Kapitel 103
Jungkook befestigt die Handschellen um meine Handgelenke und zieht sie so eng, sodass mir die Blutzufuhr abgeschnürt wird. Danach steht er auf und schaut auf mich herab. Seine Lippen verformen sich zu einem fiesen Grinsen und das lässt mich erschaudern. Wehrlos knie ich vor ihm und stütze mich mit beiden Händen auf dem Boden ab. Nach seiner Körperhaltung zu urteilen, wird er mich auf keinen Fall mit Samthandschuhen anfassen. Seine Hände zittern vor Wut und er wirkt wie ein aggressiver Tiger, der sich jeden Moment auf seine Beute stürzt. Areum steht mit aufgerissenen Augen hinter Jungkook und hat ihre Hände auf ihren Mund gepresst. Stella weint vor sich hin und wagt es nicht, einen Blick auf uns zu richten. Mein Herz schlägt mir bis zum Hals und im Moment habe ich wirklich Angst davor, was mit mir in den nächsten Minuten passiert.
"Willst du wirklich auf ihn einprügeln? Siehst du denn nicht, wie er leidet? Ihm tut es leid, was er dir angetan hat. Gewalt ist-...", hält es Areum nicht mehr aus und möchte auf ihn einreden, jedoch dreht er sich ruckartig zu ihr um.
"HALT DEINE VERFICKTE FRESSE! Wer hat deinen Zuhälter zu Tode geprügelt, huh? Wer hat dich aus diesen täglichen Vergewaltigungen gerettet? Genau, ich! Also sag mir nicht, dass Gewalt keine Lösung sei, denn sonst bekommst du auch auf die Schnauze, okay? Was zur Hölle meinst du eigentlich damit, dass er leidet? Das ist doch gar nichts im Gegensatz zu dem Schmerz, den ich jeden einzelnen Tag spüren muss. Vor wenigen Monaten hat er mich noch gedemütigt, ausgelacht und verabscheut. Auf einmal liebt er mich und schmiert mir Honig ums Maul, um mir gnadenlos das Herz zu brechen. Könntest du jemanden sowas verzeihen? Konntest du deinem Stecher verzeihen, dass er deine Tochter nach der Geburt direkt zur Adoption freigegeben hat? Nein, oder? DU wolltest ihn all die Jahre tot sehen! Halt einfach den Mund, Areum", schreit er sie zornig an und bringt uns alle zum Zusammenzucken.
Augenblicklich fängt sie an zu weinen und zittert am ganzen Körper vor Furcht. Sie dreht sich von uns allen weg und geht in die Hocke, um ihre Hände auf ihre Ohren zu pressen. Jungkook verliert gerade komplett die Fassung und folgt seinem Drang jemanden zu verletzen. Verdammte Scheiße und ich bin der Auslöser dafür. Mir ist so schlecht. Ich könnte mich jeden Moment übergeben. Er ignoriert Areum vollkommen und kommt wieder auf mich zu, um langsam um mich herum zu laufen. Dabei steht ihm ins Gesicht geschrieben, dass er überlegt, was er mir als Erstes antut. Die Abscheu in seinen Augen ist klar zu erkennen und das macht mich fertig. Plötzlich läuft er einfach weg und verschwindet hinter der weißen Tür, aus der er vor wenigen Minuten rausgestürmt kam. Keine Sekunde später kommt er mit einem Baseballschläger in der Hand wieder zurück und schwingt ihn hin und her. Meine Augen weiten sich ein wenig und ich halte den Atem an, als er sich vor mir hinhockt.
"Weißt du, Taehyung, ich erzähle meinen Opfern gerne, was ich mit ihnen anstellen werde, damit sie sich noch schrecklicher fühlen und mit dir habe ich etwas Besonderes vor. Du erinnerst dich bestimmt an die ganzen Dinge, die du mir angetan hast. Ich werde auch alle Bestrafungen dazunehmen, die ich wegen dir erleiden musste. Ich werde sie alle aufzählen und nach jeder einzelnen Aussage schlage ich dir mit diesem wunderschönen Baseballschläger aus Metall gegen irgendein Körperteil. Verstanden?", grinst er mich an und erwartet eine Antwort von mir, da er mich mit seinem kalten Blick durchbohrt.
"Verstanden", hauche ich und kann nicht lauter sprechen, weil der Kloß in meinem Hals es verhindert.
Zufrieden nickt er und erhebt sich, um sich einige Schritte von mir zu entfernen. Ich schließe die Augen und mir fällt es so unglaublich schwer zu atmen. Diese Situation setzt mich unter enormen Stress, sodass mein Herz unregelmäßig schlägt. Wenn ich mich nicht täusche, laufen mir auch Schweißperlen über die Stirn.
"Bei unserem ersten Aufeinandertreffen hast du mir ein Messer gegen die Kehle gedrückt und in meine Haut geschnitten. Ich habe davon eine verblasste Narbe auf meinem Hals", sagt er und keine Sekunde später trifft der Baseballschläger mit voller Wucht auf meinen rechten Oberarm.
Mein Arm knickt ab und ich schreie gleichzeitig vor Schmerzen, während ich meine geschlossenen Augen aufreiße und mich dem anderen Arm vom Fallen bewahre. Die Stelle, die er getroffen hat, pulsiert und die Schmerzen ziehen sich bis zu meinem Handgelenk.
"Danach warst du noch nett zu mir, bis du mich aus Rache, nachdem ich dein Handy gestohlen und geschrottet habe, halbnackt auf einem Feld ausgesetzt hast und mit meinen Klamotten weg gefahren bist. Fünf beschissene Stunden lang bin ich zurück in die Stadt gelaufen und wurde von irgendwelchen Perversen belästigt!", keift er mich an und lässt den Baseballschläger auf meinen Rücken prallen.
Meine Kehle schnürt sich zu und erstickt den Schrei, der aus mir kommen wollte, im Keim. Es tut so verdammt weh. Für jeden Schlag sammelt er seine ganze Kraft und den Hass, den er in sich trägt und arbeitet sie in meinen Körper ein. Ich habe solche Angst. Nicht mal im Kinderheim hatte ich solche Angst, geschlagen zu werden und da wurden wir richtig verprügelt. Schnell schüttle ich meinen Kopf, um diese Erinnerungen abzuschütteln. Ich kann gerade nur darauf hoffen, dass er mir nicht die Knochen bricht.
"Ich habe deinen Namen auf meine Finger tätowieren lassen und wurde dafür von Vater brutal verprügelt. Ich lag drei Wochen mit schrecklichen Schmerzen in unserem Keller und habe mir jeden Tag die Augen ausgeheult, weil ich es nicht mehr aushielt, und was hast du dann zu mir gesagt, nachdem du mich bei meinem Arzt gefunden hast? Los, antworte! Was hast du mir an den Kopf geworfen?", fragt er mich wütend und fordert mich auf irgendwas zu sagen.
Gestresst überlege ich, wovon er spricht, da ich keinen klaren Gedanken mehr fassen kann. Ich schaue ihm ins Gesicht und bereue es, da diese ausdruckslose Miene mich noch beschissener Fühlen lässt. Ich beiße mir verzweifelt auf die Lippe und versuche mich daran zu erinnern, was ich zu ihm gesagt habe. Ich weiß nur noch, dass er deswegen geweint hat.
"Anscheinend weißt du es nicht mehr. In deinen Augen bin ich eine lächerliche, bescheuerte und zurückgebliebene Witzfigur, weil ich bei Schmerzen anfange zu lachen und es nicht kontrollieren kann. Ach, und ich bin eine scheiß Missgeburt, die Besessen von dir ist. Es ist lustig, dass mich diese Worte so verletzt hatten, dass sie sich in mein Gedächtnis brannten. Du kannst dich nicht mal daran erinnern", weckt er meine Erinnerungen und fängt an zu lachen, aber dieses Lachen verwandelt sich innerhalb weniger Sekunden zu Schluchzern.
"Jungkook, ich war in diesem Moment einfach nur sauer. Ich habe das gar nicht so gemeint und mich schon damals dafür entschuldigt. Hör bitte auf zu weinen", sage ich ihm und ertrage es nicht, ihn so zu sehen.
"Aber es stimmt doch. Schon mein ganzes Leben lang wird mir das von jedem an den Kopf geworfen und du hättest es nicht gesagt, wenn es nicht so wäre", erwidert er und steigert sich wohl in die Sache hinein, da ihm unkontrolliert die Tränen aus den Augen kullern und er schnappartig nach Luft japst.
Automatisch möchte ich aufstehen, aber die Handschellen halten mich auf, sodass ich nur dabei zuschauen kann. In meiner Brust machen sich unerträgliche Schmerzen breit und diese Schuldgefühle bringen mich mit jeder Sekunde immer mehr um. Meine Nase fängt an zu brennen und ich beginne auch wieder zu weinen. Es tut mir alles so leid. Ich senke meinen Kopf und kann ihn nicht mehr ansehen.
"Du hast mir so gut vorgespielt, dass du mich liebst, dass ich mich sogar für dich mit Jimin angelegt habe. Eigentlich habe ich zwei Brüder wegen dir verloren, weil mein älterer Bruder mir, ohne mit der Wimper zu zucken, gesagt hat, dass es ihm egal wäre, wenn ich sterben würde. Er hasst mich. Mein eigener Bruder hasst mich wegen dir, Taehyung. Und Ich weiß verdammt nochmal nicht, was ich dir oder allen anderen Leuten in meiner Umgebung angetan habe, dass ihr mich wie Scheiße behandelt und auf meinen Gefühlen herumtrampelt. Womit habe ich das alles verdient, Taehyung?", fragt er mich so unglaublich zerstört und gebrochen.
"Du hast nichts getan und darum hast du es nicht verdient, so behandelt zu werden. Es tut mir schrecklich leid. Ich würde alles rückgängig und anders machen, wenn ich es könnte. Ich kann aber nichts anderes tun, als mich bei dir zu entschuldigen und es irgendwie wieder gut zu machen. Gib mir bitte noch eine Chance und ich werde dir gerecht werden, weil du ein wunderschöner Mensch bist. Mir ist bewusst, dass ich dich nicht verdient habe, nach all den Dingen, die du aufgezählt hast, aber... ich brauche dich. Ich brauche dich mehr als du mich. Seitdem du da bist, habe ich einen Sinn weiterzuleben", sage ich ihm kraftlos.
Jungkook zieht die Augenbrauen zusammen und nickt vor sich hin, während er den Baseballschläger in seinen Händen betrachtet. Leise schnieft er und vereinzelte Tränen bannen sich ihren Weg über seine Wange, bis zu seinem Kinn, wo sie anschließend auf den Boden tropfen. Plötzlich holt er mit diesem aus und schlägt mir damit gegen den Kopf. Dieser schellt nach rechts und ich lasse einen schrillen Schrei aus meiner Kehle. Meine Ohren fangen an zu piepen und auf meiner kompletten linken Gesichtshälfte breitet sich ein heftiger Schmerz aus. Mit meinem linken sehe ich verschwommen und ich merke, wie mir Blut aus der Nase läuft. Benommen versuche ich Jungkook anzuschauen, der den Schläger auf den Boden fallen lässt und sich vor mich setzt.
"Es tut mir leid", entschuldigt er sich und hört sich gedämpft an.
Sprachlos starre ich ihn an und zische leise, als er mit seiner Hand sanft über mein Gesicht fährt. Was zur Hölle? Erst knallt er mir mit voller Kanne den Schläger gegen den Kopf und jetzt entschuldigt er sich dafür? Dann hätte er es auch lassen können.
"Du merkst selbst, dass diese ganzen Entschuldigungen nichts wieder gut machen können, oder? Du spürst den Schmerz immer noch klar und deutlich. So ergeht es mir, wenn du dich entschuldigst, weil diese Wunden noch viel zu frisch sind und sie Zeit brauchen, um zu heilen. Ich akzeptiere es, dass du mit meiner Familie zusammenarbeitest und ich dich wahrscheinlich jeden Tag sehen muss, aber ich kann dir nicht verzeihen. Vielleicht werde ich es irgendwann können, aber jetzt sieht es nicht danach aus. Übrigens macht es mir keinen Spaß, dich zu verprügeln, da ich dich ja irgendwo noch liebe. Ich kann dir auch ansehen, dass ich dich mit Worten mehr verletze, als es Schläge je könnten", meint er daraufhin und holt einen Schlüssel aus seiner Hosentasche, um die Handschellen zu öffnen.
Schweigend wische ich das Blut, das mir über den Mund gelaufen ist, mit meiner freien Hand weg und warte darauf, dass ich wieder aufstehen kann. Der Jüngere hat vollkommen recht. Die ständigen Entschuldigungen helfen ihm nicht weiter und machen nichts rückgängig. Areum dreht sich langsam zu uns und sieht mich verheult an. Ich hebe kurz meine Mundwinkel und sehe anschließend Jungkook an, der den Schlüssel zurück in die Hosentasche steckt und aufsteht. Ich schüttle meine schmerzenden Handgelenke aus und stehe ebenfalls langsam auf, aber mein Kopf schmerzt so sehr, dass ich beim Aufstehen wieder zu Boden falle und mir schwindlig wird. Der letzte Schlag sitzt mir noch tief in den Knochen. Jungkook packt mich plötzlich an den Oberarmen und zieht mich hoch. Etwas benommen stolpere ich gegen ihn und halte mich an seiner Brust fest, jedoch zieht er mich zum Waschbecken und schraubt erstmal den Schlauch vom Hahn ab. Ich halte mich, währenddessen am Rand fest und merke, wie kleine schwarze Punkte vor meinen Augen tänzeln. Ich presse die Augen zusammen und erschrecke mich, da er mich am Nacken packt und mir mit einer Hand kaltes Wasser ins Gesicht spritzt, um das Blut zu entfernen.
"Du hättest diesen Raum nicht betreten sollen", gibt er knapp von sich, bevor er von mir ablässt.
"Nein, es war eine gute Entscheidung, sonst hätten wir uns niemals ausgesprochen", schüttle ich den Kopf und trockne mein Gesicht mit meinem T-Shirt.
"Ich habe dich eben noch mit einem Baseballschläger verprügelt. Das findest du gut?", hebt er skeptisch eine Augenbraue an.
"Ich habe es verdient und du bist es mir wert, dass ich Schläge in Kauf nehme. Zwar tat der letzte Schlag am meisten weh und setzt mir ein wenig zu, aber du hast mit mir geredet. Ich habe deine Stimme vermisst", lächle ich ihn an und streiche ihm mit einer Hand die Haare auf seiner Stirn nach hinten.
"D-Darf ich dich umarmen?", fragt er mich mit bebender Unterlippe und wird von mir sofort in meine Arme geschlossen.
"Du darfst alles mit mir anstellen und ich würde dir nicht böse sein. Wenn du mich brauchst, bin ich für dich da. Ich werde dich nicht bedrängen und nur das tun, was du auch möchtest", flüstere ich ihm ins Ohr und streiche über seinen Rücken.
Er umarmt mich nicht zurück, sondern legt seine Hände über mein Herz und seinen Kopf auf meine Schulter. Ich atme tief ein und aus und fühle mich am besten, wenn ich ihn in meinen Armen halte, seinen angenehmen Duft rieche, seine Wärme spüre und wie sein Körper sich perfekt an meinen schmiegt. Auch wenn ich diesen Moment genieße, bereitet es mir Sorgen, dass er Stella hier gefangen hält, die vor Erschöpfung ohnmächtig geworden ist. Wieso zur Hölle liegt sie auch nackt auf dieser Liege? Was hat er mit ihr vor? Meine Augen wandern zu Areum, die zitternd an einer Wand steht und immer noch weint. Ich kann es ihr nicht verübeln. Jungkook hat sie ziemlich heftig angeschrien und wir dachten wohl alle, dass er jeden Moment auf sie losgeht. Naja, schlussendlich ist er auf mich losgegangen.
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Kommt, so schlimm war es auch nicht xD
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