63.

Yoongi's PoV.:

Meine Beine waren weich wie Wackelpudding, als ich den Gang zu den Toiletten entlang schlich und um die Ecke lugte. Das Café Yeontan war nach wie vor reichlich besucht. Dessen Gewirr an verschiedenen Stimmen und das klirren des Geschirrs übertönte fast die Weihnachtsmusik, die aus den Lautsprechern durch den Raum dudelte.

Mit hoher Aufmerksamkeit scannte ich den Raum nach Jeon Jungkook ab. Doch zu meiner Überraschung konnte ich ihn nirgendwo ausmachen. Weder an der Theke, noch an einen der vielen Tischen. Selbst vor dem Café befand sich niemand, der dem Studenten ähnlichsah.

Als ich ihn von der breiten Fensterfront aus gesehen hatte, war ich direkt aufgesprungen und zu den Toiletten geflüchtet; zu meiner eigenen Sicherheit, aber auch zu der Sicherheit aller anderen anwesenden. Hätte er mich gesehen, dann wäre er wahrscheinlich wie ein Tier auf mich losgegangen. Ich konnte mich noch ganz genau an den wütenden Blick von damals erinnern, als er mich in dem Gerichtssaal gesehen hatte. Wären nicht noch andere Menschen in dem Raum gewesen, dann hätte er mich sicherlich dort schon angesprungen.
Aber ich konnte es ihm nicht übelnehmen. Schließlich hatte ich ihm seinen Vater genommen und damit musste er sich gerade genauso verloren fühlen, wie ich es einst getan hatte.
Zugegeben tat er mir deswegen auch etwas leid, doch trotzdem bereute ich meine Taten nicht.

Mansoo's Tod befriedigte meine Rachegier noch heute und das würde sich auch nicht ändern.

Eine Frau, die auf dem Weg zu den Toiletten war, sah mich etwas komisch an. Verständlich, denn ich stand wie ein verrückter an die Wand gepresst und schaute durch den Raum.

Nachdem ich mir sicher war, dass Jungkook sich wirklich nicht mehr in dem Café aufhielt, schlich ich mich hinter der Wand hervor und huschte zurück zu meinem Platz. Der Anblick meines Cappuccinos – dessen merkwürdiger Name mir entfallen war – ließ mich augenblicklich an Jimin denken und wie von einer Tarantel gestochen drehte ich mich um und hielt nach dem Jüngeren Ausschau. Ich hatte ganz vergessen, dass er auch eine Vergangenheit mit Jungkook teilte. Das war mir in dem Moment, in dem ich panisch zu den Toiletten gerannt bin, völlig entfallen.

Ich schaute mir jede einzelne Bedienung in dem Café einmal an, doch keiner hatte dieses süße Lächeln auf dem Gesicht, mit dem Jimin herumlief. Er war weg und die Tatsache, dass er genau nach Jungkook's Besuch verschwunden war, machte die Sache noch viel schlimmer.
Vielleicht hatte er ihn verschleppt, genauso wie ich es damals mit ihm getan hatte. Vielleicht war das seine Art und Weise sich bei mir zu rächen, weil er wusste wieviel Jimin mir mittlerweile bedeutete...

„Yoongi? So heißt du doch, oder?", wurde ich urplötzlich aus den Gedanken gerissen und mit einem erschrockenen fiepen drehte ich mich in die Richtung um, aus der die Stimme gekommen war. Vor mir stand Taehyung, Jimin's Chef. Der Jüngere hatte mir schon viel von ihm erzählt.
„Was?", fragte ich dann etwas perplex nach.
„Yoongi, richtig?", wiederholte mein Gegenüber seine Frage, woraufhin ich unsicher nickte, „Gut. Jimin geht es gerade nicht so gut, ich habe ihn nach hinten in mein Büro gebracht. Zwar meinte er, dass ich dir sagen soll, dass es ihm gut geht und du schon gehen kannst, aber ich würde dich trotzdem viel lieber einmal vorher zu ihm bringen. Ich glaube, ihr müsst kurz miteinander reden". Taehyung lächelte sanft, fast schon so, als wüsste er ganz genau über Jimin, Jungkook und mich Bescheid und somit auch über die Situation, die vor ein paar Minuten entstanden war.

Ein erleichtertes seufzen entkam meiner Kehle und für einen kurzen Moment schloss ich die Augen und dankte Gott dafür, dass dem Jüngeren nichts Schlimmes passiert war.
„Bringst du mich zu ihm?", bat ich Taehyung dann leise und er nickte mit einem breiten Lächeln. „Komm mit".

Da Taehyung alle mal größer war als ich, machte er demnach auch größere Schritte. Ich musste praktisch neben ihm her joggen, um mit ihm mithalten zu können.
Unser Weg führte uns hinter die Theke, durch die schwingende Küchentür, die mit einem Bullauge in der Mitte versehen war und dann durch den süßen Geruch von Keksen und Kuchen, bis wir schließlich am Ende der Küche an einer weiteren Tür ankamen, hinter der Taehyung's Büro lag.
Es war ein kleinerer Raum, mit einem weißen Schreibtisch direkt vor dem Fenster und einem kleineren Tisch an der rechten Wand. An letzterem kauerte Jimin auf einem dunkelblauen Stuhl. Zwischen den Händen hielt er ein Glas mit Sprudelwasser und bis vor unserem Eintreten, schien er bloß nachdenklich hineingeschaut zu haben. Als er uns sah, machte er jedoch große Augen und stand eilig auf.

„Taehyung, ich habe dir doch gesagt-...", zischte er verzweifelt und fuhr sich dabei angestrengt durch sein Gesicht.
„Ich weiß, aber manchmal muss man als bester Freund das komplette Gegenteil von dem tun, was dir gesagt wird", erkläre Tae. Dann drehte er sich zu mir um und machte eine einladende Handbewegung. „Setzt euch kurz hin und redet. Wenn ihr fertig seid, könnt ihr rauskommen. Nur prügelt euch bitte nicht, oder habt Sex hier drin, das wäre komisch".
„Tae!", fluchte Jimin laut und schlug nach seinem besten Freund. Doch dieser huschte bereits kichernd aus seinem Büro.

Ich konnte das Spektakel bloß mit einem amüsierten Grinsen beobachten. Taehyung war mir bereits jetzt schon sympathisch geworden und dass, obwohl ich meisten länger brauchte, um Leute richtig zu mögen.

Kaum war der Kerl weg und die Tür hinter uns geschlossen, breitete sich eine angespannte Stille zwischen Jimin und mir aus. Der Jüngere wagte es nicht einmal mir in die Augen zu sehen. Stattdessen starrte er bloß auf seine braunen Schuhe.
„Tut mir leid, Taehyung kann manchmal echt schräg sein", murmelte er nach einer Weile und schlurfte zurück an seinen Platz. Dort angekommen ließ er sich wie ein nasser Sack auf den Stuhl fassen und nahm erstmal einen großen Schluck von seinem Wasser.
„Schon okay... Er meinte, dir ging es nicht so gut?", hakte ich nach, obwohl man Jimin sein Unbehagen ansehen konnte. Er war ganz blass, seine Augen und seine Nase leicht gerötet, als hätte er geweint.
„Ja, da war eben dieser Gast – Jungkook war hier", erklärte er kleinlaut.
„Ich weiß, ich habe ihn gesehen".
Jimin sah überrascht zu mir auf und der Anblick tat mir so sehr weh, dass ich schnell aus dem Fenster schaute.

„Hör zu, es tut mir wirklich leid. Als ich Jungkook draußen gesehen habe, bin ich so schnell es geht zu den Toiletten gerannt. Das war dumm und feige von mir. Ich habe vollkommen vergessen, dass Jungkook ja auch dich angreifen könnte, wenn er dich sieht. Das war dumm von mir", brabbelte ich panisch drauf los. Erst als Jimin nichts dazu sagte, wagte ich mir einen Blick auf ihn zu erhaschen. Er sah mich immer noch an, mit demselben Blick wie vorher.
„Ich-... Ich habe mir eigentlich geschworen gehabt, dich von nun an zu beschützen. Ganz besonders vor Jungkook, weil ich geahnt hatte ihn irgendwann wiederzusehen und er sicherlich weiß, wieviel du mir bedeutest. Aber ich habe versagt. Ich bin einfach weggelaufen und-...".
„Ist okay", Jimin lächelte matt, „Ich lebe ja noch. Er hat mir nichts angetan. Wir haben nur kurz geredet und dann ist er wieder gegangen".
„Nichts ist okay. Was ist, wenn er dich geschlagen hätte? Ich wäre in dem Moment wie ein Feigling auf der Toilette gewesen und hätte nichts tun können. Weder dir helfen, noch dich beschützen...".

„Du hattest Angst, das ist normal", beschwichtigte Jimin mich und stand wieder von seinem Platz auf. Schließlich ging er direkt auf mich zu und legte die Arme um meine Hüfte, nur um mich dann in eine herzliche Umarmung zu sich ran zu ziehen. „Ich bin dir nicht böse. Mir war auch zum weglaufen zumute. Nächstes Mal, wenn wir ihn sehen, drehen wir uns einfach gemeinsam um und gehen weg. Aber ich hoffe Mal, dass es gar nicht erst soweit kommen kann".

Unsicher blinzelte ich auf Jimin's Kopf herunter. Seine Haare kitzelten mich am Hals und ich konnte seinen gleichmäßigen Herzschlag an meiner Brust spüren. Ich hatte mich so sehr nach seiner Nähe und Wärme gesehnt, dass mich dieser Augenblick komplett aus dem Konzept brachte.
Es dauerte eine Weile, bis ich seine Umarmung erwiderte. Vorsichtig zog ich ihn noch dichter an mich und vergrub meine Nase in seinen Haaren. Er roch nach Vanille und Zimtsternen, was irgendwie perfekt zu dieser Jahreszeit passte.

„Es tut mir leid", flüsterte ich noch einmal.
Jimin brummte unzufrieden. „Sag das nicht. Es muss dir nicht leidtun, okay? Wichtig ist nur, dass es uns beiden noch gut geht".
„Trotzdem", protestierte ich leise, woraufhin Jimin sich abrupt von mir löste. Augenblicklich bereute ich meine Worte und wünschte mir nichts sehnlicher, als Jimin wieder in meinen Armen zu halten.

„Wenn es dir wirklich so leidtut, dann musst du mich auf ein Date einladen. Wir gehen Essen, heute Abend. Du holst mich um 19:00 Uhr an meiner Wohnung ab, okay?", er grinste wie ein kleiner Engel zu mir hoch, was mir sofort ein lächeln ins Gesicht zauberte.

Ich nickte zufrieden, froh darüber, dass Jimin mir wirklich nicht so böse zu sein schien und stattdessen sogar nach einem zweiten Date fragte. „Okay, ich lade dich ein und beschere dir den schönsten Abend deines Lebens".
„Nun übertreib aber mal nicht", grinsend drückte er sich wieder an mich und ich konnte nicht anders, als ihn wieder ganz dicht an mich zu ziehen, sodass kein einziges Blatt mehr zwischen uns passte. 

Second Date incoming~
Wie ihr merkt werden die Kapitel jetzt eher fluffiger, als spannend. Ich hoffe sie langweilen euch nicht ;-;

Wer möchte, kann übrigens gerne Mal bei meiner neuen FF vorbeischauen. Ist eine SugaMon Story und sie heißt "Chess Game". Die wird auch ziemlich spannend (͡° ͜ʖ ͡°)

Ich werde jetzt meine Erdbeeren weiter schnabulieren und dabei was auf Netflix gucken. Habt noch einen schönen Sonntag Abend! :3

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