2

Aylana

Ich beschloss nach langer Überlegung zur weißen Beere zu gehen. Sie wusste über jedes kleinste Detail perfekt Bescheid und konnte mir sicherlich weiterhelfen, doch dazu musste ich nach Cyllene fliegen, da die weiße Beere dort lebte. Übrigens war sie nicht wirklich eine weißfarbige Beere, sondern eine alte Weide, mit der ich mich angefreundet hatte.

Ich hatte eine Fähigkeit, die meines Wissens kein Zweiter in diesem Universum besaß. Ich konnte mit Tieren und der Natur kommunizieren. Wenn ich das meinen Eltern erzählen würde, würden sie es als blühende Fantasie abstempeln und auf meine Bücher schieben. Marley dachte sowieso schon ich bin verrückt und die anderen Bewohner haben mich so gut wie nie zu Gesicht bekommen. Ich war schon immer jemand, der sich lieber mit Büchern verschanzte als sich draußen aufzuhalten.

Ich nahm das rätselhafte Buch in die Hand und stand von dem Boden auf. Schnell war der Staubfilm auf meiner weißen Hose fortgeklopft und ich straffte meine Schultern um zum Gehen anzusetzen. Ein Ruf unterbrach mein Vorhaben jedoch. „Aylana, wo bist du ? Mum sucht dich".

Eindeutig Marley.

Ich schob die Kiste rasant in ihr Regal zurück und schlich mich zum Treppenansatz. Als ich kein Geräusch vernahm stieg ich auf Zehenspitzen die Stufen hinab und duckte mich, als ein Deckenlicht anging.

Blöde Bewegungssensoren !

Ich setzte meinen Weg fort und ließ das Plate ein weiteres Mal mitgehen. Dann schloss ich mich in meinem Zimmer ein und zog meine Jeansjacke vom Haken hinter der Tür. Ich zog sie mir an und öffnete das Fenster. Es dämmerte bereits, ein perfektes Timing für mein Verschwinden.

Ich aktivierte das Plate und stellte mich darauf um in die Nacht zu fliegen. Ich flog durch Baumkronen bis hin zum höchsten Zweig und genoss das Gefühle der Freiheit, zumindest für eine kurze Zeit. Ich flog immer weiter bis an die Grenze der Bewohnerzone und der violette Himmel dunkelte immer mehr in einen Fliederton ab, bis nur noch vereinzelte Sterne sichtbar waren.

Ich sah verträumt in den Himmel und versuchte mir gedanklich die Sternenbilder vorzustellen. Den großen Bär und Pfeil und Bogen bekam ich noch hin, ehe ich mit einem ruckvollen Satz vom Platte rutschte und gegen ein einsames Ratax stieß.

Ein Ratax war eine Mischung aus einem Taxi und einem Raumschiff. Früher sei das Taxi in einem grässlichen und auffälligen Gelbton gewesen, da war ich für das heutige Violett dankbarer denn je.

Ich hasste die Farbe Gelb.

Der Grund dafür war simple: Unsere Kriegsflagge wurde in derselben Farbe gehisst, obwohl sie ursprünglich der wärmenden Sonne ähnlich sein sollte. Die Sonne ist nach wie vor unser Planetenschöpfer und trotzdem zeigten wir zu wenig bis keinerlei Achtung vor ihr.

Das Deaktivierungsgeräusch des Plates ließ mich zusammenfahren und ich sah instinktiv gerade aus. Zögernd sah ich durch die Scheiben und entdeckte einen schlafenden jungen Mann hinter dem Steuer. Also klopfte ich gegen die Scheibe und die Person schreckte hoch. Verwirrt öffnete sie die Tür und ich stieg ein.
„So so. Die kleine Hill will wieder einen nächtlichen Ausflug machen", ermahnte mich der Rataxfahrer, der mir nun nicht mehr fremd vorkam.

„Hör auf den fürsorglichen Vater zu spielen Calev", stöhnte ich genervt und tippte mein Ziel in seinem Wegleiter ein. „Warum kannst du das Ding überhaupt bedienen ?", murrte er genervt und startete den Motor. Ich grinste ihn an: „Weil du es nicht kannst ?".

„Schnall dich an oder ich petze dieses Mal wirklich". Ich schnallte mich auf seinen Befehl hin an und pantomierte seine üblichen Anstandsreden nach: „Bla bla bla, so wie die letzten 100 Mal ?". Calev seufzte und schluckte seine Rede runter. Dann fuhr er los und blickte auf den Wegleiter.

„Was willst du auf Cyllene ?", fragte er und ein neugieriger Unterton schwang dabei mit. „Ein bisschen abschalten und lesen", antwortete ich gleichgültig und mein Nebensitzer schüttelte den Kopf. „Sag bloß du liest diesen Erdlinger scheiß von 2000-schieß-mich-tot. Müsste dir nicht schon total langweilig davon sein ? Ich meine du hast das Lesen nicht wegen Büchern gelernt, sondern damit du unsere Technologie verstehst".

Ich zuckte als Antwort nur mit den Schultern und er seufzte wieder: „Irgendwann wirst du mir Recht geben. Ich freue mich auf diesen Tag. Das wird mein Lieblingstag und der wird künftig mit Torten gefeiert".

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top