Leben im Safe-House

P.o.V Erzähler

Als die beiden Jugendlichen am nächsten Morgen aufwachten, stand die Sonne schon hoch am Himmel. Doch es tat gut, einmal voll auszuschlafen. Sowas kam in ihrem Fall ja eher selten vor. Sie lagen immer noch in einer ähnlichen Position wie sie eingeschlafen waren. Beth war leicht zusammengerollt Bucky zugewandt und dieser hatte seine Arme um sie geschlungen. Jedoch waren sie sehr nah an die Sofakante gerutscht.
Als Beth sich nämlich ausgiebig streckte, verlor Bucky den Halt und glitt von der Couch. Instinktiv hielt er sich an Beth fest und beide fanden sich auf dem Teppich wieder.

"Dir auch einen schönen guten Morgen.",
sagte Beth lachend und gab Bucky einen kleinen Kuss auf die Nase.

Dieser rümpfte bloß verschlafen die Nase und grummelte ein 'Guten Morgen'. Beth hingegen befreite sich aus der Umarmung und stand vom Boden auf. Während sie im Bad war, fand auch Bucky die Motivation, vom Boden aufzustehen. Als er stand streckte er sich und lies dabei einige Knochen knacken. Daß sein Arm sich neu kalibrierte ignorierte er mittlerweile gekonnt.

Aus Gewohnheit ging er allein in die Küche und bereitete für sich und Beth Frühstück vor. Auch wenn dieses eher karg ausfiel war es besser als gar nichts. Jeweils eine Schüssel Müsli und Orangensaft. Mehr war tatsächlich nicht da. Wollten sie länger hier bleiben, müssten sie definitiv einkaufen gehen.

Als Beth aus dem Bad kam, frühstückten sie gemeinsam. Die meiste Zeit über herrschte Stille. Beide waren sie noch etwas müde und verschlafen. Nach dem Frühstück ging Bucky ins Bad und Beth räumte die Küche auf. Dann trafen sie sich wieder in der Küche am Tresen und besprachen die weiteren Pläne:

"Sollten wir länger hier bleiben, müssten wir einkaufen gehen. Wir können uns nicht nur von Nudeln und O-Saft ernähren.",
warf Bucky ein und Beth nickte zustimmend.

"Du hast Recht. Aber ewig können wir auch nicht hier bleiben. Steve ist clever. Er wird irgendwann auf die Idee kommen, hier nachzuschauen. Und ich weiß nicht, ob er sich nochmals gegen SHIELD stellen sollte, nur um uns zu beschützen. Eigentlich hat er schon viel zu viel für uns getan.",
überlegte Beth und sah aus dem kleinen Küchenfenster raus auf die Straße.

"Das Richtige wäre natürlich, wenn ich mich SHIELD stellen würde. Ich sollte die Verantwortung für meine Taten tragen und auch eine gerechte Strafe erhalten. Denn den Großteil kann ich nicht wieder gut machen. Und wenn wir schon einmal bei SHIELD sind, kann ich mich auch gleich bei dem Typen rächen, der dich angeschossen hat.",
erklärte Bucky und schaute dabei düster auf seine verschränkten Hände auf der Tischplatte.

Mitfühlend legte Beth ihre Hände auf Bucky's und sah ihm tief in die stahlblauen Augen. Ein Anblick, den sie so sehr vermisst hatte. Sie wusste, daß er sich schuldig fühlte, jedoch wurde er ja zu diesen Taten gezwungen und missbraucht. HYDRA sollte man zur Rechenschaft ziehen und Schmidt hatte man ja schon. Doch gab es noch mehr? Noch mehr, die ihnen wehtun konnten? Beth verdrängte diesen Gedanken sofort.

"Buck, der Kern des Bösen liegt schon in Ketten bei SHIELD in einer Zelle. Ich weiß, daß ich dich bestimmt nicht davon abhalten kann, zu SHIELD zu gehen. Doch ich kann und werde dich davon abhalten, all die Schuld auf dich zu nehmen. Ich wurde auch nicht in eine Zelle gesperrt. Ganz im Gegenteil, mir wurde geholfen und dir wird man auch helfen. Das verspreche ich dir."

"Aber du hattest einen anderen Hintergrund. Ich habe das viel länger gemacht und unter vollem Bewusstsein. Mich würde man nur verrückten Hirntherapien unterziehen und später in eine Anstalt sperren. Und nichts gegen SHIELD oder Steve oder deinen Eltern, aber dir hat man wahrscheinlich auch nur geholfen, da Steve großen Einfluss ausgeübt hatte und man trauernden Eltern nicht erklären wollte, daß sich ihre Tochter dem Bösen verschrieben hatte. Ich habe keine Familie, die sich um mich sorgt und mich vermisst. Ich habe diese Taten bewusst getan, da ich nicht anders konnte und diese 'Opfersache' wird mir da nicht weiterhelfen.",
versuchte Bucky Beth zu erklären, doch sie würde die Hoffnung nicht aufgeben. Sie waren soweit gekommen.

"Das ist es: Du konntest nicht anders. Du hattest keine Alternativen. Du hast versucht, wegzulaufen, du hast rebelliert und bist praktisch deswegen gestorben. Mit alle dem soll jetzt Schluss sein. Und wenn ich Director Fury persönlich drohen muss, und das kann ich, um dir zu helfen, würde ich das ohne zu Zögern tun. Du hast alles riskiert, um mich von HYDRA zu entreißen und jetzt bin ich dran. Jetzt bin ich an der Reihe, etwas zu riskieren, um dich zu retten. Und wenn du noch so sehr protestieren magst, jeder hat Hilfe verdient. Auch du, verstanden?"

Beth sah ihn eindrücklich an und Bucky wandte betrübt den Blick ab. Doch Beth fasste sein Gesicht in beide Hände und zwang ihn leicht, sie anzusehen. In seinen Augen war ein trauriger Schimmer zu erkennen. Womit hatte er das verdient? Er war ein Monster. Er hatte nur noch eine Zelle verdient und die totale Abschottung von der Zivilisation.

"Verstanden?",
wiederholte Beth nochmals nachdrücklich und nun nickte Bucky langsam zustimmend.

"Na geht doch..."

Sie stand auf und zog ihn in eine feste Umarmung. Da er auf dem Stuhl kleiner war, vergrub er sein Gesicht an ihrem Bauch und schlang seine Arme um sie. Das hatte er alles einfach nicht verdient, doch es würde bald vorbei sein. Zum ersten mal seit langem, schlichen sich Tränen hervor. Sämtliche Lasten fielen von ihm ab und er presste sein Gesicht nur noch mehr an den Körper seiner Freundin, daß es ihm egal war, daß er ihr Shirt durchnässte. Beth störte das genauso wenig. Auch sie legte ihre Arme um seinen Kopf und strich ihm behutsam durchs Haar. Beth hatte ihn noch nie so gebrochen gesehen und es zerbrach ihr das Herz, ihn so verletzt zu sehen.

"Wir können ja erstmal ein paar Tage hier bleiben, bis sich die Lage etwas beruhigt hat. Und dann gehen wir gemeinsam zu SHIELD und niemand wird dir etwas antun.",
flüsterte Beth halb und drückte ihren Freund nochmals eng an sich.

Lange Zeit blieben sie noch in dieser Position bis Bucky sich vollends beruhigt hatte und sie sich aus der Umarmung lösten. Beth Shirt hatte mittlerweile einen nassen Fleck auf dem Bauch, aber das störte sie herzlich wenig. Sie zog sich schnell ein neues an und dann suchten sie das Haus ab. Steve hatte damals für den Notfall Geld für Beth dagelassen. Nur leider hatte besagte Person vergessen, wo sich dieses befand. Bucky fand es letztendlich in einer Keksdose bei den Nudeln im Regal.

"Langsam werden mir diese Nudeln unheimlich.",
murmelte er, während er den Inhalt musterte.

Das Geld, welches sie fanden würde auf jeden Fall für einige Tage reichen. Außerdem würden sie ja nicht jeden Tag einkaufen gehen. Bucky hatte schnell eine grobe Rechnung aufgestellt, wie viel sie ungefähr täglich ausgeben konnte und wie weit sie damit kämen. Beth saß nur aufmerksam daneben und hörte zu. Mathe war noch nie ihre Stärke. Sie wusste nur, daß das Geld reichen würde. Und mehr brauchte sie auch nicht zu wissen.

Da es wieder kälter draußen wurde, zogen sie sich warm an. Diesmal verzichtete Beth auf die Perücke. Sie würden ja nur einige hundert Meter zum Laden laufen und in diesem Teil DC's war nur sehr wenig Treiben. Es blieb also bei der Mütze und Bucky zog sich die Kapuze über. In einem kleinen Beutel verstauten sie das Geld und den Hausschlüssel und ließen dann hinter sich die Tür ins Schloß fallen.

Hand in Hand liefen sie die Auffahrt entlang und besahen sich den klaren blauen Himmel. Es war recht kalt und Beth vergrub ihre andere Hand tief in ihrer Jackentasche. Bucky spürte in seiner linken Hand nicht wirklich viel und 'versteckte' seine Hand letzten Endes in seiner Jacke. Auf dem Weg zum Laden kamen sie auch an ein paar weiteren Häusern vorbei. Auf dem Rasen vor den Häusern schimmerte noch etwas Frost und Morgentau und die Gegend wirkte an diesem Samstag sehr verschlafen. Doch das störte die beiden nicht.

Nach einiger Zeit kamen sie an dem kleinen Lebensmittelladen an. Beth ging voraus und öffnete die Tür. Ein kleines Glöckchen am Türrahmen kündigte ihre Ankunft an. Der Ladenbesitzer schaute neugierig hinter dem Tresen hervor und lächelte freundlich zurück, nachdem Beth ihm ebenfalls ein freundliches Lächeln schenkte. Bucky nahm sich einen kleinen Korb am Eingang und gemeinsam streiften sie durch die schmalen Gänge.

Da sie noch genug Nudeln hatten, gingen sie galant an diesem Regal vorbei. Doch sie blieben eine Weile an der Obst- und Gemüsetheke stehen. Brot und Toast fanden auch einen Platz in dem kleinen Plastikkorb, genauso wie etwas Wurst und Käse. Während Beth nach Milch suchte, da sie heute den letzten Karton angefangen hatten, schlich Bucky sich zum Schokoladenregal, um Beth eine kleine Freude zu bereiten. Als sie alles beisammen hatten, liefen sie zur Kasse und bezahlten. Der Großteil ihres Einkaufs passte in den mitgebrachten Beutel. Für den Rest gab der Kassierer den beiden freundlicherweise ein paar Tüten. Sie verabschiedeten und bedankten sich, dann machten sie sich wieder auf den Heimweg.

Mittlerweile war die Sonne etwas gewandert und hatte einige Muster auf die Wiesen gezeichnet. Da sie eh einiges zu tragen hatten, liefen sie etwas langsamer und besahen sich die Häuser und Vorgärten in aller Ruhe. Beth beneidete diese Menschen. Sie konnten ein normales und eindeutig entspannteres Leben führen als sie. Aber sie befand sich ja auf dem Weg der Besserung. Bei dem Gedanken schlich sich ein kleines Lächeln auf ihr Gesicht und sie lief Bucky hinterher, der schon etwas weitergelaufen war, während sie noch in der Welt herumschaute. Glücklich hakte sie sich bei ihm unter und auch er schenkte ihr ein warmes Lächeln.

Bald kamen sie wieder am Haus an. Schnell war die Tür geöffnet und wieder geschlossen wurden, damit die Kälte auch ja draußen blieb. Sie stellten die Einkäufe auf den Küchentisch und während Beth sich ihrer 'Winter'-Bekleidung entledigte, räumte Bucky schonmal einige Einkäufe aus. Die Schokolade versteckte er vorerst. Als Beth wiederkam hatte Bucky den Großteil schon auf die Schränke verteilt. Also half Beth ihm noch beim Obst und Gemüse verstauen und dann ließen sie sich beide im Wohnzimmer auf das Sofa fallen.

Sie konnten sich sogar einen kleinen Luxus erlauben und sahen etwas Fern. Irgendwann schliefen sie aneinander gelehnt ein und wachten erst wieder auf, als es draußen schon dunkel war. Zum Teil wurden sie aber auch wach, da sich ihre Mägen wieder meldeten. Sie schmierten sich ein paar Brote und ließen sich dann wieder auf der Couch nieder. Es lief eine Doku über Seegurken auf einem Info-Kanal, doch diese war erstaunlicherweise sehr interessant. Als sie aufgegessen hatten, wuschen sie die Teller ab und begaben sich wieder auf das Sofa.

"Irgendwie habe ich einen süßen Zahn. Wir sind total am Süßigkeiten-Regal vorbeigelaufen.",
merkte Beth an und sah zu Bucky auf.

"Du bist am Süßigkeiten-Regal vorbeigelaufen. Ich hingegen habe nen kleinen Umweg gemacht."

Und damit zog Bucky die Schokolade hinter einem der Sofakissen hervor. Sofort begannen Beth's Augen zu leuchten. Freudig fiel sie Bucky um den Hals, nur um ihm dabei die Schokolade zu entreißen. Diesen prägenden Moment damals hatte sie nie vergessen. Und Bucky scheinbar auch nicht.

"Aha. Ich sehe, wir werden wieder rebellisch. Willst du dich ernsthaft nochmals mit mir anlegen? Du weißt, daß ich damals gewonnen hätte."

"Hätte. Aber du hast nicht gewonnen. Und das wird auch nochmal so kommen. Also spar dir die Mühe und du bekommst dann vielleicht etwas ab.",
meinte Beth bloß schelmisch grinsend und wandte die Schokolade in den Händen, um diese zu öffnen.

"Du hast damals geschummelt. In einem fairen Kampf würde ich dich besiegen. Mir steht eindeutig ein Teil zu. Ich habe sie gekauft.",
konterte Bucky und verschränkte die Arme.

"Ich habe nicht geschummelt. DU hast dich ablenken lassen. Und selbst in einem 'fairen' Kampf würde ich dich schlagen. Immerhin habe ich dich mit einer Knieverletzung und untrainiert geschlagen. Und zu deinem letzten Punkt: Theoretisch hat Steve beziehungsweise Tony die Schokolade bezahlt, da es deren Geld ist."

"Fifty-fifty?"

"Deal."

Also wurde die Schokolade einigermaßen gerecht geteilt und vernichtet. Die beiden saßen noch bis tief in die Nacht lachend und kichernd auf dem Sofa; nebenbei liefen Tierdokus, bis sie am Ende wieder aneinander gekuschelt einschliefen.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top