51.
Jimin's PoV.:
Die erste Nacht in dem Haus meiner Eltern verbrachte ich größtenteils schlaflos. Ich machte mir Gedanken um Yoongi; wie es ihm ging, was er gerade tat und wie er im Gefängnis zurechtkam. Unter anderem machte mich aber auch die ungewohnte Umgebung etwas verrückt. Zwar schlief ich in meinem damaligen Kinderzimmer, doch nichts war so, wie es einmal war. Das Bett stand nun direkt unter dem Dachfenster, sodass man abends in den dunklen Nachthimmel hochschauen konnte. Die gelbe Farbe von den Tapeten war mit einem weiß übergestrichen worden und sämtliche Bilderrahmen, in denen Erinnerungen festgehalten waren, abgehängt. Mein Zimmer machte damit einen kalten und leeren Eindruck, der mich unbedeutend fühlen ließ und es entpuppte sich zu einer richtigen Herausforderung, mehr als zwei Stunden dort drin zu verbringen.
Das einzige was mich nicht gleich das Haus verlassen und einfach Obdachlos werden ließ, waren meine Eltern, die zu meiner Überraschung ihre dämlichen Kommentare herunterschluckten und einfach gar nicht mit mir redeten. Zwar bildete sich dadurch jedes Mal beim Essen eine bedrückende Stille, doch die war mir allemal lieber als irgendwelche sinnlosen Auseinandersetzungen.
Erst nach drei langen Tagen erhoben sie wieder ihr Wort gegen mich. Wir saßen beim Frühstück beisammen und plötzlich räusperte meine Mutter sich, während sie zu mir aufblickte.
„Wie lange gedenkst du noch hier zu bleiben?", fragte sie in einem ruhigen Ton nach.
Nachdenklich schob ich mir etwas Reis in den Mund. Darüber hatte ich auch viele Stunden nachgedacht und war letztendlich zu dem Entschluss gekommen, dass ich es sowieso nicht mehr allzu lang bei ihnen aushalten würde.
„Keine Sorge, ich werde versuchen mir einen Job zu suchen und so schnell es geht ausziehen", antwortete ich.
„Gut", bekam ich daraufhin knapp zurück und augenblicklich herrschte wieder schweigen.
Innerlich konnte ich nur die Augen verdrehen. Es war anstrengend mit anzusehen, wie sehr meine Eltern sich gegen mich sträubten. Und das alles nur, weil ich nicht der perfekte Sohn war, den sie sich während ihrer Erziehung erhofft hatten.
Vermutlich hatte das Dilemma begonnen, als ich mich mit meinen Elf Jahren anfing zu weigern den Klavier- und Gymnastikkurs zu besuchen. Verschlimmert wurde das ganze dann durch meine sinkenden Noten und den wenigen Respekt, den ich den beiden geschenkt hatte.
Im Nachhinein empfand ich mein Verhalten selber etwas ausfallend. Ich war wie eines dieser typisch schwererziehbaren Kinder in Filmen aus der Reihe getanzt. Mit meinen eigenen Vorstellungen und dem Dickkopf den ich hatte, hatte ich ganz einfach das gemacht, was ich wollte.
Doch zugegeben konnte ich mir nicht selber die Schuld an meiner Charakteristischen Veränderung geben, sondern meinen Eltern. Der Druck, den die beiden auf mich ausgeübt hatten, war schon immer eine Last auf meinen Schultern gewesen.
Nach dem Frühstück verzog ich mich schweigend in mein Zimmer und warf mich auf mein unordentliches Bett.
In Yoongi's Anwesenheit hätte ich jetzt den Tisch abräumen müssen und einen Haufen anderer Hausarbeiten gleich danach, doch nun, wo ich von dem Älteren getrennt lebte, wusste ich nichts mehr mit mir anzufangen. Ein Tag kam mir endlos vor, so ganz alleine, ohne jegliche Aufgabe.
Mit einem erschöpften Seufzen rollte ich mich auf den Bauch und griff nach meinem Handy. Um meine Zeit wenigstens etwas sinnvoll zu nutzen, fing ich an nach Stellenanzeigen im Internet zu suchen.
Es gab eine ziemlich große Auswahl; von Servicekräften in Cafés und Restaurants, bis hin zu Putzhilfen, Nachhilfelehrern und Betreuer von Jugendgruppen.
Da ich nicht sonderlich gut mit kleinen Kindern auskam und ich auch erst einmal die Schnauze voll vom Putzen hatte, klickte ich eine Anzeige für Servicekräfte für das neue Café Yeontan gesucht an.
Wie im Titel schon zu entnehmen war, wurde das Café erst vor einer Woche eröffnet. Auf den Bildern in der Anzeige sah es nicht sonderlich groß aus, aber dennoch gemütlich und irgendwie auch süß.
Einen Versuch war es Wert, zumal das Café nicht allzu weit von meiner jetzigen Unterkunft entfernt lag.
Also raffte ich mich auf, zog mir eine enge schwarze Jeans und dazu ein weißes T-Shirt an, um etwas formaler auszusehen, und verließ dann das Haus.
Draußen schien mir an einem wolkenlosen Himmel die Sonne entgegen. Es wehte ein angenehm frischer Wind und die Vögel zwitscherten fröhlich, was meine Laune und damit auch meine Motivation gleich etwas ankurbelten.
Ich brauchte knappe Zwanzig Minuten bis zu dem Café. Es sah in echt noch viel niedlicher aus, als auf den Bildern. Über einer großen Tür stand in großer, leuchtenden Schrift Yeontan Café und direkt dahinter war der Kopf eines kleinen, braunen Hundes abgebildet.
„Du bist bestimmt hier um dich vorzustellen", drang plötzlich eine muntere Stimme zu mir hindurch und etwas perplex blinzelte ich den jungen Mann an, der scheinbar gerade dabei war draußen Stühle und Tische zu arrangieren.
„J-Ja... Ich meine, ja das bin ich", stammelte ich überfordert. Das letzte Mal, dass ich mich bei einem Job vorgestellt hatte, war bestimmt schon zwei Jahre her und die plötzliche Erscheinung des jungen Mannes hatte mich viel zu sehr überrascht, als dass ich ihm vernünftig antworten konnte.
„Perfekt, dann komm mal gleich mit", forderte er mich auf und stellte die zwei Holzstühle in seinen Händen auf dem Boden ab.
Unsicher folgte ich ihm ins innere des Cafés. Hier wäre es vermutlich brütend heiß drin gewesen, hätte der große Ventilator über unseren Köpfen nicht seine Runden gedreht.
Der junge Mann setzte sich an einen der Tische und deutete mir dann an, mich ebenfalls zu setzen.
„Also, dann erzähl mal ein bisschen über dich", forderte er schließlich auf.
„Uhm... S-Sollte ich das nicht vor dem Chef machen?", hakte ich verwirrt nach.
Mein Gegenüber lachte laut auf. „Ich bin der Chef hier".
Mit großen Augen blinzelte ich ihn an. Er sah viel zu jung aus, um dieses Maß an Verantwortung zu übernehmen.
„Tut mir leid", rutschte es augenblicklich aus mir heraus.
„Macht nichts, ich habe mich ja auch noch nicht vorgestellt. Sorry, aber es ist das erste Mal das ich sowas mache. Mein Name ist Kim Taehyung und dieses Café hier habe ich mit der Hilfe meines Vaters aufgebaut".
„Ah", machte ich und nickte verstehend. Das erklärte so einiges.
„Okay, es freut mich Sie kennenzulernen. Mein Name ist Park Jimin und ich bin gerade auf der Suche nach einem guten Job. Ich habe Ihre Stellenanzeige im Internet gesehen und fand es ziemlich ansprechend".
„Freut mich, dass dir mein Laden gefällt. Und übrigens könne wir uns duzen, wenn du nichts dagegen hast", lächelte Taehyung, woraufhin ich wieder nickte, „Gut und was hast du vorher so gemacht?".
Nun kamen wir zu dem Part, den ich ungern erwähnte.
„E-Eigentlich nichts. Ich bin aus der Schule rausgekommen und habe erstmal-... Sagen wir es so, mein Zeugnis ist nicht das Beste und ich wurde überall abgelehnt", gestand ich unsicher und weil Taehyung's Miene sich daraufhin nicht veränderte, fügte ich schnell hinzu, „Aber ich bin eine sehr fleißige und flexibel arbeitende Person. Ich lerne schnell und mag es im Team zu arbeiten. Ich kann auch backen".
Mein Gegenüber blies sich seine rot gefärbten Haare aus der Stirn und grinste dann etwas. „Keine Sorge, ich gucke sowieso nicht nach den Zeugnisnoten. Ich meine, was sagen Noten schon über eine Person aus? Für mich ist es wichtig, dass du eine freundliche und aufgeschlossene Persönlichkeit hast und das scheinst du ja auch zu haben, also bin ich zufrieden", mit einem gespielt ernsten Gesichtsausdruck lehnte er sich etwas vor, „Und notfalls kündige ich dich einfach wieder".
Der letzte Part ließ mich unsicher schlucken, was Taehyung wiederrum laut zum Lachen brachte.
„Ich mache nur Scherze, gewöhn dich dran".
Nun entwich auch mir ein zaghaftes Lachen. „O-Okay".
„Ach ja, bevor wir jetzt zum Papierkram kommen-... Hast du eine Hundehaar Allergie?", hakte Taehyung nach.
Überrascht zog ich die Augenbrauen hoch. „Nein, das dürfte nicht der Fall sein".
„Gut, denn ich habe einen kleinen Hund, der hier ab und zu auch frei rumlaufen und die Kunden mit seiner Niedlichkeit beglücken wird", Taehyung zwinkerte wissend, „Sein Name ist Yeontan und glaub mir eins, er wird dein Herz zum Schmelzen bringen".
Daraufhin konnte ich nur wieder ein kleines Lächeln von mir geben, denn ich kam mit Taehyung's aufgeschlossener Art noch nicht so ganz zurecht. Immerhin kannte ich ihn gerademal 10 Minuten und der Kerl wollte mich schon einstellen, hatte mir von seinem liebsten Hund erzählt und riss irgendwelche Witze, bei denen ich nicht wirklich hinterherkam.
Er war laut, offen, lustig und komisch zugleich und zugegeben konnte ich nicht verstehen, wie man so einen jungen Typen wie ihn mit der Aufgabe, ein eigenes Café zu führen, vertrauen konnte, aber nun gut. Vielleicht würde sich Kim Taehyung ja auch noch in eine etwas ernstere Person entpuppen, wenn das Business erst einmal starten würde.
So jetzt haben wir Taehyung auch endlich mal drin ^^
Vielen Dank an euch, dass ihr so geduldig auf das Kapitel gewartet habt. Ich bin zwar immer noch nicht richtig motiviert, aber so langsam geht es wieder aufwärts :3
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