12

Aylana

„Ich kann nicht glauben, dass ich mich von dir habe überreden lassen", brummte Calev und lockerte die Träger seines Rucksacks, den er eben noch gepackt hatte. Für Nolan hatte wir auch noch einige Kleinigkeiten aufsammeln können und nun lief er still neben uns her. „Du tust so, als wäre ich Männerschnupfen", anklagend zeigte ich mit meinem Finger auf ihn und er grinste. „Den Vergleich hast du aufgestellt".

Mittlerweile waren wir bei Nolans Rato angekommen und Calev staunte nicht schlecht, als er es sah. Er begutachtete das schwarze Modell ausgiebig ehe er Nolan registrierte, der ihn fragend ansah. „Guten Geschmack Collister. Das muss man dir lassen".

Collister ?
Warum Collister ?

„Warum kennst du seinen Nachnamen ?",fragte ich und auch Nolan sah nervös zu ihm. „Woher weißt du davon ?". Calev lachte: „Oh kommt schon, ich bin nicht dumm. Gebt zu, dass ihr das Versteckspiel geplant habt". Nolan schüttelte den Kopf und ich dachte über seine Worte nach. Wenn Nolans Nachname Collister war, dann...

Schockiert über die Theorie und Erkenntnis, die sich gerade in meinem Kopf freigesetzt hatte, sah ich die beiden vorwurfsvoll an. „Warum enthaltet ihr mir diese Information ?". Calev zuckte mit den Schultern: „Ich dachte ihr wolltet mich reinlegen". Die beiden Jungs stiegen jeweils auf einer Seite ein und ließen mich stehen. Frustriert stieg ich ebenfalls ein und grummelte: „Das wird noch ein Nachspiel haben Nolan Collister". Er sah mich schuldbewusst aus dem Rückspiegel an und ich wich seinem Blick ab nun aus.

Er startete das Rato und nach einigen Sekunden hob es ab und flog uns durch das Universum. Calevs Blick wanderte abwechselnd zwischen uns umher, so als wäge er den Schaden ab, welchen er verursacht hatte. Dabei war Nolan der Schuldige, da er mir verschwieg, dass er der Sohn von einem Hauptführer im Komitee war. Deshalb hatte er gestern auch so schnippisch auf meine Bücher reagiert. Weil sein feiner Daddy ihn natürlich Perfektion gelehrt hatte.

In meinem Kopf drehte sich alles vor neuen Gedanken. Was, wenn er als Spion auf Cyllene war und anstatt mich zu verpetzen erst sehen wollte, ob ich noch mehr Dreck am Stecken hatte ?
Wenn er von Megaclite zurückfliegen würde, würde er dann alles seinem Vater und Wächtern erzählen ?
Würde ich dafür bestraft werden ?

Ich hielt inne: aber warum hatte er nicht schon vorher einen Versuch gestartet mich dranzukriegen ? Er hätte die ganze Zeit über weglaufen und Alarm schlagen können. Wieso tat er es dann nicht, wie es sich für einen Sohn eines Komiteekopfes gehört ? Fragen über Fragen häuften sich und brachten mich kein Stück weiter.
In meinem Kopf prang ein großes Fragezeichen und hatte auch nicht vor ohne Antworten zu verschwinden.

Ich seufzte frustriert und sah aus dem Fenster, nur um zu sehen, dass wir bereits zur Landung ansetzten. „Ich wollte keinen Krieg zwischen euch auslösen. Der momentane Krieg reicht schließlich", versuchte sich Calev an einem Witz. Ich presste stumm meine Lippen aufeinander um nicht antworten zu müssen.

Aus dem Augenwinkel sah ich Nolan Calev zunicken. Ich hoffte Calev nahm mir meine eingeschnappte Art nicht übel, aber ich hatte gerade mit meinen Gelüsten zu kämpfen Nolan nicht zu verhauen. Vermutlich war es besser, dass es nur Gedanken waren, denn er war mir körperlich auf jeden Fall überlegen und ich wollte mir eine peinliche Niederlage ersparen.

Das Rato hüpfte minimal, als es auf dem Boden aufkam und ließ uns Insassen gegen den Gurt schnappen, der sich sofort verfestigte und seinen Schutzmechanismus bewies. Ich entfernte ihn als das Rato zum Stillstand kam und beide Jungs zu mir sahen. Ihre unschlüssigen Gesichter brachten mich dazu meinen Riemen der Tasche zu umgreifen und aus dem Gefährt zu steigen.

Calev schnappte sich seinen Rucksack und stieg ebenfalls aus. Ratlos tat Nolan es uns gleich und stellte sich neben mich. Er öffnete den Mund um etwas zu sagen, aber ich kam ihm zuvor und klatschte in meine Hände: „Okay Jungs, wir müssen nur eine Venus mit einem Giftstachel finden, ihn mitnehmen und gehen, das ist alles".

Ohne Rücksicht zu nehmen lief ich zügig durch das Gras, welches mir bis zum Hals ging. Hier auf Megaclite war alles dreimal so groß wie man es ursprünglich kannte. Meine Füße stiegen sachte über das Gras und die Jungs stampften hinterher. Die wehleidigen Bemerkungen ließen mich hellhörig werden und ich nahm einzelne Halme in meine Finger, die sich an mich schmiegten.

„Wo finde ich eine Steinvenus ?", flüsterte ich leise in ihre Richtung und bekam eine Antwort, in dem sie sich minimal nach rechts wogen. Ebenso leise bedankte ich mich und lotste unsere kleine Gruppe in dichtes Gestrüpp. Während ich so lief nahm ich immer wieder das Gespräch der Jungs wahr. „Du willst Aylana nicht als Feind haben". Eindeutig Calev.

Nolan seufzte: „Ich weiß, ich hätte sie zumindest vorwarnen sollen". Vor mir erstreckte sich ein gewaltiger Wasserfall. Das reißende Wasser war kristallklar und glänzte in dem Licht der Sonne. Calev brachte mich zum Stehen: „Aylana, warte mal". Beide holten zu mir auf und Calev schubste mich kurzerhand zu Nolan. Erbost blickte ich ihn an, aber er ging seelenruhig zum Ufer eines Wasserfalls und wusch sich das Gesicht.

Ich löste mich aus Nolans Armen, die mich aufgefangen hatten und drückte ihn von mir. „Es tut mir leid". Ich verschränkte widerspenstig meine Arme und er fügte hinzu: „Ich hätte ehrlich zu dir sein sollen, so wie du es auch zu mir warst". „Hättest du", sprach das bockige Kleinkind aus mir und blickte zu Calev der uns kopfschüttelnd beobachtete.

„Was hättest du getan, wenn ich dir gesagt hätte wer ich wirklich bin ? Du wärst entweder vor mir weggerannt vor Angst oder hättest dich an mich rangemacht für jegliche Bestätigungen". Ich sah Nolan wieder an, dieses Mal mit einem neutralen Gesicht. „Ständig werde ich daran erinnert wer ich zu sein habe und ich bin es verdammt nochmal Leid in eine Schublade gesteckt zu werden, in die ich nicht passe".

Meine Arme lockerten sich aus der Haltung und ich spielte mit dem Bändel meiner Tasche. „Ja, ich trage den Namen Collister. Ja, ich bin der Sohn von Arnold Collister. Ja, ich bin mir bewusst was meine Pflichten sein sollten und trotzdem breche ich sämtliche Regeln und Erlassungen, weil ich dir helfen will. Ich weiß, dass ich dir diesen wichtigen Fakt hätte nicht verschweigen sollen".

Ich presste meine Lippen aufeinander und bog meine Mundwinkel zeitgleich nach oben: „Ich hätte keine Zicke sein sollen. Es ist deine Entscheidung was du von dir preis gibst und mich geht das auch überhaupt nichts an. Mir sollte es leid tun". Er erwiderte meine Grimasse: „Du hast alles Recht der Welt sauer auf mich zu sein".

Kurzentschlossen schlang er seine Arme um mich. Überrumpelt erwiderte ich die Umarmung und löste so Zufriedenheit bei ihm aus. Als ich mich nach einigen Sekunden wieder löste, wanderte sein Blick hinter mich und sein gelassener Ausdruck wurde von einem blassen Gesicht überdeckt. Seine Augen fixierten geweitet vor Schock einen Punkt hinter mir.

„Wir haben ein Problem".








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