresen, die die beiden Männer dort platziert hatten. "Wir haben alles hier auf den Tisch gestellt. Sagen sie uns bitte Bescheid, sollte etwas fehlen." Alle außer Wynston nickten, was die Männer als Zeichen zum verschwinden sahen.
Während des Essens wurde nicht sonderlich fiel geredet. Unglücklicherweise herrschte eine sehr angespannte Stimmung zwischen uns allen, außer zwischen Tristan und Wynston, die die ganze Zeit kindische Späße machten.
Um ehrlich zu sein, hatte ich keine große Lust weiter mit denen am Tisch zu sitzen, weshalb ich aufstand und in das von Tess und mir eroberte Zimmer flüchtete. Dort setzte ich mich im Schneidersitz auf mein Bett und seufzte.
Ich hatte das Gefühl, dass Tristan und ich uns immer weiter von einander distanzierten. Für lange Zeit konnte ich ihn als meinen besten Freund ansehen, doch in letzter Zeit hielt er Abstand zu mir und näherte sich dafür den anderen mehr an. Und jetzt auch noch Wynston?
Normalerweise hätte er mir so etwas gesagt. Vor ein paar Monaten hatten wir keine Geheimnisse voreinander, doch in letzter Zeit verhält er sich etwas seltsam. So, als würde er etwas verheimlichen zu versuchen. Nur was?
Irgendwann wird er mich vergessen und nichts mehr mit mir zu tun haben wollen. Aua, dachte ich. Als hätte jemand mit einer Stecknadel in mein Herz eingestochen, tat dieses weh. Automatisch glitt meine Hand zu meinem Herzen, welches wild pochte. Ich hätte nie gedacht, dass ich wegen so jemandem wie Tristan Herzschmerz bekommen könnte.
Es verging eine ganze Weile in der ich mich weiterhin auf meinem vorübergehendes Bett befand und über Tristan und mich nachdachte. Ich kam zu der Entscheidung, dass ich es einfach sein lassen sollte. Wenn er sich distanziert, ist das seine Sache. Auch wenn es weh tut muss ich es akzeptieren, denn immer hin ist Tristan nicht der einzige Freund, dem ich so nahe war bzw. bin.
Vielleicht ist es ein Zeichen. Ein Zeichen, welches mir das Schicksal geben wollte, um mir zu zeigen, wer meine wahren Freunde sind. Tristan gehört vielleicht nicht mehr dazu. Entschlossen griff ich zu meinem Handy, um einem wahren Freund von mir zu texten. Blake.
Lange ließ er mich nicht auf seine Antwort warten. Ohne zu zögern stand ich auf, schnappte mir meine Umhängetasche von Gucci und ging aus dem Zimmer raus.
Ich hatte Blake gefragt, ob er Zeit hätte sich mit mir zu verabreden. Eigentlich habe ich erwartet, dass er zu tun hat. Immer hin war er mit seinem Vater geschäftlich in Venezuela unterwegs und nicht, um seine Zeit mit mir zu vertreiben. Ob er sich heimlich mit mir verabredet?
Ohne einen weiteren Gedanken daran zu verschwenden, huschte ich schnell die Treppen runter und eilte durch die Wohnküche zum Eingang. Ich wartete bevor ich die Türklinke runterdrückte, da ich mal wieder meine Freunde hörte, wie sie Spaß hatten und sich im Pool vergnügten. Ohne mich.
Nicht ein einziger ist hochgekommen, um nachzugucken, ob alles in Ordnung mit mir ist oder ob ich auch runterkommen möchte. Sorgt sich denn keiner um mich? Bin ich ihnen allen egal?
Ich wollte kein Mitleid. Weshalb auch? Mir ging es perfekt. Mein Leben war perfekt, nichts fehlte mir. Ich musste mir keine Sorgen über meine Noten machen oder über materielle Dinge, denn von denen hatte ich genügend. Wer weiß, wie viel der Inhalt meines Kleiderschrankes insgesamt wert war.
Doch diese ganzen Sachen waren nicht die Sachen, die mich glücklich machten.
In letzter Zeit sehne ich mich nach jemanden der mir zuhört, mich versteht und mich wertschätzt. Jemand, bei dem ich mich geborgen fühlen kann.
Leider kommen da im Moment nur zwei Menschen in Frage. Meine Mutter und Blake. Vielleicht fühlte ich mich deswegen so wohl bei ihm und wollte so viel Zeit wie möglich bei ihm verbringen.
Für einen kurzen Moment schloss ich meine Augen und überflog erneut meine Gedanken. Nicht übertreiben, redete ich mir selbst immer wieder ein, bevor ich die Haustür aufriss und hinaustrat. Leise ließ ich sie hinter mir wieder ins schloss fallen und rannte los.
Ich wusste zwar nicht genau welcher der richtige Weg zu Blake war, doch dass war mir egal. Zur Not rufe ich mir eine Limousine und lasse mich zu ihm kutschieren.
A/N : Ich hoffe der häufige Sicht Wechsel verwirrt niemanden zu sehr.
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