24

Aylana

Ich glaube ich starb gerade.

Das Gefühl war nicht in Worte zu fassen, so sehr erfüllte es mich gerade, als ich Nolans Lippen auf meinen spürte. Diese weichen Lippen, welche ich mir in letzter Zeit immer öfter vorgestellt habe sie zu berühren, sie zu küssen. Und nun tat ich es und es war überwältigend.

Meine Augen schlossen sich und meine freie Hand suchte fast schon automatisch nach ihm, ehe sie sich an seinen Nacken legte. Er ließ meine zuvor festgehaltene Hand los und legte sie an die andere Wange, damit er mich näher zu sich ziehen konnte.

So schnell wie der Kuss anfing, so schnell endete er auch. Unfähig etwas zu sagen sah ich ihn an und er tat es mir gleich. Meine Lippen kribbelten und bereiteten meinem flauen Magen Konkurrenz. Mein Herz hüpfte auf und ab und mein Gehirn fuhr Achterbahn. Achterbahn der Gefühle.

Nolan tat nichts, außer mich anzusehen. Erwartete er jetzt, dass ich ihn auch küssen ? Ich würde es tun, ohne Zweifel, wenn ich wüsste wie. Ich hatte bisher noch nie jemand anderen so geküsst. Wie sollte ich dann Nolan küssen ?
Ich würde versagen und er wünschte sich, er hätte mich nie geküsst.

Er schien meine Zweifel zu bemerken: „Was ist los ?“.
„Ich..“, stotterte ich.
„Du..?, wiederholte er.

Mit bestimmt rotem Kopf beichtete ich: „Ich habe noch nie jemanden geküsst“. Sein helles Lachen schallte durch den Raum. „Du weißt gar nicht wie süß du bist“.

Süß ? Spätestens jetzt war ich rot wie eine Tomate.

„Und die Tatsache, dass dir das unangenehm ist, macht dich nur noch süßer“.
Verlegend sah ich an ihm vorbei.
„Das ist nichts, was dir peinlich sein muss Gänseblümchen“.

Als er meinen Kosenamen aussprach entspannte ich mich sichtlich. Er schmunzelte: „Jetzt findest du, dass der Name zu dir passt, nicht ?“.
„Ich mag ihn nach wie vor nicht“, grinste ich und verdrehte die Augen.

Eine Lüge. Ich liebte es, wie er sich die Mühe machte, um mich mit dem Namen zu ärgern.

„Wir wissen beide, dass du lügst“.

Meine Hand, die nach wie vor auf seinem Nacken ruhte, übte nun Druck aus und er senkte seinen Kopf. Unüberlegt küsste ich ihn, denn vielleicht war er überrascht genug, um meine mangelnden Erfahrungen auszublenden.

Mein Plan ging auf.
Er bewegte sich erst überhaupt nicht, aber als er bereit war den Kuss zu erwidern, löste ich meine Lippen von seinen. Er bemerkte, was ich vorhatte und zog mich wieder an sich, so dass seine Lippen wieder auf meinen lagen.

Er grinste kurz, ehe er seine Augen wieder schloss und mit seinen Daumen über meine Wangen strich.
Warum nochmal wollte ich aufhören ?
Ach ja, mangelnde Erfahrung.

Es schien Nolan nicht im geringsten zu stören, im Gegenteil, er genoss es sichtlich mich in der Hand zu haben. Mein Gehirn war vernebelt, nur mein Körper drückte sich reflexartig an ihn, als würde ich ihn jeden Tag so küssen.

Plötzlich zog er seinen Kopf zurück und hörte auf. Mit einem Hauch von Enttäuschung sah ich ihn perplex an. Mein Atem ging unkontrolliert und ich gab bestimmt ein fabelhaftes Bild ab. Mit roten Wangen, zerzausten Haaren und bettelnd wie auf Entzug.

Während er mich beobachtete, biss sich Nolan auf seine angeschwollene Unterlippe. Kam die vom küssen ? Wie sahen meine Lippen dann aus ?

Ich blickte ihm stumm entgegen, erwiderte seinen Blick. Trotz dem Drang ihn erneut zu mir zu ziehen, blieb ich still, wagte nicht eine Bewegung. Und das war schwer, denn mein Brustkorb hob und sank sich in unregelmäßigen Abständen.

Als ihm mein fragender Blick auffiel, schüttelte er minimal den Kopf. Sprachlos sah ich ihn an, wie er sich von dem Bett entfernte. Er mied es mich anzusehen und ich spürte, wie mein Herz sich gekränkt zusammenzog. Was sollte das ? Erst wurde ich überfallen und jetzt ignoriert ?

Ein bissiger Kommentar lag bereits auf meiner Zunge und wartete nur darauf freigelassen zu werden. Bevor es jedoch dazu kam, verließ Nolan das Zimmer und schlug die Tür unsanft hinter sich zu. Wieso war er so sauer ?

Durch den Knall zuckte ich zusammen und biss mir fast auf die Zunge. Die Wut brodelte ohne Zurückhaltung in mir.

Wir hatten uns geküsst.
Er hat mich geküsst.
Ihm gebührt mein ersten Kuss und er flüchtet ohne etwas gesagt zu haben.
Was dachte er sich dabei ?
Was dachte er war ich ?
Eines seiner Spielzeuge ?
Eine blöde Puppe, die nur zum Einsatz kommt, wenn ihm langweilig war ?

Naiv.
Mein Verhalten ließ sich mit diesem Adjektiv am besten beschreiben. Jeder Außenstehende hatte mich vor ihm gewarnt, allen voran Calev, und ich hatte ihnen nicht glauben wollen.

Weil ich dachte er sei anders, als er vorgab zu sein.

Naiv Aylana, sehr naiv. Schließlich war er nach wie vor der Nachfolger von Arnold Collister und nebenbei ein Casanova.

Selbst Xenja hatte mich gewarnt mein Herz nicht an ihn zu verschenken.
Was habe ich mir dabei gedacht ?
Ich habe Calev mit meinem Verhalten verletzt und das nur wegen Nolan.
War ich wirklich so leicht zu manipulieren ?

Apropo Calev, wo war er ? Wenn Nolan Recht behielt, dann hatte ich 2 Tage weniger meines Lebens erlebt und Calev konnte nicht im Rato sein. Vielleicht war er ja hier ?

Ich fasste den Entschluss ihn zu suchen und setzte mich auf. Der Anblick der Flosse ließ mich erneut erschrecken. Es war keine Flosse mehr, sondern meine gewöhnlichen Füße.
Wie ist das möglich ?

Ich stand auf und versuchte Schwimmbewegungen mit den Armen zu machen, da es sich ohne Flosse schwieriger fortbewegen ließ.

Auf dem Weg zur Tür sah ich in einen Wandspiegel und musterte mein Gesicht. Meine Nase hatte nur noch vereinzelte blau-grüne Flecken und sah akzeptabel aus. Meine Haare hingegen war glanzlos. Die hatten auch nicht gerade eine entspannte Zeit.

Fest entschlossen Calev zu finden riss ich die Tür auf, strampelte mit den Beinen hinaus und hielt mich an der Wand. Ein kurzer Flur eröffnete sich mir und links führten Treppen hinunter. Ich folgte diesen also und hielt mich nebenbei am Geländer fest.

Die letzten Meter hinabsteigend vernahm ich Gemurmel, dass ich nicht zuordnen konnte. Also schwamm ich so gut es ging um die Ecke und stieß beinahe mit einem Meermann zusammen. Dieser schien meine Anwesenheit zu spüren und drehte sich um. „Wie ich sehe bist du wach. Soll ich Nolan Bescheid geben ?“.

Ich erinnerte mich dunkel, dass er Marin hieß und mir eine Tür gegen die Nase gehauen hatte. Als er Nolan erwähnt schüttelte ich den Kopf: „Nein. Ich will einfach nur zu Calev“.

Mein Gegenüber nickte Richtung Sofa und ich traute meinen Augen nicht. Dort saß neben einer Meerjungfrau, oder Meerfrau, Calev mit einer giftgrünen Flosse und sah im gleichen Moment zu mir auf.

Sein Blick verfing sich an meinen Beinen: „Wo ist deine Flosse ?“.
Seine Nebensitzerin sah mich schockiert an und Marin blickte nun ebenfalls verwundert an mir herunter. „Weiß nicht“, meinte ich leise und bewegte soweit zu ihm, dass ich die Arme nach ihm ausstrecken konnte und er mich zu sich zog.

Mein Kopf legte sich an seine Schulter und ich drückte ihn fest an mich, als hätte ich ihn jahrelang nicht gesehen. Er schien zu merken, dass etwas nicht stimmte, denn er flüsterte leise in meine Richtung: „Du erzählst mir nachher, was dich bedrückt, okay ?“.

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