42.
Yoongi's PoV.:
Unruhig stopfte ich eine meiner alten Jogginghosen und einen Kapuzenpullover in meine Sporttasche und schloss diese eilig.
Schon den ganzen gestrigen Abend und den heutigen Morgen hatte ich mir den Kopf über Jungkook zerbrochen - ob er mittlerweile aufgewacht, oder ob er sich wohlmöglich befreit und abgehauen war.
Ich wollte so schnell es ging zu ihm fahren. Jimin war zu meinem Glück bereits weggefahren. Neben dem Einkaufen wollte er auch gleich den Brief bei der Post einwerfen, welchen ich an Mansoo geschrieben hatte. Somit blieb mir genügend Zeit zu Jungkook zu fahren und nach dem rechten zu sehen.
Als ich alles nötige eingepackt hatte, fuhr ich in einem zügigen Tempo zu der alten verlassenen Lagerhalle. Bereits als ich aus dem Auto stieg, konnte ich ein gedämpftes Schreien und Murren hören.
Eilig huschte ich ins Innere, stieß die Tür zum Keller auf und hüpfte dessen steile Stufen hinunter.
Jungkook lag immer noch gefesselt auf dem Boden, jedoch hatte er sich ziemlich weit hervor geschleppt. Kaum stand ich vor ihm, hob er den Blick und sah mich entgeistert an. Ich zog daraufhin meine Käppi tiefer ins Gesicht und richtete auch etwas den Mundschutz. Wenn möglich, dann sollte er meine Identität erst später herausfinden.
„W-Wer bist du?", hauchte der Jüngere leise, wobei seine Zähne ängstlich aufeinander klapperten. „Das geht dich einen Scheißdreck an", antwortete ich schroff und stupste ihn an seiner Schulter an, damit er sich auf den Rücken drehte. Mein Blick viel auf seine Beine, auf dessen Hose in Hüfthöhe ein dunkler nasser Fleck zu sehen war. Er hatte sich tatsächlich eingenässt. Vermutlich nicht nur aus Angst, sondern auch, weil er mittlerweile schon über Zwölf Stunden ohne Toilette auskommen musste.
Jungkook drehte sich jammernd von mir weg und kugelte sich dazu auch noch ein, damit ich nichts von seinem Problem zu Gesicht bekam.
„Wer auch immer du bist, mein Vater wird dich zur Hölle schicken, wenn er erfährt was du mit seinem Sohn gemacht hast", jammerte er dann. Ich konnte daraufhin jedoch nur laut lachen. „Ich bin derjenige, der deinen Vater in die Hölle schickt. Da kann er vor sich hin schmorren, bis er schwarz und verkohlt ist".
„Mein Vater hat dir doch gar nichts getan! Und ich dir erst recht nicht!".
„Warum so frech, Jungkook?", ich stupste ihm mit dem Fuß einmal in die Seite, „Hat dir dein ach so toller Vater nicht beigebracht, fremde Menschen zu Siezen?".
„Woher kennst du meinen Namen?", hakte er verwirrt nach, ohne auf meine Frage einzugehen. Ich ignorierte diese Tatsache ausnahmsweise und antwortete trocken: „Du bist der Sohn des Mörders Jeon Mansoo".
„Ja, aber woher-...".
„Mansoo ist der Mörder meiner Eltern, Idiot".
Jungkook schnappte überrascht nach Luft und drehte sich, am ganzen Körper zitternd, wieder zu mir um. Seine Augen scannten mich erneut von oben bis unten ab.
„Ich-...", stotterte er panisch. „Bist sprachlos, was? Tja, so klein ist die Welt. Ich behalte Mansoo schon länger im Auge, aber ich dachte mir es wäre logischer dich als erstes einzusacken. Ich hoffe er kommt um vor Sorge um dich".
„Du hast mich also nur hier, damit mein Vater sich Sorgen macht? Du willst mir nichts antun?", hinterfragte er, mit einem Hoffnungsschimmer in der Stimme.
Ich musste etwas schmunzeln. Menschen sind faszinierend, wenn sie Angst haben. Sie denken immer nur an sich selbst.
„Richtig", ich hockte mich zu Jungkook nach unten und setzte die Sporttasche neben mir ab, „Deswegen habe ich dir auch neue Klamotten mitgebracht. Zieh die an". Mit einem lauten sirren öffnete ich die Tasche und zog genannte Klamotten hervor. Da Jungkook sich durch die fesseln nicht aufsetzen konnte, schielte er im liegen zu ihnen. Seine Augen glitzerten gleich erleichtert und er nickte artig. „Du musst mich aber aus dem Seil befreien", forderte er.
„Werde ich. Und ich sage dir eins, solltest du versuchen abzuhauen schlage ich dich windelweich", murrte ich bedrohlich.
„Ich dachte du wolltest mir nichts antun".
„Will ich auch nicht, aber wenn es nicht anders geht, dann geht es eben nicht anders", schulterzuckend griff ich nach meinem Taschenmesser, welches ich ebenfalls von zu Hause mitgenommen hatte und schnitt damit die Seile um Jungkook's Händen und Füßen auf.
Der Jüngere atmete erleichtert aus, als seine Haut von dem vermutlich kratzenden Material befreit wurde.
Schließlich griff er nach den Klamotten und sah mich unsicher an. „Du musst weg gucken", murmelte er schüchtern. „Als ob ich dich jetzt aus den Augen lasse", winkte ich gleich ab. Mein Gegenüber biss sich unsicher auf die Unterlippe, nahm sein Schicksal aber so hin und begann sich schließlich umzuziehen. Die dreckigen Klamotten warf er achtlos hinter sich.
Kaum war er neu eingekleidet, hievte er sich hoch. Auch ich stellte mich daraufhin aufrecht hin.
Obwohl ich versuchte sein Handeln aufmerksam zu beobachten, schien ich nicht wachsam genug gewesen zu sein, denn plötzlich ging ein starker Ruck durch Jungkook's Körper und er sprintete geradezu an mir vorbei, auf die Kellertreppe zu. Seine langen Beine nahmen gleich zwei Stufen auf einmal und in mir brach verzweifelte Panik aus.
In windeseile jagte ich ihm nach und kurz bevor er die Tür erreichen konnte, packte ich ihn an seinem Shirt und riss ihn mit einem kräftigen Ruck zurück. Der Junge gab ein lautes kreischen von sich, ehe er zurückstolperte, das Gleichgewicht verlor und jede einzelne Treppenstufe herunter fiel.
Letztendlich kam er regungslos auf dem Boden zum Stehen.
Mit großen Augen und rasendem Herzen sah ich auf seinen Körper hinab. Wenn er mich mitgerissen hätte, wäre ich jetzt vermutlich auch bewusstlos, so wie er. Ich konnte also von Glück reden, dass er mich nicht erwischt hatte.
Langsam stieg ich die Stufen zu ihm herab. Gebrochen war nichts, jedenfalls sah es nicht danach aus. Und auch als ich seinen Kopf anhob, konnte ich keine offene Wunde entdecken.
Ihm ging es also halbwegs gut. Wäre ihm durch den Fall etwas ernsthaftes passiert, dann hätte ich ihn ganz sicherlich nicht einfach hier liegen lassen können.
Kopfschüttelnd packte ich ihn an den Armen und zog ihn daran weiter in den Raum hinein. Dann band ich wieder die Seile um seine Hände und Füße. Zudem klebte ich ein dickes Panzertape auf seinen Mund.
„Du machst sonst zu viel Krach", erklärte ich mich leise, obwohl er es nicht einmal hören konnte.
Als ich mit ihm fertig war, richtete ich mich wieder auf und betrachtete mein Werk. Eigentlich hatte ich ihm auch noch etwas zu essen und trinken geben wollen, doch nun, wo er selbst dafür gesorgt hatte bewusstlos zu werden, konnte ich dies nicht mehr tun. Ich musste morgen als noch mal hier her kommen, um ihn vernünftig zu verpflegen. Schließlich brauchte ich ihn lebend und nicht tot.
Nachdem ich meine Sachen eingesammelt hatte, verließ ich die leerstehende Fabrik wieder und trat den Weg nach Hause an.
Jimin war bereits da, als ich die Tür zu meinem Haus öffnete und mir die Schuhe abstreifte. Er kam direkt aus der Küche zu mir gelaufen, um mich zu begrüßen. Jedoch hielt er auf halbem Wege verwirrt inne und starrte mich an.
„Wo kommst du denn her?", hinterfragte er ernst. „Wieso?", unsicher sah ich ihn an. „Na schau dir mal deine Klamotten an. Die sind total dreckig. Sieht aus, als hättest du dich im Sandkasten gesuhlt".
Ertappt sah ich an mir herab. Tatsächlich hatte sich der ganze helle Feinstaub aus dem alten Gemäuer an mir abgesetzt. Zudem war meine Hose auf Kniehöhe total dunkelbraun verfärbt, da ich mich die ganze Zeit auf ihnen abgestützt hatte.
„Ich habe einem Freund bei der Gartenarbeit geholfen... E-Er baut gerade um", reimte ich mir schnell eine Notlüge zusammen. In letzter Zeit log ich den Jüngeren wirklich oft an und ich konnte nicht verhindern, dass mein schlechtes Gewissen dadurch stieg. Eigentlich hatte er das alles nicht verdient.
„Achso", gab Jimin von sich und lächelte sanft, „Wie nett von dir, dass du ihm geholfen hast". Ich nickte zaghaft und ging dann mit großen Schritten an ihm vorbei. „Ich gehe duschen...".
„O-Okay".
Ich konnte Jimin's durchdringlichen Blick geradezu auf meinem Rücken brennen spüren. Und dennoch ging ich ungestört weiter. So langsam ging mir das ganze Lügen wirklich auf den Geist. Nicht, weil ich Lügen tendenziell als schlecht empfand oder ich es ausgerechnet vor Jimin tat, sondern, weil es mich so reumütig fühlen ließ. Derartiges Gefühl kannte ich gar nicht richtig, weswegen es mich beinahe verrückt machte.
Poor Jungkook Baby. Es tut mir in der Seele weh derartiges zu schreiben und doch ist es notwendig ;-;
Ich hoffe das Kapitel lädt jetzt gleich vernünftig hoch, da ich gerade eigentlich mitten im Restaurant sitze und mein Internet schlecht ist... Aber naja, ich hoffe es hat euch gefallen ^^
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